Winnetou 3 - Karl May 15 стр.


»Sehr genau, und nun weiß ich auch, warum er mir so bekannt vorkam; er sieht seinem Vater ähnlich.«

»All right, jetzt gehen mir tausend Lichter auf! Aus ganz demselben Grund dachte auch ich, daß ich ihn schon gesehen hatte. Wo ist er? Ich hoffe nicht, daß er uns entgehen wird!«

»Er massakriert die Kaufleute und geht dann mit nur einem einzigen Begleiter nach dem Skettel- und Head-Pik, um seinen Vater zu finden.«

»Dann auf, ihr Leute, vorwärts! Wir müssen ihm nach!«

»Stopp, Sam! jetzt bricht der Abend herein, wo wir seine Spur nicht sehen können, und außerdem haben wir uns auf einen sehr ehrenvollen Besuch vorzubereiten.«

»Besuch? Wer wird kommen?«

»Dieser Patrik ist Mitglied einer Bande Stakemen, welche da drüben ihr Lager haben. Ihr Anführer ist ein Mexikaner, den sie Kapitän nennen und der beim alten Florimont eine gar nicht üble Schule durchgemacht hat. Ich habe die Räuber belauscht, als ihnen Williams unser Abenteuer erzählte. Sie wollen Punkt Mitternacht über uns her.«

»Sie nehmen also an, daß wir hier liegen bleiben?«

»Allerdings.«

»Well, so sollen sie ihren Willen haben, denn nun bleiben wir erst recht hier und sagen ihnen good evening! Wie viel Köpfe sind es?«

»Einundzwanzig.«

»Das ist ein wenig viel für unser vier! Was meinst du, Charley? Wir zünden ein Feuer an und legen unsere Röcke so um dasselbe, daß sie dieselben für uns halten; wir selbst aber nehmen weiter draußen Posto, so daß sie zwischen uns und die Flamme kommen. Auf diese Weise erhalten wir ein sicheres Ziel.«

»Der Plan ist gut,« stimmte Bernard Marshal bei, »und wohl auch der einzige, dessen Ausführung in unserer Lage möglich ist.«

»Schön! So laßt uns gleich nach Material für das Feuer suchen, ehe es vollständig dunkel wird,« sagte Sam, indem er sich erhob.

»Bleib sitzen,« entgegnete ich. »Glaubst du wirklich, daß wir es auf diese Weise mit einundzwanzig Männern aufnehmen können?«

»Warum nicht? Sie werden gleich bei den ersten Schüssen davonlaufen, weil sie nicht wissen können, wen sie hinter sich haben.«

»Und wenn nun dieser Capitano klug genug ist, den Sachverhalt zu ahnen? Dann bekommen wir einen harten Stand und werden ausgelöscht trotz unserer Gegenwehr.«

»So etwas muß der Jäger zum Beispiel immer gewärtig sein!«

»Dann wirst du auch die beiden Morgans fahren lassen müssen!«

»Behold, das ist sehr richtig! So meinst du also, daß wir uns leise von dannen machen, ohne diesen Raubmördern das Handwerk zu legen? Das können wir vor Gott und allen braven Männern, welche durch den Estaccado ziehen, nicht verantworten!«

»Was du hier sagst, fällt mir gar nicht ein! Ich habe einen andern und, wie mir scheint, auch bessern Plan.«

»Heraus damit!«

»Während sie uns hier suchen, machen wir uns über ihr Hide-spot und bemächtigen uns all ihrer Pferde und Vorräte.«

»Good-lack, das ist wahr! Aber, du sagst, ihrer Pferde -wollen sie uns denn zu Fuß angreifen?«

»Ja. Und das läßt mich schließen, daß sie ihr Versteck bereits zwei Stunden vor Mitternacht verlassen werden, weil sie so lange gehen müssen, um hierher zu kommen.«

»Hast du es gut gemerkt?«

»Das versteht sich! Wenn wir sie hier erwarten, setzen wir unser Leben auf das Spiel; nehmen wir ihnen aber ihren Proviant, ihre Munition, ihre Pferde, so ist es ihnen, wenigstens für lange Zeit hinaus, unmöglich, ihr Handwerk fortzusetzen, und wir brauchen wohl kaum einen Schuß zu tun.«

»Sie werden aber jedenfalls Wachen zurücklassen!«

»Ich kenne den Ort, an welchem der Posten sich befindet.«

»Sie werden uns verfolgen!«

»Das werden sie auch tun, wenn wir hier auf sie warten und dann doch noch fliehen müssen.«

»Nun gut, so sollst du recht haben. Wann brechen wir auf?«

»Wir können es schon in einer Viertelstunde tun; da ist es bereits vollständig finster.«

»Oh, das werden schön!« meinte der Neger. »Bob reiten mit und nehmen all die Sachen, die liegen bei Räuber. Das besser sein, als bleiben hier und schießen tot Bob!«

Es wurde so dunkel, daß man kaum zehn Schritte weit zu sehen vermochte. Wir brachen auf; ich ritt voran, und die Anderen folgten mir, nach Indianerart einer hinter dem Anderen.

