Hermann und Dorothea - Гете Иоганн Вольфганг 3 стр.


Doch das ist lange schon her; es bleiben die wachsenden Mädchen

Endlich billig zu Haus und fliehn die wilderen Spiele.

Wohlgezogen sind sie gewiß! Ich ging auch zuzeiten

Noch aus alter Bekanntschaft, so wie Ihr es wünschtet, hinüber;

Aber ich konnte mich nie in ihrem Umgang erfreuen.

Denn sie tadelten stets an mir, das mußt' ich ertragen:

Gar zu lang war mein Rock, zu grob das Tuch und die Farbe

Gar zu gemein und die Haare nicht recht gestutzt und gekräuselt.

Endlich hatt' ich im Sinne, mich auch zu putzen wie jene

Handelsbübchen, die stets am Sonntag drüben sich zeigen,

Und um die halbseiden im Sommer das Läppchen herumhängt.

Aber noch früh genug merkt' ich, sie hatten mich immer zum besten,

Und das war mir empfindlich, mein Stolz war beleidigt; doch mehr noch

Kränkte mich's tief, daß so sie den guten Willen verkannten,

Den ich gegen sie hegte, besonders Minchen, die jüngste.

Denn so war ich zuletzt an Ostern hinübergegangen,

Hatte den neuen Rock, der jetzt nur oben im Schrank hängt,

Angezogen und war frisiert wie die übrigen Bursche.

Als ich eintrat, kicherten sie; doch zog ich's auf mich nicht.

Minchen saß am Klavier; es war der Vater zugegen,

Hörte die Töchterchen singen und war entzückt und in Laune.

Manches verstand ich nicht, was in den Liedern gesagt war,

Aber ich hörte viel von Pamina, viel von Tamino,

Und ich wollte doch auch nicht stumm sein! Sobald sie geendet,

Fragt' ich dem Texte nach und nach den beiden Personen.

Alle schwiegen darauf und lächelten; aber der Vater

Sagte: ›Nicht wahr, mein Freund, Er kennt nur Adam und Eva?‹

Niemand hielt sich alsdann, und laut auf lachten die Mädchen,

Laut auf lachten die Knaben, es hielt den Bauch sich der Alte.

Fallen ließ ich den Hut vor Verlegenheit, und das Gekicher

Dauerte fort und fort, soviel sie auch sangen und spielten.

Und ich eilte beschämt und verdrießlich wieder nach Hause,

Hängte den Rock in den Schrank und zog die Haare herunter

Mit den Fingern und schwur, nicht mehr zu betreten die Schwelle.

Und ich hatte wohl recht; denn eitel sind sie und lieblos,

Und ich höre, noch heiß ich bei ihnen immer Tamino.»

Da versetzte die Mutter:»Du solltest, Hermann, so lange

Mit den Kindern nicht zürnen; denn Kinder sind sie ja sämtlich.

Minchen fürwahr ist gut und war dir immer gewogen;

Neulich fragte sie noch nach dir. Die solltest du wählen!»

Da versetzte bedenklich der Sohn:»Ich weiß nicht, es prägte

Jener Verdruß sich so tief bei mir ein, ich möchte fürwahr nicht

Sie am Klaviere mehr sehn und ihre Liedchen vernehmen.»

Doch der Vater fuhr auf und sprach die zornigen Worte:

«Wenig Freud' erleb ich an dir! Ich sagt' es doch immer,

Als du zu Pferden nur und Lust nur bezeugtest zum Acker:

Was ein Knecht schon verrichtet des wohlbegüterten Mannes,

Tust du; indessen muß der Vater des Sohnes entbehren,

Der ihm zur Ehre doch auch vor andern Bürgern sich zeigte.

Und so täuschte mich früh mit leerer Hoffnung die Mutter,

Wenn in der Schule das Lesen und Schreiben und Lernen dir niemals

Wie den andern gelang und du immer der Unterste saßest.

