»Sie könnten noch immer die Bow Street Runners1 anheuern, um zu ermitteln.« Er studierte sie, sein Blick wurde weicher.
Etwas an der Art, wie er ihr Gesicht absuchte, wärmte sie tief im Inneren. »Das ist keine Option. Ich muss gehen, my Lord.« Sie sank in einen Knicks.
Er erfasste ihren Ellbogen und zog sie auf die Füße. »Bitte sagen Sie, warum ist es keine Option einen Bow Street Runner anzuheuern?« Rose konnte die kleinen Schmetterlinge, die bei seiner Berührung in ihrem Bauch abhoben, nicht ignorieren.
Sie spähte hoch in seinen himmelblauen Blick und nagte an ihrer Lippe. Wie sollte sie gegenüber ihm zugeben, dass sie anzuheuern über ihren finanziellen Mitteln lag? Ohne einen Beweis konnten sie nicht einfach das Fehlverhalten wiedergutmachen. Vielleicht könnte Wolfe verhaftet werden. Nein. Für eine Untersuchung würde sie Münzen herüberreichen müssen, und eine Menge davon. Sie hatte kein zusätzliches Geld. Ganz gleich wie sie versuchte darüber nachzudenken, wie sie ihm antworten sollte, sie konnte einfach nichts erwidern. Sie stand verstummt da, blickte ihn an.
»Beabsichtigen Sie mich zu ignorieren?« Frustration überzog Lord Aubrys Worte. Er löste seinen Griff um sie.
Rose blickte zu ihm hoch. Könnte er helfen? Sie wollte fragen, aber unternahm keinen Versuch zu sprechen.
»Wenn Sie mir sagen, was das Thema ist, wäre ich möglicherweise in der Lage auszuhelfen.« Seine Augen waren mit ihren verschränkt. Seine Stimme war sanft. Eine merkwürdige Empfindung entfaltete sich in ihrer Bauchgegend.
Rose wandte ihren Blick ab, nicht völlig sicher, ob sie wünschte ihre Kämpfe mit ihm zu teilen.
»Wie Sie wünschen, sagte er. »Behalten Sie für jetzt ihre Geheimnisse für sich, wenn Sie es müssen.«
»Ich kann mir zu dieser Zeit keine Untersuchung leisten und ich wünsche Eure Hilfe nicht.« Ihre Wangen flammten bei dem Zugeständnis auf. »Ich könnte Euch das unmöglich aufbürden.« Ihr Inneres fühlte sich so seltsam an. Warum beeinflusste er sie so?
»Es gibt keine Zumutung. Tatsächlich bestehe ich darauf.« Er streckte grinsend seinen Arm aus. Sein Tagesmantel schmiegte sich an seine Brust, entblößte einen muskulösen Körperbau.
»Das ist äußerst großzügig, aber ich kann es nicht erlauben.« Rose erzwang ein Lächeln.
Mitleid flackerte in seinen Augen, während er ihren Blick hielt,
Wie erniedrigend. Eine Schamesröte breitete sich von ihrer Brust zu ihrem Hals aus. Das Letzte, was sie wollte, war seine Almosenempfängerin zu sein.
»Erlauben Sie mir zumindest Sie nach Hause zu bringen«, bot er an.
Sie ließ ein Lächeln aufblitzen und drehte sich in der Absicht zu gehen um. »Ich kann mich selbst nach Hause bringen. Ich danke Euch.«
Er nahm ihren Ellbogen und drehte sie, so dass sie ihn anblickte. »Unsinn. Es gibt keinen Grund, dass Sie eine Droschke mieten, wenn ich genau hier eine völlig ausreichende Kutsche habe.« Er gestikulierte in Richtung derselben eindrucksvollen Kutsche, die Lady Julia am vorigen Tag an ihre Tür gebracht hatte.
Rose nagte in Gedanken an ihrer Unterlippe. Das Paar teilte sich denselben Nachnamen, aber wie waren sie verwandt? Könnten sie möglicherweise Geschwister oder Cousins sein? Wie dem auch sei, Lady Julia hatte ihn gern. Vielleicht waren nicht alle Lords so abscheulich, wie es Annies Graf gewesen war. Sicherlich würde es keinen Schaden anrichten ihm einfach zu erlauben sie nach Hause zu fahren. »Sehr wohl«, seufzte sie.
Ein Kitzel des Sehnens ging durch sie, als sie ihre Hand unter seinen Oberarm schlang. Sie war sich sicher, dass die Reaktion nichts mit ihrer momentanen Zwangslage zu tun hatte. Hör auf du Einfaltspinsel, er ist ein Lord. Lords umwerben Fräulein ohne Titel nicht. Vielleicht würde sie ihn aus ihrem Kopf bekommen, wenn sie sich das oft genug sagte.
