Briefe an Ludwig Tieck 3 - Various 3 стр.


Mit dem aufrichtigen Wunsche, daß Ihnen Gott dauerhafte, freudige Gesundheit verleihen möchte, damit Sie unbehindert den blühenden Garten Ihrer Dichtkunst pflegen mögen, verbleibt

Eurer Wohlgeborenbeständiger VerehrerJulius Mosen.

III

Dr., am 31. May 1836.Hochverehrtester Herr Hofrath!

Sie feiern heute Ihren Geburtstag, wie ich vernommen habe. Mit aufrichtigster Gesinnung nahe ich mich Ihnen mit Glückwünschen und geringen Gaben. Wenn Sie dieselben eben so wohlwollend annehmen, als sie fröhlich huldigend gereicht werden, so ist mein bester Wunsch erfüllt. Möchten Ihnen noch recht viele, gesunde und glückliche Jahre und in ihnen die eine Hälfte der Tage zu Gedeihen herrlicher Schöpfungen, die andere zu heiterem Lebensgenusse geschenkt sein! Das und Anderes würde ich Ihnen mündlich aussprechen, wenn der Zufall nicht immer wollte, an Ihre Thüre gerade dann klopfen zu müssen, wenn nur Ihre vertrauteren Freunde kommen dürfen, was heute zwiefach der Fall sein wird. Deshalb kann ich nur Wunsch und Gruß dem Papiere anvertrauen, welches doch nie Blick und Sprache und warmen Handschlag ersetzt. Gedenken Sie meiner freundlich und schenken Sie mir Ihre Wohlgewogenheit.

Mit vollkommenster Hochachtung verharrend

Eur. Hochwohlgeborenganz ergebensterJulius Mosen.

IV

Dr., am 10ten Juli 1836.Hochverehrtester Herr Hofrath!

Wenn von den sieben Bitten nur eine auf jeden Tag der Woche käme, so wäre es genug; ich wage jedoch zwei Bitten auf einmal vorzutragen, zuerst: daß Sie mir erlaubten, Sie heute Abend besuchen, und dann: meinen jüngeren Bruder, designirter Pfarrvicar in Pegau, welcher Sie seit langer Zeit verehrt und liebt, mitbringen zu dürfen? Mit dem Wunsche, daß das heutige Sciroccowetter nur über Ihr Dach, nicht aber auch durch Sie Selbst, wie es bei mir der Fall ist, hinüberziehe, verharre ich hochachtungsvoll und wie immer als

IhrVerehrerJ. Mosen.

V

Hier, am 7ten Octbr. 1836.Hochverehrtester Herr Hofrath,Gönner und Freund!

Seitdem es mir vergönnt war, in den Zauberwald der deutschen Poesie einzutreten, ist mir Ihre Musa vor Allen und am freundlichsten entgegengekommen; was soll ich es läugnen, daß Sie und Novalis erst das Buch der Natur mir aufgeschlagen haben, in welchem ich seitdem treu und ehrlich studirt habe! Deshalb blicke ich so gern in Ihre klaren Augen, die nie vergessen können, daß sie das große Geheimnis gesehen haben! Wie könnte es Ihr Herz? Und wie könnte ich Sie lieben, wenn dieses mitten aus dem harten Leben heraus nicht die Liebe erwiedern könnte? Deshalb bin ich getrost und vertraue getrost dieses mein neustes Gedicht dieser Liebe an! Sie können ihm das Leben, mir aber das Bewußtsein schenken, nicht vergebens gestrebt zu haben. Auch will ich nicht verbergen, daß ich dadurch für meinen jüngsten Bruder, den ich nach meines Vaters Tode aus eigenen, schwachen Mitteln erziehen lasse, eine Beihilfe mir verschaffen möchte. Unterdessen behalten Sie mich lieb, der ich mit aller Verehrung verharre

Eur. Hochwohlgeborentreu ergebnerJulius Mosen.

VI

am 20. Octbr. 1836.Hochverehrtester Herr Hofrath und Doctor!

