Waldröschen VI. Die Abenteuer des schwarzen Gerard 1 - Karl May 7 стр.


Er schob den leeren Teller von sich, um sie genau zu betrachten. Da flog sie von ihrem Sitz auf ihn zu und sagte:

»Gerard, dies alles nützt mir nichts. Nur dich allein möchte ich erobern und berauschen, dein Weib möchte ich sein, wenn auch nur für ein kurzes Jahr, und dann glücklich sterben. O Gott, warum kann dies nicht sein?«

Sie hielt ihn fest an sich gepreßt und weinte. Er schob sie langsam von sich und erwiderte:

»Wir passen nicht zueinander. Wir beide sind leidenschaftlich, wir beide haben zu viel gelebt, wir können uns nicht ergänzen. Siehst du das nicht ein?«

Sie nahm ihre Arme von seinem Hals und antwortete:

»Leider sehe ich es ein, mein guter Gerard. Wer von uns beiden sich verheiratet, der darf sich nur mit einem ruhigen, versöhnlichen Charakter verbinden. Wir aber würden einander nur unglücklich machen. Aber aber !«

Emilia schritt hastig einige Male im Zimmer auf und ab, dann blieb sie vor ihm stehen, zeigte mit den Armen rund umher und fuhr fort:

»Das alles danke ich dir. Blicke mich selbst an! Denkst du, ich wisse nicht, wie schön ich bin? Denkst du, ich wisse nicht, welchen Eindruck ich mache und welche Macht ich ausübe? Oh, ich analysiere mich täglich selbst.«

Sie zog die goldene Nadel heraus, und nun wallte die dunkle, verführerische Flut fast bis zum Boden hinab.

»Sieh mein Auge, meine Nase, meinen Mund, mein Kinn, mein Profil, meinen Kopf! Hast du jemals einen Kopf gesehen, der schöner war als der meinige, und wäre es auch ein Gemäldekopf? Wer will mir widerstehen? Kein anderer als nur du! Und doch möchte ich, daß ich nur dir allein gehörte! Oh, dann wollte ich in Seligkeit und Wonne schwelgen. Und dennoch darf dies nicht sein. Du willst mir nicht gehören. Meine Schönheit war zu schwach, dich zu besiegen. Ist das nicht schrecklich?«

Sie hatte sich in eine Aufregung hineingesprochen, die ihre Schönheit zur verdoppelten Geltung brachte. Ihre Augen leuchteten, ihre Wangen glühten. Gerard wandte sich ab, er fühlte, daß er nahe am Erliegen war. Es trieb ihn mit aller Gewalt, die Arme nach ihr auszustrecken und sie zu sich niederzuziehen.

Sie merkte dies an der Glut seiner Augen, sie fühlte sich dem langersehnten Sieg nahe, und ihr Herz bebte vor Entzücken aber da wandte er sich ab.

Jetzt wußte sie, daß sie niemals seine Liebe erlangen würde. Sie drehte sich mit einem Ruck von ihm ab, trat an das Fenster und blickte in die Nacht hinaus. Ihre Arme erhoben sich, ihre Finger erfaßten die Fransen der kostbaren Gardinen und rissen sie herab, ohne daß sie es beachtete. Es dauerte lange, bis sie sich beruhigte.

Endlich kehrte sie wieder zu ihm zurück und nahm auf einem Stuhl Platz. Ihr Gesicht war bleich, ihre Züge kalt, und ihre Stimme hatte einen heiseren Klang, als sie sagte:

»Das wunderbarste ist, daß ich dich fortliebe, daß keine Spur von Haß, kein Gedanke an Rache in meinem Herzen Platz nimmt. Aber laß uns nicht weiter davon sprechen, reden wir von unseren Geschäften!« »Ja, das wird besser sein, liebe Emilia«, antwortete er. »Daß es einen neuen Prätendenten gibt, weißt du?« »Einen, der Präsident werden will? Ich hörte noch nichts davon. Wer ist es?« »Ein gewisser Cortejo aus Mexiko. Ich glaube, er heißt Pablo Cortejo.«

Gerard horchte auf. Er kannte den Namen Cortejo nur zu gut. Er hatte ihn in dem Buch gefunden, das er Don Alfonzo abgenommen hatte, nachdem er ihn vorher garottiert hatte, in demselben Buch, das ihm später in Rheinswalden von dem Waldhüter abgenommen worden war.

