Also sprach Zarathustra - Фридрих Ницше 37 стр.


Gab es Schmutzigeres bisher auf Erden als Wüsten-Heilige? Um die herum war nicht nur der Teufel los, — sondern auch das Schwein.

14

Scheu, beschämt, ungeschickt, einem Tiger gleich, dem der Sprung missrieth: also, ihr höheren Menschen, sah ich oft euch bei Seite schleichen. Ein Wurf missrieth euch.

Aber, ihr Würfelspieler, was liegt daran! Ihr lerntet nicht spielen und spotten, wie man spielen und spotten muss! Sitzen wir nicht immer an einem grossen Spott— und Spieltische?

Und wenn euch Grosses missrieth, seid ihr selber darum — missrathen? Und missriethet ihr selber, missrieth darum — der Mensch? Missrieth aber der Mensch: wohlan! wohlauf!

15

Je höher von Art, je seltener geräth ein Ding. Ihr höheren Menschen hier, seid ihr nicht alle — missgerathen?

Seid guten Muths, was liegt daran! Wie Vieles ist noch möglich! Lernt über euch selber lachen, wie man lachen muss!

Was Wunders auch, dass ihr missriethet und halb geriethet, ihr Halb-Zerbrochenen! Drängt und stösst sich nicht in euch — des Menschen Zukunft?

Des Menschen Fernstes, Tiefstes, Sternen-Höchstes, seine ungeheure Kraft: schäumt Das nicht alles gegen einander in eurem Topfe?

Was Wunders, dass mancher Topf zerbricht! Lernt über euch lachen, wie man lachen muss! Ihr höheren Menschen, oh wie Vieles ist noch möglich!

Und wahrlich, wie Viel gerieth schon! Wie reich ist diese Erde an kleinen guten vollkommenen Dingen, an Wohlgerathenem!

Stellt kleine gute vollkommne Dinge um euch, ihr höheren Menschen! Deren goldene Reife heilt das Herz. Vollkommnes lehrt hoffen.

16

Welches war hier auf Erden bisher die grösste Sünde? War es nicht das Wort Dessen, der sprach:»Wehe Denen, die hier lachen!»

Fand er zum Lachen auf der Erde selber keine Gründe? So suchte er nur schlecht. Ein Kind findet hier noch Gründe.

Der — liebte nicht genug: sonst hätte er auch uns geliebt, die Lachenden! Aber er hasste und höhnte uns, Heulen und Zähneklappern verhiess er uns.

Muss man denn gleich fluchen, wo man nicht liebt? Das — dünkt mich ein schlechter Geschmack. Aber so that er, dieser Unbedingte. Er kam vom Pöbel.

Und er selber liebte nur nicht genug: sonst hätte er weniger gezürnt, dass man ihn nicht liebe. Alle grosse Liebe will nicht Liebe: — die will mehr.

Geht aus dem Wege allen solchen Unbedingten! Das ist eine arme kranke Art, eine Pöbel-Art: sie sehn schlimm diesem Leben zu, sie haben den bösen Blick für diese Erde.

Geht aus dem Wege allen solchen Unbedingten! Sie haben Schwere Füsse und schwüle Herzen: — sie wissen nicht zu tanzen. Wie möchte Solchen wohl die Erde leicht sein!

17

Krumm kommen alle guten Dinge ihrem Ziele nahe. Gleich Katzen machen sie Buckel, sie schnurren innewendig vor ihrem nahen Glücke, — alle guten Dinge lachen.

Der Schritt verräth, ob Einer schon auf seiner Bahn schreitet: so seht mich gehn! Wer aber seinem Ziel nahe kommt, der tanzt.

Und, wahrlich, zum Standbild ward ich nicht, noch stehe ich nicht da, starr, stumpf, steinern, eine Säule; ich liebe geschwindes Laufen.

Und wenn es auf Erden auch Moor und dicke Trübsal giebt: wer leichte Füsse hat, läuft über Schlamm noch hinweg und tanzt wie auf gefegtem Eise.

