Das doppelte Lottchen / Близнецы. Книга для чтения на немецком языке - Эрих Кестнер 2 стр.


Einem so die Ferien zu verhunzen19!, murmelt Luise, aufrichtig verbittert.

Sie kann doch nichts dafür, erklärt die pausbäckige Steffie. Wenn nun jemand käme und sähe wie ich aus20

Trude lacht. Du glaubst doch selber nicht, dass jemand so blöd wäre, mit deinem Kopf herumzulaufen.21

Steffie schmollt. Die anderen lachen. Sogar Luise verzieht das Gesicht.

Da ertönt der Gong. Und die Mädchen springen von der Mauer herunter.

Frau Muthesius sagt im Speisesaal zu Fräulein Ulrike: Wir wollen unsere kleinen Dop-pelgängerinnen nebeneinander setzen. Vielleicht hilft eine Radikalkur!

Die Kinder strömen lärmend in den Saal. Stühle werden gerückt. Die Mädchen, die Dienst haben, tragen dampfende Terrinen zu den Tischen. Andere füllen die Teller. Fräulein Ulrike tritt hinter Luise und Trude, tippt leicht Trude auf die Schulter und sagt: Du setzt dich neben Hilde Sturm.

Trude dreht sich um und will etwas antworten. Aber

Keine Widerrede, ja? Trude zuckt die Achseln, steht auf und zieht unzufrieden um.

Die Löffel klappern. Der Platz neben Luise ist leer. Erstaunlich, wie viele Blicke ein leerer Platz auf sich lenken kann.

Dann schwenken22, wie auf Kommando, alle Blicke zur Tür. Lotte ist eingetreten.

Da bist du ja endlich, sagt Fräulein Ulrike. Komm, ich will dir deinen Platz zeigen. Sie bringt das stille, ernste Zopfmädchen zum Tisch. Luise blickt nicht hoch, sondern isst wütend ihre Suppe in sich hinein. Lotte setzt sich folgsam neben Luise und greift zum Löffel, obwohl ihr der Hals wie zugeschnürt ist23.

Die anderen kleinen Mädchen schielen hingerissen zu dem merkwürdigen Paar hinüber. Ein Kalb mit zwei bis drei Köpfen könnte nicht interessanter sein. Der dicken, pausbäckigen Steffie steht vor lauter Spannung24 der Mund offen.

Luise kann sich nicht länger bezähmen. Und sie wills auch gar nicht. Mit aller Kraft tritt sie unterm Tisch auf Lottes Fuß!

Lotte zuckt vor Schmerz zusammen und presst die Lippen fest aufeinander.

Am Tisch der Erwachsenen sagt die Helferin Gerda kopfschüttelnd: Es ist nicht zu fassen! Zwei wildfremde Mädchen und eine solche Ähnlichkeit!

Frau Muthesius schaut nachdenklich zu dem Tisch hinüber, an dem die zwei kleinen Mädchen sitzen. Dann sagt sie: Lotte Körner bekommt das Bett neben Luise Palfy! Sie werden sich aneinander gewöhnen müssen.

Es ist Nacht. Und alle Kinder schlafen. Bis auf zwei.

Diese zwei tun, als schliefen sie fest25, liegen aber mit offenen Augen da und starren vor sich hin.

Luise blickt böse auf die silbernen Kringel, die der Mond auf ihr Bett malt. Plötzlich spitzt sie die Ohren. Sie hört leises, krampfhaft unterdrücktes Weinen26.

Lotte presst die Hände auf den Mund. Was hatte ihr die Mutter beim Abschied gesagt: Ich freue mich so, dass du ein paar Wochen mit vielen fröhlichen Kindern zusammen sein wirst! Du bist zu ernst für dein Alter, Lottchen! Viel zu ernst! Ich weiß, es liegt nicht an dir27. Es liegt an mir. An meinem Beruf. Ich bin zu wenig zu Hause. Wenn ich heimkomme, bin ich müde. Und du hast inzwischen nicht gespielt wie andere Kinder, sondern gewaschen, gekocht, den Tisch gedeckt. Komm bitte fröhlich zurück, mein Hausmütterchen! Und nun liegt sie hier neben einem bösen Mädchen, das sie hasst, weil sie ihm ähnlich sieht. Sie seufzt leise und schluchzt vor sich hin. Plötzlich streicht eine kleine fremde Hand ihr Haar! Lottchen wird stocksteif vor Schreck28. Vor Schreck? Luises Hand streichelt schüchtern weiter.

