Berufen - Морган Райс 2 стр.


Die Beamten sahen sie an, als wenn sie verrückt wäre; Caitlin hasste diesen Blick.

“Verwandelt?” wiederholten sie, als hätte sie ihren Verstand verloren.

Caitlin seufzte verzweifelt.

“Wenn Sie sie nicht finden, könnten Menschen dort draußen verletzt werden.”

Die Beamten runzelten die Stirn.

“Verletzt? Was erzählen Sie da? Hat Ihre Tochter Menschen verletzt? Ist sie bewaffnet?”

Caitlin schüttelte ihren Kopf, jenseits jeder Frustration. Diese lokalen Beamten würden sie nie verstehen; sie verschwendete nur ihren Atem.

“Sie ist unbewaffnet. Sie hat nie eine Menschenseele verletzt. Aber wenn Ihr Männer sie nicht finden, werden sie nicht in der Lage sein, sich vor ihr zu retten.”

Die Polzisten sahen sich gegenseitig an, als wenn sie sich einig wären, dass Caitlin verrückt wäre und dann drehten sie sich um und gingen in den nächsten Raum.

Als Caitlin sah, wie sie weggingen, drehte sie sich um und schaute hinaus, durch das zerbrochene Glas in die Nacht.

Scarlet, dachte sie. Wo bist Du? Komm zu mir nach Hause, Baby. Ich liebe Dich. Es tut mir leid. Was immer ich getan habe, was Dich wütend gemacht hat. Es tut mir leid. Bitte komm nach Hause.

Das verrückteste war, wurde Caitlin klar, dass, als sie an Scarlet dort draußen dachte, allein in der Nacht, sie sich keine Sorgen um sie machte.

Sie machte sich um alle anderen Sorgen.

KAPITEL ZWEI

Kyle saß auf der Rückbank des Polizeiwagens, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, starrte auf das Gitter vor ihm und fühlte sich anders als je zuvor. Etwas veränderte sich in ihm, er wusste nicht, was es war, aber er konnte es in sich gären fühlen. Es erinnerte ihn an die Zeit, in der er noch Heroin genommen hatte, der erste Rausch, als die Nadel die Haut durchbohrte. Dieses neue Gefühl war wie eine sengende Hitze, die durch seine Venen lief – begleitet von einem Gefühl von unvorstellbarer Kraft. Er fühlte sich überwältigt durch Kraft, als wenn seine Venen aus seiner Haut herausspringen würden, weil sein Blut in ihm anschwoll. Er fühlte sich stärker als je zuvor in seinem Leben, die Haut prickelte ihm im Gesicht und im Nacken. Die Kraftentfaltung in ihm war etwas, was er nicht verstand.

Aber Kyle war es egal; solange die Kraft da war, begrüßte er sie. Er sah durch verschwommene Augen, wie die Welt sich rot färbte, und langsam wieder Gestalt annahm. Hinter dem Gitter konnte er die beiden Polizisten sehen.

Als das Klingeln in seinen Ohren nachließ, verstand er auch langsam ihr Gespräch, am Anfang noch gedämpft.

“Dieser Täter wird für lange Zeit weg sein”, sagte der eine zu dem anderen.

“Habe gehört, er ist gerade erst draußen. Pech für ihn.”

Die Polizisten begannen zu lachen und der blecherne Ton schnitt direkt durch Kyles Kopf. Der Wagen fuhr den Highway hinunter, mit Blaulicht, und Kyle wurde sich langsam bewusst, wo er war. Er war auf derselben Straße Neun, auf dem Weg zurück ins Gefängnis, in dem er die letzten fünf Jahre seines Lebens verbracht hatte. Er erinnerte sich langsam wieder an die Nacht: die Bar…das Mädchen…er war gerade dabei, sie zur Frau zu machen, als…etwas passiert war. Die kleine Schlampe hatte ihn gebissen.

Die Realität stürzte über ihm zusammen. Sie hatte ihn gebissen.

Kyle versuchte seinen Hals zu erreichen – die beiden Bissspuren, die dort pochten – aber er wurde aufgehalten; er bemerkte, dass seine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren.

Kyle bewegte seine Arme und zu seinem Erstaunen, brachen die Handschellen entzwei ohne dass er sich dafür anstrengen musste. Er hielt verwundert seine Handgelenke hoch, sah sie an und war geschockt von seiner eigenen Stärke. Waren die Handschellen schlecht gefertigt? Er sah sie baumelnd vor sich und fragte sich: Wie konnte er das getan haben?

