Karawane - Stephen Goldin 4 стр.


Denken Sie mal darüber nach; benutzen Sie Ihren scharfen Verstand. Wenn die Erde bereits aufgebraucht wurde, dann hätte die Zivilisation woanders wohl eine bessere Chance, wenn sie weiterbestehen und wachsen will, stimmts? Und wo soll das sein? Kein Planet in unserem Sonnensystem kann eine ganze Zivilisation beherbergen, ohne dass diese über enorme Technologie verfügen müsste. Damit bleiben uns nur noch die Sterne übrig insbesondere Epsilon Eridani.

Peter wollte gerade was sagen, als ein kleines Mädchen an der Tür des Fahrzeuges klopfte. Sie hatte dunkle Harre und war nicht älter als acht oder neun Jahre. Mister Honon, sagte sie, ich habe Abendessen für Sie und den anderen Herrn.

Danke, Mary. Honon streckte seine Hand aus dem Fenster und nahm von ihr zwei Schüssel entgegen. Vorsicht, sagte er zu Peter als er ihm eine Schüssel reichte. Sie sind heiß. Das kleine Mädchen ging wieder dahin zurück von wo sie herkam.

Die Konsistenz des Inhaltes der Schüssel bewegte sich zwischen Suppe und Eintopf. Es waren Kartoffel, Bohnen,Erbsen, Karotten, Sojabohnen und sogar kleine Hühnerstücke drinnen für heutige Standards ein bunte Mischung. Peters Magen meldete sich lautstark bei ihm, dass er seit dem dürftigen Frühstück nichts mehr zum Essen hatte. Er nahm den Löffel, den Honon ihm anbot und führte etwas von dem Essen in seinem Mund und schmeckte die Geschmackskombination ab. Sie essen ziemlich gut, sagte er.

Danke. Wie bereits gesagt, wir versuchen die Zivilisation am Leben zu erhalten und gutes Essen ist eines ihrer besseren Aspekte. Wir tun was wir können, wenn wir unterwegs sind, aber sogar das hier ist bei weitem kein ausgeglichenes Essen.

Es gibt Leute, die für das hier töten würden.

Honon seufzte. Ich weiß. Sie haben es schon ein paar Mal versucht. Deswegen bevorzugen wir es auch, dass gepanzerte Fahrzeuge den Konvoi anführen. Reisen ist heutzutage nicht mehr etwas, dass man aus Jucks und Dollerei mehr macht.

Beide Männer aßen für eine Weile in Stille mit der Erkenntnis, dass ihre Mahlzeit buchstäblich ein Schatz in dieser verödeten Welt war. Peter war als Erstes fertig und lehnte sich zufrieden zurück.

Vielen Dank. Das war das beste Essen, dass ich seit Wochen hatte.

Möchten sie mehr? Ich könnte nach einem Nachschlag für sie verlangen.

Ich möchte Ihre Vorräte nicht auf brauchen

Wir haben genug für die nächste Zeit. Der ganze Laderaum des Fahrzeuges hinter uns ist voll mit tief gefrorenen und getrockneten Sachen.

Peter war sehr versucht aber entschied sich dazu abzulehnen. Ich möchte mich nicht zu sehr an einen guten Lebensstil gewöhnen, sagte er. Situationen können sich so schnell ändern.

Honon nickte. Das stimmt, aber das hält mich nicht davon ab gut zu leben, solange ich kann. Das habe ich gelernt, als ich gehütet habe. Man überlebt schlechte Zeiten und macht sie in den guten Zeiten wieder gut.

Sie waren also Viehtreiber?

Ich war so ziemlich alles. Holzfäller, Lastwagenfahrer, Forstaufseher, Landarbeiter, Tischler, Tellerwäscher ich mag es andauernd etwas Neues zu machen.

Und jetzt sind Sie Wagenmeister.

Yep. Wissen Sie, so wie ich das sehe, muss man sich immer auf etwas hinbewegen. Reisen ist nicht genug; man muss ein Ziel vor den Augen haben.

Und Ihr Ziel sind die Sterne?

Nicht sofort. Zuerst muss ich diese Leute zum Kloster bringen.

Wohin?

So nennen wir unsere kleine Kolonie. Da während des Mittelalters die Klöster das Wissen aufbewahrten und am Leben erhielten, dachten wir uns, dass wir unsere Basis nach ihnen nennen würden. Es hat keinerlei religiöse Bedeutung, das kann ich Ihnen versichern; wir sind alle ziemlich tolerant. Es ist so schon schwierig genug heute zu überleben, da müssen wir nicht auch noch alte Vorurteile wiederbeleben.