Der Mond schaut durchs große Schlafsaalfenster und staunt. Da liegen zwei kleine Mädchen nebeneinander, die sich nicht anzusehen wagen, und die eine, die eben noch weinte, tastet jetzt mit ihrer Hand ganz langsam nach der streichelnden Hand der anderen.

Na gut, denkt der alte silberne Mond. Da kann ich ruhig untergehen! Und das tut er denn auch.


Aufgaben

Fragen:

1.Wie heißt das Buch?

2.Wie kann man den Titel ins Russische übersetzen?

3.Wer ist der Autor des Buches?

4.Ist der Autor weltberühmt? Ist er in Russland bekannt?

5.Welche weltbekannten Kinderbücher hat er geschrieben? Welche Bücher von E. Kästner sind ins Russische ([А-Я])übersetzt?

6.Wieviel Seiten und wieviel Kapitel hat das Buch? Hat das Buch Bilder?

7.Ist der Anfang der Geschichte spannend?


Ist das richtig?

1.Seebühl ist ein See. Bühlsee ist ein Dorf.

2.Seebühl liegt im Gebirge. Seebühl ist ein Gebirgsdorf. Es liegt an einem See. Der See heißt Bühlsee.

3.Niemand kennt das Ferienheim in Seebühl, denn der Autor hat die Namen Seebühl und Bühlsee selbst erfunden.

4.Luise kommt aus Österreich, aus Wien.

5.Lotte kommt aus Süddeutschland, aus München.

6. Luise und Lotte haben sich nie im Leben gesehen.

7.Luise freut sich Lotte zu sehen.

8.Luise ist böse, weil ein fremdes Mädchen ihr zum Verwechseln ähnlich ist.

9.Alle im Ferienheim sind erstaunt, dass zwei wildfremde Mädchen so ähnlich sind.

10.Das erste Kapitel hat das Happy-end.


Nacherzählung mit Hilfe der Fragen:

1.Wo spielt die Handlung im ersten Kapitel?

2.Wer sind die Hauptpersonen?

3.Was erfährt der Leser von Luise und Lotte im ersten Kapitel?

4.Wie heißen die Nebenpersonen?

5.Was unternehmen die Leiterin des Ferienheims und die Helferinnen, damit Luise und Lotte Freundinnen werden? 6.Mit welcher Szene endet das erste Kapitel?


Welche Wörter beziehen sich auf Lelche und welche auf Luise:

lockig, ernst, wild, ruhig, still, wütend, Zöpfe,

Haushalt, folgsam, böse, Locken, schüchtern, Zopfmädchen, kochen, Fratz, Hausmütterchen, den Tisch decken, höflich, temperamentvoll, brav, Wien, Süddeutschland, München, Österreich; Mutter, die viel arbeitet


Wie heißen deutsche Synonyme für die Wörter:

удивлённый, испуганный, сердитый, послушный, тихий:

erstaunt, still, böse, verwundert, wütend, brav, erschrocken, folgsam, ruhig, angstvoll

Zweites Kapitel

Die beiden Mädchen wagten einander nicht anzusehen29, als sie am nächsten Morgen aufwachten, als sie dann in ihren weißen langen Nachthemden in den Waschsaal liefen, als sie sich, Schrank an Schrank, anzogen, als sie Stuhl an Stuhl beim Milchfrühstück saßen, und auch nicht, als sie nebeneinander, Lieder singend, am See entlangliefen und später mit den Helferinnen Reigen tanzten und Blumenkränze flochten. Ein einziges Mal kreuzten sich ihre raschen Blicke, doch dann waren sie auch schon wieder erschrocken voneinander weggeglitten30.

Luise spielt mit ihren Freundinnen Ball, aber sie ist nicht recht bei der Sache. Oft schaut sie sich um, als suche sie jemanden und könne ihn nicht finden.

Trude fragt: Wann beißt du denn nun endlich der Neuen die Nase ab, hm?

Sei nicht so blöd!, sagt Luise.

Christine blickt sie überrascht an. Nanu! Ich denk, du hast eine Wut auf sie31?

