Der Krabbler zischte wild, krabbelte über den Jaguar und packte mit einer langen Hand eine von dessen Hinterpfoten. Indem er die riesige Katze in die entgegengesetzte Richtung von der, in die sein Partner weggegangen war, über den Friedhof zerrte, näherte sich der Krabbler einer kleinen Gruft. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, schob der Krabbler den Jaguar hinein, ehe er sich wieder zurückzog und einen Moment auf das Tier hinunter starrte.
Sein Kopf legte sich zur Seite, als überlegte er, wie er seine Beute am besten zerfleischen konnte⦠stattdessen verlieà er die Gruft einfach wieder. Die Kreatur kam wenig später wieder zurück, wobei er zwei seiner toten Brüder hinter sich über das feuchte Gras schleifte. Nachdem er sie neben dem bewusstlosen Jaguar deponiert hatte, verlieà er die Gruft wieder und verschloss die Tür mit dem Vorhängeschloss.
Ohne sich umzusehen, rannte der Krabbler mit Höchstgeschwindigkeit über den Friedhof, wobei er den Dämonenjägern, die über das Gebiet verteilt waren, sorgsam aus dem Weg ging. Als er eine kleine Seitengasse erreichte, blieb er stehen und schien wieder zu Atem kommen zu wollen, ehe sein Körper sich zu verwandeln begann.
Innerhalb weniger Sekunden war der Krabbler verschwunden und stattdessen stand dort Trevor. Nachdem er seinen Nacken und seine Schultern gelockert hatte, bückte er sich, um seine Kleider, die er liegen gelassen hatte, wieder aufzuheben, ehe er wieder in Evys Sichtweite trat, scheinbar die Ruhe in Person. Er war zum Friedhof zurückgefahren und hatte dort geparkt, ehe er ihn wieder betreten hatte, nachdem er Evy erklärt hatte, dass er sehen wollte, wie der Kampf lief. Nachdem er auÃerhalb der Sichtweite des Autos war, hatte er sich in einen Krabbler verwandelt, und seinen Plan umgesetzt. Nun brauchte er sich nur noch anzuziehen und die Mission, die er sich selbst aufgetragen hatte, zu Ende zu bringen.
Trevor fuhr nervös mit seinen Fingern durch sein Haar⦠es gefiel ihm nicht, was er gerade getan hatte, aber er brachte trotzdem ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. Als Evy die Fahrertür öffnete, kam er schnell näher. Trevor hielt inne, als er hörte, wie sie beeindruckt pfiff.
Während er an seinem nackten Körper hinuntersah, fragte er sich, was Ren sich nur dabei gedacht hatte, als er Evy so eine menschliche Persönlichkeit gegeben hatte. Es war bloà gut, dass das Auto nicht wusste, was er gerade gemacht hatte⦠sonst säÃe er tief in der ScheiÃe.
âSo ein wunderbares Exemplarâ, neckte Evys Stimme.
âSei stillâ, knurrte Trevor und zog sich schnell an. Er setzte sich hinter das Lenkrad, wusste, dass er nur wenige Stunden haben würde, ehe Devon wieder aufwachte. Er würde sich beeilen müssen, wenn er nicht auffliegen wollte.
Trevor schwieg, während er Evy zu einem abgelegenen Parkplatz fuhr und den Motor abstellte. Er saà ein paar Minuten mit geschlossenen Augen und fragte sich, ob er einen Fehler machte.
âIst alles in Ordnung, Trevor?â, fragte Evy leise.
âAlles bestens Evyâ, sagte Trevor. âDu musst mir einen riesengroÃen Gefallen tun. Ich habe einen geheimen Auftrag, den ich noch erledigen muss. Niemand im TEP darf davon erfahren⦠es ist streng geheim.â Er zog den Kopf ein bei seiner nächsten Lüge: âStorm will nicht, dass irgendwelche Berichte darüber geschrieben werden, und du darfst niemandem etwas erzählen.â
Evy schwieg einen Moment. âWie lange wirst du brauchen?â, fragte sie.
âNur ein, zwei Stundenâ, antwortete Trevor. âEs wird nicht lange dauern.â
âPass auf dich auf!â, sagte Evy, dann schaltete sich die Beleuchtung des Armaturenbretts ab.
