Torquato Tasso - Гете Иоганн Вольфганг 3 стр.


Still bedenk' ich mich und frage,

Wer mag der Abgeschiedne seyn? Der Jüngling

Aus der vergangnen Zeit? So schön bekränzt?

Wer sagt mir seinen Nahmen? Sein Verdienst?

Ich warte lang' und denke: käme doch

Ein andrer und noch einer, sich zu ihm

In freundlichem Gespräche zu gesellen!

O säh' ich die Heroen, die Poeten

Der alten Zeit um diesen Quell versammelt!

O säh' ich hier sie immer unzertrennlich,

Wie sie im Leben fest verbunden waren!

So bindet der Magnet durch seine Kraft

Das Eisen mit dem Eisen fest zusammen,

Wie gleiches Streben Held und Dichter bindet.

Homer vergaß sich selbst, sein ganzes Leben

War der Betrachtung zweyer Männer heilig,

Und Alexander in Elysium

Eilt den Achill und den Homer zu suchen.

O daß ich gegenwärtig wäre, sie

Die größten Seelen nun vereint zu sehen!

Leonore .

Erwach! Erwache! Laß uns nicht empfinden

Daß du das Gegenwärtge ganz verkennst.

Tasso .

Es ist die Gegenwart die mich erhöht,

Abwesend schein' ich nur, ich bin entzückt.

Prinzessinn .

Ich freue mich, wenn du mit Geistern redest,

Daß du so menschlich sprichst und hör' es gern.

Ein Page tritt zu dem Fürsten und richtet leise etwas aus .

Alphons .

Er ist gekommen! recht zur guten Stunde.

Antonio! — Bring ihn her — Da kommt er schon!

Vierter Auftritt

Die Vorigen .Antonio .

Alphons .

Willkommen! der du uns zugleich dich selbst

Und gute Bothschaft bringst.

Prinzessinn .

Sey uns gegrüßt!

Antonio .

Kaum wag' ich es zu sagen welch Vergnügen

In eurer Gegenwart mich neu belebt.

Vor euren Augen find' ich alles wieder

Was ich so lang' entbehrt. Ihr scheint zufrieden

Mit dem was ich gethan, was ich vollbracht,

Und so bin ich belohnt für jede Sorge,

Für manchen bald mit Ungeduld durchharrten,

Bald absichtsvoll verlornen Tag. Wir haben

Nun was wir wünschen, und kein Streit ist mehr.

Leonore .

Auch ich begrüße dich, wenn ich schon zürne.

Du kommst nur eben da ich reisen muß.

Antonio .

Damit mein Glück nicht ganz vollkommen werde,

Nimmst du mir gleich den schönen Theil hinweg.

Tasso .

Auch meinen Gruß! Ich hoffe mich der Nähe

Des vielerfahrnen Mannes auch zu freun.

Antonio .

Du wirst mich wahrhaft finden, wenn du je

Aus deiner Welt in meine schauen magst.

Alphons .

Wenn du mir gleich in Briefen schon gemeldet

Was du gethan und wie es dir ergangen;

So hab' ich doch noch manches auszufragen

Durch welche Mittel das Geschäft gelang?

Auf jenem wunderbaren Boden will der Schritt

Wohl abgemessen seyn, wenn er zuletzt

An deinen eignen Zweck dich führen soll.

Wer seines Herren Vortheil rein bedenkt,

Der hat in Rom gar einen schweren Stand:

Denn Rom will Alles nehmen, geben Nichts;

Und kommt man hin um etwas zu erhalten,

Erhält man nichts, man bringe denn was hin,

Und glücklich, wenn man da noch 'was erhält.

Antonio .

Es ist nicht mein Betragen, meine Kunst,

Durch die ich deinen Willen, Herr, vollbracht.

Denn welcher Kluge fänd' im Vatican

Nicht seinen Meister? Vieles traf zusammen

Das ich zu unserm Vortheil nutzen konnte.

Dich ehrt Gregor und grüßt und segnet dich.

Der Greis, der würdigste dem eine Krone

Das Haupt belastet, denkt der Zeit mit Freuden,

Da er in seinen Arm dich schloß. Der Mann

Der Männer unterscheidet, kennt und rühmt

Dich hoch! Um deinetwillen that er viel.

