Verlassen - Блейк Пирс 2 стр.


Riley sagte sich, dass sie dieses Glück genießen sollte, solange sie konnte. Früher oder später würde sie gerufen werden, um ein weiteres Monster zu stoppen. Der Gedanke sandte einen Schauer über ihren Rücken. Wartete das Böse bereits irgendwo auf sie?

*

Am nächsten Tag hatte April einen verkürzten Stundenplan, da die Lehrer sich zu einer Besprechung versammelten, und Riley gab dem Betteln ihrer Tochter nach, den ganzen Tag freimachen zu können. Sie entschieden sich, einkaufen zu gehen, während Jilly in der Schule war.

Die Reihen von Läden in der Shopping-Mall kamen Riley endlos vor und viele sahen sich zudem sehr ähnlich. Dürre Schaufensterpuppen in stylischen Outfits zeigten in jedem Fenster unmögliche Posen. Die Figuren, an denen sie vorbeikamen, hatten keinen Kopf, was Rileys Eindruck der Austauschbarkeit noch verstärkte. Aber April erzählte ihr unentwegt, was jeder Laden bereithielt und welche Outfits sie gerne tragen würde. April schien Unterschiede zu sehen, wo Riley nur Uniformität wahrnahm.

Eine Teenagersache, nehme ich an, dachte Riley.

Wenigstens war es heute nicht so voll.

April zeigte auf ein Schild vor einem Laden namens Towne Shoppe.

"Oh, guck mal!", sagte sie. "'Erschwinglicher Luxus'! Lass uns da mal hingehen!"

In dem Laden stürzte April sich auf einen Ständer mit Jeans und Jacken und zog Dinge heraus, um sie anzuprobieren.

"Ich nehme an, ich könnte auch eine neue Jeans gebrauchen", sagte Riley.

April rollte mit den Augen.

"Nur keine Mom Jeans, bitte!"

"Nun, nicht jeder kann tragen, was du trägst. Ich muss in der Lage sein, mich zu bewegen, ohne mir Sorgen zu machen, dass meine Anziehsachen platzen. Keine Kleiderunfälle für mich, vielen Dank auch."

April lachte. "Freizeithosen also. Viel Glück dabei hier welche zu finden."

Riley sah sich die Auswahl der Jeans an. Sie waren alle extrem schmal geschnitten, auf Hüfte, und künstlich zerrissen.

Riley seufzte. Sie kannte ein paar Läden an einer anderen Stelle der Mall, in denen sie etwas finden würde, das eher ihrem Stil entsprach. Aber sie würde die Sticheleien von April ertragen müssen.

"Ich schaue ein andermal für mich selber", sagte Riley.

April schnappte sich ein Bündel Jeans und ging in die Umkleidekabine. Als sie herauskam, trug sie die Art von Jeans, die Riley hasste – hauteng, an verschiedenen Stellen zerrissen, mit dem Bauchnabel deutlich sichtbar.

Riley schüttelte den Kopf.

"Vielleicht solltest du selber auch mal Mom Jeans probieren", sagte sie. "Die wären deutlich bequemer. Aber Bequemlichkeit ist wahrscheinlich nicht das Ziel, hm?"

"Nö", sagte April und sah sich die Jeans im Spiegel genauer an. "Die nehme ich mit. Ich probiere die anderen noch an."

April verschwand mehrere Male wieder in der Umkleidekabine. Sie kam jedes Mal mit Jeans zurück, die Riley hasste, aber ihrer Tochter nicht verbieten würde. Es war den Kampf nicht wert und sie wusste, dass sie ihn auf die eine oder andere Weise verlieren würde.

Während April sich vor dem Spiegel drehte, fiel Riley auf, dass ihre Tochter fast so groß war, wie sie selbst und das T-Shirt, das sie trug, einen gut proportionierten Körper zeigte. Mit ihrem dunklen Haar und nussbraunen Augen, war Aprils Ähnlichkeit zu Riley verblüffend. Natürlich zeigten Aprils Haare nicht die grauen Strähnen, die in Rileys Haar zu finden waren. Aber trotzdem …

Sie wird eine Frau, dachte Riley.

Sie konnte ein gewisses Unbehagen nicht unterdrücken.

Wurde April zu schnell erwachsen?

Sie hatte im letzten Jahr viel durchgemacht. Sie war zweimal gefangen genommen worden. Das eine Mal war sie von einem sadistischen Mörder mit einer Propangasfackel im Dunkeln gehalten worden. Sie hatte sich dann in ihrem eigenen Zuhause gegen einen Mörder zur Wehr setzen müssen. Am Schlimmsten war der misshandelnde feste Freund, der sie unter Drogen gesetzt und als Sexsklavin hatte verkaufen wollen.

