Interviews Aus Dem Kurzen Jahrhundert - Marco Lupis 5 стр.


Langweilen Sie sich auf den vielen Reisen?

Nein, denn ich lese gerne und mit einem Buch kann man sich immer die Zeit vertreiben, selbst im Flugzeug. Letztlich geht es hier um Arbeit und nicht um Urlaub!

Welche Art Bücher lesen Sie?

Vorwiegend Bücher über Kunst. Ich bevorzuge den Impressio-nismus und Pop Art. Ich habe auch eine Vorliebe für Geschichte und für die Biographien berühmter Männer. Ich habe die von Christoph Kolumbus gelesen – unglaublich!”

Man sagt Ihnen nach, Sie seien zur Hälfte Brigitte Bardot und zur anderen Hälfte Romy Schneider (Sissi). Sehen Sie sich in diesen beiden Figuren?

Ja. Aber nicht so sehr physisch betrachtet. Ich glaube vielmehr einige gemeinsame Charakterzüge zu haben, den Lebensstil... Die Bardot finde ich ganz außergewöhnlich, abgesehen von ihrer Schönheit, was für ein Charakter! Für Romy Schneider empfinde ich dagegen ein Gefühl der Verehrung. Ich habe alle ihre Filme gesehen und es war furchtbar, als sie starb. Nach einem so unglücklichen Leben ...

Wenn wir das Unglück mal weglassen, würden Sie die neue Romy Schneider sein wollen?

Noch so ein schönes Kompliment! Die einen sagen so, die anderen sagen so: Ähnlichkeit mit der oder jenen schönen Frau. Das sind alles sehr schöne Komplimente, aber ich möchte vor allem ich selbst sein. Ich setze alles daran, ich selbst zu sein.

Träumten Sie als Kind von einem bestimmten Beruf?

Eine Karriere als Model hatte ich absolut nicht in der Planung. Ich wäre gerne Anwältin geworden.

Wie Ihr Vater?

Ja, ich hätte mit Freuden in seiner Kanzlei gearbeitet. Dann wurden aber alle meine Pläne über den Haufen geworfen. Als mir bewusst wurde, was für ein Glück ich hatte, habe ich beschlossen, darauf zu verzichten.

Ihre Geschichte klingt wie ein Märchen der Neunziger. Gab es auch schwierige Momente?

Die gibt es, natürlich. Aber es kommt beispielsweise niemals vor, dass ich mich einer Situation nicht gewachsen fühle...

Wie lautet Ihr Geheimnis?

Sehr viel Disziplin und die Lust an Geselligkeit. Ich bin gerne unter Menschen. Es macht mir Spaß mich auf Pressekonferenzen dem Kreuzverhör der Journalisten zu stellen. Da fordert mich heraus. Ich will damit sagen, ich habe keine Angst.

Nur eine Frage der Disziplin?

Auch ein großes inneres Gleichgewicht. Hierbei ist es wichtig, dass man eine Basis hat, durch die Erziehung, die einem die Familie mitgegeben hat: Mir hat das enorm viel geholfen. Es hat meinen Charakter geformt, mir Sicherheit, einen Sinn fürs Praktische und inneres Gleichgewicht gegeben. Und man darf in schwierigen Momenten niemals die Selbstbeherrschung verlieren. Es ist das Verdienst meiner Eltern, das ich heute zum Beispiel frei vor Publikum reden kann.

Wenn man den Medien glauben darf, verlieben Sie sich rasch und wechseln ebenso rasch die Partner: heute Albert von Monaco, morgen Julio Boca. Wie sieht die echte Claudia aus?

Die echte Claudia ist ein Mädchen mit vielen Freunden. Prinz Albert ist einer davon, Julio Boca ein anderer. Dann gibt es aber auch noch Placido Domingo oder Peter Gabriel und viele andere Personen, die im Rampenlicht stehen. Kaum bin ich mit einem von ihnen zusammen auf einem Foto, macht die Internationale Presse sofort einen Verlobten daraus! Das stimmt aber nicht.

Und gibt es in Ihrer Zukunft einen Verlobten, einen Ehemann, Kinder?

Ich bin mehr als bereit, mich zu verlieben, auch möglichst bald. Im Moment habe ich aber keinen Lebensgefährten, aus dem einfachen Grund, weil ich in niemanden verliebt bin.

Worauf achten Sie bei einem Mann am meisten?

Für mich gibt es keinen Idealtyp – ich meine, ästhetisch betrachtet. Als erstes schaue ich auf den Charakter und vor allem auf den Sinn für Humor. Von einem Mann erwarte ich, dass er Charme hat dass er mich erobert, mit Intellekt, also mit dem Kopf, um es klar zu sagen. Er muss ein Verständnis für Ironie haben und die Fähigkeit, mir solche Gefühle zu vermitteln. Wenn man im Leben nicht miteinander lachen kann…

Sind Sie anspruchsvoll - bräuchte Ihr Verlobter besondere Qualitäten …

Jeder Partner eines berühmten Menschen braucht einen starken Charakter. Ich liebe Männer mit Charakter, aber sie müssen auch gefühlsbetont sein. Wer mit mir ausgehen will, muss Lärm ertragen, Verletzungen der Privatsphäre, Klatsch, die Journalisten...