Lord Aubry winkte seinem Fahrer ab. Stattdessen öffnete er die Tür zu seiner Kutsche und zog eine winzige Stufe herunter, damit sie diese benutzen konnte. Er hielt sie fest und half ihr hoch in den schwarz lackierten Landauer, dessen Tür sein Wappen schmückte. Ihr Rock raschelte, als sie sich auf den dick gepolsterten Ledersitz setzte. Sie war noch nie in einem solch feinen Gefährt gewesen.
Das schiefe Grinsen, das er ihr zeigte, brachte ihr Herz zum Flattern. Sie lächelte zurück, bevor sie ihren Blick abwandte. Es ginge nicht an, dass er sah, wie tief er sie traf. Außerdem wurde ihr Denken benebelt, während sie ihn anschaute. Sie musste sich auf das Problem mit Mr. Wolfe konzentrieren. Es musste einen Weg geben ihn aufzuhalten, ohne sie ins Armenhaus zu schicken. Das musste es einfach.
KAPITEL 2
Dewitt Wolfe schritt in seinem Büro auf und ab, hielt noch immer die Einladung des schicken Lords in seiner Hand. Woher war dieser verfluchte Mann gekommen? Noch wichtiger, warum bestand er darauf einzugreifen? Er hatte die Anwesenheit des Grafen als bloßen Kniff angesehen, als dieser bei Rose eingeschritten war. Jetzt erkannte Dewitt, dass der Lord ein größeres Problem darstellen könnte. Er hatte ihn überrumpelt, als er ihn aus dem Zuhause seiner Verlobten befohlen hatte. Jetzt winkte er ihn herbei, um ein Treffen in Anspruch zu nehmen. Warum?
Verdammter Mist. Was konnte ein schicker Lord mit seiner titellosen, mittellosen Blume wollen? Der Graf würde Dewitt nicht noch einmal einschüchtern. Er schwor sich selbst einen Eid und er hatte vor diesen Schwur zu ehren. Status machte für ihn wenig Unterschied. Rose wurde mit ihm verlobt, als sie Kinder waren. Sein Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken.
Der Verlöbnisvertrag war zusammen mit seinem Elternhaus verbrannt. Alles ist in Flammen aufgegangen, seine Eltern miteingeschlossen. Dem Feuer nachfolgend sind die Gläubiger gekommen, haben alles Übrige von Wert mitgenommen, sogar die Pferde der Familie wurden konfisziert. Über die Jahre arbeitete Dewitt hart, hielt sein Geld zusammen, log, betrog und tötete sogar, wenn es notwendig war, um sein Leben wiederaufzubauen und sicherzustellen, dass ihm nichts mehr jemals wieder weggenommen wurde.
Als Roses Eltern starben, hat sie praktischerweise ihre Abmachung vergessen eine Tatsache, mit der er nicht gerechnet hatte. Ihre Kopie des Verlöbnisses war ebenfalls verschwunden. Dewitt hatte vor ein paar Monaten ihr Cottage durchsuchen lassen, als sie mit ihrer unerträglichen Großmutter weg war, Verwandte auf dem Land besucht hatte. Es konnte keine Spur des Dokuments gefunden werden. Er hatte gehofft es als ein Mittel zu benutzen, um sie daran zu erinnern, was ihre Eltern gewollt hatten.
Wusste dieser Lord Aubry von ihrem Verlöbnis und ihrem Wunsch dem zu entfliehen? Möglicherweise hatte Rose bei ihm Hilfe ersucht. Er schüttelte seinen Kopf. Ein Lord würde keinem titellosen Fräulein helfen, besonders einer ohne Wohlstand. Außer sie zierte sein Bett.
Dewitts Blut kochte, als ein Bild von Rose, wie sie sich nackt und vor Leidenschaft unter Lord Aubry wand, in seinen Geist sprang. Er schüttelte es ab. Nein, sie war absolut zu anständig, um dazu überlistet zu werden die Mätresse irgendeines Mannes zu werden. Etwas anderes musste vor sich gehen. Was auch immer das sein mochte, er würde es dem Grafen nicht erlauben seine Pläne für sie beide zu behindern. Sie gehörte zu ihm.
Lord Aubrys Einmischung würde nichts ändern. Er würde Rose mit Gewalt heiraten, wenn nötig. Sicherlich würde die Situation nicht dazu kommen. Er besaß das Zuhause, das sie liebte, und ihr Wunsch an diesem Cottage festzuhalten sollte genug sein, um ihre Meinung zu ändern. Er hatte ein kleines Vermögen dafür bezahlt die Grundschuld-Dokumente anzufertigen. Nun, da diese die seinen waren, wäre sie das auch.