Riley wusste, dass das alles zu viel für ein fünfzehnjähriges Mädchen war. Sie fühlte sich schuldig, weil ihre eigene Arbeit April und andere Menschen, die sie liebte, in Todesgefahr gebracht hatte.

Und hier war April nun, die trotz ihrer Bemühungen wie ein normaler Teenager auszusehen erstaunlich erwachsen aussah. April schien das Schlimmste der PTBS hinter sich zu haben. Aber welche Art von Ängsten und Sorgen beschäftigten sie tief in sich drin? Würde sie sie jemals verwinden können?

Riley bezahlte Aprils neue Anziehsachen und sie traten wieder in die Mall. Die Sicherheit in Aprils Schritt beruhigte Riley ein wenig. Es wurde schließlich alles besser. Sie wusste, dass Ryan in diesem Moment einige seiner Sachen in ihr Stadthaus räumte. Und sowohl April, als auch Jilly, machten sich gut in der Schule.

Riley wollte gerade vorschlagen, dass sie sich etwas zu Essen suchen, als Aprils Handy summte. April wandte sich abrupt ab, um den Anruf anzunehmen. Riley spürte einen kurzen Stich. Manchmal schien das Handy ein lebendiges Ding zu sein, das die komplette Aufmerksamkeit von April verlangte.

"Hey, was gibt's?", fragte April den Anrufer.

Plötzlich fingen Aprils Knie an zu wackeln und sie setzte sich auf eine Bank. Ihr Gesicht wurde weiß und ihr fröhlicher Gesichtsausdruck verwandelte sich in Schmerz. Tränen begannen ihr über die Wangen zu laufen. Sofort eilte Riley zu ihr und setzt sich neben sie.

"Oh mein Gott!", rief April. "Wie konnte– warum– ich kann nicht–"

Riley sah sie beunruhigt an.

Was war passiert?

War jemand verletzt oder in Gefahr?

War es Jilly, Ryan, Gabriela?

Nein, dann hätte man sicher Riley angerufen, nicht April.

"Es tut mir so, so leid", sagte April wieder und wieder.

Schließlich beendete sie den Anruf.

"Wer war das?", fragte Riley besorgt.

"Tiffany", sagte April wie betäubt.

Riley erkannte den Namen. Tiffany Pennington war dieser Tage Aprils beste Freundin. Riley hatte sie einige Male getroffen.

"Was ist passiert?", fragte Riley.

April sah mit einem Ausdruck von Trauer und Entsetzen zu Riley.

"Tiffanys Schwester ist tot", sagte sie.

April sah aus, als könnte sie ihre eigenen Worte nicht glauben.

Dann fügte sie mit erstickter Stimme hinzu, "Sie sagen, es war Selbstmord."

KAPITEL ZWEI

Beim Abendessen versuchte April ihrer Familie das Wenige zu erzählen, das sie über Lois' Tod wusste. Aber ihre eigenen Worte klangen fremd und seltsam in ihren Ohren.

Das kann einfach nicht wahr sein, dachte sie immer wieder.

April hatte Lois einige Male getroffen, als sie Tiffany besuchte. Sie erinnerte sich noch gut an das letzte Mal. Lois war fröhlich und aufgedreht gewesen, voller Geschichten von ihrer Zeit am College. Es war einfach nicht möglich, dass sie tot war.

Der Tod war April nicht völlig fremd. Sie wusste, dass ihre Mutter ihm mehr als einmal ins Gesicht gesehen und während ihrer Arbeit als FBI Agentin auch Menschen getötet hatte. Aber das waren Verbrecher gewesen, die man aufhalten musste. April hatte ihrer Mutter sogar geholfen, einen sadistischen Mörder zu töten, nachdem der sie gekidnappt hatte. Sie wusste auch, dass ihr Großvater vor einigen Monaten gestorben war, aber sie hatte ihn lange nicht gesehen und sie waren sich nie nahe gewesen.

Dieser Tod war weitaus realer für sie – und er ergab keinen Sinn. Es erschien ihr nicht einmal möglich zu sein.

Während April sprach, sah sie, dass ihre Familie ebenfalls verwirrt und erschüttert war. Ihre Mutter griff über den Tisch und nahm ihre Hand. Gabriela bekreuzigte sich und murmelte ein Gebet auf Spanisch. Jilly stand vor Schock der Mund offen.

April versuchte, sich an alles zu erinnern, was Tiffany ihr am Nachmittag erzählt hatte. Sie hatte erklärt, dass Tiffany und ihre Eltern am vergangenen Morgen die Leiche in der Garage hängen gefunden hatten. Die Polizei hielt es für einen Selbstmord. Tatsächlich schien jeder zu glauben, es sei Selbstmord gewesen. Als wäre das schon entschieden.