Ihre Andeutungen über das vielbesprochene Stück haben mich, irre ich sonst nicht, ganz und gar zur Klarheit damit gebracht. Zudem ich Rienzi in Wechselwirkung mit seinem Weibe bringe, welche mit ihrem Charakter die Stelle der Livia und die von ihr ausgefüllten Scenen geeignet überkommt, wird das Stück auch in dieser Parthie rund werden. Ich habe die verwichene Nacht hindurch die erstere Exposition des damaligen römischen Zustandes im 1ten Acte und das andere Nöthige aus- und umgearbeitet. Wenn Sie mir das Manuscript auf einige Tage wieder zustellen lassen wollen, so glaube ich Ihren Ansichten das Werk näher rücken zu können. Könnte ich, wenn auch nicht Ihren ganzen Beifall, doch Ihre Zufriedenheit mit mir erringen, so hoffe ich auch, daß Sie dem Stücke das Leben auf der Bühne schenken werden. Ich möchte nicht gern wieder etwas drucken lassen, ohne sagen zu dürfen: es ist vorgestellt worden; ja außerdem würde das Buch auch Niemand sich anschaffen. Noch habe ich eine historische Notiz gefunden, die mir lieb ist. Rs Vater soll der natürliche Sohn Heinr. IV. gewesen sein. Oft erklärt sich aus solchen Zufälligkeiten das ganze Schicksal eines Menschen. Wenn Rs Weib, bei deren Einführung in das Stück und gehoffter Aufführung desselben ich an Fräulein Bauer gedacht habe, von dieser Künstlerin, Montorale von unserem Weymar und Ri von Devrient gegeben würde, so glaube ich, daß es schon seinen Theaterabend gut genug ausfüllen wird. Doch das Alles lege ich in Ihre gütige Hand. Auf Ihr Wohl habe ich gestern noch mit Hr. G. R. v. Ungarsternberg in dessen Behausung eine Flasche Wein getrunken; er wie ich waren von Ihrer Vorlesung des Homburg über das ganze Herz hinüber warm und begeistert. Nicht nur Ihren Mund, auch Ihre Seele hat die schöne Muse geküßt! Ich sehe Sie bald wieder! Wie immer mit aller Verehrung

IhrergebensterJulius Mosen.

VII

am 25. Octbr. 1836.Hochverehrtester Herr Hofrath!

So darf ich denn beifolgendes Stück wiederum in Ihre Hände zurückgeben, indem ich nicht nur das Eingreifende Ihrer Andeutungen als entscheidend eingesehen, sondern auch nach Kräften befolgt habe. Es geht nun, wie es mir vorkommt, besser zusammen, indem die Farben selbst gesättigter sind. Ein Verdienst wird es haben, daß es fast zuerst den Standpunct der Kirche zu den italischen Staaten im Mittelalter würdigt. Lästern ist ja leichter, als anerkennnen. Finden Sie im Manuscripte noch einen Ausdruck, welcher unlauteren Gemüthern anstößig sein sollte, so bitte ich einen solchen kürzlich zu verwischen. Da ich als Geschäftsmann hier meinen Namen öffentlich nicht preisgeben mag, so habe ich den Verfasser in: Louis Morgenländer umgetauft. Es war der erste Namen, der mir einfiel, deshalb habe ich ihn auch gewählt. Daß Sie, hochverehrtester Gönner, mit der mir so oft erwiesenen Liebe und Güte meines Rienzi Sich annehmen werden, bin ich überzeugt. Dieser empfehle ich mich und ihn und verharre mit jeglicher Verehrung

Eur. Hochwohlgeborenganz ergebenerJulius Mosen.

VIII

April 1837.Hochverehrtester Herr Hofrath!

Einer meiner Jugendfreunde, ein Advocat aus dem Voigtlande ist eben auf Besuch bei mir, dem ich den Rienzi vorlesen möchte. Wollten Sie wol so gut sein, und mir die Reinschrift, welche Sie haben, durch den Bringer Dieses, meinen kleinen Schreiber, verabfolgen lassen? Ihre Vorrede zu Lenz, und ihn dazu, bitte ich mir noch einige Tage zu überlassen, da ich nunmehr in diesem Buche gerne blättere, nachdem ich es in aller Andacht gelesen. Von Ihrem Wohlbefinden bin ich unterrichtet; möchten Sie in den neuen Frühling eben so munter hinüber gehen! In diesen Tagen hoffe ich, Ihnen meine persönliche Aufwartung wieder machen zu können, nachdem mich der Nachwinter in harte Buße genommen hat. Wie immer mit aller und alter Verehrung

IX

am 13. Januar 1840.Hochverehrtester Herr Hofrath!

