»Was ist?«
»Bob, wie nennst du es, wenn eine Frau dir oralen Sex bietet?«
»Ach, Mensch, Sigfrid, was soll denn der Unfug?«
»Wie nennst du es, Bob?«
»Ah! Das weißt du so gut wie ich.«
»Bitte, sag mir, wie du es nennst, Bob.«
»Man sagt auch ›französisch‹ dazu.«
»Welchen Ausdruck gibt es noch, Bob?«
»Eine Menge! ›Lutschen‹ ist einer. Ich glaube, ich habe tausend Ausdrücke dafür gehört.«
»Welchen noch, Bob?«
Ich habe mich in Wut und Schmerz hineingesteigert, und plötzlich kocht alles über.
»Hör auf mit diesen beschissenen Spielen, Sigfrid!« Mein Bauch schmerzt, und ich fürchte, dass ich mich besudle; es ist, als wäre ich wieder ein Säugling. »Mensch, Sigfrid! Als ich klein war, sprach ich mit meinem Teddy. Jetzt bin ich fünfundvierzig und spreche noch immer mit einer idiotischen Maschine, als lebte sie!«
»Aber es gibt noch einen anderen Ausdruck, nicht wahr, Bob?«
»Es gibt tausende! Welchen willst du hören?«
»Ich will den Ausdruck, den du verwenden wolltest und nicht verwendet hast, Bob. Bitte, versuch ihn auszusprechen. Der Ausdruck bedeutet für dich etwas Besonderes, deshalb kannst du die Worte nicht so leicht aussprechen.«
Ich sinke auf der Matte zusammen, und nun weine ich echt.
»Bitte, sag es, Bob. Wie lautet der Ausdruck?«
»Hol dich der Teufel, Sigfrid! Runtergehen. Das ist er. Runtergehen, runtergehen, runtergehen!«
»Guten Morgen«, sagte jemand in einen Traum hinein, in dem ich mitten im Orion-Nebel in einer Art Treibsand steckte. »Ich habe Ihnen Tee gebracht.«
Ich öffnete ein Auge und blickte über den Rand der Hängematte in ein nahes Paar kohlschwarzer Augen in einem sandfarbenen Gesicht. Ich war noch ganz angezogen und verkatert; irgendetwas roch abscheulich, und ich begriff, dass ich das war.
»Mein Name«, sagte die Person mit dem Tee, »ist Shikitei Bakin. Bitte, trinken Sie den Tee. Er wird Ihrem Gewebe die nötige Feuchtigkeit zuführen.«
Ich blickte ein bisschen weiter hinaus und sah, dass der Mann an den Hüften aufhörte; es war der beinlose Mann mit den anschnallbaren Flügeln, den ich tags zuvor im Tunnel gesehen hatte.
»Uh«, sagte ich, strengte mich ein bisschen mehr an und brachte es bis zu einem: »Guten Morgen.« Der Orion-Nebel verblasste, ebenso das Gefühl, mich durch sich rasch verdichtende Gaswolken zwängen zu müssen. Der üble Geruch blieb. Im Zimmer roch es grässlich, selbst nach Gateway-Maßstäben, und ich entdeckte, dass ich mich auf den Boden erbrochen hatte. Ich war nur Millimeter davon entfernt, mich zu wiederholen. Bakin, der langsam die Flügel bewegte, ließ am Ende eines Flügelschlages geschickt eine zugestöpselte Flasche neben mir in die Hängematte fallen. Dann schwebte er zu meiner Kommode, setzte sich darauf und sagte: »Ich glaube, heute Morgen um null acht haben Sie eine ärztliche Untersuchung.«
WEM GEHÖRT GATEWAY?
Gateway ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit, und man begriff schnell, dass es eine zu wertvolle Hilfsquelle war, als dass man es irgendeiner Gruppe von Personen oder irgendeiner Regierung allein überlassen durfte. Deshalb wurde Gateway Enterprises, Inc., gegründet.
Gateway Enterprises (gewöhnlich ›die Gesellschaft‹ genannt) ist eine multinationale Gesellschaft, deren Hauptpartner die Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten von Brasilien, der Venusianischen Konföderation und des Neuen Volksasien sind. Teilhaber mit eingeschränkten Rechten (Kommanditisten) sind alle jene Personen, die, wie Sie, die beigefügte Vereinbarung unterzeichnet haben.
»So?« Es gelang mir, die Kappe abzuschrauben und einen Schluck Tee zu trinken. Er war sehr heiß, ungezuckert und fast geschmacklos, aber er schien die Waage in meinem Inneren entgegen der Richtung zum neuerlichen Erbrechen ausschlagen zu lassen.
»Ja. Ich denke schon. Das ist üblich. Außerdem hat Ihr P-Phon mehrmals geläutet.«
Ich war wieder beim »Uh?«.
