Sie musste einen Weg aus der Obhut ihrer Mutter finden, aber einen alten Lustmolch zu suchen und ihn für sein Geld auszunutzen ginge nicht an. Es würde ihrer Mutter mehr Macht geben und das war das Letzte, was Lady Penelope brauchte. Delilah würde einen anderen Weg finden. Wenn sie in der Lage wäre, würde sie davonlaufen und niemals zurückblicken. In einer perfekten Welt würde sie ihre Schwester mitnehmen, aber Mirabella mochte vielleicht nicht gehen wollen. Sie würde sie fragen und beten, dass sie nicht unter der Fuchtel ihrer Mutter stand. Niemand verdiente es wie eine Fußmatte behandelt zu werden, auf welcher man den ganzen Tag seine Füße abwischte.
Der erste Schritt wäre alles zu lernen, was Freya ihr lehren konnte. Wenn Delilah selbst für sich sorgen konnte, waren die Möglichkeiten grenzenlos. Geldmittel würden immer eine Überlegung sein. Sie würde versuchen knauserig zu sein und zu sparen, wo sie konnte, aber noch wichtiger war es alles vor ihrer habsüchtigen Mutter zu verstecken. Eines Tages wäre sie in der Lage ein neues Leben zu beginnen und sie konnte es nicht erwarten. Sie hoffte, dass es nicht zu lange dauern würde.
Eine Sache war jedoch sicher: Sie würde lieber eine alte Jungfer sein, bevor sie einen Mann der Wahl ihrer Mutter heiratete. Es würde schwer werden durch den anstehenden Gesellschaftssommer zu kommen. Es gab einen sicheren Weg, um jeden geeigneten Gentleman abzuschreckensich zu verhalten, wie es ihre Mutter im Privaten tat, und sie alle würden verschreckt davonrennen. In der Öffentlichkeit war ihre Mutter so charmant und höflich, wie es eine Person nur sein konnte. Diese Fassade hatte zwei Männer in eine Ehe missleitet, die beide wahrscheinlich bereuten, als sie starben. Delilah würde niemanden übertölpeln und niemals den Narren spielen.
Sie straffte ihre Schultern und betrat die Küche. »Ich bin bereit«, sagte sie zu Freya. »Lehren Sie mich alles.«
Freya lächelte und reichte ihr eine Schüssel. Dann begann sie Anweisungen zum Brotmachen zu bellen. Nicht lange danach knetete sie einen Teig und ließ ihn gehen. Delilah blies ihr Haar aus ihrem Gesicht und starrte auf ihre Arbeit herunter. Jeder Zentimeter von ihr war mit Mehl bedeckt und sie hat noch nie in ihrem Leben so unordentlich ausgesehen, aber sie fühlte sich großartig. Ihr Plan würde funktionieren. Delilah lächelte vor sich hin. Ihre Mutter mochte es noch nicht erkannt haben, aber sie hatte ihre schlimmste Widersacherin erschaffen und würde bald das Ausmaß ihrer Unbarmherzigkeit erfahren.
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KAPITEL EINS
Zehn Jahre später
Schmerz schrie durch seinen Kopf und Bilder, die Marrok vergessen wollte, verblieben. Egal was er tat, er konnte sie nicht abschütteln. Wenn er seine Augen schloss, wurden sie lebhafter, aber es war egal. Sobald er sie öffnete, tanzten sie noch immer vor ihm. Sie waren eher geisterhafte Erscheinungen im Gegensatz zu jenen, welche er durchlebt hatte. Er erlebte sie weiterhin im Geiste noch einmal, bei jedem Atemzug, den er nahm.
Er hatte seinen Vater umgebracht
Ja, der alte Bastard hatte ihm keine Wahl gelassen, aber Marrok hatte eine Hand bei seinem Ableben im Spiel. Sein Vater hätte ihn erschossen und hätte wahrscheinlich nicht ein Gramm Schuld verspürt. Jetzt, im Nachhinein, musste Marrok mit seinem Verschulden für die Rolle, die er gespielt hatte, ringen. Er konnte nicht anders als zu denken, dass er etwas anders hätte machen können, irgendetwas, und wenn er das hätte, wäre sein Vater noch immer am Leben.
Marrok litt nicht unter irgendeiner Form der Desillusionierung. Sein Vater war kein guter Mann und sogar wenn er überlebt hätte, hätte er mit jedem Atemzug Gift gespuckt. Der alte Herzog hatte seine Gefühle geheim gehalten. Er hatte beide seiner Kinder verabscheut. Hauptsächlich weil er geglaubt hatte, dass weder Marrok noch seine Schwester, Annalise, tatsächlich sein Blut waren. Marrok wünschte sich an manchen Tagen, dass sie tatsächlich nicht mit ihm verwandt waren. Bedauerlicherweise war der niederträchtige Mann tatsächlich ihr Erzeuger.