Schon seit mehren Tagen, denn ich bin erst von einer mehrwöchentlichen Reise zurückgekommen, wollte ich Sie besuchen, aber immer kam etwas Unabweisbares dazwischen. Da fällt mir ein, daß dasjenige, was ich zu schicklicher Zeit Ihnen mitsagen wollte, schriftlich am besten abgethan ist. Man hat mir von verschiedenen Seiten her weiß machen wollen, als wenn Sie mir nicht gewogen wären, das habe ich nicht geglaubt, ich bin aber erst dann ruhig, wenn Sie bei ähnlichen Gelegenheiten ebenso urtheilen sollten. Warum soll man das kurze, so traumähnliche Leben sich noch verbittern lassen durch unbedeutende Menschen, welche sich gern eine Folie geben möchten?  Werden Sie aber nicht am Ende diese Zeilen übel aufnehmen? Ich glaube nicht, da Ihre Seele das Höchste und Schönste, was je die Menschheit gottähnlich macht, gefühlt hat, und die Stätte, wo die Gottheit wandelt, bleibt immer heilig. Ich war in Jena, wo Sie an dem Kirchenrathe Schwarz einen eifrigen Verehrer haben; in Weimar sprach ich Riemer, der sich lebendig noch der Zeit erinnerte, wo er mit Ihnen bei der Schopenhauer zusammengewesen wäre. Professor Brockhaus, bei dem ich eigentlich auf Besuch war, läßt Sie durch mich mit aller Verehrung grüßen. Das ist Alles, was ich für Sie von der Reise mitgebracht habe, nächstens aber komme ich selbst und hoffe wie immer ein freundliches Willkommen zu erhalten. Wenn das, was ich oben im Eingange erwähnt habe, Ihnen gemäß ist, so vergessen Sie es; denn dann war es überflüssig. Wie immer mit ausgezeichnetster Hochachtung und Verehrung

Eur. Hochwohlgeborenganz ergebensterJulius Mosen.

Müller, Friedr. von

Die Handschriften Goethes, deren Sendung der intime Freund des Hauses, der Weimarische Kanzelar und General-Vermittler Weimarischer Angelegenheiten, Herr Dr. Friedrich von Müller mit nachfolgendem Schreiben vermittelt, haben sich in Tiecks Briefsammlung, wie sie in unsere Hände gelangte, nicht mehr vorgefunden, obgleich dieselbe doch sehr viele, eben auch nicht an ihn gerichtete, sondern nur als Reliquien aufbewahrte Blätter enthielt. Da die von uns mitgetheilten Briefe Goethes dem Sekretair diktiret worden sind, so befand sich außer den Namensunterschriften, auch nicht eine Zeile Goethes in den dickleibigen Bänden.

Nicht nur Autographensammler, auch Solche, die ohne Sammler zu seyn, Verehrer Goethes sind, werden, gleich uns, aus Herrn von Müllers Worten mit Freuden ersehen, daß Ludwig Tieck den Wunsch ausgesprochen hatte, etwas von G.s eigener Handschrift zu besitzen.

Weimar, 19. Sept. 32.

Sie haben, hochgeehrter Freund und Gönner! eine Reliquie aus Göthes Nachlaß, und zwar etwas von seiner eignen Handschrift gewünscht; nach langer Auswahl will es mir scheinen, daß beiliegendes eigenhändig aufgesetztes Schema zu einem Hefte von Kunst und Alterthum von besonderm Interesse für Sie seyn würde. Frau von Göthe fügt zwey Zeichnungen des Verewigten hinzu, wovon eine für Fr. Gräfin Finkenstein, mit den allerangelegentlichsten Empfehlungen an Euer Wohlgeboren und all die werthen Ihrigen; sie hat dabey in der That Ihnen zu Liebe ihren festen Vorsatz gebrochen, keine Handzeichnung des Verewigten jemals wegzugeben. Mögen Sie, mein Theurer! diese zweyfachen Handzüge unseres edlen Abgeschiedenen stets mit der Ueberzeugung von der aufrichtigen Achtung, die er Ihnen und Ihrem, dem seinigen wahlverwandten Streben und Wirken widmete, betrachten!

Zugleich erlauben Sie mir Ihnen meine anliegende Denkschrift auf Göthe zu übereignen, die wenigstens ihren Titel: Beitrag zur Characteristik &c. rechtfertigen dürfte. Denn recht absichtlich wählte ich die Darstellung nur einer Seite aus dem reichsten Leben, aber einer solchen, die meines Wissens nach nicht hervorgehoben und näher beleuchtet worden ist.