Haben Sie ein schlechtes Gewissen?

In welcher Beziehung?

Naja, so wie es aussieht, haben Sie alles: Schönheit, Ruhm, Geld…

Ich fühle mich vom Glück begünstigt, das stimmt, ich danke Gott und meinen Eltern, dass ich in diese Verhältnisse hineingeboren bin. Wenn ich kann, versuche ich daher, etwas Gemeinnütziges, etwas Soziales zu tun.

Auf dem Modesektor ist nicht alles Gold was glänzt. Es gibt auch Drogen,Alkohol, Rivalitäten…

Drogen und Alkohol interessieren mich nicht. Eifersüchteleien dagegen sind schon ein Thema, aber ich verstehe es nicht. Meiner Ansicht nach sind Models vom Physischen, vom Charakter und von der Mentalität her so unterschiedlich, dass Platz für alle ist. Und man braucht auch nicht herausragend schön zu sein. Jede Frau hat etwas Schönes an sich. Man muss es nur würdigen.

Was braucht es, um den Durchbruch zu schaffen?

Vor allem Charakter, denn schöne Mädchen gibt es viele auf der Welt... Dann Bildung, Persönlichkeit und Disziplin.

Disziplin auch bei der Ernährung?

Nicht übermäßig. Ich rauche nicht und ich trinke keinen Alkohol, aber nur, weil es mir keinen Spaß macht. Ich esse nicht viel Fleisch, weil ich glaube, dass es ungesund ist und ich bin vorsichtig mit Fetten. Dafür liebe ich Schokolade... Oh! Ich liebe natürlich auch Fanta! (sie lacht ).

Welche Beziehung haben Sie zu Geld?

Es ist nicht das Wichtigste, aber es wird mir in meiner Zukunft die Möglichkeit geben, das zu tun, was ich möchte. Geld ist Freiheit.

Was verbinden Sie mit dem Wort Sex – welche Bedeutung hat es für Sie?

Was verbinden Sie mit dem Wort Sex – welche Bedeutung hat es für Sie?

Für mich? (sie scheint wirklich verblüfft zu sein ).

Ja, für Sie

Was soll ich sagen, etwas, das ganz natürlich zwischen zwei in-einander Verliebten passiert. Mehr nicht.

Glauben Sie, dass Sie eine starke erotische oder eine mehr sinnliche Ausstrahlung haben?

Hundertprozent.

Hundertprozentig nein?

Hundertprozentig ja!

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Gong Li

Mondsüchtig

Anfang 1996, ich arbeitete erst kurz als Korrespondent für den Fernen Osten, besuchte ich häufig zusammen mit einigen befreundeten Journalisten John Colmey, den Kollegen von Time in Hong Kong. John vermittelte den Kontakt zum Manager der wunderschönen chinesischen Schauspielerin Gong Li und es gelang mir, mit ihr am Set des Films, den sie gerade in der Nähe von Shanghai drehte ein Exklusivinterview für die Zeitschrift Panorama zu arrangieren.

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Chen Kaige drehte gerade eine der letzten Szenen seines sehn-lichst erwarteten Films Verführerischer Monde ( Temptress Moon ) in Suzhou, am Ufer des Tai-Sees, hundert Kilometer westlich von Shanghai, drei Jahre nach dem Welterfolg von Lebewohl meine Konkubine . Die Assistenten bewegen sich im Laufschritt zwischen den über zweihundert Komparsen, gekleidet im Stil der Zwanziger Jahre, die den Hafenkai bevölkern. Die Frauen tragen den typischen cheongsam aus Seide, einige Gentlemen sitzen lesend in einer Sänfte und im Hintergrund siehe man Hafenarbeiter, die ein Dampfschiff beladen. Gedreht wird eine große Abschiedsszene: Gong Li, die im Film Ruyi heißt und die schöne und verwöhnte Erbin einer superreichen Familie aus Shanghai spielt, in der Inzest und Opium-Rituale praktiziert werden und jeder jeden mit dem jeweils anderen Partner betrügt, ist kurz davor, mit ihrem Verlobten, Zhongliang, nach Peking aufzubrechen, gespielt von Leslie Cheung, dem Schauspieler aus Hong Kong, der schon in Lebewohl meine Konkubine an ihrer Seite spielte.