Kyle fuhr sich an den Hals und fühlte die beiden Löcher an seinem Hals, sie brannten, als hätte sie ihm etwas in die Venen gespritzt. Er sah auf die kaputten Handschellen und fragte sich: Existieren Vampire wirklich? War das möglich?

Kyle grinste breit. Es war an der Zeit, es herauszufinden.

Kyle nahm die kaputten Handschellen und klopfte damit an das Gitter vor ihm.

Die beiden Polizisten drehten sich zu ihm herum, und dieses Mal lachten sie nicht; dieses Mal waren ihre Gesichter starr vor Schock. Kyles Hände waren frei, seine Handschellen zerbrochen und sie hingen an ihm herunter, während er weiterhin grinsend damit an das Gitter tippte.

“Heilige Scheiße”, sagte der eine zu dem anderen. “Hast Du ihn nicht gefesselt, Bill?”

“Doch, habe ich. Da bin ich mir sicher. Ich habe ihn super eng gefesselt.”

“Nicht fest genug”, knurrte Kyle.

Einer der Polizisten griff nach seiner Waffe, während der andere auf die Bremsen trat.

Aber nicht schnell genug. Mit einer unfassbaren Geschwindigkeit griff Kyle das Metallgitter, riss es heraus, als wäre es ein Zahnstocher und warf es auf den Vordersitz.

Kyle stürzte sich auf den Cop auf dem Beifahrersitz, schlug ihm die Waffe aus der Hand und schlug ihn so hart mit dem Ellbogen, dass das Genick des Polizisten knackte.

Der andere Polizist versuchte ihm auszuweichen und das Auto schlingerte über den Highway, als Kyle zu ihm hinüberkam, seinen Hinterkopf packte und den Kopf auf das Lenkrad schlug. Ein Krachen ertönte und das Blut des Polizisten spritzte durch den Innenraum, und besudelte Kyle von oben bis unten. Da das Auto außer Kontrolle war, versuchte Kyle aus dem Auto zu greifen und den Reifen zu stoppen –aber es war zu spät.

Das Auto brach aus und geriet auf die Gegenspur, die Sirenen ertönten immer noch laut, als es in ein entgegenkommendes Auto krachte.

Kyle flog durch die Windschutzscheibe, mit dem Kopf zuerst, landete hart auf der Straße und überschlug sich mehrfach, während der Wagen, ebenfalls auf der Seite, hinter ihm her rutschte.  Ein Auto kam Kyle entgegen, seine Bremsen kreischten, aber zu spät – Kyle fühlte, wie seine Brust zerschmettert wurde, als das Auto ihn überfuhr.

Das Auto hielt kreischend an, während Kyle dort lag, schwer atmend und eine Frau in ihren Dreißigern herausgerannt kam, schreiend, weinend, und zu Kyle rannte, der auf seinem Rücken lag.

“Oh mein Gott, sind Sie in Ordnung?” fragte sie gehetzt. “Ich habe versucht, rechtzeitig anzuhalten. Oh mein Gott. Ich habe einen Mann umgebracht! Oh mein Gott!”

Die Frau war hysterisch, kniete über ihm und wiegte sich vor und zurück.

Plötzlich öffnete Kyle seine Augen, setzte sich auf und sah auf die Frau vor ihm.

Ihr Weinen hörte auf, als sie ihn ansah, geschockt, die Augen geweitet im Scheinwerferlicht.

Kyle grinste, lehnte sich über sie und senkte seine riesigen Fänge, die wuchsen und wuchsen, in ihren Hals.

Es war das größte Gefühl seines Lebens.

Die Frau kreischte, als er ihr Blut trank, sich selbst füllte, bis sie schlaf in seinen Armen lag.

Kyle sprang befriedigt auf seine Beine, drehte sich um sich selbst und betrachtete den leeren Highway.

Er richtete seinen Kragen, glättete sein Hemd und nahm den ersten Schritt. Es gab eine Menge, was dieser Stadt heimgezahlt werden musste – und es würde alles mit Scarlet beginnen.

KAPITEL DREI

Sage flog durch die Nacht, in den aufkeimenden Sonnenaufgang, die ersten, zarten Sonnenstrahlen beschienen eine Träne auf seiner Wange, die er schnell wegwischte. Er war erschöpft, übernächtigt, weil er die ganze Nacht geflogen war, auf der Suche nach Scarlet. Er war sich sicher, dass er sie mehrmals in der Nacht entdeckt hatte, nur um sich dann zu einem fremden Mädchen hinabzustürzen, die geschockt war, ihn vor sich landen zu sehen, und dann wieder abzuheben. Langsam fragte er sich, ob er sie je finden würde.