Erhebt eure Herzen, meine Brüder, hoch! höher! Und vergesst mir auch die Beine nicht! Erhebt auch eure Beine, ihr guten Tänzer, und besser noch: ihr steht auch auf dem Kopf!

18

Diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranz-Krone: ich selber setzte mir diese Krone auf, ich selber sprach heilig mein Gelächter. Keinen Anderen fand ich heute stark genug dazu.

Zarathustra der Tänzer, Zarathustra der Leichte, der mit den Flügeln winkt, ein Flugbereiter, allen Vögeln zuwinkend, bereit und fertig, ein Selig-Leichtfertiger:

Zarathustra der Wahrsager, Zarathustra der Wahrlacher, kein Ungeduldiger, kein Unbedingter, Einer, der Sprünge und Seitensprünge liebt; ich selber setzte mir diese Krone auf!

19

Erhebt eure Herzen, meine Brüder, hoch! höher! Und vergesst mir auch die Beine nicht! Erhebt auch eure Beine, ihr guten Tänzer, und besser noch: ihr steht auch auf dem Kopf!

Es giebt auch im Glück schweres Gethier, es giebt Plumpfüssler von Anbeginn. Wunderlich müht sie sich ab, einem Elephanten gleich, der sich müht auf dem Kopf zu stehn.

Besser aber noch närrisch sein vor Glücke als närrisch vor Unglücke, besser plump tanzen als lahm gehn. So lernt mir doch meine Weisheit ab: auch das schlimmste Ding hat zwei gute Kehrseiten,

— auch das schlimmste Ding hat gute Tanzbeine: so lernt mir doch euch selbst, ihr höheren Menschen, auf eure rechten Beine stellen!

So verlernt mir doch Trübsal-Blasen und alle Pöbel-Traurigkeit! Oh wie traurig dünken mich heute des Pöbels Hanswürste noch! Diess Heute aber ist des Pöbels.

20

Dem Winde thut mir gleich, wenn er aus seinen Berghöhlen stürzt: nach seiner eignen Pfeife will er tanzen, die Meere zittern und hüpfen unter seinen Fusstapfen.

Der den Eseln Flügel giebt, der Löwinnen melkt, gelobt sei dieser gute unbändige Geist, der allem Heute und allem Pöbel wie ein Sturmwind kommt,

— der Distel— und Tiftelköpfen feind ist und allen welken Blättern und Unkräutern: gelobt sei dieser wilde gute freie Sturmgeist, welcher auf Mooren und Trübsalen wie auf Wiesen tanzt!

Der die Pöbel-Schwindhunde hasst und alles missrathene düstere Gezücht: gelobt sei dieser Geist aller freien Geister, der lachende Sturm, welcher allen Schwarzsichtigen, Schwärsüchtigen Staub in die Augen bläst!

Ihr höheren Menschen, euer Schlimmstes ist: ihr lerntet alle nicht tanzen, wie man tanzen muss — über euch hinweg tanzen! Was liegt daran, dass ihr missriethet!

Wie Vieles ist noch möglich! So lernt doch über euch hinweg lachen! Erhebt eure Herzen, ihr guten Tänzer, hoch! höher! Und vergesst mir auch das gute Lachen nicht!

Diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranz-Krone: euch, meinen Brüdern, werfe ich diese Krone zu! Das Lachen sprach ich heilig; ihr höheren Menschen, lernt mir — lachen!

Das Lied der Schwermuth

1

Als Zarathustra diese Reden sprach, stand er nahe dem Eingange seiner Höhle; mit den letzten Worten aber entschlüpfte er seinen Gästen und floh für eine kurze Weile in's Freie.

«Oh reine Gerüche um mich, rief er aus, oh selige Stille um mich! Aber wo sind meine Thiere? Heran, heran, mein Adler und meine Schlange!

Sagt mir doch, meine Thiere: diese höheren Menschen insgesammt — riechen sie vielleicht nicht gut? Oh reine Gerüche um mich! Jetzo weiss und fühle ich erst, wie ich euch, meine Thiere, liebe.