Freilich! das kommt daher, wenn Ehrgefühl nicht im Busen

Eines Jünglinges lebt und wenn er nicht höher hinauf will.

Hätte mein Vater gesorgt für mich, so wie ich für dich tat,

Mich zur Schule gesendet und mir die Lehrer gehalten,

Ja, ich wäre was anders als Wirt zum Goldenen Löwen!»

Aber der Sohn stand auf und nahte sich schweigend der Türe,

Langsam und ohne Geräusch; allein der Vater, entrüstet,

Rief ihm nach:»So gehe nur hin! ich kenne den Trotzkopf!

Geh und führe fortan die Wirtschaft, daß ich nicht schelte;

Aber denke nur nicht, du wollest ein bäurisches Mädchen

Je mir bringen ins Haus, als Schwiegertochter, die Trulle!

Lange hab ich gelebt und weiß mit Menschen zu handeln,

Weiß zu bewirten die Herren und Frauen, daß sie zufrieden

Von mir weggehn, ich weiß den Fremden gefällig zu schmeicheln.

Aber so soll mir denn auch ein Schwiegertöchterchen endlich

Wiederbegegnen und so mir die viele Mühe versüßen!

Spielen soll sie mir auch das Klavier; es sollen die schönsten,

Besten Leute der Stadt sich mit Vergnügen versammeln,

Wie es sonntags geschieht im Hause des Nachbars!«Da drückte

Leise der Sohn auf die Klinke, und so verließ er die Stube.

Thalia

Die Bürger

Also entwich der bescheidene Sohn der heftigen Rede;

Aber der Vater fuhr in der Art fort, wie er begonnen -

«Was im Menschen nicht ist, kommt auch nicht aus ihm, und schwerlich

Wird mich des herzlichsten Wunsches Erfüllung jemals erfreuen,

Daß der Sohn dem Vater nicht gleich sei, sondern ein Beßrer.

Denn was wäre das Haus, was wäre die Stadt, wenn nicht immer

Jeder gedächte mit Lust zu erhalten und zu erneuen

Und zu verbessern auch, wie die Zeit uns lehrt und das Ausland!

Soll doch nicht als ein Pilz der Mensch dem Boden entwachsen

Und verfaulen geschwind an dem Platze, der ihn erzeugt hat,

Keine Spur nachlassend von seiner lebendigen Wirkung!

Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, wes Sinnes der Herr sei,

Wie man, das Städtchen betretend, die Obrigkeiten beurteilt.

Denn wo die Türme verfallen und Mauern, wo in den Gräben

Unrat sich häufet und Unrat auf allen Gassen herumliegt,

Wo der Stein aus der Fuge sich rückt und nicht wieder gesetzt wird,

Wo der Balken verfault und das Haus vergeblich die neue

Unterstützung erwartet: der Ort ist übel regieret.

Denn wo nicht immer von oben die Ordnung und Reinlichkeit wirket,

Da gewöhnet sich leicht der Bürger zu schmutzigem Saumsal,

Wie der Bettler sich auch an lumpige Kleider gewöhnet.

Darum hab ich gewünscht, es solle sich Hermann auf Reisen

Bald begeben und sehn zum wenigsten Straßburg und Frankfurt

Und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut ist.

Denn wer die Städte gesehn, die großen und reinlichen, ruht nicht,

Künftig die Vaterstadt selbst, so klein sie auch sei, zu verzieren.

Lobt nicht der Fremde bei uns die ausgebesserten Tore

Und den geweihten Turm und die wohlerneuerte Kirche?

Rühmt nicht jeder das Pflaster? die wasserreichen, verdeckten,

Wohlverteilten Kanäle, die Nutzen und Sicherheit bringen,

Daß dem Feuer sogleich beim ersten Ausbruch gewehrt sei,

Ist das nicht alles geschehn seit jenem schrecklichen Brande?

Bauherr war ich sechsmal im Rat und habe mir Beifall,

Habe mir herzlichen Dank von guten Bürgern verdienet,

Was ich angab, emsig betrieben und so auch die Anstalt

Redlicher Männer vollführt, die sie unvollendet verließen.