Ich darf Sie wohl bitten, unserm gemeinschaftl. Freunde, dem Hrn. Grafen Baudissin, die weitern Anfuge Göthescher Handschriften zu übergeben?

Haben Sie denn in einem Feuilleton der allerneusten Stücke des Journals des Debats die Anzeige und Analyse Ihres Phantasus gelesen? Sie ist im Ganzen gut und wohlmeinend geschrieben, nur vermögen die Franzosen durchaus nicht, sich in eine deutsche Dichterseele rein hineinzudenken und fügen daher unwillkührlich immer noch einen Schnörkel daran. Inzwischen ist es schon merkwürdig genug, daß ihnen das Verständniß genialer Leistungen des Auslandes zu dämmern beginnt.

Ich erlaube mir Sie auf das Schlußheft von Kunst und Alterthum, welches in dieser Michaelis-Messe erscheint, aufmerksam zu machen, da ein Aufsatz von Göthe: Für junge Dichter und zwey seiner Briefe über den Abschluß des Faust Sie gewiß sehr interessiren werden.

Faust selbst, der 2te Theil nämlich, erscheint in der ersten Lieferung nachgelassener Werke unfehlbar zu Weihnachten und ich bin äußerst begierig, welchen Eindruck diese wahrhaft wundersame Composition auf Sie machen wird.

Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung

Euer Wohlgeborengehorsamster DienerF. von Müller.

Müller, Karl Ottfried

Geb. am 28. August 1797 zu Brieg in Schlesien, gestorben am 1. Aug. 1840 zu Athen.

Von den vielen und bedeutenden Werken und Schriften dieses im eigentlichsten Sinne genialen, hochbegeisterten Gelehrten und Alterthumsforschers heißen die bekanntesten: Geschichte hellenischer Stämme und Staaten, 3 Bde. (182024).  Handbuch der Archäologie der Kunst (1830).  Die Etrusker, 2 Bde. (1828).  Geschichte der griechischen Litteratur bis auf das Zeitalter Alexanders, 2 Bde. (1841) u. s. w.

Galt es dem kurzen, aber ruhmgekrönten Leben und Streben des herrlichen Mannes für ein vielsagendes Vorzeichen, daß er an Goethes Geburtstage geboren ward, so haben wir auch wohl ein Anrecht, mit ernster tiefer Rührung darauf hinzuweisen, daß Er Ottfried Müller in Griechenland, in seiner eigentlichen Heimath gestorben ist; daß, da der Tod ihn dort ereilte, noch nicht alle Hoffnungen zerstört waren, die sein warmschlagendes Herz für die Auferstehung jenes Volkes hegte.

Und möchten die Mißklänge barbarischer Zwietracht, welche sich neuerdings in und um Athen erhoben, den Frieden des Haines nicht stören, welchen einst Sophokles gepriesen; in dessen aus Lorbeer, Weinstock, Oel- und Feigenbaum gewobenem Dickicht heute wie damals Nachtigallen singen; des Haines, den die vom Kephissos herabrieselnden Wasserquellen immer frisch und grün erhalten.  Wo er sich nach der Höhe hinauf zieht, steht eine Säule von weißem Marmor. Sie bezeichnet Ottfried Müllers Grab.

I

5. Dec. 19.Verehrtester Herr Doktor

Wenn zwei zuvorkommende Herrn, Hofrath Reuß und mein Freund Max, beide gleich bemüht Ihnen zu dienen, mir alle Gelegenheit abgeschnitten haben, mich durch eine Gefälligkeit oder kleine Gabe bei Ihnen beliebt zu machen, so rechnen Sie mir das gewiß nicht an, sondern nehmen nach Ihrer Güte den guten Willen für die That. Wie danke ich dieser Güte alle Annehmlichkeiten meines Aufenthalts in Dresden, und wie selten kann ich an die zwei Monate denken, ohne Sie zugleich im Herzen preisen zu müssen.

Die Zeit ist nun leider vorbei, und auf die saumseelig hingetändelten Tage und Wochen sind nun andre recht schlimme gefolgt, wo es scharf hergeht und alle Kräfte erbarmungslos mitgenommen werden. Doch hält mich das Interesse der Wissenschaft aufrecht, in der mir so Vieles noch sehr neu ist, wie ich überhaupt merke, daß jetzt erst das Lernen recht angeht, und ich nach dem akademischen Triennium, wo ich blos gegessen, nun ein andres Triennium brauche, um einigermaßen zu verdauen, eh es ordentlich ins Blut gehn kann.

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