Sie ließen ihre Waffen aufsäumen nach dem Rhein.
Es hatte wohl geworben mit den Händen sein
Siegfried der Recke, er hatt es wohl vollbracht:
Das musst ihm zugestehen König Gunthers ganze Macht. (225)Nach Wormes sandte Boten der Degen Gernot:
Daheim in seinem Lande den Freunden er entbot,
Wie es gelungen wäre ihm und seinem Bann;
Wohl hatten da die Kühnen nach allen Ehren getan. (226)Die Botenknaben liefen; da ward es angesagt;
Da freuten sich in Liebe, die eben Leid geklagt,
Dieser lieben Märe, die ihnen war gekommen.
Da ward von edeln Frauen großes Fragen vernommen: (227)"Wie es gelungen wäre des reichen Königs Lehn?"
Man ließ der Boten einen zu Kriemhilden gehn.
Das geschah verstohlen, sie durft es wohl nicht laut;
Es war ja der darunter, dem ihr Herz sie vertraut. (228)Als sie in ihre Kammer den Boten kommen sah,
Kriemhild die schöne gar gütlich sprach sie da:
"Nun sag mir frohe Märe, so geb ich dir mein Gold,
Und tust dus ohne Lügen, will ich dir immer bleiben hold. (229)Wie schied aus dem Streite mein Bruder Gernot
Und andre meiner Freunde? Blieb uns jemand tot?
Oder wer tat das Beste? Das sollst du mir sagen."
Da sprach der Bote balde: "Wir hatten nirgend einen Zagen. (230)Zu des Streites Ernste ritt niemand so wohl,
viel edle Königstochter, weil ich es sagen soll,
Als der edle Fremdling aus dem Niederland:
Da wirkte große Wunder des kühnen Siegfriedes Hand. (231)Was die Recken alle im Streite da getan,
Dankwart und Hagen und des Königs ganzer Bann,
Wie herrlich sie auch stritten, das war doch gar ein Wind
Allein gegen Siegfried, des Königs Siegmundes Kind. (232)Sie haben in dem Sturme der Helden viel erschlagen;
Doch möcht euch dieser Wunder niemand ein Ende sagen,
Die da Siegfried wirkte, ritt er in den Streit.
Den Fraun an ihren Freunden tat er da mächtiges Leid. (233)Da musste vor ihm fallen der Liebling mancher Braut.
Seine Schläge schollen auf Helmen also laut,
Dass sie aus Wunden brachten das fließende Blut:
Er ist in allen Dingen ein Ritter kühn und auch gut. (234)Was da hat begangen von Metz Herr Ortewein:
Was er nur mocht erlangen mit dem Schwerte sein,
Das fiel vor ihm verwundert oder meistens tot.
Da schuf euer Bruder die allergrößeste Not, (235)Die nur in Stürmen jemals mochte sein geschehn;
Man muss dem Auserwählten die Wahrheit zugestehn.
Die stolzen Burgonden sind da so gefahren,
Das sie vor allen Schanden die Ehre mochten bewahren. (236)Man sah von ihren Händen der Sättel viel geleert,
Als so laut das Feld erhallte von manchem lichten Schwert.
Die Recken von dem Rheine, die ritten allezeit,
Dass ihre Feinde besser vermieden hätten den Streit. (237)Auch die kühnen Tronjer schufen viel Beschwer,
Als mit Volkeskräften zusammen ritt das Heer.
Da schlug so manchen nieder des kühnen Hagen Hand,
Dass viel davon zu sagen wär in der Burgonden Land. (238)Sindolt und Haunolt in Gernotens Bann,
Und Rumolt der kühne haben so viel getan,
Dass es Lüdeger wahrlich immerdar beklagt,
Dass er euern Brüdern hier am Rhein hat abgesagt. (239)Streit, den allerhöchsten, der aber da geschah,
Vom ersten bis zum letzten, den jemand nur sah,
Den focht der Degen Siegfried mit ritterlicher Hand:
Er bringt reiche Geisel her in König Gunthers Land. (240)Die zwang mit seinen Kräften der streitbare Held,
Wovon der König Lüdegast den Schaden nun behält,
Und auch von Sachsenlanden sein Bruder Lüdeger:
Nun höret meine Märe, viel edle Königin hehr! (241)Die beiden hat gefangen Siegfriedens Hand;
Nie so mancher Geisel kam in dieses Land
Als nun durch seine Tugend kommt an den Rhein."