Jeder außer Tiffany, die immer wieder sagte, dass sie nicht daran glaubte.

Aprils Vater schauderte, als sie ihnen alles erzählt hatte, an das sie sich erinnern konnte.

"Ich kenne die Penningtons", sagte er. "Lester ist der Finanzmanager für eine Baufirma. Nicht gerade reich, aber recht komfortabel. Sie schienen mir immer eine stabile, glückliche Familie zu sein. Warum hat Lois nur so etwas getan?"

April hatte sich diese Frage den ganzen Tag über gestellt.

"Tiffany sagt, keiner weiß es", sagte April. "Lois war in ihrem ersten Jahr am Byars College. Sie war zwar gestresst deswegen, aber …"

Dad schüttelte mitfühlend den Kopf.

"Nun, das könnte es erklären", sagte er. "Byars ist eine harte Schule. Noch schwerer reinzukommen als Georgetown. Und sehr teuer. Ich bin überrascht, dass die Familie sich das leisten konnte."

April seufzte tief, sagte aber nichts. Sie dachte, dass Lois ein Stipendium bekommen hatte, behielt das aber für sich. Sie wollte nicht darüber reden. Sie wollte auch nichts essen. Gabriela hatte eine ihrer Spezialitäten gemacht, eine Suppe mit Meeresfrüchten, tapado, die April normalerweise liebte. Aber bisher hatte sie keinen Bissen genommen.

Alle schwiegen einen Augenblick.

Dann sagte Jilly, "Sie hat sich nicht selbst umgebracht."

Erschrocken sah April zu Jilly. Auch alle anderen hatten sich ihr zugewandt. Das junge Mädchen verschränkte die Arme und sah sehr ernst aus.

"Was?", fragte April.

"Lois hat sich nicht umgebracht", sagte Jilly.

"Woher weißt du das?", fragte April.

"Ich habe sie getroffen, weißt du nicht mehr? Das konnte ich sehen. Sie war nicht die Art von Mädchen, die das tun würde. Sie wollte nicht sterben."

Jilly hielt einen Moment inne.

Dann sagte sie, "Ich weiß wie es ist, wenn man sterben will. Sie wollte es nicht. Das konnte ich sehen."

Aprils Herz klopfte ihr wild im Hals.

Sie wusste, dass Jilly ihre ganz persönliche Hölle durchlebt hatte. Jilly hatte ihr von ihrem Vater erzählt, der sie in einer eiskalten Nacht ausgesperrt hatte. Jilly hatte in einem Abwasserrohr geschlafen und war dann zu dem Rastplatz gegangen, wo sie geplant hatte, eine Prostituierte zu werden. Dort hatte Mom sie gefunden.

Wenn jemand wusste, wie es war sterben zu wollen, dann sicherlich Jilly.

April spürte, wie der Damm in ihr kurz davor war zu brechen. Konnte Jilly falsch liegen? Hatte Lois sich elend gefühlt?

"Entschuldigt mich", sagte sie. "Ich denke, ich kann gerade nichts essen."

April stand auf und lief nach oben in ihr Zimmer. Sie schloss die Tür, warf sich aufs Bett und fing an zu weinen.

Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Aber nach einer Weile hörte sie ein Klopfen an der Tür.

"April, kann ich reinkommen?", fragte ihre Mutter.

"Ja", antwortete April mit erstickter Stimme.

April setzte sich auf, und Mom kam mit einem Käsesandwich auf einem Teller in den Raum. Mom lächelte mitfühlend.

"Gabriela dachte, dass du das vielleicht eher runter kriegst, als die tapado", sagte sie. "Sie macht sich Sorgen, dass du krank wirst, wenn du nichts isst. Ich mache mir auch Sorgen."

April lächelte durch ihre Tränen. Das war lieb von Gabriela und Mom.

"Danke", sagte sie.

Sie wischte sich die Augen und biss von dem Sandwich ab. Mom setzte sich neben ihr aufs Bett und nahm ihre Hand.

"Willst du darüber reden?", fragte Mom.

April schluckte hart. Aus irgendeinem Grund erinnerte sie sich plötzlich daran, wie ihre beste Freundin, Crystal, vor kurzem weggezogen war. Ihr Vater, Blaine, war hier in diesem Haus brutal geschlagen worden. Auch wenn er und Mom Interesse aneinander gehabt hatten, war er so erschüttert gewesen, dass er weggezogen war.

"Ich habe so ein komisches Gefühl", sagte April. "Als wäre das irgendwie meine Schuld. Schreckliche Dinge passieren uns immer wieder und es ist fast so, als wären sie ansteckend. Ich weiß, das macht keinen Sinn, aber …"

"Ich verstehe, wie du dich fühlst", sagte Mom.