Natürlich schlug ich nicht die gerade zum Versteck führende Richtung ein, sondern machte einen möglichst großen Bogen, welcher uns an eine Stelle des Buschsaumes führte, die wohl eine englische Meile von dem Hide-spot entfernt lag. Hier hobbelten wir unsere Pferde an und schritten dann zu Fuß auf das Versteck zu. Trotzdem sowohl Marshal als auch der Neger keine große Gewandtheit im Anschleichen besaßen, gelangten wir doch unbemerkt an den Rand der Lichtung, genau dem Pfade gegenüber, in dessen Buscheinfassung vorhin die Wache gelegen hatte.

Ein lichter Schein über dem Verstecke bewies, daß ein Feuer oder wenigstens eine Fackel brannte; um uns her aber war es so dunkel, daß ich ohne Sorge aufrecht über die Lichtung gehen konnte. Ich fand die Stelle wieder, an welcher ich das Gespräch belauscht hatte, und hörte, noch ehe ich mich niedergebückt hatte, von innen die Stimme des Anführers. Ich drängte mich zwischen dem Wurzelwerke hindurch und sah nun, daß alle in der Mitte des Platzes standen, wohl bewaffnet und zum Aufbruche bereit. Der Capitano war noch im Sprechen begriffen:

»Wenn wir nur die geringste Spur gefunden hätten, so dächte ich, es wäre einer von den Jägern hier gewesen und hätte uns belauscht. Wo ist die Pistole hingekommen? Vielleicht ging sie heute am Morgen auf meinem Ritte verloren, und ich habe es nicht bemerkt, als ich den Gürtel ablegte. Also, Hoblyn, du hast sie wirklich alle Vier beisammen sitzen sehen?«

»Alle Viere. Es waren drei Weiße und ein Schwarzer, und ihre Pferde weideten hart daneben. Eines der Tiere hatte keinen Schwanz und sah aus wie ein Ziegenbock ohne Hörner.«

»Das ist die alte Stute von Sans-ear, die ebenso berühmt ist wie er selber. Sie haben dich doch nicht bemerkt?«

»Nein. Ich ritt mit Williams nur so weit hinan, als es keine Gefahr brachte, und kroch dann an der Erde weiter, bis ich alles deutlich sehen konnte.«

Der Schüler des alten Florimont war also doch so klug und vorsichtig gewesen, eine Patrouille gegen uns auszuschicken; ein Glück für uns, daß dies zu der Zeit geschehen war, in welcher ich bereits wieder bei den Freunden gesessen hatte.

»Dann wird alles gut gehen! Du, Williams, bist ermüdet; du bleibst hier zurück, und du, Hoblyn, nimmst den Posten am Wege. Ihr Anderen aber vorwärts!«

Bei dem Scheine des nicht sehr hell brennenden Feuers sah ich, daß der Eingang geöffnet wurde. Neunzehn Männer verließen das Versteck, und nur die beiden Anderen blieben zurück. Noch waren nicht alle in dem Pfade verschwunden, so stand ich bereits wieder neben Sam.

»Wie stehts, Charley? Mir scheint, sie brechen jetzt auf!«

»Ja. Zwei bleiben daheim, nämlich einer als Posten dort am Wege und Williams drin im Verstecke. Williams ist nicht bewaffnet, der Posten aber hat bereits das Gewehr in der Hand. Wir dürfen jetzt noch nichts tun, denn man könnte etwas vergessen haben und wiederkommen; aber machen wir uns bereit. Komm, Sam; ihr Beiden bleibt hier, bis wir euch rufen oder abholen!«

Wir schlichen uns bis zum Pfade hin und hatten wohl zehn Minuten zu warten, bis der Posten heraustrat. Er schlenderte in einer Weise auf der Blöße hin und her, daß wir überzeugt sein mußten, er hege nicht die mindeste Befürchtung wegen seiner Sicherheit. So mochte im ganzen wohl eine Viertelstunde vergangen sein, als er sich uns näherte. Jetzt war nicht mehr zu befürchten, daß jemand zurückkehren werde, und wir brauchten also nicht länger zu zögern.