Alphons .

Ich freue seiner guten Meinung mich,

So fern sie redlich ist. Doch weißt du wohl,

Vom Vatican herab sieht man die Reiche

Schon klein genug zu seinen Füßen liegen,

Geschweige denn die Fürsten und die Menschen.

Gestehe nur was dir am meisten half!

Antonio .

Gut! wenn du willst: der hohe Sinn des Pabsts.

Er sieht das Kleine klein, das Große groß.

Damit er einer Welt gebiete, gibt

Er seinen Nachbarn gern und freundlich nach.

Das Streifchen Land, das er dir überläßt,

Weiß er, wie deine Freundschaft, wohl zu schätzen.

Italien soll ruhig seyn, er will

In seiner Nähe Freunde sehen, Friede

Bey seinen Gränzen halten, daß die Macht

Der Christenheit, die er gewaltig lenkt,

Die Türken da, die Ketzer dort vertilge.

Prinzessinn .

Weiß man die Männer, die er mehr als andre

Begünstigt, die sich ihm vertraulich nahn?

Antonio .

Nur der erfahrne Mann besitzt sein Ohr,

Der thätige sein Zutraun, seine Gunst.

Er, der von Jugend auf dem Staat gedient,

Beherrscht ihn jetzt und wirkt auf jene Höfe,

Die er vor Jahren als Gesandter schon

Gesehen und gekannt und oft gelenkt.

Es liegt die Welt so klar vor seinem Blick

Als wie der Vortheil seines eignen Staats.

Wenn man ihn handeln sieht, so lobt man ihn

Und freut sich, wenn die Zeit entdeckt was er

Im Stillen lang bereitet und vollbracht.

Es ist kein schönrer Anblick in der Welt

Als einen Fürsten sehn der klug regiert;

Das Reich zu sehn, wo jeder stolz gehorcht,

Wo jeder sich nur selbst zu dienen glaubt

Weil ihm das Rechte nur befohlen wird.

Leonore .

Wie sehnlich wünscht' ich jene Welt einmal

Recht nah zu sehn!

Alphons . Doch wohl um mit zu wirken

Denn bloß beschaun wird Leonore nie.

Es wäre doch recht artig, meine Freundinn,

Wenn in das große Spiel wir auch zuweilen

Die zarten Hände mischen könnten — Nicht?

Leonorezu Alphons .

Du willst mich reitzen, es gelingt dir nicht.

Alphons .

Ich bin dir viel von andern Tagen schuldig.

Leonore .

Nun gut, so bleib' ich heut in deiner Schuld!

Verzeih' und störe meine Fragen nicht.

Zu Antonio .

Hat er für die Nipoten viel gethan?

Antonio .

Nicht weniger noch mehr als billig ist.

Ein Mächtiger, der für die Seinen nicht

Zu sorgen weiß, wird von dem Volke selbst

Getadelt. Still und mäßig weiß Gregor

Den Seinigen zu nutzen, die dem Staat

Als wackre Männer dienen, und erfüllt

Mit Einer Sorge zwey verwandte Pflichten.

Tasso .

Erfreut die Wissenschaft, erfreut die Kunst

Sich seines Schutzes auch? und eifert er

Den großen Fürsten alter Zeiten nach?

Antonio .

Er ehrt die Wissenschaft, so fern sie nutzt,

Den Staat regieren, Völker kennen lehrt;

Er schätzt die Kunst, so fern sie ziert, sein Rom

Verherrlicht, und Pallast und Tempel

Zu Wunderwerken dieser Erde macht.

In seiner Nähe darf nichts müßig seyn!

Was gelten soll, muß wirken und muß dienen.

Alphons .

Und glaubst du, daß wir das Geschäfte bald

Vollenden können? daß sie nicht zuletzt

Noch hie und da uns Hindernisse streuen?

Antonio .

Ich müßte sehr mich irren, wenn nicht gleich

Durch deinen Nahmenszug, durch wenig Briefe

Auf immer dieser Zwist gehoben wäre.

Alphons .

So lob' ich diese Tage meines Lebens

Als eine Zeit des Glückes und Gewinns.

