Benedict versuchte immer noch einen klaren Gedanken zu fassen, als ein paar Minuten später ein Stallknecht an ihm vorbei ritt, der versuchte, seine Herrin einzuholen. Keine Chance, dachte er bei sich. Als er endlich auf das Wyndham Anwesen ritt, hatte er sich fast davon überzeugt, dass das Mädchen lediglich seiner Fantasie entsprungen war. Er ging direkt in den Stall, weil er vermutete, dass er dort wie gewohnt seinen Freund vorfinden würde. Er konnte es kaum abwarten den Hengst zu sehen, von dem ihm Easton erzählt hatte.
Benny!, rief Easton ihn bei seinem Kindheits-Spitznamen und ging auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Er und Andrew hatten ein Pferd eingeritten und noch die Ärmel hochgekrempelt und Schlamm an den Stiefeln. Der Stallmeister nahm Andrew die Zügel ab.
Easton, Abbot. Er begrüßte die Männer gleichermaßen freudig.
Wo ist der Hengst, von dem ich geträumt habe?, fragte Benedict und sah sich um.
Es tut mir leid, aber meine Cousine ist mit ihm ausgeritten. Ich wusste nicht, wann du ankommen würdest und ich wollte, dass Hector sich von seiner besten Seite zeigt, wenn er deine Stute trifft. Ist das die Schöne? Easton streckte seine Hand aus, um das weiße Pferd zu grüßen, das wieherte und seine Nase in seine Brust stieß.
Ja, das ist Dido, sagte Benedict, als er abstieg und sie in den Stall führte, wo er ihr Heu gab und sie abrieb.
Sie ist alles, was ich mir gewünscht habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hector ihr widerstehen kann, sagte Easton fröhlich.
Möchtest du dich ein wenig auffrischen?, fragte Andrew.
Benedict sah die anderen Männer an und lachte. Nein, ich glaube, ich werde mich zu euch gesellen. Ich brauche ein wenig harte Arbeit und ein paar Ratschläge.
Ratschläge? Das klingt ernst, hakte Easton nach.
Ich wünschte, dem wäre nicht so, sagte Benedict bedauernd.
Möchtest du lieber ins Haus gehen?, Easton sah besorgt aus.
Nein. Ich bin sicher, dass ich hier draußen besser denken kann.
Sehr wohl. Wir reiten gerade ein Jungpferd ein. Wir könnten ein Paar extra Hände gebrauchen, gab Easton zu.
Mit uns ist er scheu. Vielleicht wird er dich annehmen, sagte Andrew.
Die Männer gingen zurück auf die Koppel, die gegenüber den Ställen und auf der anderen Seite der Kutscheneinfahrt lag. Eine große Eiche bewachte das Tor und ein Zaun aus Holzpfosten und Geländern erstreckte sich entlang der Kurve der Einfahrt, um in einer Weißdornhecke zu münden, die mit süß riechenden weißen Blumen bedeckt war. Die Hecke schloss die Weide ein und traf auf der anderen Seite auf die Eiche. Schwaden von wilden Möhren und Butterblumen schmückten die Unterseite der Hecke.
Ein Stallknecht versuchte, das junge Pferd an seiner Trense zu führen, aber jedes Mal, wenn der Mann vorwärts ging und einen leichten Druck auf das Gebiss ausübte, warf der Hengst seinen Kopf hoch und bäumte sich auf. Ein anderer Stallknecht, der ein langes Seil am Kappzaum des Pferdes hielt und in der Mitte eines Kreises stand, schnippte mit einer langen Peitsche in seine Richtung. Das Hengstfohlen, ein hübscher Brauner, bockte und hob fast seinen Halter - einen muskulösen Mann von überdurchschnittlicher Größe - von den Füßen. Das Weiße in den Augen des Pferdes war sichtbar, als es zum Tor schwang und der Stallknecht fluchte. Seine Stiefel rutschten auf dem schlammigen Boden, der durch die trampelnden Hufe verursacht worden war.
Er ist scheu. Ich habe noch nie ein Pferd getroffen, das vor dir Angst hatte. Hat Elly versucht ihn zu führen?, fragte Benedict.
Noch nicht. Das steht als nächstes auf dem Plan, aber ich bin noch nicht bereit aufzugeben.
Und die normalen Belohnungen interessieren ihn nicht?, fragte Benedict, als er beobachtete, wie das Pferd seinen Kopf schüttelte, um das Zaumzeug abzubekommen.