Trevor stieg aus dem Auto und ging die StraÃe entlang. Als er auÃerhalb von Evys Sichtweite war, verwandelte er sich wieder⦠dieses Mal in Devon Santos und rannte den restlichen Weg zu Chads Wohnung. Mit dem Reserveschlüssel, von dem Envy vergessen hatte, dass er ihn noch hatte, öffnete er die Tür und bahnte sich seinen Weg durch den stillen Flur.
Er wusste, dass Chad schlafen würde, und ging am Schlafzimmer seines Freundes vorbei zu Envys Schlafzimmertür. Diese schob er leise auf und ging direkt zu Envys schlafender Gestalt. Seine Augenbrauen zogen sich traurig zusammen, als er den Geruch von Salz wahrnahm, der noch in der Luft hing. Es tat ihm leid, dass sie wegen ihm geweint hatte, aber er ging mit seiner Eifersucht um, so gut er nur konnte.
Vorhin am Friedhof⦠hatte er einen kurzen Augenblick darüber nachgedacht, Devon umzubringen. Wenn Devon weg war, würde Envy sich in ihrer Trauer wieder ihm zuwenden? Er hatte den verführerischen Gedanken verdrängt. Es hatte ihn überrascht, wie schnell ein so böser Gedanke überhaupt aufgetaucht war.
Er könnte Envy nie auf diese Art verletzen und es machte ihm Angst, dass er es auch nur in Erwägung gezogen hatte. AuÃerdem⦠zuzusehen, wie sie um einen anderen Mann trauerte, wäre ebenso schlimm, wie zuzusehen, wie sie einen anderen Mann liebte. Und wie sehr es ihm auch das Herz brach, wusste Trevor doch, dass Envy sie beide liebte. Er hatte nicht gelogen, als er vor ein paar Stunden, diese ärgerliche, kleine Sache laut ausgesprochen hatte.
Mit leisen Bewegungen zog Trevor sich aus und krabbelte hinter ihr ins Bett. Wenn es das war, was es kostete, um ein paar Momente mit ihr alleine zu stehlen⦠dann weigerte er sich, sich darüber Gedanken zu machen, wer sie glaubte, dass er war. Das Konzept, dass im Krieg und in der Liebe alles erlaubt war, hatte seine vollste Zustimmung⦠und im Augenblick hatte er das Gefühl, dass er mitten in beiden steckte.
Envy fühlte, wie die Matratze hinter ihr absank und drehte sich sofort zu Devon um, schlang ihre Arme fest um ihn und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Ihr Kopf war die letzte Stunde voller Gedanken über Trevor gewesen, und sie schämte sich dafür.
Jetzt wo sie das TEP in Aktion gesehen hatte, war ihr klar, dass Trevor seine Geheimnisse vor ihr bewahrt hatte, weil er keine Wahl gehabt hatte. Es war herzlos von ihr gewesen, die Beziehung wegen etwas zu beenden, worüber er keine Kontrolle hatte⦠sie hatte ihn sogar mit der Elektroschockpistole gequält deshalb. Wie hatte sie nur so gemein sein können?
Sein gebrochenes Herz war ihre Schuld und sie würde ihn dafür nicht bestrafen⦠das einzige, was sie tun konnte, war, zu versuchen, seine Freundschaft zu gewinnen, und vielleicht würde sein Herz dann wieder heilen.
Sie rieb ihren Kopf an Devons Hand, wo er so liebevoll ihr Haar streichelte.
âDu bist zurückâ, flüsterte sie, wünschte sich, dass das schwere Gewicht sich von ihrer Brust lösen würde.
âWas ist geschehen, Envy?â, fragte er leise.
âNichtsâ, log Envy und löste sich ein kleines Stück von Devon, sodass sie ihn anlächeln konnte.
âWieso hast du dann geweint?â Er beobachtete, wie Envy ihn verwirrt ansah. Ehe sie die Zeit hatte, es zu leugnen, erinnerte er sie: âIch kann das Salz deiner Tränen riechen. Du kannst deine Gefühle nicht vor mir verstecken.â Er musste wissen, ob sie später Devon erzählen würde, was vorhin geschehen war.
Envys Augen wurden groÃ. Das war genau dasselbe, was Trevor ihr gesagt hatte. Wussten sie beide besser, was sie fühlte, als sie selbst? Durch das Wissen, dass sie beide sie so gut lesen konnten, fühlte sie sich ein wenig ausgeliefert.