Erweitert seh' ich meine Gränze, weiß

Sie für die Zukunft sicher. Ohne Schwertschlag

Hast du's geleistet, eine Bürgerkrone

Dir wohl verdient. Es sollen unsre Frauen

Vom ersten Eichenlaub am schönsten Morgen

Geflochten dir sie um die Stirne legen.

Indessen hat mich Tasso auch bereichert;

Er hat Jerusalem für uns erobert,

Und so die neue Christenheit beschämt;

Ein weit entferntes, hoch gestecktes Ziel

Mit frohem Muth und strengem Fleiß erreicht.

Für seine Mühe siehst du ihn gekrönt.

Antonio .

Du lösest mir ein Räthsel. Zwey Bekränzte

Erblickt' ich mit Verwundrung da ich kam.

Tasso .

Wenn du mein Glück vor deinen Augen siehst;

So wünscht' ich, daß du mein beschämt Gemüth

Mit eben diesem Blicke schauen könntest.

Antonio .

Mir war es lang' bekannt, daß im Belohnen

Alphons unmäßig ist, und du erfährst

Was jeder von den Seinen schon erfuhr.

Prinzessinn .

Wenn du erst siehst was er geleistet hat,

So wirst du uns gerecht und mäßig finden.

Wir sind nur hier die ersten stillen Zeugen

Des Beyfalls, den die Welt ihm nicht versagt,

Und den ihm zehnfach künft'ge Jahre gönnen.

Antonio .

Er ist durch euch schon seines Ruhms gewiß.

Wer dürfte zweifeln, wo Ihr preisen könnt?

Doch sage mir, wer druckte diesen Kranz

Auf Ariostens Stirne?

Leonore . Diese Hand.

Antonio .

Und sie hat wohl gethan! Er ziert ihn schön,

Als ihn der Lorber selbst nicht zieren würde.

Wie die Natur die innig reiche Brust

Mit einem grünen, bunten Kleide deckt,

So hüllt er alles was den Menschen nur

Ehrwürdig, liebenswürdig machen kann,

In's blühende Gewand der Fabel ein.

Zufriedenheit, Erfahrung und Verstand

Und Geisteskraft, Geschmack und reiner Sinn

Für's wahre Gute, geistig scheinen sie

In seinen Liedern und persönlich doch

Wie unter Blüthen-Bäumen auszuruhn,

Bedeckt vom Schnee der leicht getragnen Blüthen,

Umkränzt von Rosen, wunderlich umgaukelt

Vom losen Zauberspiel der Amoretten.

Der Quell des Ueberflusses rauscht darneben,

Und läßt uns bunte Wunderfische sehn.

Von seltenem Geflügel ist die Luft,

Von fremden Herden Wies' und Busch erfüllt,

Die Schalkheit lauscht im Grünen halb versteckt,

Die Weisheit läßt von einer goldnen Wolke

Von Zeit zu Zeit erhabne Sprüche tönen,

Indeß auf wohl gestimmter Laute wild

Der Wahnsinn hin und her zu wühlen scheint

Und doch im schönsten Tact sich mäßig hält.

Wer neben diesem Mann sich wagen darf,

Verdient für seine Kühnheit schon den Kranz.

Vergebt, wenn ich mich selbst begeistert fühle,

Wie ein Verzückter weder Zeit noch Ort,

Noch was ich sage wohl bedenken kann;

Denn alle diese Dichter, diese Kränze,

Das seltne festliche Gewand der Schönen

Versetzt mich aus mir selbst in fremdes Land.

Prinzessinn .

Wer Ein Verdienst so wohl zu schätzen weiß,

Der wird das andre nicht verkennen. Du

Sollst uns dereinst in Tasso's Liedern zeigen

Was wir gefühlt und was nur du erkennst.

Alphons .

Komm mit, Antonio! manches hab' ich noch,

Worauf ich sehr begierig bin, zu fragen.

Dann sollst du bis zum Untergang der Sonne

Den Frauen angehören. Komm! Lebt wohl.

Dem Fürsten folgt Antonio, den Damen Tasso.

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt

Saal .

Prinzessinn .Tasso .

Tasso .

Unsicher folgen meine Schritte dir,

O Fürstinn, und Gedanken ohne Maß

Und Ordnung regen sich in meiner Seele.