Nicht genug, um freiwillig her zu kommen.
Wir haben ihn vor dem Schlachthof gerettet. Ich habe keine Ahnung, was er durchmachen musste, bevor wir ihn fanden. Irgendwann werde ich ihn schon überreden, sagte Easton, als er den Stallburschen zusah, wie sie versuchten, den Hengst dazu zu bewegen, ruhig an der Longe zu gehen.
Lässt er sich nur an einem Halfter oder dem Kappzaum führen?, fragte Benedict.
Normalerweise ja.
Du solltest vielleicht ein oder zwei Schritte zurückgehen und dann erneut versuchen, sein Vertrauen zu erhalten. Nach einer kurzen Pause schlug er vor. Lass ihn los, während wir entfernt stehen und sehen, ob er sich entspannt.
Es ist einen Versuch werde. So wie jetzt kommen wir keinen Schritt weiter, stimmte Andrew zu und signalisierte den Bediensteten, das Pferd loszulassen.
Andrew und Easton gesellten sich zu Benedict und lehnten sich ebenfalls auf den Zaun. Die Stallknechte befreiten den Hengst schnell vom Geschirr, ließen ihn frei und gingen fort.
Ich denke, jetzt könnte ich um den Ratschlag bitten, den ich brauche, sagte Benedict zögernd.
Ich muss zugeben, ich bin neugierig, gab Easton zu, während Andrew schwieg und das Pferd beobachtete.
Ich muss wieder heiraten, gestand er.
Ich gehe davon aus, dass nun auch der allerletzte Erbberechtigte gestorben ist?, fragte Easton zynisch.
Genau.
Das ist wirklich schlimm, stimmte Andrew zu.
Ihr zwei könnt euch ruhig lustig machen, aber keiner von euch war mit Lilith, geborene Lillian verheiratet.
Stimmt, wir haben beide eine glückliche Ehe.
Habt ihr irgendeinen Ratschlag, wie ich jemanden finden kann?
Die Art und Weise, wie man eine Frau umwirbt, hat sich nicht geändert.
Ich muss es vergessen haben. Ich habe jemandem einen Antrag gemacht und sie hat mich abgelehnt. Und sie hat mich sehr vehement abgelehnt.
Easton hob seine Augenbrauen. Vehement?
Sie sagte meinem Anwalt, sie würde lieber in der Hölle schmoren, als mein Angebot anzunehmen.
Andrew klang, als würde er sich verschlucken. Easton räusperte sich.
Und hat diese Lady Hinweise gegeben, dass sie auf einen Antrag wartete?
Ich habe sie nie getroffen, gestand Benedict.
Easton und Andrew schwiegen.
Sagt schon, verlangte Benedict. Ich kann doch sehen, dass ihr etwas sagen wollt.
Warum machst du jemandem einen Antrag, dem du noch nie vorgestellt worden bist?, wollte Easton wissen.
Benedict ließ einen tiefen Seufzer der Verärgerung hören.
Zum Teufel, ihr wisst doch warum! Ich will mit Hochzeit und Ehe nichts zu tun haben. Es ist vollkommen unerheblich, wer die Lady ist, solange sie von guter Herkunft ist. Ich will kein Anhängsel haben. In keinster Weise. Er wurde deutlicher, Das wurde auf diese Weise schon seit Jahren so gemacht!
Darf ich vorschlagen, dass du dein Anliegen persönlich vorträgst, nachdem ihr euch vorgestellt worden seid?
Benedict fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Ich nehme an, das muss ich wohl. Ich habe niemals damit gerechnet, dass mein Antrag abgelehnt werden würde. Das ist fürchterlich arrogant, ich weiß.
Das ist verständlich, da bin ich sicher, sagte Andrew sarkastisch.
Darf ich fragen, wie du deine zukünftige Braut ausgewählt hast? Easton hob eine Augenbraue fragend an.
Hughes hat das natürlich gemacht. Er hat mir eine Liste gemacht und ich habe ihn darum gebeten, diskret zu sein.
Easton und Andrew tauschten Blicke aus. Du weißt überhaupt nichts über die Ladys auf deiner Liste?
Easton und Andrew tauschten Blicke aus. Du weißt überhaupt nichts über die Ladys auf deiner Liste?