»Cortejo? Was ist er?« fragte er gespannt »Er war Verwalter des Grafen Ferdinando de Rodriganda.« »Ah!« »Kennst du den Grafen, oder vielmehr, kanntest du ihn?« »Ich habe von ihm gehört.« »Er ist gestorben, schon vor langen Jahren. Kennst du diesen Cortejo auch?« »Nur dem Namen nach. Aber wenn er in Mexiko ist, wie kann er da prätendieren? Die Hauptstadt befindet sich ja in den Händen der Franzosen!« »Ich habe gesagt, daß er aus Mexiko sei, nicht aber in Mexiko. Er befindet sich gegenwärtig droben in der Provinz Chiapa.« »Hat er Anhang?« »Er war einer der ersten, die sich für die Franzosen erklärten, er und der Panther des Südens. So lange Juarez noch mächtig war, trat dieser Cortejo mit seinen Absichten nicht hervor, jetzt aber scheint er zu denken, daß ihm sowohl die Zeit, als auch die Verhältnisse günstig seien. Er agitiert in den südlichen Provinzen, in denen die Franzosen doch nie große Fortschritte gemacht haben.« »Ist er denn der Mann dazu?« »Ich weiß es nicht.« »Und stehen ihm die nötigen Mittel zu Gebote?« »Wahrscheinlich.« »Und die Erfolge, die er bereits erzielt hat?« »Sie scheinen nicht zu groß zu sein. Aber der Panther des Südens hat sich für ihn erklärt, und du wirst wissen, daß dieser einen großen Anhang besitzt.« »Dieser Cortejo scheint uns nicht sehr gefährlich werden zu können.« »Wer weiß es! Vielleicht hat er Geld, und für dieses ist der Mexikaner außerordentlich empfänglich. Das sonderbarste aber ist, daß er selbst weniger agitiert als seine Tochter.« »Er hat eine Tochter?« »Ja.« »So ist sie jung und schön?« »Warum jung und schön?« »Weil dies zwei Eigenschaften sind, denen es selten schwerfällt, Propaganda zu machen, sobald sie nämlich geschickt in die Waagschale geworfen werden. Du zum Beispiel wärst ganz wie geschaffen dazu, einen Agitator zu unterstützen.« »Ich tue dies ja bereits, indem ich für Juarez wirke. Was aber diese Tochter Cortejos betrifft, so ist sie weder jung noch schön. Diese Señorita Josefa « »Josefa heißt sie?« fragte er, sie unterbrechend. »Ja. Sie ist geradezu eine Vogelscheuche.« »Kennst du sie? Hast du sie gesehen? »Nein. Ich kenne sie nur im Bild.« »So hast du ihre Fotografie?« »Ja. Dieses Weib läßt nämlich Fotografien von sich verteilen.« »Und ist weder jung noch schön? Welch eine Dummheit!« »Ah, welches Weib, und wäre es eine Megäre, ist so objektiv, sich aufrichtig für häßlich zu halten? Man sagt, daß Señorita Josefa sich im Gegenteil für schön hält. Und diese Ansicht muß sie auch wirklich von sich haben, sonst würde sie nicht ihre Fotografien zu Tausenden anfertigen lassen und verteilen.« »Hast du das Bild da?« »Ja, hier im Album.« »Bitte, zeige es mir!«

Emilia öffnete das Album, schlug es auf und legte es Gerard vor.

»Da ist es, diese hagere Person!«

Er warf einen neugierigen Blick darauf und lachte laut auf.