Mir scheint die Einsamkeit zu winken, mich

Gefällig anzulispeln: komm, ich löse

Die neu erregten Zweifel deiner Brust.

Doch werf' ich einen Blick auf dich, vernimmt

Mein horchend Ohr ein Wort von deiner Lippe,

So wird ein neuer Tag um mich herum

Und alle Bande fallen von mir los.

Ich will dir gern gestehn, es hat der Mann,

Der unerwartet zu uns trat, nicht sanft

Aus einem schönen Traum mich aufgeweckt;

Sein Wesen, seine Worte haben mich

So wunderbar getroffen, daß ich mehr

Als je mich doppelt fühle, mit mir selbst

Auf's neu' in streitender Verwirrung bin.

Prinzessinn .

Es ist unmöglich, daß ein alter Freund,

Der lang' entfernt ein fremdes Leben führte,

Im Augenblick da er uns wiedersieht

Sich wieder gleich wie ehmals finden soll.

Er ist in seinem Innern nicht verändert;

Laß uns mit ihm nur wenig Tage leben,

So stimmen sich die Saiten hin und wieder,

Bis glücklich eine schöne Harmonie

Auf's neue sie verbindet. Wird er dann

Auch näher kennen was du diese Zeit

Geleistet hast: so stellt er dich gewiß

Dem Dichter an die Seite, den er jetzt

Als einen Riesen dir entgegen stellt.

Tasso .

Ach meine Fürstinn, Ariostens Lob

Aus seinem Munde hat mich mehr ergetzt

Als daß es mich beleidigt hätte. Tröstlich

Ist es für uns den Mann gerühmt zu wissen,

Der als ein großes Muster vor uns steht.

Wir können uns im stillen Herzen sagen:

Erreichst du einen Theil von seinem Werth,

Bleibt dir ein Theil auch seines Ruhms gewiß.

Nein, was das Herz im tiefsten mir bewegte,

Was mir noch jetzt die ganze Seele füllt,

Es waren die Gestalten jener Welt,

Die sich lebendig, rastlos, ungeheuer

Um Einen großen, einzig klugen Mann

Gemessen dreht und ihren Lauf vollendet,

Den ihr der Halbgott vorzuschreiben wagt.

Begierig horcht' ich auf, vernahm mit Lust

Die sichern Worte des erfahrnen Mannes;

Doch ach! je mehr ich horchte, mehr und mehr

Versank ich vor mir selbst, ich fürchtete

Wie Echo an den Felsen zu verschwinden,

Ein Wiederhall, ein Nichts mich zu verlieren.

Prinzessinn .

Und schienst noch kurz vorher so rein zu fühlen,

Wie Held und Dichter für einander leben,

Wie Held und Dichter sich einander suchen,

Und keiner je den andern neiden soll?

Zwar herrlich ist die liedeswerthe That,

Doch schön ist's auch, der Thaten stärkste Fülle

Durch würd'ge Lieder auf die Nachwelt bringen.

Begnüge dich aus einem kleinen Staate,

Der dich beschützt, dem wilden Lauf der Welt,

Wie von dem Ufer, ruhig zuzusehn.

Tasso .

Und sah' ich hier mit Staunen nicht zuerst,

Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt?

Als unerfahrner Knabe kam ich her,

In einem Augenblick, da Fest auf Fest

Ferrara zu dem Mittelpunct der Ehre

Zu machen schien. O! welcher Anblick war's!

Den weiten Platz, auf dem in ihrem Glanze

Gewandte Tapferkeit sich zeigen sollte,

Umschloß ein Kreis, wie ihn die Sonne nicht

So bald zum zweytenmal bescheinen wird.

Es saßen hier gedrängt die schönsten Frauen,

Gedrängt die ersten Männer unsrer Zeit.

Erstaunt durchlief der Blick die edle Menge;

Man rief: Sie alle hat das Vaterland,

Das Eine, schmale, meerumgebne Land,

Hierher geschickt. Zusammen bilden sie

Das herrlichste Gericht, das über Ehre,

Verdienst und Tugend je entschieden hat.

Gehst du sie einzeln durch, du findest keinen,

Der seines Nachbarn sich zu schämen brauche! -

Und dann eröffneten die Schranken sich.

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