Er raffte seine Reithandschuhe zusammen. Lord Aubry wartete auf ihn in einem Gentlemens Club und er würde ihn nicht enttäuschen
Hunter hob sein Glas, nahm einen langsamen Schluck. Die bernsteinfarbene Flüssigkeit brannte einen Pfad seine Kehle herunter. Mr. Wolfe sollte jeden Moment in Erscheinung treten. Der Mann wäre ein Narr sein Ersuchen zu ignorieren. Als er sich im Raum umblickte, bemerkte er, dass das Whites zu dieser frühen Stunde eher leer war. Eine gute Sache, da Hunter sich keine große Zuhörerschaft wünschte.
Er stellte sein Glas ab, als Wolfe durch die Tür hetzte, seinen Hut und seine Reithandschuhe einem Portier zu stieß. Hunter nahm Notiz von dem feinen Tagesmantel und den teuer aussehenden Stiefelhosen, die Wolfe trug. Dieser Mann mochte nicht zum niederen Adel gehören, aber er hatte offensichtlich Geldmittel. Hunters Blick begegnete Wolfes, als ein Kellner ihn zum Tisch führte.
Wolfe setzte sich gegenüber von ihm, wobei eine Hand auf der glatten Oberfläche des Tischs ruhte. Hunter hob eine Augenbraue, nahm Notiz von der defensiven Haltung. »Möchten Sie einen Drink?«
Wolfes Mund verzog sich in ein bedrohliches Grinsen. »Ich würde es bevorzugen direkt zum Punkt zu kommen. Warum habt Ihr mich gerufen?«
Also war der Mann nicht an Höflichkeiten interessiert. Das passte Hunter, da er nicht die Absicht hatte sich mit ihm anzufreunden. Er nahm einen weiteren Schluck, ließ dann die bernsteinfarbene Flüssigkeit methodisch in seinem Glas wirbeln. »Ich möchte Ihnen ein Angebot für Miss Woodcourts Cottage machen.«
»Das Grundstück ist nicht zu verkaufen.«
In der Tat eine seltsame Reaktion. Warum antwortete Wolfe so rasch? Hunter richtete seinen Blick auf den Mann. »Nennen Sie ihren Preis. Ich bin ein sehr wohlhabender Lord. Sicherlich können wir uns einigen.«
»Euer Wohlstand ist von keiner Bedeutung. Wie ich sagte, das Grundstück ist nicht zu verkaufen.«
Wolfes eisiger Tonfall gab ihm zu denken. Es wurde ihm in seiner Magengrube übel. Ein Bild von Miss Woodcourt kam ihm in den Sinn. Sie hatte gestern versucht ihre Besorgnis zu verstecken, aber die Anspannung ihrer Schultern, zusammen mit der Art und Weise, wie sie ihren Blick abwandte, hat sie verraten. Ein ursprüngliches Bedürfnis sie zu beschützen erfüllte ihn. Warum?
»Ich werde Ihnen das Doppelte von dem geben, was das Grundstück wert ist. Weitaus mehr, als was an Grundschuld noch geschuldet wird.« Hunter leerte sein Glas, nahm seinen Blick nicht von Wolfe. Nur ein Verrückter würde ein solch großzügiges Angebot ablehnen, und Wolfe schien zu gerissen, um wahnsinnig zu sein.
Wolfe schob seinen Stuhl zurück und erhob sich auf seine Füße. »Kein Betrag wird die Tatsache ändern, dass ich nicht verkaufe. Guten Tag, my Lord.« Er schritt zur Tür.
Hunter betrachtete die zurückweichende Gestalt des anderen Mannes mit zusammengekniffenen Augen. Er hatte anfänglich gedacht, dass Miss Woodcourt einen Fehler gemacht hatte. Eventuell war es ein Abrechnungsfehler. Er wollte das Grundstück kaufen, so dass er ihr das Cottage zurückgeben könnte. Jetzt hatte er keinen Zweifel, dass Wolfe etwas Schändliches anstrebte. Seit dem Moment, in dem er mitgemischt hatte, fühlte er sich aus Ehre verpflichtet Wolfe aufzuhalten. Er verließ das Whites auf demselben Weg, auf welchem Wolfe gegangen war.
Die Reise zurück zu seinem Stadthaus benötigte keine zehn Minuten. Hunter reichte dem Butler seinen Reitmantel und seine Handschuhe, bevor er ihn anwies nach Lady Julia zu schicken.
Die Erinnerung an Roses Auseinandersetzung mit Wolfe ließ ihn finster dreinblicken. Julias Dienstmädchen begleitete sie normalerweise bei Besorgungen. Er hatte sie aus Jux und Tollerei zu Miss Woodcourt begleitet. Wäre sie in Gefahr gewesen, wenn er nicht dort gewesen wäre? Wolfe wollte offensichtlich mehr als das Cottage. Ein Schauer durchlief ihn bei dem Gedanken. Was wäre wohl mit Miss Woodcourt passiert? Hunter schritt sein Büro der Länge nach ab.