Trude fragt: Wann beißt du denn nun endlich der Neuen die Nase ab, hm?

Sei nicht so blöd!, sagt Luise.

Christine blickt sie überrascht an. Nanu! Ich denk, du hast eine Wut auf sie31?

Ich kann doch nicht jedem, auf den ich eine Wut habe, die Nase abbeißen, erklärt Luise kühl. Und sie setzt hinzu: Außerdem hab ich gar keine Wut auf sie.

Aber gestern hattest du doch welche!, sagt Steffie.

Und was für eine Wut!, ergänzt Monika. Bei Abendbrot hast du unterm Tisch auf ihren Fuß getreten, dass sie beinahe gebrüllt hätte!32

Na also, stellt Trude fest.

Wenn ihr nicht gleich aufhört, ruft Luise zornig, kriegt ihr was! Damit wendet sie sich um und läuft weg.

Die weiß nicht, was sie will, meint Christine und zuckt die Achseln.

Lotte sitzt, ein Blumenkränzchen auf den Zöpfen, allein in der Wiese und ist damit beschäftigt, einen Kranz zu winden. Da fällt ein Schatten über ihre Schürze. Sie blickt auf.

Luise steht vor ihr und tritt verlegen von einem Bein aufs andere. Lotte wagt ein schmales Lächeln. Luise lächelt erleichtert zurück.

Lotte hält den Kranz, den sie eben gewunden hat, und fragt schüchtern: Willst du ihn?

Luise lässt sich auf die Knie nieder und sagt leidenschaftlich: Ja, aber nur, wenn du ihn mir aufsetzt!

Lotte drückt ihr den Kranz in die Locken.

Dann nickt sie und fügt hinzu: Schön!

Nun sitzen also die beiden ähnlichen Mädchen nebeneinander auf der Wiese, sind mutterseelenallein, schweigen und lächeln sich vorsichtig an.

Dann atmet Luise schwer und fragt: Bist du mir noch böse? Lotte schüttelt den Kopf.

Luise blickt zu Boden und sagt: Es kam so plötzlich! Der Autobus! Und dann du! So ein Schreck!

Lotte nickt. So ein Schreck, wiederholt sie. Luise beugt sich vor. Eigentlich ist es furchtbar lustig, nein?

Lotte blickt ihr erstaunt in die blitzenden Augen. Lustig? Dann fragt sie leise: Hast du Geschwister? Nein! Ich auch nicht, sagt Lotte.



Beide haben sich in den Waschsaal geschlichen und stehen vor einem großen Spiegel. Lotte ist voll Feuereifer33 dabei, Luises Locken mit Kamm und Bürste zu kämmen.

Luise schreit Au! und Oh!. Willst du wohl ruhig sein?, schimpft Lotte, gespielt streng.

Wenn dir deine Mutti Zöpfe flicht, schreist du nicht!

Ich habe doch gar keine Mutti!, murrt Luise. Deswegen, au!, deswegen bin ich ja auch so ein lautes Kind, sagt mein Vater!

Zieht er dir denn nie die Hosen straff?34, fragt Lotte, während sie mit dem Zopfflechten beginnt.

Ach wo! Dazu hat er mich viel zu lieb!

Das hat doch damit nichts zu tun!, bemerkt Lotte.

Und außerdem hat er den Kopf voll.

Es genügt doch, dass er eine Hand frei hat! Sie lachen.

Dann sind Luises Zöpfe fertig, und nun schauen die Kinder mit brennenden Augen in den Spiegel. Die Gesichter strahlen wie Christbäume. Zwei völlig gleiche Mädchen blicken in den Spiegel hinein! Zwei völlig gleiche Mädchen blicken aus dem Spiegel heraus!

Wie Schwestern!, flüstert Lotte begeistert.

Der Mittagsgong ertönt.

Das wird ein Spaß!, ruft Luise. Komm! Sie rennen aus dem Waschsaal. Und halten sich an den Händen.

Die anderen Kinder sitzen längst. Nur Luises und Lottes Plätze sind noch leer.

Da öffnet sich die Tür und Lotte erscheint. Sie setzt sich auf Luises Stuhl.

Du!, warnt Monika. Das ist Luises Platz! Denk an deinen Fuß!