Am Kai steht ihr Jugendfreund Duanwu (interpretiert von dem künftigen Stern am Kinohimmel, Taiwan Lin Chìen-hwa), der schon immer heimlich in Ruyi verliebt war: «Denk dran: du siehst sie jetzt hier zum letzten Mal! Das muss man auf deinem Gesicht ablesen können, und das will ich von dir sehen!» ermahnt ihn Chen Kaige, sechsundvierzig, Lederjacke, schwarze Jeans. «Gut... Yu-bei ... (Anm . also los, ) ... Action !». Als Lin Chien-hwa sich umschaut und dem ablegenden Dampfschiff nachsieht, kann man den Abschiedsschmerz in seinen Augen lesen. « Okay! » ruft ein zufriedener Kaige. Und die letzte Klappe fällt an diesem Tag.

Über zwei Jahre sind vergangen, in denen er das Drehbuch umgeschrieben hat. Jetzt arbeitet Kaige wie ein Besessener, damit sein Streifen bis zum Filmfestival von Cannes im Mai im Kasten ist. Er ist die Nummer Eins des chinesischen Kinos der Neunziger und trat in die Fußstapfen seines Vaters (sein Vater, Chen Huai’ai, war ein Monument des Kinofilms der Nachkriegszeit). Chen Kaige ist dafür bekannt, dass er das Maximum aus seinen Darstellern herausholt und ihre Geduld zuweilen auf eine harte Probe stellt. Das gilt gleichermaßen für die chinesische Regierung, die seine Filme jahrelang auf den Index gesetzt-, geschnitten und zensiert hat, bis sie am Ende seine Qualitäten als Meister des zeitgenössischen Kinos anerkennen musste.

Der neue Film Temptress Moon, der bislang bereits sechs Millionen Dollar gekostet hatte, repräsentiert in gewisser Hinsicht symbolisch die aktuelle Realität des chinesischen Kinos, eine Gratwanderung zwischen Liberalismus und Repression, projiziert auf die Weltmärkte, die Füße fest verwurzelt am Boden des Vaterlandes; Kosmopolit und engstirniger Patriot zugleich. Der Filmset erscheint einem wie ein Mikrokosmos des modernen China.

Die Protagonisten sind vom Feinsten was aktuell von den «drei Chinas» geboten wird: Hong Kong (Leslie Cheung), Taiwan (Lìn Chien) und die Volksrepublik China (Gong Li). Der Regisseur ist ein Intellektueller aus Peking und die Produzentin, Hsu Feng, ein ehemaliger Kinostar aus Taiwan, verheiratet mit einem Ge-schäftsmann aus Hong Kong, wo sie in den Siebziger Jahren die Tomson Film gründete (und sie war es auch, die Kaige vor acht Jahren davon überzeugte, die Novelle von Lilian Lee, Lebewohl meine Konkubine auf die Leinwand zu bringen).

Selbst wenn die Erwartungen an die neue Regiearbeit von Kaige hoch sind, die des Publikums und der Kritik, was die schauspielerische Leistung des unbestrittenen Kinostars Gong Li anbelangt, sind ungleich höher. Die einunddreißigjährige Schauspielerin ist zweifellos in diesem Moment die bekannteste Chinesin der Welt. In ihrer Kinovergangenheit finden wir Filme wie Roter Mohn (1987), rote Laterne (1991) und Lebewohl meine Konkubine (1993). Und eine lange, soeben zu Ende gegangene Love Story mit Zhang Yimou, ihrem Begleiter über acht Jahre, dem Regisseur, der sie zu einem Weltstar gemacht hat und mit dem sie im vergangenen Jahr den letzten Film gedreht hat, Shanghai Serenade .

Trotz des Erfolges, den sie beim westlichen Publikum genossen hat ist Gong Li zu hundert Prozent Chinesin geblieben.

Am Ende dieses Tages am Set hat sie eingewilligt, für Panorama dieses Exklusivinterview zu geben.

Wieder ein großer Film, aber wieder eine antike Geschichte, die im China der Zwanziger Jahre spielt und nicht Fakten der jüngsten Geschichte beleuchtet ..

Ich denke der Grund liegt darin, dass China sich dem Rest der Welt erst vor wenigen Jahren geöffnet hat. Als das geschah, hat in unserem Land auch das Kino stilistisch und kulturell eine Öffnung erfahren. Sicherlich hat die Zensur über Jahre eine wesentliche Rolle gespielt, wenn es um die Themenwahl ging und um die Zukunft des Kinos. Es gibt aber auch einen eher künstlerischen Grund, wenn man das so sagen kann: viele chinesische Regisseure sind der Ansicht, es sei gut, Filme aus einer Epoche vor der Kulturrevolution zu machen. Dies dient einer Art Rehabilitation jener Fakten und der Vergangenheit. Vermutlich glauben sie auch, es sei noch zu früh, für ein internationales Publikum Episoden zu verfilmen, Bilder, die noch zu frisch sind, die noch zu weh tun und die allen noch im Gedächtnis sind.

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