Nun, mit dem Tod seines Vaters, hatte Marrok sogar noch mehr zu erledigen. Er war der Duke of Wolfton und er musste alles Übel seines Vaters entwirren. Er hatte seine Hände in einer Menge verschiedener Töpfe und rührte abscheuliche Taten auf, wann auch immer ihn die Stimmung erfasste. Das Verlangen all diese Verantwortung zu vermeiden war immens. Marrok wollte kein Herzog sein. Er war mit dem Wissen aufgewachsen, dass er eines Tages diesen Titel haben würde; in seiner Vorstellung wäre ihm dieser jedoch für viele, viele Jahre nicht verliehen worden.
Auf manche Arten sollte er Erleichterung verspüren. Mit seinem Vater zu leben war eine entsetzliche Erfahrung gewesen. Nichts, was er getan hatte, war jemals richtig, ganz gleich wie sehr er sich anstrengte. Am Anfang hatte er alles getan, um was sein Vater ihn gebeten hatte. Er hatte seine Anerkennung auf die schlimmstmögliche Weise gewollt. Sein Vater hatte sie ihm jedoch nie gegeben und nach einer Weile hatte er erkannt, dass nichts seinen Vater veranlassen würde ihm diese zu geben. Also hatte er aufgehört es zu versuchen.
Er brauchte einen Drink. In Ordnung, wahrscheinlich nicht. Alkohol beizufügen würde alles schlimmer machen, aber er wusste nicht, was er tun sollte. Sein Leben war ein Durcheinander und er hatte keinerlei Ahnung wie er überhaupt beginnen sollte hindurch zu waten. Möglicherweise brauchte er etwas Distanz. Es mochte Klarheit in seine verworrene Situation bringen.
»Bist du immer noch da drin und brütest?«, fragte ein Mann vom anderen Ende des Raums.
»Wenn du nicht hier bist, um Mitleid mit mir zu haben, kannst du den Weg zurückgehen, den du kamst.« Marrok blitzte Ryan, den Marquess of Cinderbury, an. Ryan hatte kürzlich seine Schwester, Annalise, geheiratet. Obwohl Marrok sich für seine Schwester freute, hatte er keinen Wunsch mit ihr oder Ryan Zeit zu verbringen.
»Du musst einen Weg finden loszulassen«, sagte Ryan nicht zum ersten Mal in den Monaten seit dem Vorfall. Beide, Ryan und Annalise, hatten versucht ihm zu helfen seine Schuld hinter sich zu lassen. Es gab keinen Anlass zu Kummer. Weder Marrok noch seine Schwester vermissten tatsächlich ihren Vater. Er hatte sie niemals gut behandelt. Das bedeutete nicht, dass Marrok wollte, dass er tot war.
»Mir zu sagen, dass ich loslassen soll, lässt es nicht mit einem Fingerschnippen verschwinden.« Obendrein hob er seine Hand und schnipste, um das Argument zu unterstreichen. »Es funktioniert nicht auf diese Weise. Mach dir um mich keine Sorgen. Ich werde klarkommen.«
»Wirst du das?« Ryan hob eine Braue. Er hatte sich näher zu ihm hin bewegt und setzte sich auf den Stuhl neben dem Sofa, auf welchem Marrok herumlag. »Ich denke, es könnte eine gute Idee für dich sein diesen Ort zu verlassen. Es könnte dir helfen etwas Distanz zu haben.«
War sein neuer Schwager ein Gedankenleser? Marrok hatte ebendies vor kurzem bedacht. »Und wohin, schlägst du vor, soll ich gehen?«
»Irgendwo, das nicht hier ist«, legte er dar. »Annalise und ich werden für einen Besuch nach Kent gehen. Meine Cousine Estella ist mit ihrem Ehemann, Viscount Warwick, gegangen, um den Earl of Manchester und seine Frau zu besuchen. Wir sind ebenfalls eingeladen worden. Du kannst mit uns kommen, wenn du willst.«
Er schüttelte vehement seinen Kopf. »Nein«, sagte er rasch. »Ich will niemanden in meiner Nähe haben.«
»Ich verstehe.« Ryan lehnte sich nach vorne. »Aber stimmst du zumindest zu, dass du eine Ruhepause von hier und allem, was der frühere Duke of Wolfton war, nehmen solltest?«
Er schüttelte vehement seinen Kopf. »Nein«, sagte er rasch. »Ich will niemanden in meiner Nähe haben.«
»Ich verstehe.« Ryan lehnte sich nach vorne. »Aber stimmst du zumindest zu, dass du eine Ruhepause von hier und allem, was der frühere Duke of Wolfton war, nehmen solltest?«
