Mattes Blut - Amy Blankenship



Table of Contents

  Kapitel 1

  Kapitel 2

  Kapitel 3

  Kapitel 4

  Kapitel 5

  Kapitel 6

  Kapitel 7

  Kapitel 8

  Kapitel 9

  Kapitel 10

  Kapitel 11

  Kapitel 12

  Kapitel 13

  Kapitel 14

  Kapitel 15

  Kapitel 16

Mattes Blut

Blutsbündnis-Serie Buch 10

Amy Blankenship, RK Melton

Translated by Martina Hillbrand

Copyright © 2012 Amy Blankenship

Zweite Auflage herausgegeben von Amy Blankenship

Ins Deutsche übersetzt von Martina Hillbrand

Alle Rechte vorbehalten.

Kapitel 1

Vor elf Jahren LA, der Hogo-Schrein.

Tasuki lauschte der Stille des Hauses und langsam trieb sie ihn in den Wahnsinn. Er könnte jetzt auch nicht schlafen, wenn sein Leben daran hängen würde. Er kletterte aus seinem Bett und schaltete das Licht an, sodass er das Bild sehen konnte, das er in den Rahmen des Spiegels seiner Kommode gesteckt hatte. Es war das Bild der Schwester seines besten Freundes, das er genommen hatte, als niemand hingeschaut hatte.

Das Foto war perfekt, hatte festgehalten, wie das Sonnenlicht ihre schönen, smaragdgrünen Augen beleuchtete. An dem Tag, wo es aufgenommen worden war, musste es windig gewesen sein, denn es schien, als würde ihr Haar sich wie ein Rahmen um ihr süßes Gesicht ausbreiten.

Er hatte sich nie eine Freundin gewünscht, aber das kleine Mädchen, das ihn aus dem Foto ansah, war das Einzige, woran er im Moment denken konnte. Während er die Hand nach dem Bild ausstreckte, hielt er plötzlich inne, als er etwas Weißes im Hintergrund seines Spiegelbildes sah, das sich bewegte. Er drehte sich um und ging zum Fenster, um zum Haus der Nachbarn hinüberzusehen.

Er runzelte die Stirn, als er Kyoko erkannte, die ein weißes Nachthemd trug und auf ihrem Balkon stand. Was machte sie um diese Uhrzeit draußen? Tasuki öffnete vorsichtig das Fenster, wobei er hoffte, dass es nicht quietschen und seinen Vater aufwecken würde. Er stöhnte, als es auf halbem Wege stecken blieb, und er es mit Gewalt nach oben schieben musste, sodass es sich schließlich mit einem lauten Knall ganz öffnete.

Kyoko trat hinaus auf den kleinen Holzbalkon, der an ihr Schlafzimmer im oberen Stock grenzte. Die kühle Nachtluft fühlte sich angenehm an, als sie mit dem unteren Rand ihres knielangen Nachthemds spielte, und ihr nussbraunes Haar aus ihrem Gesicht blies. Smaragdgrüne Augen starrten hoch in den Sternenhimmel und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das nur ein glückliches Mädchen zustande brachte.

Es war schon fast Mitternacht, aber sie konnte nicht schlafen. Sie war zu aufgeregt. Es war fast ihr Geburtstag und dann würde sie zehn Jahre alt sein. All ihre Freunde aus der Schule würden zu ihrer Party kommen, sogar einige Freunde ihres Bruders Tama. Tama war ein Jahr jünger als sie, aber schon so viel größer. Doch sie war nicht eifersüchtig, sie liebte ihren Bruder über alles.

Tama hatte sie letztens verteidigt, als sie auf dem Heimweg von der Schule gewesen waren. Einige der Jungen aus der Schule hatten begonnen, sich über sie lustig zu machen, weil sie behaupteten, dass sie von einem verrückten alten Mann erzogen wurde, der jedem erzählte, dass es Dämonen wirklich gab. Einer der Jungen war sogar so weit gegangen, dass er behauptet hatte, dass er gehört hatte, wie sein Vater seiner Mutter erzählt hatte, dass die Leute aus dem Irrenhaus ihren Großvater mit einer Zwangsjacke holen kommen würden.

Kyoko hatte ihre Schultasche zu Boden geworfen und war auf den Jungen losgegangen, der solche Lügen erzählte. Er war ein böser Junge, dieser Yohji!