Ihr konnten diese Mären wohl nicht willkommener sein. (242)"Die bringen der Gesunden fünfhundert oder mehr,
Und der zum Sterben wunden, das wisset, Königin hehr,
Wohl achtzig rote Bahren her in unser Land:
die hat zumeist verhauen des kühnen Siegfriedes Hand. (243)Die uns so übermütig widersagten hier am Rhein,
Die müssen nun Gefangene König Gunthers sein:
Die bringt man mit Freuden her in dieses Land."
Ihre lichte Farb erblühte, als ihr die Märe ward bekannt. (244)Ihr Antlitz, das schöne, wurde rosenrot,
Da glücklich war geschieden aus so großer Not
Siegfried der junge, der waidliche Mann.
Sie war auch froh der Freunde; da tat sie gar wohl daran. (245)Da sprach die Minnigliche: "Du hast mir Heil bekannt,
Dafür zum Lohne lass ich dir geben reich Gewand,
Und zehen Mark von Golde; die soll man dir tragen."
Drum mag man solche Märe reichen Frauen gerne sagen. (246)Man gab ihm zum Lohne das Geld und auch das Kleid.
Da trat an die Fenster wohl manche schöne Maid
Und schaute nach der Straße, durch die man reiten fand
Viel hochbeherzte Degen in der Burgonden Land. (247)Da kamen die Gesunden, der Wunden Schar auch kam:
Die mochten grüßen hören von Freunden ohne Scham.
Der Wirt ritt seinen Gästen entgegen hoch erfreut:
Mit Freuden war beendet all sein mächtiges Leid. (248)Da empfing er wohl die Seinen, die Fremden auch zugleich,
Wie es nicht anders ziemte dem Könige reich,
Als denen gütlich danken, die da waren kommen,
Dass sie den Sieg mit Ehren im Sturme hatten genommen. (249)Da ließ sich Gunther Kunde von seinen Freunden sagen,
Wer ihm auf der Reise zu Tode wär erschlagen:
Da hatt er nichts verloren bis auf sechzig Mann;
Die musste man verschmerzen wie man noch manchen getan. (250)Da brachten die Gesunden zerhauen manchen Rand,
Und viel zerschrotne Helme in König Gunthers Land.
Das Volk sprang von den Rossen vor des Königs Saal;
Zu liebem Empfange vernahm man größlichen Schall. (251)Da gab man Herbergen den Recken in der Stadt.
Der König seine Gäste wohl zu pflegen bat;
Den Wunden ließ er Wartung und gute Ruh verleihn:
Wohl ließ er seine Tugend an den Feinden sichtbar sein. (252)Er sprach zu Lüdegasten: "Nun seid mir willkommen.
Ich habe großen Schaden durch eure Schuld genommen:
Das wird mir nun vergolten, wenn ich das Glück gewann.
Gott lohne meinen Freunden; sie haben Liebes mir getan." (253)"Wohl mögt ihr ihnen danken," sprach da Lüdeger,
"Solche hohe Geisel gewann kein König mehr.
Um ritterlich gewahrsam geben wir großes Gut,
Und bitten, dass ihr gnädiglich hier an euern Feinden tut." (254)"Ich will euch," sprach er, "Beide ledig lassen gehn;
Nur dass meine Feinde hier bei mir bestehn,
Dafür verlang ich Bürgschaft, auf dass sie nicht mein Land
Verlassen ohne Frieden." Darauf gab Lüdger die Hand. (255)Man brachte sie zur Ruhe, wo man sie wohl verpflag,
Und bald auf guten Betten mancher Wunde lag.