Benedict schüttelte den Kopf. Nur, dass die erste auf der Liste aussieht wie ein Pferd und kichert.
Heilige Mutter Gottes, sagte Andrew anerkennend. Ich gehe davon aus, sie ist nicht diejenige, der du den Antrag gemacht hast?, fragte er nach.
Nein, aber ich glaube, ich kann sie nicht ausschließen. Ich bin fast versucht, diejenige kennenzulernen, der ich das Angebot gemacht habe. Irgendetwas in mir sagt mir, ich solle mich beweisen, so albern wie sich das anhört. Mein Stolz will ihr zeigen, dass sie Unrecht hat.
Und was würdest du tun, um sie zu überzeugen? Möchtest du erreichen, dass sie ihre Entscheidung bereut?
Er zuckte mit den Schultern, so gar nicht wie ein Edelmann. Dies war einer der wenigen Orte, an denen er seine herzogliche Maske ablegen konnte.
Kennst du überhaupt ihren Namen?
Er schüttelte den Kopf.
Ich glaube, Hughes sagte, es wäre Ashburys Tochter. Ich bin nicht mit Ashbury bekannt, aber Hughes versichert mir, dass sein Ruf tadellos sei. Die ganze Angelegenheit klang geschmacklos, wenn er es jemand anderem erklären musste. Er ärgerte sich und war von sich selbst angewidert. Er war es nicht gewohnt, seine Entscheidungen in Frage zu stellen.
Ich verstehe, dass du keine Liebesheirat wünschst, aber es wäre angebracht, dass du ein wenig Zeit für die Brautschau aufbringst. Ich werde vermutlich Olivia mit uns zurück in die Stadt nehmen, von daher kann ich mit dir zusammen leiden, falls du uns begleiten möchtest.
Charlotte sollte ebenfalls in die Stadt gehen. Aber ich weiß nicht, ob ich das noch einmal durchmachen kann. Was ist, wenn mich dieses Mädchen wegen meines Rufes ablehnt? Es wird nicht besser, wenn die Gerüchte wieder aufkochen.
Ich glaube, du machst dir zu viel Gedanken. Deine Einsiedelei schürt die Gerüchte an.
Die Leute sehen den Dukes einiges nach, bemerkte Andrew.
Nicht, dass es etwas gab, was man hätte übersehen müssen. Der Fehler lag nicht bei dir, fügte Easton hinzu.
Benedict lachte kurz, zog seinen Mantel und seine Weste aus und rollte sich die Ärmel hoch. Ich glaube, es gibt keine andere Lösung.
Er zog einige Karotten aus seiner Tasche, die er noch von der Reise mit sich trug. Er versuchte sich dem Hengstfohlen zu nähern und hielt ihm das süße Angebot auf seiner Hand entgegen. Das junge Pferd war bei einem Fremden noch panischer. Es trat aus und sprang auf der Koppel umher, bevor es auf das Tor zu galoppierte. Seine Hinterbeine rutschten auf dem schlammigen Fleck aus und besprühten Benedict, der hastig zurücksprang. Kalte, nasse Erde klatschte auf Benedicts Gesicht und seine Vorderseite. Auf welch wunderbare Art er sich vor Elly würde verbeugen müssen!
Gelächter dröhnte in seinen Ohren. Er zog ein Taschentuch aus der Tasche, wischte sich den Schlamm aus den Augen und sah Easton und Andrew, die laut lachten. Sie waren es gewohnt, ihn immer tadellos gekleidet zu sehen, daher würden sie sich in dieser Situation zweifelsohne auf seine Kosten gründlich amüsieren.
Er konnte nichts weiter tun, als selbst über den absurden Anblick zu lachen, den er vermutlich gerade bot. Gedemütigt ging er zurück zum Zaun.
Nun gut, er hob die Hände hoch. Ich habe mein Talent verloren.
Das haben wir auch, mein Freund. Das haben wir auch.
Vielleicht sollten wir Elly um Hilfe bitten. Sie hat ihre eigene Art mit ihnen, schlug Andrew vor.
Easton seufzte. Das werden wir wohl müssen.
Die Männer drehten sich um, als sie Hufe auf dem Rasen hörten und sahen, wie Jolie auf Hector heranritt.
Wunderschön, sagte Benedict leise.
Das Pferd oder meine Cousine?, neckte ihn Easton.
Benedict gab keine Antwort. Er war so von dem Anblick verzaubert, den die Schönheit des Pferdes und seiner Reiterin ihm bot.