Er fühlte, wie sie sich anspannte, aber ehe er den Ausdruck auf ihrem Gesicht erkennen konnte, drückte sie ihre Wange wieder an seine Brust. âHat Trevor etwas getan, womit er dich zum Weinen gebracht hat, als er dich nach Hause gefahren hat? Weil wenn er etwas getan hat, dann schwöre ichâ¦â
Er fühlte, wie sie sich anspannte, aber ehe er den Ausdruck auf ihrem Gesicht erkennen konnte, drückte sie ihre Wange wieder an seine Brust. âHat Trevor etwas getan, womit er dich zum Weinen gebracht hat, als er dich nach Hause gefahren hat? Weil wenn er etwas getan hat, dann schwöre ichâ¦â
Envy drückte sich schnell von ihm weg und starrte fast wütend auf Devon. âNein, du hast mir versprochen, dass du Trevor nie verletzen wirst, egal was geschieht.â Ihr Herz hämmerte wild in ihrer Brust, denn sie wollte die beiden wirklich nie wieder kämpfen sehen. Wenn einer von ihnen verletzt würde⦠würde sie den anderen hassen, egal wer es war. Das wusste sie jetzt.
Trevor vergaà fast zu atmen, als er sie beobachtete, wie sie ihn verteidigte. Sie hatte Devon versprechen lassen, dass er ihn niemals verletzen würde⦠und Devon hatte es getan, aus demselben Grund, wie er Devon heute Nacht nicht umgebracht hatte.
âUnd was die Tränen betrifftâ¦â Envy senkte ihre Stimme, als sie ihre Emotionen wieder unter Kontrolle bekam. âIch hatte einen Traum, dass eines dieser Monster im Friedhof dich überwältigte, und ich weinte, als ich aufwachte.â Nun⦠das war auch die Wahrheit.
âEs war nur ein Traumâ, flüsterte er und drückte sie fest an sich. Trevor schloss seine Augen und fragte sich, ob die Verbindung, die sie mit ihm und Devon hatte, den sehr richtigen Traum hervorgerufen hatte. Nachdem er nicht darüber nachdenken wollte, rollte er Envy auf ihren Rücken und starrte auf sie hinunter, ehe er seine Lippen auf ihre senkte.
Envy stöhnte leise und drückte ihre Brust an seine. Sie streckte ihre Hände nach seinem Nacken aus, aber er packte ihre Handgelenke und drückte sie sanft in die Matratze.
Ihre Münder trennten sich und Envy legte ihren Kopf in den Nacken, als Devons Lippen eine lange, quälende Spur hinunter zu ihrem Hals und ihrer Schulter zog. Sie lächelte über die Gefühle, die er hervorrief, und schlang ihre Beine um seine Hüfte, um ihn an sich zu drücken, bis sie Devons Erektion in sie drücken fühlte.
Trevor hielt inne und starrte auf sie hinunter, ehe er nach vorne stieÃ. Es war ihm egal, wie er aussah⦠dies war sein Körper und dies war genau, wo er sein wollte. Auf seinen Ellbogen über sie gestützt liebte er sie wie ein besessener Mann, der in seinem eigenen Wahnsinn verloren gegangen war.
Envy biss auf ihre Unterlippe, um zu verhindern, dass sie laut schrie und ihren Bruder weckte. Sie packte Devon und versuchte, mit seinem Rhythmus mitzuhalten, aber fand schnell heraus, dass sie es heute Nacht einfach nicht schaffte. Sie konnte sich nur an ihm festklammern, als sie so oft kam, dass sie sich wie im Rausch fühlte.
Trevor fiel schnell über ihre Lippen her, als sie vergaÃ, dass sie nicht alleine im Haus waren, aber er konnte noch nicht zulassen, dass sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle bekam. Er hielt sich selbst fest unter Kontrolle und gab demselben Hochgefühl nicht nach, ehe über eine Stunde vergangen war.
Er gönnte sich ein paar Minuten, in denen er sie im Schlaf beobachtete, ehe er einen weichen Kuss auf ihren Lippen hinterlieà und aus dem Bett stieg.
*****
Warren wurde langsam echt unruhig. Er hatte den Friedhof eine Stunde lang nach Devons Geruch abgesucht. Als er vorhin seinen Bruder alleine gelassen hatte, war er davon ausgegangen, dass Devon direkt hinter ihm kommen würde, um ihm im Kampf zu helfen. Warren hatte drei weitere Krabbler aus dem Weg geräumt, ehe ihm richtig klar geworden war, dass Devon nirgendwo zu sehen war.