Scarlet war nirgendwo zu finden und Sage konnte es nicht verstehen. Ihre Verbindung war so stark, er war sich sicher gewesen, dass er in der Lage wäre, sie zu fühlen, dass sie ihn zu sich führen würde. Er konnte nicht verstehen, was passiert war. War sie gestorben?

Sages einzige Vermutung war, dass sie emotional so aufgewühlt war, dass alle ihre Sinne blockiert waren und er sie deshalb nicht erspüren konnte; oder vielleicht war sie in einen tiefen Schlaf gefallen, was Vampire häufig taten, nachdem sie von ihrem ersten Menschen getrunken hatten. Für einige war es auch tödlich, das wusste er, und sein Herz tat weh bei dem Gedanken an sie dort draußen, ganz allein. Würde sie wieder aufwachen?

Sage flog niedrig, aber so schnell, dass er nicht entdeckt werden konnte, an allen bekannten Orten vorbei, an denen sie zusammen gewesen waren – ihre Schule, ihr Haus, überallhin, wo er sich sie vorstellen konnte – und nutzte dabei seine super scharfe Sicht um die Bäume und die Straßen nach ihr abzusuchen.

Als die Sonne höher stieg und Stunde nach Stunde verstrich, wusste Sage schließlich, dass die Suche keinen Sinn mehr machte. Er würde warten müssen, bis sie auftauchte oder bis er sie wieder fühlen könnte.

Sage war erschöpft, auf eine Art und Weise, wie er es nie zuvor gewesen war. Er fühlte, wie seine Lebenskraft zu schwinden begann. Er wusste, dass er nur noch Tage hatte, bis er selbst starb und als er einen anderen Schmerz in seiner Brust, seinen Armen und seinen Schultern spürte, wusste er, er begann, innerlich zu sterben. Er fühlte, dass er diese Erde bald verlassen würde – und er hatte seinen Frieden damit geschlossen. Er wollte seine letzten Tage nur noch mit Scarlet verbringen.

Mit keinem weiteren Ziel für seine Suche, kreiste Sage über dem Anwesen seiner Familie am Hudson und schaute darauf herunter. Er umkreiste es immer wieder, wie ein Adler und fragte sich, ob er sie noch ein letztes Mal sehen sollte? Er wusste nicht, was das bringen sollte. Sie alle hassten ihn dafür, dass er ihnen Scarlet nicht ausgeliefert hatte; und er musste zugeben, dass er sie auch hasste. Das letzte Mal, als er von hier fortgegangen war, hatte er seine sterbende Schwester im Arm gehalten und Lore war auf dem Weg gewesen, Scarlet umzubringen. Er wollte sie nicht wiedersehen.

Und doch konnte er nirgendwo anders hin.

Während er flog, hörte Sage ein Klopfen und als er näherkam sah er einige seiner Cousins, die Bretter vor die Fenster hielten und hämmerten. Eines nach dem anderen, verbarrikadierten sie ihren Landsitz und Sage sah dutzende seiner Cousins, die davonflogen. Er war fasziniert. Offensichtlich war irgendetwas passiert.

Sage musste es herausfinden. Ein Teil von ihm wollte wissen, wo sie hingingen, was aus seiner Familie werden würde – und ein größerer Teil von ihm wollte wissen, ob sie eine Idee hätten, wo Scarlet steckte. Vielleicht hatte einer von ihnen etwas gesehen oder gehört. Vielleicht hatte Lore sie überwältigt. Er musste es wissen; es war das einzige, was ihm noch blieb.

Sage sank hinab zu dem Anwesen seiner Familie, landete auf der hinteren Marmorterrasse, vor der großen Treppe, die zu der hinteren Tür, einer großen, antiken, französischen Tür, führte.

Als er sich ihr näherte, öffnete sie sich plötzlich und er sah seine Mutter und seinen Vater, die heraustraten und ihn mit einem strengen, missbilligendem Blick ansahen.

“Was machst Du wieder hier?” fragte seine Mutter, als wäre er ein unwillkommener Eindringling.

“Du hast uns einmal getötet”, sagte sein Vater. “Unsere Leute hätten überleben können, wenn Du nicht gewesen wärst. Bist Du gekommen, um uns noch einmal zu töten?”

Sage runzelte die Stirn; er war die Missbilligung seiner Eltern so müde.

“Wo geht Ihr alle hin?” fragte Sage.

“Was denkst, Du denn, wohin?”, antwortete sein Vater. “Sie haben den großen Rat zum ersten Mal seit Tausend Jahren einberufen.”

Sage sah sie geschockt an.

“Boldt Castle?” fragte er. “Ihr geht zu den Tausend Inseln?”