Ich drückte mich hüben und Sam sich drüben eng an den Busch; in dem Augenblick, in welchem er zwischen uns vorüber wollte, hatte ihn Sam bei der Kehle gefaßt. Ich riß ihm von seinem alten Tuchwamse einen tüchtigen Fetzen herunter, drehte denselben zu einem Knebel zusammen und steckte ihm diesen zwischen die Zähne. Dann wurde er mittels seines eigenen Lassos, den er um die Hüften trug, an Händen und Füßen gefesselt und an den Busch gebunden.

»Jetzt weiter!«

Wir traten zum Eingange, wo ich die wilden Hopfenranken ein wenig zur Seite schob. Williams saß am Feuer, über welchem er sich ein Stück Fleisch briet. Er hatte mir den Rücken zugewandt; ich konnte mich ihm nähern, ohne daß er es bemerkte.

»Haltet das Stück höher, Master Williams, sonst verbrennt es!« sagte ich.

Er fuhr herum und blieb, als er mich erkannte, vor Schreck starr und bewegungslos sitzen.

»Guten Abend! Fast hätte ich das Grüßen vergessen, und mit Gentlemen Eures Schlages kann man doch nie zu höflich sein.«

»O O Old Shat Shatterhand!« stammelte er, mich mit weit geöffneten Augen anstarrend. »Was wollt Ihr hier?«

»Ich muß doch dem Capitano die Pistole hier wiederbringen, welche ich heute mitnahm, als Ihr ihm Euer Abenteuer erzähltet.«

Er zog das eine Bein an, als wolle er sich zum Aufschwingen vorbereiten, und blickte sich um, ob er eine Büchse zu erlangen vermöge. Aber nur sein Bowiemesser lag neben ihm.

»Bleibt ruhig sitzen, Master Stakeman, denn die geringste Bewegung kostet Euch das Leben. Erstens ist die Pistole Eures Hauptmannes geladen, und zweitens dürft Ihr nur nach dem Eingange blicken, um zu sehen, daß es hier noch mehr Kugeln gibt!«

Er sah sich um und erblickte Sam, welcher mit angeschlagener Büchse nach ihm zielte.

»Thunder-storm ich bin verloren!«

»Vielleicht noch nicht, wenn Ihr Euch ruhig fügt. Bernard, Bob, herbei!«

Dieser laute Ruf hatte zur Folge, daß die beiden Draußenstehenden unter dem Eingange erschienen.

»Dort an den Sätteln hängen Lassos, Bob. Nimm einen und binde diesen Mann!«

»Tod und Hölle! Lebendig sollt ihr mich nicht nochmals fangen!

Mit diesen Worten stieß sich der Pfahlmann sein eigenes Bowiemesser ins Herz und brach zusammen.

»Gott sei seiner Seele gnädig!« sagte ich.

»Dieser Schurke hat vielleicht mehr als hundert Menschenleben auf dem Gewissen,« meinte Sam in dumpfem Tone. »Nie war ein Messerstich besser angebracht.«

»Er hat sich selbst gerichtet,« erwiderte ich; »wohl uns, daß wir es nicht zu tun brauchten!«

Dann schickte ich Bob hinaus, um Hoblyn zu holen. Bald lag dieser vor uns am Boden. Der Knebel wurde entfernt, und der Gefangene holte tief Atem. Voll Entsetzen haftete nun sein Blick auf der Leiche seines Raubgenossen.

»Du bist ein Mann des Todes, wie dieser da, wenn du dich weigerst, uns Auskunft zu geben.«

»Ich werde alles sagen!« versprach der Geängstigte.

»Nun also, wo ist das Gold versteckt?«

»Dort hinten unter den Mehlsäcken ist es vergraben.«

Jetzt wurden die Häute entfernt, und es ging an ein Untersuchen der vorhandenen Vorräte. Da gab es nun einen förmlichen Reichtum von allem, was jemals durch den Estaccado transportiert worden war: Waffen von allen Sorten und Arten, Pulver, Blei, Patronen, Lassos, Sättel, Beutel, Decken, vollständige Reise- und Jagdgewänder, Tuch und Callico, unechte Korallenketten und Schmucksachen nebst Perlenschnüren, wie sie von den Indianerinnen so außerordentlich geliebt werden, allerhand Kurzwaren, Instrumente und Werkzeuge, eine Menge Büchsen voll Pemmican, große Vorräte von andern Nahrungsmitteln, und bei allem war es nicht schwer, die Spur zu entdecken, daß es geraubt worden sei.

Bob warf die Säcke um sich, als habe er es mit leichten Tabaksbeuteln zu tun. Marshal suchte unter den Werkzeugen Hacke und Schaufel; es wurde nachgegraben, und nach kurzer Zeit waren wir im Besitze von so viel Goldstaub und Goldkörnern, daß wir ein Pferd damit beladen konnten.