So kam endlich die Lust in jedes Mitglied des Rates.

Alle bestreben sich jetzt, und schon ist der neue Chausseebau

Fest beschlossen, der uns mit der großen Straße verbindet.

Aber ich fürchte nur sehr, so wird die Jugend nicht handeln!

Denn die einen, sie denken auf Lust und vergänglichen Putz nur,

Andere hocken zu Haus und brüten hinter dem Ofen.

Und das fürcht ich, ein solcher wird Hermann immer mir bleiben.»

Und es versetzte sogleich die gute verständige Mutter:

«Immer bist du doch, Vater, so ungerecht gegen den Sohn! und

So wird am wenigsten dir dein Wunsch des Guten erfüllet.

Denn wir können die Kinder nach unserem Sinne nicht formen;

So wie Gott sie uns gab, so muß man sie haben und lieben,

Sie erziehen aufs beste und jeglichen lassen gewähren.

Denn der eine hat die, die anderen andere Gaben;

Jeder braucht sie, und jeder ist doch nur auf eigene Weise

Gut und glücklich. Ich lasse mir meinen Hermann nicht schelten;

Denn, ich weiß es, er ist der Güter, die er dereinst erbt,

Wert und ein trefflicher Wirt, ein Muster Bürgern und Bauern,

Und im Rate gewiß, ich seh es voraus, nicht der Letzte.

Aber täglich mit Schelten und Tadeln hemmst du dem Armen

Allen Mut in der Brust, so wie du es heute getan hast.»

Und sie verließ die Stube sogleich und eilte dem Sohn nach,

Daß sie ihn irgendwo fänd' und ihn mit gütigen Worten

Wieder erfreute; denn er, der treffliche Sohn, er verdient' es.

Lächelnd sagte darauf, sobald sie hinweg war, der Vater:

«Sind doch ein wunderlich Volk die Weiber, so wie die Kinder!

Jedes lebet so gern nach seinem eignen Belieben,

Und man sollte hernach nur immer loben und streicheln.

Einmal für allemal gilt das wahre Sprüchlein der Alten:

Wer nicht vorwärts geht, der kommt zurücke! So bleibt es.»

Und es versetzte darauf der Apotheker bedächtig:

«Gerne geb ich es zu, Herr Nachbar, und sehe mich immer

Selbst nach dem Besseren um, wofern es nicht teuer doch neu ist;

Aber hilft es fürwahr, wenn man nicht die Fülle des Gelds hat,

Tätig und rührig zu sein und innen und außen zu bessern?

Nur zu sehr ist der Bürger beschränkt; das Gute vermag er

Nicht zu erlangen, wenn er es kennt. Zu schwach ist sein Beutel,

Das Bedürfnis zu groß; so wird er immer gehindert.

Manches hätt' ich getan; allein wer scheut nicht die Kosten

Solcher Verändrung, besonders in diesen gefährlichen Zeiten!

Lange lachte mir schon mein Haus im modischen Kleidchen,

Lange glänzten durchaus mit großen Scheiben die Fenster;

Aber wer tut dem Kaufmann es nach, der bei seinem Vermögen

Auch die Wege noch kennt, auf welchen das Beste zu haben?

Seht nur das Haus an da drüben, das neue! Wie prächtig in grünen

Feldern die Stukkatur der weißen Schnörkel sich ausnimmt!

Groß sind die Tafeln der Fenster, wie glänzen und spiegeln die Scheiben,

Daß verdunkelt stehn die übrigen Häuser des Marktes!

Und doch waren die unsern gleich nach dem Brande die schönsten,

Die Apotheke zum Engel sowie der Goldene Löwe.

So war mein Garten auch in der ganzen Gegend berühmt, und

Jeder Reisende stand und sah durch die roten Staketen

Nach den Bettlern von Stein und nach den farbigen Zwergen.