Marrok seufzte. »Ja«, stimmte er zu. »Dies ist nicht einmal der Sitz für Wolfton. Vater hat es nur gekauft, um Mutters Verwandte herauszudrängen.«
»Sicherlich wünschst du nicht nach Wolfton Castle zurückzukehren.« Ryan klang entsetzt über diese Idee. Marrok verübelte es ihm nicht. »Das würde den Zweck verfehlen.«
»Ich muss bei Gelegenheit zurückgehen.« Jedoch wollte er es zu diesem bestimmten Zeitpunkt nicht. »Aber du liegst richtig. Es würde mir nicht helfen, das jetzt zu tun. Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll.« Er hasste das Herrenhaus und das herzogliche Schloss. Sie hatten sich immer karg angefühlt. An allemEmotionen, Leben oder dem Gefühl zuhause zu sein. Sein Vater wollte nicht, dass sich irgendjemand fühlte, als ob er bleiben sollte. Also hatten all ihre Residenzen eine unwirtliche Atmosphäre an sich.
»Annalise hatte einen Vorschlag«, begann Ryan. »Aber ich bin nicht sicher, dass du ihn mögen wirst.«
Er drehte seinen Kopf und begegnete Ryans Blick. »Was hatte meine Schwester im Sinn?« Annalise konnte ab und an eine anständige Idee haben. Sie hatte Ryan geheiratet und Marrok mochte ihn ganz gern.
»Dein Vater hat unlängst eine Jagdhütte in Schottland erstanden«, begann Ryan. »Das war eine Woche vor«
»Seinem Tod«, sagte Marrok. »Ich habe ihn umgebracht; du kannst es ruhig sagen.«
»Du hast keinen Vatermord begangen«, erwiderte Ryan scharf. »Du hast deinen Vater daran gehindert dich umzubringen. Es ist nichts falsch daran sich selbst zu schützen.«
»Frage der Auslegung«, entgegnete Marrok. Er würde die Fakten nicht beschönigen. »Wie du gesagt hast «
»Ja«, sagte Ryan. »Ich werde nicht mit dir darüber streiten. Wir haben dies bereits ausführlich diskutiert.« Er seufzte. »Die Jagdhütte wurde, eine Woche dem widerlichen Vorfall vorausgehend, erstanden. Sie ist vor Kurzem in ihrer Bemühung dich beim Durchsortieren des Durcheinanders an Informationen zu unterstützen, während du deine Angelegenheiten ordnest, auf den Papierkram gestoßen. Sie hat keine Ahnung vom Zustand des Anwesens.«
»Also könnte es ein Trümmerhaufen sein.« Marrok klopfte mit seinem Finger auf die Lehne des Sofas. »Klingt beinahe spaßig.« Sein Leben war ein Desaster. Warum nicht einen Ort besuchen, der womöglich in gleicher Unordnung ist?
»Ich glaube, was du als unterhaltend betrachtest und was ich als das betrachte, sind zwei völlig verschiedene Dinge«, sagte Ryan ein wenig süffisant. »Dann bist du interessiert?«
»Bin ich«, sagte Marrok. »Ein Besuch in Schottland könnte sein, was ich brauche.« Er würde auch nicht seine sich einmischende Schwester und Schwager um sich herum haben, um ihn ständig jeden Tag zu belästigen. »Ich lasse den Kammerdiener für mich packen und werde morgen früh beim ersten Licht abreisen.« Er brauchte das Entkommen. »Wo in Schottland ist diese entzückende Jagdhütte überhaupt?««
»Kirtlebridge«, antwortete Ryan. »Ich habe die Details auf deinem Schreibtisch gelassen.« Ryan stand auf und richtete seine Weste. »Ich werde deiner Schwester sagen, dass du beschlossen hast ihren Vorschlag zu nutzen. Ich hoffe es hilft dir. Wir wollen wahrlich, dass es dir gut geht.«
»Ich weiß«, erwiderte Marrok. »Ihr sorgt euch. Es bedeutet mir etwas, aber ich muss das selbst in Ordnung bringen.«
Ryan nickte und ließ ihn allein. Marrok sagte, dass er beim ersten Licht abreisen würde, aber je mehr er darüber nachdachte, desto mehr mochte er die Vorstellung viel früher zu gehen. Er würde seinen eigenen Mantelsack packen und hoch zu Ross abreisen. Er konnte seine eigene Geschwindigkeit festlegen und das Pferd ausruhen lassen, wenn nötig. Wie die Dinge lagen, war es nach Schottland ein Ritt über zumindest einige Tage. Die Reise allein wäre gut, um das Gewirr der Schuld in seinem Verstand durchzusehen. Diese Entscheidung getroffen, stand er auf und ging in seine Kammer. Je früher er packte, desto schneller wäre er auf dem Weg.