Das hindert die meisten Leute nicht. Fanatismus scheint momentan einen Höchststand erreicht zu haben, sagte Peter verbittert.

Honon zuckte mit den Schultern. Es interessiert mich nicht wirklich, ob sie sich gegenseitig umbringen. So wie ich das sehe, kann die Menschheit nur besser werden, wenn die Fanatiker aus dem Genpool entfernt werden.

Wo ist dieses Kloster?

Oh, es ist irgendwo da draußen. Honon winkte mit seiner Hand Richtung Osten. Ich kann leider nicht genauer sein. Es ist ein Geheimnis und das aus gutem Grund. Wir leben viel zu gut, als das wir alle Leute von außerhalb aufnehmen könnten. Wenn sie wüssten wo wir sind, dann würden sie kommen und uns auseinander nehmen. Deswegen kann ich den Leuten in der Karawane auch nicht sagen wo genau wir hingehen das ist für den Fall, dass einer uns verlässt oder von uns getrennt wird. So können sie niemandem etwas verraten.

Aber wenn Sie eine interstellare Kolonie planen, dann müssen Sie doch ziemlich viele Leute haben

Beim letzten Mal waren es fast 5000.

Peter pfeifte. Aber es ist doch unmöglich so viele Leute zu verstecken-

Wir kriegen das schon hin, Honon lächelte.

Aber allein schon so viele Menschen von der Erde zu bringen, ist schon ein Problem für sich. Wie wollen Sie das machen?

Es kommt ja auch nicht jeder mit. Einige von uns haben eine sentimentale Bindung zu dieser alten Welt und möchten hier bleiben und sie rehabilitieren, so weit uns das möglich ist. Ungefähr 3000 werden diese Reise antreten.

Aber auch wenn, die benötigte Treibstoffmenge

Im letzten Jahr des Raumforschungsprogrammes gab es eine Entwicklung, die unbemerkt an der Presse vorbeigegangen ist, als sie damit beschäftigt war über Kriege, Engpässe und ähnlichem zu berichten und zwar: Nuklearer Antrieb. Er lässt einen sehr schwere Lasten mit nur geringem Aufwand transportieren. Es wurde bisher noch nicht im bemannten Kampf getestet, aber Feldversuche verliefen sehr viel versprechend.

Ich tue jetzt nicht so, als ob ich Raumfahrtingenieur wäre, aber ich erinnere mich daran, mal eine Planetarium Show gesehen zu haben, in der gesagt wurde, dass es tausende von Jahren dauern würde, um von hier zum nächsten Stern zu fliegen. Sie können nicht erwarten, dass die Kolonisten so lange leben werden allein schon das Essen für 3000 Menschen würde mehrere Raumschiffe füllen.

Diese Zahlen, so wurde mir gesagt, basieren auf Annahme konstanter Geschwindigkeit. Was der nukleare Antrieb uns aber bietet ist konstante Beschleunigung ein zehn tausendstel eines gee um genau zu sein. Ich weiß, das hört sich nicht nach viel an, aber es summiert sich. Die letzten Schätzungen gehen davon aus, dass man die Reise in nur 650 Jahren schaffen kann.

Aber auch dann

Erinnern Sie sich daran, was ich vorher über die Kälteschlaftechniken gesagt habe? Die Kolonisten werden kurz vor Abflug eingefroren und, mit Ausnahme der Schiffsbesatzung, nicht mehr aufwachen bis sie ihr neues Zuhause erreicht haben. Wir sparen so Vorräte und Platz, da wir nicht genügend Platz für so viele Menschen zur Verfügung haben.

Peter war für einen kurzen Augenblick still und dachte über die Möglichkeiten nach. Entweder sind Sie verrückt, sagte er schließlich,oder der hoffnungsloseste Träumer den ich kenne.

Von beidem ein bisschen, hoffe ich mal. Wir leben in einem sehr aufgeklärten und traumlosen Zeit und schauen Sie in welchem Chaos wir uns gerade befinden. Es gibt nichts vernünftigeres als versuchen am Leben zu bleiben, was genau das ist, was alle da draußen versuchen. Für sie ist es eine Vollzeitbeschäftigung. Sie haben keine Zeit für Träume. Und als Ergebnis führen sie ein Leben am Rande des Überlebens und es wird schlimmer. Ich für meinen Teil bestehe darauf öfters in den Himmel zu schauen und mich zu fragen, ob die Dinge besser sein können. Fantasie mag zwar etwas verrückt sein, aber kein intelligentes Wesen kommt lange ohne sie aus.