»Ich vermute, Ihr Proktor wollte Sie an den Termin erinnern. Es ist sieben fünfzehn, Mr. …«
»Broadhead«, sagte ich mit schwerer Zunge, und dann klarer: »Mein Name ist Bob Broadhead.«
»Ja. Ich habe mir die Freiheit genommen, mich zu vergewissern, dass Sie wach sind. Bitte genießen Sie Ihren Tee, Mr. Broadhead. Genießen Sie Ihren Aufenthalt auf Gateway.« Er nickte, fiel nach vorn von der Kommode, fegte zur Tür, zog sich hinaus und war verschwunden. Während mein Schädel bei jeder Lageveränderung pochte, befreite ich mich aus der Hängematte, versuchte die übleren Stellen am Boden zu meiden und brachte es auf irgendeine Weise fertig, einigermaßen sauber zu werden. Ich dachte an Enthaarung. Bis zu einem Vollbart würde es aber noch zwölf Tage dauern, weshalb ich beschloss, es sein zu lassen; wirklich unrasiert sah ich nicht aus, und ich hatte einfach nicht die Kraft.
Als ich in den Untersuchungsraum wankte, hatte ich mich nur um etwa fünf Minuten verspätet. Die anderen in meiner Gruppe waren alle vor mir da, sodass ich warten musste und Letzter wurde. Man nahm mir an drei Stellen Blut ab, am Fingerballen, an der Ellenbeuge und am Ohrläppchen; ich war überzeugt davon, dass der Alkoholgehalt überall 45 Prozent betrug. Aber darauf kam es nicht an. Die Untersuchung war nur eine Formalität. Wenn man den Flug nach Gateway in einem Raumschiff überlebte, konnte man auch eine Reise in einem Hitschi-Schiff überstehen, es sei denn, irgendetwas ging schief. In diesem Fall konnte man wahrscheinlich ohnehin nicht überleben, egal, wie gesund man war.
Es blieb mir Zeit, an einem Imbisswagen, den jemand in der Nähe eines Fallschachtes betrieb (Privatunternehmen auf Gateway? Ich hatte nicht gewusst, dass es das gab.), schnell einen Becher Kaffee zu trinken, dann fand ich mich pünktlich zur ersten Lehrstunde ein. Wir trafen uns in einem großen Raum in Etage Dog, der lang, schmal und niedrig war. Die Sitzplätze waren auf beiden Seiten zu je zweien angeordnet, dazwischen verlief ein Mittelgang; es war eine Art Schulzimmer in einem umgebauten Omnibus. Sheri kam zu spät, aber frisch und fröhlich aussehend, und setzte sich zu mir; unsere ganze Gruppe war zur Stelle, alle sieben, die gemeinsam von der Erde heraufgekommen waren, außerdem die vierköpfige Familie von der Venus und noch zwei andere, von denen ich wusste, dass sie ›Fische‹ waren wie ich.
»So schlecht siehst du gar nicht aus«, flüsterte Sheri, während der Ausbilder an seinem Pult mit Unterlagen hantierte.
»Ist der Kater zu sehen?«
»Eigentlich nicht. Aber vorhanden ist er sicher. Ich habe dich gestern Nacht heimkommen hören. Gehört hat dich der ganze Tunnel«, fügte sie nachdenklich hinzu.
Ich schnitt eine Grimasse. Ich konnte mich immer noch riechen, aber das meiste war offenbar innerlich. Keiner von den anderen schien mich zu meiden, nicht einmal Sheri.
Der Ausbilder stand auf und betrachtete uns eine Weile versonnen. »Na ja«, sagte er und beugte sich wieder über seine Unterlagen. Dann schüttelte er den Kopf. »Ich lasse nicht abzählen«, setzte er hinzu. »Ich leite den Lehrgang für den Betrieb eines Hitschi-Schiffes.« Mir fiel auf, dass er eine ganze Sammlung von Spangen trug; zählen konnte ich sie nicht, aber es war mindestens ein halbes Dutzend. Ich machte mir kurz Gedanken über die Leute, die ich immer wieder sah – die schon oft draußen gewesen waren und noch immer keine Reichtümer gesammelt hatten. »Das ist nur einer der drei Lehrgänge, die Sie besuchen werden. Anschließend lernen Sie, wie Sie in einer fremden Umwelt überleben, dann, wie Sie erkennen können, was wertvoll ist. Aber hier befassen wir uns mit den Schiffen, und den Umgang damit lernen wir am Objekt. Kommen Sie alle mit.«
Wir standen geschlossen auf und folgten ihm im Gänsemarsch durch einen Tunnel zum Abwärts-Kabel eines Fallschachtes, vorbei an den Posten – vielleicht denselben, die mich am Abend zuvor zurückgeschickt hatten. Diesmal nickten sie dem Ausbilder nur zu und ließen uns vorbeiziehen. Wir landeten in einem langen, breiten, niedrigen Gang, in dem ungefähr ein Dutzend abgeschnittener und fleckiger Metallzylinder aus dem Boden ragten. Sie sahen aus wie verkohlte Baumstümpfe, und es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, was ich vor mir hatte.
DUSCHREGELN
Diese Dusche läuft automatisch zweimal je 45 Sekunden.
Dazwischen einseifen.