Seine Eltern blickten finster zurück.

“Was kümmert es Dich?” sagte seine Mutter.

Sage konnte nicht glauben, was er da hörte. Der große Rat war seit einer Ewigkeit nicht mehr zusammengetroffen und alle von ihrer Art auf einem Platz, das konnte nichts Gutes bedeuten.

“Aber warum?” fragte er. “Warum wird er einberufen, wenn wir alle sowieso sterben?”

Sein Vater trat einen Schritt vor und lächelte, während er seinen Finger hob und ihn gegen Sages Brust stieß.

“Wir sind nicht wie Du”, knurrte er. “Wir ergeben uns nicht kampflos. Wir werden die größte Armee bilden, die es jemals gegeben hat, wenn wir alle an einem Ort versammelt sind. Die Menschheit wird dafür bezahlen. Wir werden Rache nehmen.”

“Rache wofür?” fragte Sage. “Die Menschheit hat damit nichts zu tun. Warum solltet Ihr unschuldige Menschen verletzen?”

Sein Vater lächelte ihn an.

“Dumm bis zum Ende”, sagte er. “Warum sollten wir nicht? Was haben wir zu verlieren? Was wollen sie tun, uns umbringen?”

Sein Vater lachte und seine Mutter fiel ein, während sie beide Arm in Arm an ihm vorbeigingen, unsanft seine Schulter anstießen und sich auf ihren Flug vorbereiteten.

Sage rief hinter ihnen her: “Ich erinnere mich an eine Zeit, in der Ihr edel wart” sagte er. “Aber jetzt, seid Ihr nichts mehr. Weniger als nichts. Ist es das, wozu Euch die Verzweiflung macht?”

Sie drehten sich um und verzogen das Gesicht.

“Dein Problem, Sage, ist, dass, obwohl Du einer von uns bist, Du unsere Art nie verstanden hast. Zerstörung ist alles, was wir jemals wollten. Nur Du, einzig und allein Du, bist anders.”

“Du bist das Kind, das wir nie verstanden haben”, sagte seine Mutter. “Und Du hast es nie versäumt, uns zu enttäuschen.”

Sage fühlte einen Schmerz, der ihn durchfuhr, er fühlte sich zu schwach, um zu reagieren.

Als sie sich rumdrehten, um zu verschwinden, fand Sage keuchend die Kraft hinter ihnen her zu schreien: “Scarlet! Wo ist sie? Sagt es mir!”

Seine Mutter drehte sich um und lächelte breit.

“Oh, mach Dir keine Sorgen mehr um sie”, sagte seine Mutter. “Lore wird sie finden und uns alle retten. Oder er wird bei dem Versuch sterben. Und wenn wir weiterleben, glaube nicht, mein Schatz, dass es dann noch einen Platz für Dich bei uns geben wird.”

Sage errötete.

“Ich hasse Dich!”, schrie er. “Ich hasse Euch Beide!”

Seine Eltern drehten sich nur lächelnd um, traten auf das Marmorgeländer und verließen ihn in die Nacht.

Sage stand einfach dort und sah ihnen zu, wie sie verschwanden, in den Himmel, und seine verbleibenden Cousins sich zu ihnen gesellten. Er stand dort ganz allein, vor seiner mit Brettern vernagelten Heimat, mit nichts, was ihm geblieben war. Seine Familie hasste ihn – und er hasste sie ebenfalls.

Lore. Sage fühlte einen frischen Ausbruch von Entschlossenheit, als er an ihn dachte. Er durfte ihn Scarlet nicht finden lassen. Trotz all des Schmerzes in ihm, wusste er, er musste seine Kräfte ein letztes Mal bündeln. Er musste Scarlet finden.

Oder bei dem Versuch sterben.

KAPITEL VIER

Caitlin saß auf dem Beifahrersitz ihres Pickups, erschöpft, untröstlich, während Caleb unerbittlich die Straße 9 hinauf- und herunterfuhr, wie er es schon seit Stunden tat, um die Straßen abzusuchen. Es dämmerte und Caitlin sah durch die Windschutzscheibe auf den ungewöhnlichen Himmel. Sie wunderte sich, dass der Tag bereits anbrach. Sie waren die ganze Nacht herumgefahren, sie beiden auf den Vordersitzen und Sam und Polly auf der Rückbank, hatten ihre Augen über die Straßen und Büsche schweifen lassen und nach Scarlet gesucht. Einmal waren sie mit quietschenden Reifen stehengeblieben, da Caitlin gedacht hatte, sie hätte sie gesehen – nur, um dann zu erkennen, dass es eine Vogelscheuche war.

Назад Дальше