Das Mädchen zuckt nur die Achseln und beginnt zu essen. Die Tür öffnet sich wieder, und ja, zum Donnerwetter! Lotte kommt leibhaftig noch einmal herein! Sie geht, ohne eine Miene zu verziehen, auf den letzten leeren Platz zu und setzt sich.

Die anderen Mädchen am Tisch sperren Mund und Nase auf. Jetzt schauen auch die Kinder von den Nebentischen herüber. Sie stehen auf und umdrängen die beiden Lotten.

Die Spannung löst sich erst, als die zwei zu lachen anfangen. Es dauert keine Minute, da hallt der Saal von vielstimmigem Kindergelächter wider.

Frau Muthesius runzelt die Stirn.

Was ist denn das für ein Radau? Sie steht auf und schreitet, mit strafenden Blicken, in den tollen Jubel hinein. Als sie aber die zwei Zopfmädchen entdeckt, schmilzt ihr Zorn wie Schnee in der Sonne dahin. Belustigt fragt sie:

Also, welche von euch ist nun Luise Palfy und welche Lotte Körner?

Das verraten wir nicht!, sagt die eine Lotte zwinkernd und wieder erklingt helles Gelächter.

Ja um alles in der Welt!, ruft Frau Muthesius in komischer Verzweiflung. Was sollen wir denn nun machen?

Vielleicht, schlägt die zweite Lotte vergnügt vor, vielleicht kriegt es doch jemand heraus?

Steffie fuchtelt mit der Hand durch die Luft. Wie ein Mädchen, das dringend ein Gedicht aufsagen möchte.

Ich weiß etwas!, ruft sie. Trude geht doch mit Luise in dieselbe Klasse! Trude muss raten!

Trude blickt musternd von der einen Lotte zur anderen und schüttelt ratlos den Kopf. Dann aber huscht ein spitzbübisches Lächeln35 über ihr Gesicht. Sie zieht die ihr näher stehende Lotte tüchtig am Zopf und im nächsten Augenblick klatscht eine Ohrfeige!

Trude ruft begeistert: Das war Luise! Die allgemeine Heiterkeit erreicht ihren Höhepunkt.



Luise und Lotte haben die Erlaubnis erhalten, in den Ort zu gehen. Die doppelte Lotte soll unbedingt im Bild festgehalten werden36. Um Fotos nach Hause zu schicken! Da wird man sich wundern!

Der Fotograf, ein gewisser Herr Eipeldauer, hat nach der ersten Verblüffung, ganze Arbeit geleistet. Sechs verschiedene Aufnahmen hat er gemacht. In zehn Tagen sollen die Fotos fertig sein.



Zu seiner Frau meint er, als die Mädchen fort sind:

Weißt du was, am Ende schick ich ein paar Fotos an eine Illustrierte oder ein Magazin! Zeitschriften interessieren sich manchmal für so was!

Draußen löst Luise ihre dummen Zöpfe wieder auf. Und als sie ihre Locken wieder schütteln kann, kehrt auch ihr Temperament zurück. Sie lädt Lotte zu einem Glas Limonade. Lotte sträubt sich. Luise sagt energisch: Komm! Mein Vater hat vorgestern frisches Taschengeld geschickt. Auf gehts!37

Sie setzen sich in den Garten, trinken Limonade und plaudern. Es gibt ja so viel erzählen, zu fragen und zu beantworten, wenn zwei kleine Mädchen erst einmal Freundinnen geworden sind!

Die Hühner laufen pickend und gackernd zwischen den Gasthaustischen hin und her. Ein alter Jagdhund beschnuppert die beiden Gäste und ist mit ihrer Anwesenheit einverstanden.

Ist dein Vater schon lange tot?, fragt Luise.

Ich weiß es nicht, sagt Lotte. Mutti spricht nie von ihm und fragen möchte ich nicht gern.

Luise nickt, Ich kann mich an meine Mutti gar nicht erinnern. Früher stand auf Vaters Flügel ein großes Bild von ihr. Einmal kam er dazu, wie ich es mir ansah. Und am nächsten Tag war es fort. Er hat es wahrscheinlich im Schreibtisch eingeschlossen.

Die Hühner gackern. Der Jagdhund döst. Ein kleines Mädchen, das keinen Vater, und ein kleines Mädchen, das keine Mutter mehr hat, trinken Limonade.

Du bist doch auch neun Jahre alt?, fragt Luise.

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