Andrew ging hinüber, um Jolie beim Absteigen zu helfen. Sie lächelte und Benedict konnte noch immer seinen Blick nicht von ihr abwenden. Sie übergab Andrew die Zügel und klopfte sich den Staub ab. Sie ging zu dem Geländer und der schreckhafte Hengst rannte geradewegs auf sie zu. Benedict war auf dem Sprung, da er glaubte, er müsse sie retten, aber der junge Hengst zeigte keinerlei Absicht, sie zu verletzten. Stattdessen tanzte er spielerisch umher und begann sie mit der Nase anzustoßen, um ihre Aufmerksamkeit zu erhalten.
Hallo mein Hübscher. Sind diese Männer nicht anständig mit dir umgegangen?, fragte sie, als sie seinen Hals liebevoll streichelte. Die Männer sahen sie mit offenkundiger Bewunderung an.
Benedict nutzte die Gelegenheit, sie unauffällig zu beobachten, während sie sich auf das Pferd konzentrierte. Sie war nicht wie eine Lady angezogen und ganz sicher ritt sie nicht wie eine. Vielleicht war sie eine arme Verwandte. Aber sie konnte mit Tieren umgehen. Ihre wunderschönen violetten Augen ertappten ihn dabei, wie er sie anstarrte, und er errötete fast. Er war aus dem Alter heraus, in dem man rot wird, aber er war sichtlich fasziniert. Er sah fort und ärgerte sich darüber, dass er sich zu dieser Frau hingezogen fühlte. Das letzte Mal, als er das zugelassen hatte, wurde er bloßgestellt. Er sah Easton neugierig an.
Darf ich dir meine Cousine vorstellen, Jolie Winslow? Jolie, das ist mein alter Schulfreund Benedict Stanton, sagte Easton beiläufig.
Jolie knickste kurz. Benedict nickte ihr kurz zu, als ihre Augen sich trafen. Sie scheint meiner Aufmerksamkeit nicht wert genug zu sein, sonst hätte Easton mich mit meinem Titel vorgestellt, dachte er mit einer Spur des Bedauerns, obwohl sie in der Vergangenheit immer ihre Titel ausgelassen hatten, um nicht verkuppelt zu werden.
Es fiel ihm schwer, seine Augen von ihr abzuwenden, dennoch konnte er sie schlecht anstarren, ohne mit ihr zu sprechen. Er nickte ihr erneut kurz zu und wandte sich dann an Easton. Dürfte ich die Freude haben und Hector begrüßen?
Easton versuchte aus irgendeinem Grund nicht zu lachen. Natürlich, antwortete er und wandte sich an Jolie. Ich gehe davon aus, dass er sich gut benehmen wird.
Ich habe mein Bestes gegeben, damit er erschöpft ist, antwortete Jolie.
Jolie wollte am liebsten laut lachen. Mr. Stanton hatte versucht würdevoll zu erscheinen, aber er war so wunderbar von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt, dass sie kaum in der Lage gewesen war, seine bernsteinfarbenen Augen zu erkennen. Sie war sich nicht sicher, ob er ihren eigenen unziemlichen Aufzug anstarrte oder ob er nicht an den Umgang mit Frauen gewöhnt war. Man konnte ihm nicht vorwerfen, dass er geschwätzig war. Vielleicht züchtete er deshalb Pferde, dachte sie. Trotz des Schmutzes war er zweifelsohne gutaussehend. Vermutlich war er der zweitgeborene Sohn, der nicht heiraten wollte und nicht in der Lage war, einer Frau den Lebensstil zu bieten, den sie gewohnt war. Sie erwischte sich dabei, wie sie darüber nachdachte, ob ihr ein einfacheres Leben ohne die Großstadt gefallen würde. Sie liebte die Großstadt, aber auf dem Land gefiel es ihr ebenfalls.
Sie drehte sich um, als sie Elly und die Kinder hörte. Sie rannten direkt in den Stall für ihre täglichen Übungen.
Cousine Jolie!, riefen ihr die Kinder im Vorbeilaufen zu. Die Stallburschen führten die Ponys für sie nach draußen und sie konnte sehen, wie die Männer die Stute mit Hector bekannt machten.
Lass uns beten, dass Hector sich gut benimmt, bemerkte Elly, als sie die Vorstellung aus der Ferne betrachtete.