»

— Und Zarathustra sprach nochmals:»ich liebe euch, meine Thiere!«Der Adler aber und die Schlange drängten sich an ihn, als er diese Worte sprach, und sahen zu ihm hinauf. Solchergestalt waren sie zu drei still beisammen und schnüffelten und schlürften mit einander die gute Luft. Denn die Luft war hier draussen besser als bei den höheren Menschen.

2

Kaum aber hatte Zarathustra seine Höhle verlassen, da erhob sich der alte Zauberer, sah listig umher und sprach:»Er ist hinaus!

Und schon, ihr höheren Menschen — dass ich euch mit diesem Lob— und Schmeichel-Namen kitzle, gleich ihm selber — schon fällt mich mein schlimmer Trug— und Zaubergeist an, mein schwermüthiger Teufel,

— welcher diesem Zarathustra ein Widersacher ist aus dem Grunde: vergebt es ihm! Nun will er vor euch zaubern, er hat gerade seine Stunde; umsonst ringe ich mit diesem bösen Geiste.

Euch Allen, welche Ehren ihr euch mit Worten geben mögt, ob ihr euch» die freien Geister «nennt oder» die Wahrhaftigen «oder» die Büsser des Geistes «oder» die Entfesselten «oder» die grossen Sehnsüchtigen»

— euch Allen, die ihr am grossen Ekel leidet gleich mir, denen der alte Gott starb und noch kein neuer Gott in Wiegen und Windeln liegt, — euch Allen ist mein böser Geist und Zauber-Teufel hold.

Ich kenne euch, ihr höheren Menschen, ich kenne ihn, — ich kenne auch diesen Unhold, den ich wider Willen liebe, diesen Zarathustra: er selber dünkt mich öfter gleich einer schönen Heiligen-Larve,

— gleich einem neuen wunderlichen Mummenschanze, in dem sich mein böser Geist, der schwermüthige Teufel, gefällt: — ich liebe Zarathustra, so dünkt mich oft, um meines bösen Geistes Willen.

Aber schon fällt der mich an und zwingt mich, dieser Geist der Schwermuth, dieser Abend-Dämmerungs-Teufel: und, wahrlich, ihr höheren Menschen, es gelüstet ihn

— macht nur die Augen auf! — es gelüstet ihn, nackt zu kommen, ob männlich, ob weiblich, noch weiss ich's nicht: aber er kommt, er zwingt mich, wehe! macht eure Sinne auf!

Der Tag klingt ab, allen Dingen kommt nun der Abend, auch den besten Dingen; hört nun und seht, ihr höheren Menschen, welcher Teufel, ob Mann, ob Weib, dieser Geist der Abend-Schwermuth ist!»

Also sprach der alte Zauberer, sah listig umher und griff dann zu seiner Harfe.

3

Bei abgehellter Luft, Wenn schon des Thau's Tröstung Zur Erde niederquillt, Unsichtbar, auch ungehört: — Denn zartes Schuhwerk trägt Der Tröster Thau gleich allen Trost-Milden: Gedenkst du da, gedenkst du, heisses Herz, Wie einst du durstetest, Nach himmlischen Thränen und Thau-Geträufel Versengt und müde durstetest, Dieweil auf gelben Gras-Pfaden Boshaft abendliche Sonnenblicke Durch schwarze Bäume um dich liefen, Blendende Sonnen-Gluthblicke, schadenfrohe.

«Der Wahrheit Freier? Du? — so höhnten sie — Nein! Nur ein Dichter! Ein Thier, ein listiges, raubendes, schleichendes, Das lügen muss, Das wissentlich, willentlich lügen muss: Nach Beute lüstern, Bunt verlarvt, Sich selber Larve, Sich selbst zur Beute — Das — der Wahrheit Freier? Nein! Nur Narr! Nur Dichter! Nur Buntes redend, Aus Narren-Larven bunt herausschreiend, Herumsteigend auf lügnerischen Wort-Brücken, Auf bunten Regenbogen, Zwischen falschen Himmeln Und falschen Erden, Herumschweifend, herumschwebend, — Nur Narr! Nur Dichter!