»Wie findest du sie?« fragte Emilia, in sein Lachen einstimmend. »Außerordentlich interessant, aber nur zum Zweck eines Studiums der Häßlichkeit, oder nur um dir als das gerade Gegenstück zu dienen. Ich begreife einfach dieses Frauenzimmer nicht.« »Gut, lassen wir ihr das Glück, von Tausenden gesehen und ausgelacht zu werden. Welche Neuigkeiten hast du noch?« »Daß Napoleon endlich beginnt, mit den Vereinigten Staaten über das Schicksal Mexikos zu unterhandeln.« »So ist der Erzherzog Max am Ende seiner Kaiserlaufbahn.« »Meinst du?« »Ja. Die Vereinigten Staaten werden keinen Kaiser von Mexiko dulden.« »Das ist denn doch die Frage.« »Nein, es ist gewiß. Das geht ja sehr deutlich aus der Note hervor, die Seward, der Sekretär der Vereinigten Staaten, bereits im Jahre 1864 an Dayton, seinen Gesandten in Paris, übermittelte.« »Wie lautete sie?« »Ich sende Ihnen eine Abschrift der Resolution, die am vierten dieses Monats im Repräsentantenhaus einstimmig angenommen wurde. Sie bringt die Opposition dieser Staatskörperschaft gegen die Anerkennung einer Monarchie in Mexiko zum Ausdruck. Nach allem, was ich Ihnen schon früher mit aller Offenheit zur Information Frankreichs geschrieben habe, ist es kaum nötig, noch ausdrücklich zu sagen, daß die in Rede stehende Resolution die allgemeine Ansicht des Volkes in den Vereinigten Staaten bezüglich Mexiko feststellt.« »Ah, das hast du dir gut gemerkt. Du hast es ja völlig auswendig gelernt.« »Wer so zu Juarez hält wie ich, der merkt sich solche Noten sehr genau.« »Nach ihr ist allerdings alle Hoffnung für Max verloren. Was hat denn der Kaiser der Franzosen dazu gesagt?« »Wollen Sie Krieg oder Frieden?« »Diese Worte sind von ihm?« »Ja. In seinem Allmachtsgefühl hat er diese Frage an den amerikanischen Gesandten gestellt. Er dachte, die Vereinigten Staaten hätten wegen des Bürgerkrieges so viel mit sich selbst zu tun, daß sie vor einem Krieg mit Frankreich zurückbeben würden, jetzt aber haben sie ihn eines Besseren belehrt, und er läßt sich, wie du mir eben sagtest, in friedliche Unterhandlungen mit ihnen ein. Das ist ein untrügliches Zeichen, daß er den Erzherzog fallenlassen will. Gibt es sonst noch Neuigkeiten, die ich Juarez bringen kann?« »Nichts, das ich augenblicklich wüßte. Die geheime Sendung des Kapitäns ist das einzige von Belang, was jetzt geschehen ist, und davon warst du ja besser unterrichtet als ich. Also er ist jetzt auf Fort Guadeloupe?« »Nein.« »Du sagtest es doch.« »Ich sagte, daß er sich dort befunden habe, nicht aber, daß er sich noch dort befinde. Auf diesem Gebiet wird kein französischer Spion geduldet.« »Wo ist er denn?« »Im Wald.« »Ah, also abermals bei den Indianern?« »Nein, sondern bei seinen Vätern, um mich eines Ausdrucks der Bibel zu bedienen.« »Tot?« »Ja.« »Das ist überraschend! Wenn das der Kommandant erfährt!« »Er wird es erst dann erfahren, wenn es für ihn nutzlos ist.« »Ich ahne, welchen Tod er gefunden hat! Ihr habt Gericht über ihn gehalten.« »Wir? Nein, ich allein.« »Und hast du das Urteil auch selbst vollstreckt?« »Ja, er erhielt eine Kugel durch den Kopf.« »So ist er in seinen Sünden dahingefahren. Er war ein warmer Anbeter von mir, ich sollte eigentlich Mitleid mit ihm haben.« »Ja, er war dein Anbeter«, lächelte Gerard, »und dennoch zog er eine andere vor, ein Mädchen in Fort Guadeloupe, wo er bereits viermal gewesen war.« »Und mir schwur er Liebe und ewige Treue! Oh, diese Männer! Aber, lieber Gerard, du wirst dich auf deinen Posten begeben müssen. In zwei Minuten wird der Major erscheinen, er ist außerordentlich pünktlich.« »So gib mir den Nachschlüssel und die Laterne.« »Hier. Die Kleidung liegt bereits draußen.«

Er warf einen neugierigen Blick darauf und lachte laut auf.