Die gemeinen Kinder hatten keine Chance gehabt, als Tama und Tasuki plötzlich aufgetaucht waren. Tasuki hatte sie von dem anderen Jungen weggezogen und sich zwischen sie und ihren Gegner gestellt, während Tama einen dicken Ast vom Boden aufgehoben und ihn wie einen Baseballschläger gehalten hatte.

Yohji hatte nur gelacht, wollte vor seinen Freunden gut aussehen und hatte Tama beschuldigt, dass er ebenso verrückt wäre, wie seine Schwester. Tama hatte ihm mit dem Ast auf den Arm geschlagen, sodass Yohji sich den Ellbogen hielt und vor Schmerz auf die Knie sank.

Als Yohjis großer Bruder ankam, um es Tama zurückzuzahlen, zögerte Tasuki keine Sekunde und schleuderte den größeren Jungen rückwärts gegen dessen Bruder. Kyoko hatte gedacht, dass der Kampf vorbei war, und war froh gewesen... aber Tama war noch nicht zufrieden.

Ihr Bruder hatte sich zu Tasuki umgedreht und geschrien: Ich bin ihr Beschützer ich! Nicht du!

Kyoko kicherte über die Erinnerung an den wütenden Ausdruck auf Tasukis Gesicht. Es war dieser Ausdruck gewesen, der den bösen Jungs erst richtig Angst gemacht hatte. Sie hatte einschreiten müssen, um den Streit zwischen ihrem Bruder und Tasuki zu schlichten, ehe es alles vorbei war. Sie waren doch beste Freunde, um Himmels Willen, und es war einfach falsch, anzusehen, wie sie stritten.

Schlussendlich hatten sie sich beide darauf geeinigt, dass sie beide sie beschützen würden. Sie nannten sich jetzt ihre Beschützer sie hatten sogar ein Blutsbündnis darüber geschlossen. Zumindest hatte Tama ihr das erzählt.

Schon alleine der Gedanke, dass sie von Beschützern umgeben war, gab Kyoko ein so angenehmes Gefühl, dass sie meinte, dass ihr nie etwas zustoßen könnte. Nachdem Tasuki im Haus nebenan wohnte, konnten sie immer gemeinsam zur Schule und nach Hause gehen, und die anderen Kinder würden sie in Ruhe lassen.

Ihr Lächeln wurde sogar noch glücklicher, als sie die alte Standuhr unten zwölf schlagen hörte. Es war Mitternacht vorbei, damit war sie jetzt offiziell zehn Jahre alt.

Sie schielte hinüber zu Tasukis Haus und ihr Gesicht erhellte sich, als sie sah, wie er an seinem Fenster stand, und sie beobachtete. Sie wollte gerade winken, aber plötzlich drehte er sich um und das Licht in seinem Zimmer ging aus, gleich nachdem er hinter dem Vorhang verschwunden war.

Kyoko biss sich auf ihre Unterlippe und fragte sich, ob sein Vater ihn dabei ertappt hatte, dass er so spät noch auf war. Sie verstand nicht, wieso Tasukis Eltern ihm überhaupt vorschrieben, wann er im Bett sein musste. Er war zwölf Jahre alt und in ihren Augen war er damit ein großer Junge. Wenn sie groß waren, würden sie heiraten das hatte er ihr gerade heute noch gesagt.

Sie blickte hinaus auf den Teich, der hinter dem Schreinhaus ihres Großvaters angelegt war, und seufzte leise, als sie das Spiegelbild des Mondes in dem stillen Wasser sah. Kyoko legte ihren Kopf ein wenig zur Seite, als etwas von dem Schreinhaus ihre Aufmerksamkeit erregte und sie fragte sich, ob ihr Großvater noch innerhalb der Holzwände war. Sie hätte schwören können, dass er schon im Bett lag.

Mit einem angestrengten Blick auf das kleine Häuschen konnte sie ein blaues Leuchten in dessen Inneren erkennen. Sie kaute auf ihrer Unterlippe, als sie sich über das Geländer lehnte, um besser sehen zu können. Das Licht, das durch die Spalten in dem Holz schien, war wie schwarzes Licht, aber blauer. Ihre smaragdgrünen Augen wurden schmal, als sie dachte, dass sie einen Schatten sah, der sich vor dem Licht bewegte, sodass sie hinuntergehen wollte, um nachzusehen.