Ein Rascheln von Röcken brachte seine Gedanken zurück zum gegenwärtigen Tag und er drehte sich an der Feuerstelle um. Julia bummelte zu ihm herüber und ließ einen Kuss auf seine Wange sinken. »Lieber Bruder, erzähl mir, warum du nach mir geschickt hast?«
Er trat zurück. Fragen wirbelten in ihren Augen und er grinste, griff nach ihrer behandschuhten Hand. Mit zweiundzwanzig war Julia vier Jahre jünger als er und Hunter war immer um sie herumscharwenzelt.
»Du siehst wie immer entzückend aus, meine liebste Schwester.« Es war ein Kompliment von Herzen. Sie war in einer grünen Seidenrobe mit einem passenden Bonnet gekleidet, das ihm frisches grünes Gras ins Gedächtnis rief. Lange weiße Handschuhe umhüllten ihre Hände und ein zarter Fächer schwang an ihrem Handgelenk. Hunter ließ sie los, nahm sich Zeit, um zu antworten.
»Oh, du bist mir vielleicht einer.« Sie schüttelte ihren Kopf, während sie sich daran zu schaffen machte ihr Bonnet zu entfernen. »Und du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Setzen wir uns doch.« Er bewegte sich zu einer blauen samtenen Chaiselongue.
Julia setzte sich gegenüber von ihm. Sie ließ ihren Fächer aus Spitze und Seide mit einem Schmunzeln aufschnappen. »Erzähl mir, um was es dir geht. Die Spannung bringt mich förmlich um.«
»Wie du wünschst. Ich möchte gerne das Datum deines nächsten Termins mit Miss Woodcourt wissen.« Er hatte in Betracht gezogen vorzuschlagen, dass Miss Woodcourt für die Anproben in ihr Stadthaus kommt, aber er wusste, dass Jewels, wie er seine Schwester seit der Kindheit nannte, zu viele Fragen stellen würde. Sie konnte es noch nie ausstehen im Dunkeln gelassen zu werden, aber er wollte seine Verdächtigungen nicht mit ihr teilen. Nicht wenn alles, was er hatte, eine Vermutung war. Er würde seine Schwester keinen Gefahren aussetzen.
Sie richtete ihren Blick auf ihn und ein Mundwinkel zog sich nach oben. »Hast du mich herübergerufen, nur um wegen meiner Kleider nachzufragen? Ehrlich, Hunter, hast du nichts Besseres zu tun?«
»Antworte mir einfach, Jewels.« Er trommelte mit seinen Fingern auf die Armlehne der Chaiselongue.
»Wenn ich das tue, wirst du mir dann erzählen, worum es bei dem Ganzen hier geht?«
Der kleine Kobold bestrebte mit ihm zu handeln. Sie hatte das getan, seitdem er sich erinnern konnte, hatte niemals Informationen abgegeben, ohne zuerst zu versuchen etwas für sich selbst zu erlangen. Manche Dinge änderten sich nie. »Beantworte einfach die Frage.«
»Oh, na schön. Aber sei dir gewiss, dass du überhaupt nicht spaßig bist.« Sie drehte ihren Fächer kreisförmig in der Luft. »Ich habe morgen eine Anprobe.«
»Ich werde dich begleiten«, sagte er in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Auf welche Stunde soll ich die Kutsche bestellen?«
»Später Morgen sollte genügen. Nun, erzähl mir, worum es hier geht.« Sie lehnte sich zu ihm, ihre Augen tanzten vor Heiterkeit. »Bist du hingerissen von Miss Woodcourt, lieber Bruder?«
Er stockte bei dieser absurden Annahme. »Du hast eine lebhafte Vorstellungskraft.« Miss Woodcourt faszinierte ihn, aber er liebäugelte nicht mit ihr. Tat er das? Das konnte er auf keinen Fall. Sogar wenn er für eine Ehefrau auf dem Markt gewesen wäre was er absolut nicht war war sie eine ungeeignete Partie. Wenn und falls er heiratete, musste es eine Frau aus gutem Hause sein.
Julia seufzte. »Gott seis geklagt. Sie ist eine entzückende Frau.«
Er rief sich Miss Woodcourts Bild ins Gedächtnis. Mit ihren feinen Gesichtszügen und ausdrucksvollen grünen Augen konnte man nicht abstreiten, dass sie ein hübsches Ding war. Aber er kannte eine Menge hübscher Mädchen. Attraktive aristokratische Damen passten weitaus besser zu ihm. Nein. Er fühlte mit Miss Woodcourts Notlage und beabsichtigte zu helfen, nicht mehr. Außerdem hatte er eine Pflicht Jewels zu beschützen.