Davon abgesehen, ergänzte er und zeigt anklagend mit seinem Finger Richtung Peter, Sie sind der letzte der Kritik üben sollte. Glauben Sie bloß nicht, dass ich nicht hinter Ihrer zynischen Maske blicken kann, die Sie wie ein griechischer Tragiker tragen. Mark Twain antwortete auf seine alten Tage immer auf den Vorwurf er sei ein Pessimist, dass er ein Optimist sei, der nicht angekommen sei. Hätten Sie nicht idealisiert, hätten Sie die Welt nicht so gesehen wie sie hätte sein sollen, dann hätte Sie in ihrem Buch nie all Ihr Feuer und die Wut, die sie gespürt hatten, verpacken können.

Wirklich? Fragte Peter amüsiert und mit erhobener Augenbraue. Viele haben versucht ihn anhand seines Buches psychisch zu analysieren. Alle mit unterschiedlichem Erfolg.

Ein Zyniker ist ein frustrierter Optimist. Man muss zuerst Ideale haben, damit man enttäuscht darüber sein kann, dass sie nicht erreicht wurden. Sie, Peter Stone, sind ein Erbauer von Utopien, aber ohne gute Versorgung mit Baumaterial.

Und deswegen wollen Sie, dass ich mitkomme weil ich ein Versager bin und Sie mir eine weitere Chance geben wollen? Entschuldigen Sie wenn ich ein Zyniker bin, aber das glaube ich nicht.

Honon schüttelte seinen Kopf. In keinster Weise. Ich will der Menschheit eine weitere Chance geben und ich denke, dass Sie dabei helfen könnten. Sie denken über soziale Phänomene nach. Sie sehen Alternativen wo andere blind sind, und sie scheuen sich nicht davor öffentlich darüber zu sprechen. Wir brauchen jemanden mit einem guten Auge für Alternativen und einen Sozialkritiker, wenn wir es schaffen wollen. Da haben Sie es die Grundregeln und die Arbeitsbeschreibung. Ich brauche eine Antwort von Ihnen, eine Zusage von Ihnen auf der Stelle, weil ich werde nicht mehr in diese Gegend kommen. Wollen Sie den Job?

Peter zögerte nicht einmal. Also die Bezahlung ist miserabel, aber die Randbedingungen scheinen in Ordnung zu sein. Wenn Sie mir einen Teil des Traumes abgeben, denke ich mal, dass ich ihn schlucken kann

Kapitel 3

Milliarden an US-Dollars wurden in den letzten Jahren ausgegeben, um die Kriminalitätsbekämpfung zu verbessern- trotzdem hat sich die Kriminalität weiter erhöht und viele Amerikaner fragen sich besorgt, ob es überhaupt möglich ist, sie unter Kontrolle zu kriegen ....

Patrick V. Murphy, ein ehemaliger Polizist in Washington und New York sagt: Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken. Es gibt viel Instabilität in unseren Städten. Solange es Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, zerrüttete Familien, Alkoholismus, Drogenkriminalität und psychologische Probleme gibt, werden wir Kriminalität haben.

U.S. News & World Report

10. Juni 1974

* * *

Kriminalität dient für viele Menschen als Mittel, um mit einer komplexen Gesellschaft zurechtzukommen, die ihre Grenzen überschritten hat. Ich gehe davon aus, dass unsere Kultur sich in ihrem letzten Aufbäumen gegen ihren Untergang krampfhaft versuchen wird, ein rigoroses System von Recht und Ordnung durchzusetzen. Alles was von der Norm abweicht, wird Gegenstand schwerster Unterdrückung, da die Gesellschaft verzweifelt versuchen wird am Leben zu bleiben.

Die wahre Tragödie sind hier aber die Nachwirkungen auf die Gesellschaft nach dem Zusammenbruch. Die eingeträufelte Unterdrückung wird noch weiterbestehen, wie der Fuß eines Frosches, der noch weiter tretet, obwohl der Körper schon lange gestorben ist.

Peter Stone

World Collapse

***

Peter verbrachte die Nacht zusammen mit Honon in der Kabine des gepanzerten Fahrzeuges. Sie sprachen noch eine Weile miteinander und verglichen die Erfahrungen, die sie bei ihrer Reise durch das Land gemacht hatten. Peter erfuhr, dass Honon das Land bereits seit vier Jahren regelmäßig durchquert und bereits viele dieser Karawanen geführt hat. Das Bild, das er zeichnete, war nicht sehr rosig. Elend, Hunger und Zwietracht waren in den USA allgegenwärtig. Plagen hatten bis jetzt noch keine Opfer gefordert., aber die Zustände in den Städten verschlechterten sich in dem Maße, dass die sanitäre Versorgung wohl zusammenbrechen werden würde, was zu einer Verbreitung von Seuchen führen würde.