Man schenkte den Gesunden Met und guten Wein:
Da konnte das Gesinde nimmer fröhlicher sein. (256)Die zerhaunen Schilde man zum Verschlusse trug;
Blutgefärbter Sättel waren da genug:
Die ließ man verbergen, so weinten nicht die Fraun.
Da waren reisemüde viel gute Ritter zu schaun. (257)Der König seine Gäste gar gütlich verpflag.
Von Heimischen und Fremden das Land erfüllet lag;
Er ließ die Fährlichwunden gütlich verpflegen:
Wie hart war darnieder nun ihr Übermut gelegen! (258)Den wohlerfahrnen Ärzten bot man reichen Sold,
Silber ungewogen, dazu das lichte Gold,
Wenn sie die Helden heilten nach des Streites Not
Dazu viel große Gabe der König seinen Gästen bot. (259)Wer wieder heimzureisen sann in seinem Mut,
Den bat man noch zu bleiben, wie man mit Freunden tut.
Der König ging zu Rate, wie er lohne seinen Bann:
Sie hatten seinen Willen nach allen Ehren getan. (260)Da sprach der Herrne Gernot: "Lasst sie jetzt hindann:
Über sechs Wochen, sei ihnen kund getan,
Mögen sie wieder kommen zu einem Hofgelag:
Heil ist dann mancher, der erst schwer verwundet lag." (261)Da bat auch um den Urlaub Siegfried von Niederland.
Als dem König Gunther sein Wille ward bekannt,
Bat er ihn gar minniglich, noch bei ihm zu bestehn:
Wenn nicht um seine Schwester, so wär es nimmer geschehn. (262)Dazu war er zu mächtig, dass man ihm böte Sold;
Er hätt es wohl verdienet. Der König war ihm hold,
Und alle seine Freunde, die das mit angesehn,
Was da von seinen Händen in dem Kampfe war geschehn. (263)Um der Schönen willen er noch zu bleiben sann,
Vielleicht, dass er sie sähe; was ward auch bald getan:
Ganz nach seinem Wunsche ward ihm die Magd bekannt.
Dann ritt er reich an Freuden heim in König Siegmunds Land. (264)Der Wirt bat alle Tage der Ritterschaft zu pflegen:
Das tat mit gutem Willen mancher junge Degen;
Auch ließ er Sitz' errichten vor Wormes an dem Strand,
Denen die kommen sollten in der Burgonden Land. (265)
Nun hatt auch in den Tagen, als sie sollten kommen,
Kriemhild die schöne die Märe wohl vernommen,
Er stellt ein Hofgelage mit lieben Freunden an:
Da dachten schöne Frauen mit großem Fleiße daran, (266)Gewand und Band zu suchen, das sie da wollten tragen.
Ute die Reiche vernahm die Märe sagen
Von den stolzen Recken, die da sollten kommen:
Da wurden aus der Lade viel reiche Kleider genommen. (267)Ihrer Kinder willen ließ sie bereiten manches Kleid,
Womit gezieret wurden viel Fraun und manche Maid,
Und viel der jungen Recken aus Burgondenland.
Sie ließ auch manchem Fremden bereiten herrlich Gewand. (268)
(303)
Dass hieß man allenthalben weichen aus den Wegen
Der schönen Kriemhilde: manchen kühnen Degen
Sah man wohl gezogen mit ihr zur Kirche gehn.
Da ward von ihr geschieden dieser Degen ausersehn. (304)
Da ging sie zu dem Münster; ihr folgten viel der Fraun.
Da war so wohl gezieret die Königin zu schaun,
Dass da hoher Wünsche mancher ward verloren;
Sie war zur Augenweide manchem Recken auserkoren. (305)
Kaum erharrte Siegfried bis schloss der Messgesang;
Er mochte seinem Heile des immer sagen Dank,
Dass ihm die so hold war, die er im Herzen trug:
Auch war er der Schönen nach Verdienste hold genug. (306)