Über das letzte Jahrzehnt hatte sich in Delilahs Leben nicht viel verändert. Sie hatte erfolgreich die Vorhaben ihrer Mutter sie zu verheiraten durchkreuzt. Ihr letzter Versuch war gestorben, als der Duke of Wolfton versucht hatte seine eigenen Kinder umzubringen. Penelope hatte beabsichtigt, dass entweder Delilah oder Mirabella den Sohn des Herzogs heirateten. Delilah hatte sich wie eine Kratzbürste verhalten und ihre Schwester angespornt dasselbe zu tun. Der Marquess of Sheffield war praktisch in die entgegengesetzte Richtung von ihnen beiden gerannt. Natürlich war der Marquess jetzt der Herzog es war alles so verschlungen geendet, sie konnte nicht glauben, wie es sich gefügt hatte.
Nun jedoch tobte Lady Penelope. Sie war kurz davor Delilah in eine Heirat zu zwingen, ob sie es wollte oder nicht, und sie mochte es ganz gewiss nicht. Sie war an den Punkt gekommen, an welchem sie es nicht kümmerte, ob der Mann jung war, sofern er Geld hatte.
»Ihr seid beide undankbare Wichte«, höhnte ihre Mutter. »Ihr hättet eine Herzogin und mit einem reichen, gutaussehenden jungen Gentleman verheiratet sein können.« Sie ging im Raum auf und ab, scheuerte den bereits abgewetzten Teppich durch. »Warum konnte eine von euch nicht charmant oder zumindest gesittet sein? Ich habe doch keine Teufelsbraten aufgezogen.«
Es brauchte alles, was sie hatte, um darauf nichts scharf zu erwidern. Nein, sie hatte keine Teufelsbraten aufgezogen. Delilah war viel zu intelligent, als dass sie sich den Vorhaben ihrer Mutter gefügt hätte. Sie hatte endlich genug gespart, um wegzurennen und niemals zurückzublicken. Es hatte weitaus länger gebraucht, als sie es gemocht hätte, aber sie könnte nach Frankreich oder Amerika reisen. Es kümmerte sie nicht wirklich, wo auch immer sie endete, solange ihre Mutter nirgends in Sicht war.
»Es tut mir leid«, sagte Mirabella und blickte auf ihre Füße. »Ich weiß nicht, was mich überkommen hat.«
Ihre normalerweise liebliche Schwester hatte auf Delilahs spitze Kommentare reagiert, als sie das Anwesen des Herzogs besucht hatten. Delilah gab ihr keine Schuld daran, aber ihre Mutter tat es. Lady Penelope hatte gewollt, dass eine ihrer Töchter eine vorteilhafte Partie machte. Sogar Mirabella hatte ihre Grenzen. »Entschuldige dich nicht«, sagte sie zu ihrer Schwester. »Du hast nichts falsch gemacht.«
»Sie liegt richtig«, stimmte ihre Mutter zu, während sie Delilah anblitzte. »Es warst alles du, oder, liebe Tochter.« Penelope stakste vorwärts. »Und du wirst es sein, die den Preis für euren Trotz bezahlt. Ich habe genug von eurem Ungehorsam.« Sie neigte ihre Lippen in einem spöttischen Lächeln nach oben. »Ich weiß genau, wie du es bei mir und deiner Schwester wiedergutmachen kannst.«
Delilah hatte beinahe Angst zu fragen. »Wie?« Was konnte ihre Mutter ihr möglicherweise noch mehr antun? Sie hatte ihr Leben elend gemacht, solange sie sich erinnern konnte.
»Baron Felton hat Interesse an dir geäußert«, begann ihre Mutter. »Ich habe ihn abgelehnt, weil ich große Pläne für dich hatte, aber an diesem Punkt habe ich keine große Wahl mehr. Ich werde ihm schreiben und sagen, dass du aufgrund der Aussicht seine Frau zu sein verzückt bist.« Die Schadenfreude in der Stimme ihrer Mutter war ekelerregend.