Irgendwie, sagte Honon, ist es ein glücklicher Umstand, dass der Zusammenbruch weltweit stattgefunden hat. Hätten die jüdischen Guerillas vor fünf Jahren nicht ihren Krieg in Russland angefangen, dann hätten die Russen wahrscheinlich unsere Schwäche zu ihrem Vorteil genutzt und wären hier einmarschiert. Aber mit den Juden im Land und den Chinesen an der Grenze und einer zunehmenden Ressourcenverknappung, geht es ihnen noch schlechter als uns.

Die Schmerzen in Peters Arm und die Anstrengungen des letzten Tages forderten am Ende ihren Tribut von Peter. Er lehnte sich in dem ledernen Sitz zurück und hatte seinen besten Schlaf seit langer Zeit.

Honon rüttelte Peter an seiner guten Schulter und weckte ihn kurz nach Sonnenaufgang auf. Raus aus den Federn, sagte er gut gelaunt. Es ist Zeit fürs Frühstück und auch Zeit, um die restlichen Leute kennen zu lernen, mit denen Sie diese Reise verbringen werden.

Peter stieg aus dem Fahrzeug aus und sah zum ersten Mal die komplette Karawane. Die ersten beiden Fahrzeuge waren gepanzert und nach all dem was Honon über die Zustände im Land gesagt hatte, konnte Peter ihm nur zustimmen, dass die Karawane für alles mögliche gerüstet sein muss. Als nächstes in der Reihenfolge war ein großer Wohnwagen um den sich eine große Gruppe versammelt hatte. Hinter dem Wohnwagen waren ein blau-weißer VW-Bus und dahinter drei weitere Autos, alles Kleinwagen. Das muss nach einer ziemlich interessanten Parade aussehen, dachte sich Peter amüsiert.

Als Peter sich mit Honon dem Wohnwagen näherte, konnte Peter die Blicke der anderen spüren. Sie müssten bereits von ihrem neuen und berüchtigtem Mitglied gehört haben. Er fragte sich, wie viele ihn bereits hassen würden.

Kommt alle her, rief Honon. Die Unterhaltungen verstummten. Ich möchte euch unseren Neuzugang vorstellen, Peter Stone. Ich glaube, wir sind ihm viel Dankbarkeit schuldig, denn er war es, der unsere Leute dazu antrieb was zu tun. Ohne ihn gäbe es kein Kloster und keine Pläne für das Raumschiff. Bitte vergesst nicht ihm zu zeigen, wie dankbar wir ihm sind.

Peter war über diese Vorstellung überrascht und noch überraschter als die Leute genauso taten wie Honon ihnen auftrug. Zuerst waren sie etwas zurückhaltend und unsicher, aber sie kamen dann in kleinen Gruppen, um ihn zu begrüßen und ihn in der Karawane willkommen zu heißen. Männer und Frauen kamen, um ihm die Hand zu schütteln und Kinder lächelten ihn strahlend an.

Tut mir Leid, ich kann nicht hier bleiben und dich allen anderen vorstellen, sagte Honon. Ich muss noch schnell mein Frühstück einnehmen und dann zusehen, dass ich uns einen Schuhmacher hole.

Einen Schuhmacher?

Ja, das Kloster hat einen guten Mann empfohlen. Er lebt in Central L.A. Er sah die Überraschung in Peters Gesicht und erklärte es ihm. Schau, wenn du eine Kolonie besetzen willst, dann versuchst du die hellsten Köpfen aufzutreiben, die es gibt. Aber ich sage es dir jetzt schon, dass das so nicht klappen würde. Ein paar Eierköpfe sogar sehr viele Eierköpfe werden benötigt, klar, aber man kann keine Welt aufbauen nur mit Ärzten und Atomphysikern. Wenn die Rohre zum ersten mal streiken, dann hätten sie ein Riesenproblem. Ich muss auch Leute rekrutieren, die bei einem Pioniereinsatz nützlich sind. Leute die bereits wissen, wie man das produziert, was wir benötigen werden. Da wo du hingehen wirst, gibt es keine Fabriken, die Kleidung in Massen anfertigen. Du brauchst gute Handwerker, die gute Schuhe von Grund auf anfertigen können. Auf dieser Reise befindet sich ein Sammelsurium an Leuten, das ist richtig; aber wir versuchen die Menschheit zu retten und die Menschheit an sich ist ein Sammelsurium. Denk mal darüber nach.

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