April war überrascht. "Das tust du?"

Das Gesicht ihrer Mutter wurde traurig.

"Ich fühle mich oft selbst so", sagte sie. "Meine Arbeit ist gefährlich. Und sie bringt die in Gefahr, die ich liebe. Ich fühle mich schuldig deswegen. Sehr oft."

"Aber das ist nicht deine Schuld", sagte April.

"Warum denkst du dann, es wäre deine?"

April wusste nicht, was sie sagen sollte.

"Was beschäftigt dich sonst noch?", fragte Mom.

April dachte einen Moment nach.

"Mom, Jilly hat Recht. Ich denke nicht, dass Lois sich umgebracht hat. Und Tiffany glaubt es auch nicht. Ich kannte Lois. Sie war fröhlich, sie hatte alles im Griff. Und Tiffany hat zu ihr aufgesehen. Sie war Tiffanys Heldin. Es macht einfach keinen Sinn."

April konnte am Gesichtsausdruck ihrer Mutter sehen, dass sie ihr nicht glaubte.

Sie denkt, ich bin einfach hysterisch, dachte April.

"April, die Polizei muss annehmen, dass es sich um Selbstmord handelt, und ihre Mutter und ihr Vater––"

"Sie haben Unrecht!", sagte April, die von der Schärfe in der eigenen Stimme überrascht wurde. "Mom, du musst das überprüfen. Du weißt viel mehr über solche Sachen, als die anderen. Sogar mehr als die Polizei."

Mom schüttelte traurig den Kopf.

"April, das kann ich nicht tun. Ich kann nicht einfach los ziehen und etwas untersuchen, das bereits abgeschlossen ist. Denk nur, was die Familie davon halten würde."

April konnte die Tränen kaum zurückhalten.

"Mom, ich bitte dich. Wenn Tiffany die Wahrheit nicht herausfindet, dann wird das ihr Leben zerstören. Sie wird das nie überwinden können. Bitte, bitte tu etwas."

Es war ein großer Gefallen, um den sie bat, und April wusste es. Mom schwieg einen Moment. Sie stand auf, ging zu dem Fenster und sah hinaus. Sie schien tief in Gedanken versunken zu sein.

Immer noch nach draußen blickend, sagte Mom schließlich, "Ich werde morgen mit Tiffanys Eltern sprechen. Falls sie mit mir reden wollen. Mehr kann ich nicht tun."

"Kann ich mitkommen?", fragte April.

"Du hast morgen Schule", sagte Mom.

"Dann lass uns nach der Schule gehen."

Mom hielt kurz inne, sagte aber dann, "Okay."

April stand auf und nahm ihre Mutter fest in den Arm. Sie wollte sich bedanken, aber sie war so überwältigt von Emotionen, dass sie kein Wort herausbrachte.

Wenn jemand herausfinden kann, was passiert ist, dann Mom, dachte April.

KAPITEL DREI

Am nächsten Nachmittag fuhr Riley April zum Haus der Penningtons. Trotz ihrer Zweifel, dass Lois Pennington ermordet wurde, war sich Riley sicher, dass es das Richtige war.

Das bin ich April schuldig, dachte sie, während sie fuhr.

Schließlich wusste sie, wie es war, wenn man sich einer Sache sicher war, aber einem niemand glaubte.

Und April schien sich sicher zu sein, dass etwas nicht stimmte.

Soweit es Riley betraf, hatten sich ihre Instinkte noch nicht gemeldet. Aber während sie in die noblere Gegend von Fredericksburg fuhr, erinnerte sie sich selbst daran, dass Monster oft hinter den friedlichsten Fassaden lauerten. Viele der charmanten Häuser, an denen sie vorbeikamen, verbargen vermutlich dunkle Geheimnisse. Sie hatte schon zu viel Böses in ihrem Leben gesehen und kannte es zu gut.

Und ob es nun Selbstmord oder Mord gewesen war, es bestand kein Zweifel daran, dass ein Monster das scheinbar fröhliche Haus der Penningtons besetzt hatte.

Riley hielt vor dem Haus. Es war ein großes Haus, drei Stockwerke hoch, auf einem großen Grundstück. Riley erinnerte sich daran, was Riley über die Penningtons gesagt hatte.

"Nicht gerade reich, aber recht komfortabel."

Das Haus bestätigte diesen Eindruck. Es war ein schönes Haus in einer netten Nachbarschaft. Das einzige, was ungewöhnlich schien, war das Absperrband, das vor den Türen der Garage hing, in dem die Eltern ihre Tochter gefunden hatten.

Die kalte Luft war beißend als Riley und April aus dem Auto stiegen und zum Haus gingen. Mehrere Wagen standen dicht gedrängt in der Auffahrt.

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