Es schauderte mir, wenn ich dachte, wie viele arme Goldsucher den Tod hatten erleiden müssen, um diese Menge deadly dust zusammenzubringen, der diesen Namen mit vollem Rechte verdient. Die zurückkehrenden Diggers nehmen nur wenig davon mit in die Heimat und wechseln den Ertrag ihrer Arbeit meist in Papiergeld oder Depositenscheine und Anweisungen um. Die Ermordeten hatten diese Papiere ganz sicher bei sich getragen. Wo waren sie hingekommen?.

»Wo ist das Geld, und wo sind die Papiere, die ihr hier den Beraubten abgenommen habt?« fragte ich Hoblyn.

»In einem Verstecke weit von hier. Der Capitano wollte sie nicht hier aufbewahren, weil es Mitglieder gab, denen er nicht traute.«

»So weiß er diesen Versteck ganz allein?«

»Nur er und der Leutnant kennen ihn.«

»Wer ist euer Leutnant?«

»Patrik Morgan.«

Es blitzte in mir auf. »Reich werden wir auf alle Fälle,« hatte dieser Mensch an seinen Vater geschrieben. Sollte er einen Verrat an seinen Kameraden vorhaben?

»Hast du keine Ahnung, wo dieser Versteck ungefähr sein kann?«

»Ich weiß es nicht sicher; aber der Capitano scheint dem Leutnant nicht zu trauen. Dieser ist mit noch Einem heut nach dem Head-Pik am Rio Pecos, und morgen sollte ich mit Zweien ihm nach, um ihn zu beobachten.«

»Ah! Der Hauptmann hat dir einen Ort beschrieben, ganz bestimmt und deutlich beschrieben?«

Der Gefragte schwieg verlegen.

»Antworte wahr! Schweigst du, so bist du ein toter Mann; redest du aufrichtig, so sollst du Gnade finden, trotzdem ihr alle den Strang verdient habt.«

»Ihr ratet richtig, Sir!«

»Welches ist dieser Ort?«

»Ich soll ihn sofort von hier weg aufsuchen und den Leutnant niederschießen, wenn er sich ihm naht. Es ist ein kleines Tal, welches ich sehr genau kenne, weil ich bereits einmal dort gewesen bin; Euch aber kann die Beschreibung desselben wenig nützen, denn Ihr würdet es dennoch nicht finden.«

»Hat er dir nur das Tal bezeichnet, oder wurde dir ein gewisser Punkt genau genannt?«

»Der Capitano wird sich hüten, mir diesen Punkt zu nennen. Sein Befehl lautet, mich zu verbergen und dem Leutnant eine Kugel zu geben, wenn er das Tal betreten sollte.«

»Gut! Ich schenke dir das Leben, natürlich nur unter der Bedingung, daß du uns zu diesem Tale führst.«

»Ich werde es tun.«

»Doch merke dir, daß du verloren bist, wenn du uns zu täuschen suchst. Du wirst nicht frei, sondern als Gefangener mitreiten.«

»Well,« meinte Sam, »so wären wir hier mit unserm Forschen zu Ende. Was nun?«

»Wir nehmen nur das Gold mit und was wir von dem Übrigen brauchen: Waffen, Munition, Tabak und Proviant, auch einige Kleinigkeiten zu Geschenken für die Indianer, wenn wir mit solchen zusammentreffen sollten. Macht euch an die Auswahl; ich will mir unterdessen die Pferde betrachten.«

Ich fand vier stammhafte Michigantraber, welche sich sehr gut zum Lasttragen eigneten, außerdem verdienten nur noch drei Mustangs das Mitnehmen. Sie waren besser als die Tiere, welche Bernard und Bob ritten; zwei konnten also mit den letzteren vertauscht werden, während ich das dritte für Hoblyn bestimmte.

Packsättel, wie sie die Maultiere tragen, gab es. Ich schnallte jedem der Traber einen auf. Nun wurde alles, was wir mitzunehmen gedachten, in die vorhandenen Decken gebunden, so daß acht Pakete entstanden, von denen ein Pferd je zwei zu tragen bekam. Von allen übrigen Gegenständen bildeten wir einen großen Haufen, an dessen Basis wir das Pulver, welches nicht mitgenommen werden konnte, und alle leicht entzündlichen Gegenstände plazierten.

»Was tun wir mit den übrigen Pferden?« fragte Sam.

»Bob bindet sie los und jagt sie hinaus in die Prairie; es ist zwar unklug, aber es widerstrebt mir, sie zu töten. Führe du den Zug fort; ich werde zurückbleiben, um den Scheiterhaufen anzubrennen.«

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