Das — der Wahrheit Freier? Nicht still, starr, glatt, kalt, Zum Bilde worden, Zur Gottes-Säule, Nicht aufgestellt vor Tempeln, Eines Gottes Thürwart: Nein! Feindselig solchen Wahrheits-Standbildern, In jeder Wildniss heimischer als vor Tempeln, Voll Katzen-Muthwillens, Durch jedes Fenster springend Husch! in jeden Zufall, Jedem Urwalde zuschnüffelnd, Süchtig-sehnsüchtig zuschnüffelnd, Dass du in Urwäldern Unter buntgefleckten Raubthieren Sündlich-gesund und bunt und schön liefest, Mit lüsternen Lefzen, Selig-höhnisch, selig-höllisch, selig-blutgierig, Raubend, schleichend, lügend liefest:

Oder, dem Adler gleich, der lange, Lange starr in Abgründe blickt, In seine Abgründe: — Oh wie sie sich hier hinab, Hinunter, hinein, In immer tiefere Tiefen ringeln! — Dann, Plötzlich, geraden Zugs, Gezückten Flugs, Auf Lämmer stossen, Jach hinab, heisshungrig, Nach Lämmern lüstern, Gram allen Lamms-Seelen, Grimmig-gram Allem, was blickt Schafmässig, lammäugig, krauswollig, Grau, mit Lamms-Schafs-Wohlwollen!

Also Adlerhaft, pantherhaft Sind des Dichters Sehnsüchte, Sind deine Sehnsüchte unter tausend Larven, Du Narr! Du Dichter!

Der du den Menschen schautest So Gott als Schaf —: Den Gott zerreissen im Menschen Wie das Schaf im Menschen, Und zerreisend lachen

Das, Das ist deine Seligkeit! Eines Panthers und Adlers Seligkeit! Eines Dichters und Narren Seligkeit!»

Bei abgehellter Luft, Wenn schon des Monds Sichel Grün zwischen Purpurröthen Und neidisch hinschleicht: — dem Tage feind, Mit jedem Schritte heimlich An Rosen-Hängematten Hinsichelnd, bis sie sinken, Nacht-abwärts blass hinabsinken:

So sank ich selber einstmals Aus meinem Wahrheits-Wahnsinne, Aus meinen Tages-Sehnsüchten, Des Tages müde, krank vom Lichte, — sank abwärts, abendwärts, schattenwärts: Von Einer Wahrheit Verbrannt und durstig: — gedenkst du noch, gedenkst du, heisses Herz, Wie da du durstetest? — Dass ich verbannt sei Von aller Wahrheit, Nur Narr! Nur Dichter!

Von der Wissenschaft

Also sang der Zauberer; und Alle, die beisammen waren, giengen gleich Vögeln unvermerkt in das Netz seiner listigen und schwermüthigen Wollust. Nur der Gewissenhafte des Geistes war nicht eingefangen: er nahm flugs dem Zauberer die Harfe weg und rief» Luft! Lasst gute Luft herein! Lass Zarathustra herein! Du machst diese Höhle schwül und giftig, du schlimmer alter Zauberer!

Du verfährst, du Falscher, Feiner, zu unbekannten Begierden und Wildnissen. Und wehe, wenn Solche, wie du, von der Wahrheit Redens und Wesens machen!

Wehe allen freien Geistern, welche nicht vor solchen Zauberern auf der Hut sind! Dahin ist es mit ihrer Freiheit: du lehrst und lockst zurück in Gefängnisse,

— du alter schwermüthiger Teufel, aus deiner Klage klingt eine Lockpfeife, du gleichst Solchen, welche mit ihrem Lobe der Keuschheit heimlich zu Wollüsten laden!»

Also sprach der Gewissenhafte; der alte Zauberer aber blickte um sich, genoss seines Sieges und verschluckte darüber den Verdruss, welchen ihm der Gewissenhafte machte.»Sei still! sagte er mit bescheidener Stimme, gute Lieder wollen gut wiederhallen; nach guten Liedern soll man lange schweigen.

So thun es diese Alle, die höheren Menschen. Du aber hast wohl Wenig von meinem Lied verstanden? In dir ist Wenig von einem Zaubergeiste.

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