Kyoko verzog das Gesicht und blies sich ihre Stirnfransen aus den Augen, als sie sich daran erinnerte, was das letzte Mal geschehen war, als sie dem heiligen Schreinhaus zu nahe gekommen war. Ihr Großvater war hineingegangen, und hatte die Tür einen kleinen Spalt breit offengelassen. Alles, was sie getan hatte, war, hineinzuspähen und er war völlig ausgerastet.

Ich verstehe nicht, wo das Problem ist es ist doch nur eine Statue einer Prinzessin, flüsterte Kyoko noch einmal dieselben Worte, wie an jenem Tag.

Großvater hatte daraufhin die Tür zugeschlagen und sie versperrt. Er hatte so besorgt ausgesehen, als er sich umgedreht und ihr gesagt hatte, dass sie nie, niemals dort hineingehen durfte. Sie hatte es ihm sofort versprochen, denn wenn etwas ihrem Großvater solche Angst machte wollte sie nichts damit zu tun haben. Doch das war vor ein paar Monaten gewesen und ihre Neugier nagte schwer an ihr.

Mit einem verschmitzten Lächeln schaute Kyoko über ihre Schulter in ihr Schlafzimmer, um sicherzugehen, dass die Luft rein war, ehe sie auf das Geländer kletterte und ihre Füße auf der anderen Seite hinunterhängen ließ. Wenn irgendjemand wach gewesen wäre und dies gesehen hätte, hätte sie große Probleme bekommen. Aber so zu sitzen war es allemal wert, eine Standpauke zu bekommen. Nachdem alles andere hinter ihr war, wo sie es nicht sehen konnte, hatte sie fast das Gefühl, durch die Nacht zu schweben, während sie auf das Wasser blickte.

Ihre Aufmerksamkeit kehrte wieder zurück zum Schreinhaus, als das blaue Licht plötzlich viel heller wurde, als würde ein Stern geboren werden. Mit einem blendenden Blitz explodierte es plötzlich. Die Tür des Schreinhauses wurde aus ihren Angeln gerissen und landete mit einem dumpfen Knall, der von einem lauten Platschen gefolgt wurde.

Ein Platschen?, dachte Kyoko.

Sie riss ihren Kopf wieder herum und schaute auf das glitzernde Wasser des Teiches, wo nun kreisförmige Wellen zu sehen waren, die sich von dem Punkt ausdehnten, wo etwas gerade hineingefallen war. Ohne an die gefährliche Höhe ihres Balkons zu denken, drehte sie sich um und ließ sich von den Händen von der Unterkante des Geländers hängen, ehe sie sich fallen ließ.

Kaum, dass ihre kleinen Füße im Gras landeten, lief sie los, aus Angst, dass ihr Großvater irgendwie ins Wasser geschleudert worden war. Von der kleinen Brücke aus sprang Kyoko ins Wasser, in die Richtung, von wo aus sich die Wellen kreisförmig ausbreiteten. Sie nahm sich nicht die Zeit, über das eisige Stechen des kalten Wassers nachzudenken, als sie mit kräftigen Stößen zum tiefsten Punkt des Teichs tauchte.

Sie wusste, dass es zu dunkel sein würde, um etwas zu sehen, aber trotzdem öffnete sie ihre Augen in dem trüben Wasser. Ihr Großvater war hier irgendwo und sie musste ihm helfen. Ihre Lippen öffneten sich überrascht, als sie doch etwas im Wasser sah etwas, das so hell war, dass es fast blendete. Genau da, in der Mitte des Lichts war ein Engel und er sank langsam zum Grund des Teichs.

Sie konnte fühlen, wie das eiskalte Wasser in ihre Lungen schoss, als sie verzweifelt nach der leuchtenden Hand griff. Er war wunderschön und sah aus, als würde er schlafen. Flügel er hatte silberne Flügel. Nachdem sie seine Hand fest gepackt hatte, zog sie so fest sie konnte, aber dadurch kam sie ihm nur näher. Sie versuchte, ihm etwas zuzurufen, aber dadurch gelangte nur noch mehr Wasser in ihre Lungen. Es tat nicht weh, aber ihr war kalt und sie war so müde.