Wem ich den Kaffee dann gar in dem herrlichen Grottenwerk reichte,

Das nun freilich verstaubt und halb verfallen mir dasteht,

Der erfreute sich hoch des farbig schimmernden Lichtes

Schön geordneter Muscheln; und mit geblendetem Auge

Schaute der Kenner selbst den Bleiglanz und die Korallen.

Ebenso ward in dem Saale die Malerei auch bewundert,

Wo die geputzten Herren und Damen im Garten spazieren

Und mit spitzigen Fingern die Blumen reichen und halten.

Ja, wer sähe das jetzt nur noch an! Ich gehe verdrießlich

Kaum mehr hinaus; denn alles soll anders sein und geschmackvoll,

Wie sie's heißen, und weiß die Latten und hölzernen Bänke.

Alles ist einfach und glatt, nicht Schnitzwerk oder Vergoldung

Will man mehr, und es kostet das fremde Holz nun am meisten.

Nun, ich wär' es zufrieden, mir auch was Neues zu schaffen;

Auch zu gehn mit der Zeit und oft zu verändern den Hausrat;

Aber es fürchtet sich jeder, auch nur zu rücken das Kleinste,

Denn wer vermöchte wohl jetzt die Arbeitsleute zu zahlen?

Neulich kam mir's in Sinn, den Engel Michael wieder,

Der mir die Offizin bezeichnet, vergolden zu lassen

Und den greulichen Drachen, der ihm zu Füßen sich windet;

Aber ich ließ ihn verbräunt, wie er ist; mich schreckte die Fordrung.»

Euterpe

Mutter und Sohn

Also sprachen die Männer, sich unterhaltend. Die Mutter

Ging indessen, den Sohn erst vor dem Hause zu suchen,

Auf der steinernen Bank, wo sein gewöhnlicher Sitz war.

Als sie daselbst ihn nicht fand, so ging sie, im Stalle zu schauen,

Ob er die herrlichen Pferde, die Hengste, selber besorgte,

Die er als Fohlen gekauft und die er niemand vertraute.

Und es sagte der Knecht:»Er ist in den Garten gegangen.»

Da durchschritt sie behende die langen doppelten Höfe,

Ließ die Ställe zurück und die wohlgezimmerten Scheunen,

Trat in den Garten, der weit bis an die Mauern des Städtchens

Reichte, schritt ihn hindurch und freute sich jegliches Wachstums,

Stellte die Stützen zurecht, auf denen beladen die Äste

Ruhten des Apfelbaums, wie des Birnbaums lastende Zweige,

Nahm gleich einige Raupen vom kräftig strotzenden Kohl weg;

Denn ein geschäftiges Weib tut keine Schritte vergebens.

Also war sie ans Ende des langen Gartens gekommen,

Bis zur Laube, mit Geißblatt bedeckt; nicht fand sie den Sohn da,

Ebensowenig, als sie bis jetzt ihn im Garten erblickte.

Aber nur angelehnt war das Pförtchen, das aus der Laube,

Aus besonderer Gunst, durch die Mauer des Städtchens gebrochen

Hatte der Ahnherr einst, der würdige Burgemeister.

Und so ging sie bequem den trocknen Graben hinüber,

Wo an der Straße sogleich der wohl umzäunete Weinberg

Aufstieg steileren Pfads, die Fläche zur Sonne gekehret.

Auch den schritt sie hinauf und freute der Fülle der Trauben

Sich im Steigen, die kaum sich unter den Blättern verbargen.

Schattig war und bedeckt der hohe mittlere Laubgang,

Den man auf Stufen erstieg von unbehauenen Platten.

Und es hingen herein Gutedel und Muskateller,

Rötlich-blaue daneben von ganz besonderer Größe,

Alle mit Fleiße gepflanzt, der Gäste Nachtisch zu zieren.

Aber den übrigen Berg bedeckten einzelne Stöcke,

Kleinere Trauben tragend, von denen der köstliche Wein kommt.

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