»Wie findest du sie?« fragte Emilia, in sein Lachen einstimmend. »Außerordentlich interessant, aber nur zum Zweck eines Studiums der Häßlichkeit, oder nur um dir als das gerade Gegenstück zu dienen. Ich begreife einfach dieses Frauenzimmer nicht.« »Gut, lassen wir ihr das Glück, von Tausenden gesehen und ausgelacht zu werden. Welche Neuigkeiten hast du noch?« »Daß Napoleon endlich beginnt, mit den Vereinigten Staaten über das Schicksal Mexikos zu unterhandeln.« »So ist der Erzherzog Max am Ende seiner Kaiserlaufbahn.« »Meinst du?« »Ja. Die Vereinigten Staaten werden keinen Kaiser von Mexiko dulden.« »Das ist denn doch die Frage.« »Nein, es ist gewiß. Das geht ja sehr deutlich aus der Note hervor, die Seward, der Sekretär der Vereinigten Staaten, bereits im Jahre 1864 an Dayton, seinen Gesandten in Paris, übermittelte.« »Wie lautete sie?« »Ich sende Ihnen eine Abschrift der Resolution, die am vierten dieses Monats im Repräsentantenhaus einstimmig angenommen wurde. Sie bringt die Opposition dieser Staatskörperschaft gegen die Anerkennung einer Monarchie in Mexiko zum Ausdruck. Nach allem, was ich Ihnen schon früher mit aller Offenheit zur Information Frankreichs geschrieben habe, ist es kaum nötig, noch ausdrücklich zu sagen, daß die in Rede stehende Resolution die allgemeine Ansicht des Volkes in den Vereinigten Staaten bezüglich Mexiko feststellt.« »Ah, das hast du dir gut gemerkt. Du hast es ja völlig auswendig gelernt.« »Wer so zu Juarez hält wie ich, der merkt sich solche Noten sehr genau.« »Nach ihr ist allerdings alle Hoffnung für Max verloren. Was hat denn der Kaiser der Franzosen dazu gesagt?« »Wollen Sie Krieg oder Frieden?« »Diese Worte sind von ihm?« »Ja. In seinem Allmachtsgefühl hat er diese Frage an den amerikanischen Gesandten gestellt. Er dachte, die Vereinigten Staaten hätten wegen des Bürgerkrieges so viel mit sich selbst zu tun, daß sie vor einem Krieg mit Frankreich zurückbeben würden, jetzt aber haben sie ihn eines Besseren belehrt, und er läßt sich, wie du mir eben sagtest, in friedliche Unterhandlungen mit ihnen ein. Das ist ein untrügliches Zeichen, daß er den Erzherzog fallenlassen will. Gibt es sonst noch Neuigkeiten, die ich Juarez bringen kann?« »Nichts, das ich augenblicklich wüßte. Die geheime Sendung des Kapitäns ist das einzige von Belang, was jetzt geschehen ist, und davon warst du ja besser unterrichtet als ich. Also er ist jetzt auf Fort Guadeloupe?« »Nein.« »Du sagtest es doch.« »Ich sagte, daß er sich dort befunden habe, nicht aber, daß er sich noch dort befinde. Auf diesem Gebiet wird kein französischer Spion geduldet.« »Wo ist er denn?« »Im Wald.« »Ah, also abermals bei den Indianern?« »Nein, sondern bei seinen Vätern, um mich eines Ausdrucks der Bibel zu bedienen.« »Tot?« »Ja.« »Das ist überraschend! Wenn das der Kommandant erfährt!« »Er wird es erst dann erfahren, wenn es für ihn nutzlos ist.« »Ich ahne, welchen Tod er gefunden hat! Ihr habt Gericht über ihn gehalten.« »Wir? Nein, ich allein.« »Und hast du das Urteil auch selbst vollstreckt?« »Ja, er erhielt eine Kugel durch den Kopf.« »So ist er in seinen Sünden dahingefahren. Er war ein warmer Anbeter von mir, ich sollte eigentlich Mitleid mit ihm haben.« »Ja, er war dein Anbeter«, lächelte Gerard, »und dennoch zog er eine andere vor, ein Mädchen in Fort Guadeloupe, wo er bereits viermal gewesen war.« »Und mir schwur er Liebe und ewige Treue! Oh, diese Männer! Aber, lieber Gerard, du wirst dich auf deinen Posten begeben müssen. In zwei Minuten wird der Major erscheinen, er ist außerordentlich pünktlich.« »So gib mir den Nachschlüssel und die Laterne.« »Hier. Die Kleidung liegt bereits draußen.«

Sie öffnete ein Fach ihres Schreibtischs, nahm einen Schlüssel und ein elegantes Blendlaternchen hervor und reichte ihm beides. Er nahm es und fragte:

»Wie lange wird dieser Major bei dir sein?« »Ich möchte ihn am liebsten abweisen, da du hier bist. Es fragt sich, welcher Zeit du bedarfst, um mit seinen Papieren fertig zu werden.« »Das kann ich vorher nicht wissen. Gib mir eine Stunde.« »Gut, in einer Stunde, von jetzt an gerechnet, wird mich der Major verlassen. Laß dich nicht von ihm ertappen. Ich werde Migräne vorschützen.«

6. Kapitel

Gerard verließ das Zimmer durch eine Seitentür und befand sich in einem kleinen Raum, der zur Aufbewahrung überflüssiger Gerätschaften diente. Es war kein Licht da; er brannte sich daher die Laterne an, und als er beim Schein derselben die Kleidung eines Dieners auf einem Stuhl liegen sah, zog er die seinige aus und legte diese an. Dann horchte er.

Bald vernahm er Stimmen. Der Major war gekommen. Er hatte ihn von diesem Stübchen aus bereits einige Male belauscht und kannte seine Stimme.

»O Dios, wie schön sind Sie heute, Señorita!« hörte er ihn sagen. »Sie schmeicheln«, antwortete Emilia, »ich muß im Gegenteil ein recht müdes und angegriffenes Aussehen haben.« »Inwiefern, meine Gnädige?« »Ich leide bereits den ganzen Tag an den allerheftigsten Kopfschmerzen.« »Ah, Migräne!« »Ja. Ich würde gar nicht zu sprechen sein, wenn ich Ihnen die Erlaubnis, mich zu besuchen, nicht so bestimmt gegeben hätte.« »Welch ein Unglück! Sie werden mich fortschicken?« »Nicht sogleich. Ich will sehen, wie lange meine Nerven gutwillig sind. Nehmen Sie Platz!«

Gerard war mit dieser Einleitung sehr zufrieden. Er schob das Laternchen zu und steckte es in die Tasche. Dann verließ er das Stäbchen, trat auf einen erleuchteten Korridor und forschte, ob sich jemand da befinde. Als er niemanden bemerkte, huschte er denselben hinab, zog einen Schlüssel hervor, den er erhalten hatte, steckte ihn in das Schloß einer Tür und öffnete dieselbe. Der Schlüssel war der Hauptschlüssel, er öffnete alle Türen. Rasch trat Gerard ein, und er befand sich nun in den Räumen, die der Major bewohnte und die er kannte, da er bereits heimlich hier gewesen war.

Emilia hatte das ganze Haus gemietet und dem Major diese Wohnung abgetreten.

Gerard zog die Laterne wieder hervor und öffnete sie, nachdem er die Tür von innen verschlossen hatte. Er befand sich in einer Art von Vorzimmer, in dem er sich nicht aufhielt.

Neben demselben lag das Arbeitszimmer des Majors, wenn in Mexiko bei einem französischen Major von Arbeit überhaupt die Rede sein konnte. Es hatte zwei Fenster, deren Läden geschlossen waren, so daß kein Lichtschein hindurchdrang. Gerard brauchte also keine Sorge zu haben, von draußen entdeckt zu werden.

Es standen drei Tische da, auf denen Karten, Pläne, Bücher und Notizen lagen. Mit diesen Dingen begann der Präriejäger sich eingehend zu beschäftigen.

Er durchsuchte alles, er mußte Wichtiges gefunden haben, denn er zog Papier aus einem Schubfach und fing an, sich schriftliche Notizen zu machen und von verschiedenen Skripturen Abschriften zu nehmen.

Dies ging alles in fliegender Eile, denn die Zeit von einer Stunde schien ihm kurz bemessen zu sein für das wichtige Material, das er vorfand. Sie war beinahe verflossen, als er endlich fertig war.

Nun brachte er alles ganz genau in dieselbe Lage, wie er es vorgefunden hatte, und steckte seine Notizen und Abschriften zu sich. Die leeren Bogen, die er dazu verwandt hatte, würde der Major ja wohl schwerlich vermissen, da deren eine ganze Menge vorhanden war.

Nun löschte er die Laterne aus und steckte sie ein, denn er brauchte sie nicht mehr, begab sich im Dunkeln zur Vorzimmertür zurück und öffnete sie leise. Ein Diener kam den Korridor herabgeschritten. Den ließ er erst vorüber, trat dann hinaus, verschloß eilig und huschte nach der Tür des Kämmerchens, von dem seine Rekognoszierung ausgegangen war.

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