Kyoko fühlte, wie sich seine Finger um ihre Hand schlossen, und ihr letzter Gedanke war, dass ein Engel gekommen war, um sie in den Himmel zu bringen, damit sie wieder bei ihrer Mami und ihrem Papi sein konnte.

Toya kam ruckartig wieder zu Bewusstsein und öffnete seine Augen. Wasser? Wieso war er im Wasser? Er fühlte, wie jemand seine Hand berührte, und wandte seinen Kopf herum, um ein kleines Mädchen bei ihm im Wasser zu sehen. Ihr Haar, das an der Oberfläche trieb, umrahmte das hübscheste Gesicht, aber ihre Augen waren geschlossen, und ihre herzförmigen Lippen leicht geöffnet.

Als ihm klar wurde, was das bedeutete, zog Toya sie in seine Arme und schoss so schnell aus dem Wasser heraus, dass er riesige Wellen schlug.

Als er auf das kleine Bündel in seinen Armen hinuntersah, setzte sein Atem aus sie war wunderschön und sah so zerbrechlich aus. Er streckte seine Flügel nach oben und sank hinunter auf das weiche Gras, wo er sie vorsichtig hinlegte. Toya legte seine Hand auf ihr Herz und betete, dass er es schlagen fühlen könnte.

Seine goldenen Augen wurden groß, und sein eigenes Herz begann zu rasen, als er fühlte, wie seine Beschützermacht sich in seiner Handfläche sammelte. Heiße Tränen traten in seine Augen, sodass das Bild vor ihm verschwamm. Seine Augen verfärbten sich leicht silbern, als er fühlte, wie seine Beschützermacht nach ihr griff.

Kyoko? Toya konnte fühlen, wie sich ihre Macht mit der seinen vermischte, sich zwischen seiner Hand und ihrem Herzen sammelte, und er wusste, dass er recht hatte. Er hatte sie endlich wiedergefunden, aber in dieser Welt war sie erst ein Kind. Er hob seinen Blick zum Himmel und flehte: Du hast mich doch nicht grundlos hierher gebracht oder? Bitte sag, dass ich nicht nur gekommen bin, um wieder zuzusehen, wie sie stirbt. Ich kann es nicht ich werde es nicht tun.

Als nichts geschah, drückte Toya sie fest an sich und das Echo seines verzweifelten Winselns war zu hören, als sie reglos blieb. Er drückte sein Gesicht in ihren Hals und schmiegte seine Brust an ihre, wollte, dass ihr Herz das seine schlagen fühlte.

Verdammt, Kyoko, ich bin hier fühle mich. Toyas Nerven zerbröckelten mit jeder Sekunde mehr, bis er schließlich nicht mehr konnte und schrie: Bittelass mich sie diesmal retten!

Instinktiv wandte er sein tränenverschmiertes Gesicht dem kleinen Häuschen zu, das ein paar Meter entfernt stand. Dort gleich hinter der Tür war die Jungfernstatue. Als er den leuchtenden Blick des Herzens der Zeit sah, fühlte Toya, wie seine Wut ihn übermannte und er setzte alles auf eine Karte.

Es ist mir egal, wenn die Dämonen kommen, und du kannst deinen verdammten Kristall haben. Es ist mir alles egal ich will nur sie! Ich liebe sie. Ich habe sie schon immer geliebt. Wage es nicht, sie mir wieder wegzunehmen!

Die leuchtenden Augen der Statue schienen ihn einen Moment lang nachdenklich zu betrachten, dann leuchteten sie heller. Ohne ein Wort wusste Toya, was das Herz der Zeit von ihm wollte. Er fühlte sich völlig ruhig, sein Ärger wie weggeblasen, als er seinen Blick von der Statue löste und auf das sterbende Kind in seinen Armen sah.

Wenn ich sie damit rette, flüsterte Toya, war bereit, alles zu opfern, solange sie nur leben durfte. Ihr kleiner Körper begann im gleichen blauen Licht zu leuchten, wie seiner. Indem er seine Lippen auf die ihren presste, schenkte Toya ihr seinen Atem besiegelte ihr Schicksal, gerade als ihr Herz wieder zu schlagen begann.

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