Er hatte sogar einen durchdringenden Katzenschrei hören lassen, die Art, wie Jaguare einander über ihren Standort verständigten. Es hatte keinen Antwortschrei gegeben. Als er zu dem letzten Ort ging, wo er Devon gesehen hatte, fand Warren Spuren eines Kampfes, aber keinen Krabbler und keine Spur von Devon. Es dauerte noch eine Weile, aber als er endlich Devons Geruch fand, folgte er ihm bis zu einer alten Gruft.
Er näherte sich dem Gebäude vorsichtig, schnüffelte noch in der Umgebung, ehe er an der verschlossenen Tür kratzte. Er knurrte über das Schloss und zwei Möglichkeiten erschienen in seinem Kopf. Entweder war Devon dort eingesperrt worden, oder die Tür hatte sich im Kampf irgendwie von selbst geschlossen und verriegelt.
Nachdem er sich wieder in seine menschliche Gestalt verwandelt hatte, brach Warren die Tür auf und riss sie mit einem markerschütternden Quietschen aus den Angeln. Seine Augen wurden groÃ, als er Devon mitten am Boden liegen sah, zwei Krabbler übereinander gestapelt neben ihm.
Devons Augen öffneten sich langsam, als die Tür aufgeschlagen wurde, aber er schloss sie schnell wieder, als das Morgenlicht eintrat und seine Netzhaut verbrannte. Er fühlte sich, als hätte er Kats gesamten Vorrat an Heat ausgetrunken und wäre dazu noch ordentlich verprügelt worden.
âWas, zur Hölle, ist hier passiert?â, fragte Warren leise.
Devon knurrte tief in seiner Brust und verwandelte sich wieder in seine menschliche Gestalt. Mit einer Hand an seinem Kopf setzte er sich mit Warrens Hilfe langsam auf und sah sich um.
âDas Letzte, woran ich mich erinnere, war, dass ein weiterer Krabbler mich angegriffen hat, nachdem du weggegangen bistâ, antwortete Devon. âIch muss ihn hier eingeschlossen und umgebracht habenâ¦â Er schielte hinüber zu den aufgestapelten Krabblern und runzelte die Stirn. â⦠sie umgebracht haben. Einer muss mich ziemlich gut am Kopf getroffen haben, ehe er selbst eingenickt ist.â
âIch glaube, du hast für heute genug gekämpftâ, sagte Warren schlieÃlich. âWir beide brauchen ein wenig Schlaf.â
Devon nickte und lieà sich von Warren auf die Beine helfen. âGroÃartig, wir sind nacktâ, murmelte er.
âNenn uns einfach Flitzerâ, grinste Warren. âWollen wir langsam nach Hause spazieren und sehen, wie viele Frauen uns hinterher pfeifen, oder sollen wir ein Wettrennen zum Auto machen?â
âAuf dreiâ, antwortete Devon und hob eine Augenbraue.
Als sie beim Wagen ankamen, zogen sie beide die Reserveklamotten an, die sie dort immer für den Fall der Fälle lagerten.
âBring mich einfach zu Chads Wohnung. Envy ist dort, ich werde mich einfach zu ihr ins Bett legenâ, sagte Devon, als er sich im Beifahrersitz zurücklehnte. âUnd tu mir einen Gefallen.â
Warren schielte zu ihm hinüber, während er fuhr. âIch werde niemandem davon erzählen, damit Envy nichts davon erfährt.â
Devon lächelte über die verblüffende Fähigkeit seines Bruders, immer zu wissen, was andere dachten. Manchmal wurden Dinge dadurch weniger peinlich.
âDankeâ, sagte Devon. âIch will wirklich nicht, dass sie sich Sorgen macht.â
Wenige Minuten später hielt Warren vor Chads Wohnung und blickte hinüber zu Devon. âGeh und schlaf dich aus, ruf mich einfach an, wenn ihr bereit seid, nach Hause zu kommen.â
Devon schüttelte den Kopf. âMach dir keine Gedanken, entweder Chad fährt uns, oder ich rufe uns ein Taxi.â
Warren wartete, bis Devon die Eingangstür des Hauses hinter sich geschlossen hatte, ehe er wegfuhr. Er wollte Devon nichts davon erzählen, aber seinen Bruder so zu finden hatte die Warnlampen in seinem Kopf aufleuchten lassen. So wie die Tür von auÃen verriegelt gewesen war, wirkte es viel zu sehr geplant, sodass er sich fragte, ob nicht etwas oder jemand ihn dort absichtlich eingesperrt hatte.