Übermittlung - Морган Райс 4 стр.


Detailliert hieß, dass es etwas Technisches, schon fast Klinisches daran gab, an der Art, wie es gezeichnet wurde, aber da war noch mehr. Etwas an der Geometrie davon war einfach … irgendwie falsch, es schien Tiefen und Winkel zu haben, die man in so einer Zeichnung unmöglich hätte einfangen können.

„Aber das …“ Kevin wusste nicht, was er sagen sollte. Bewies das nicht, was passierte? Dachte jemand, dass er sich so etwas ausdenken konnte?

Anscheinend war Dr. Yalestrom nicht ganz überzeugt. Sie nahm das Bild wieder an sich und faltete es so sorgfältig, als ob sie vermeiden wollte, es noch einmal anzusehen. Kevin nahm an, die Eigenartigkeit seiner Zeichnung war zu viel für sie.

„Ich denke, es ist wichtig, dass wir über die Dinge sprechen, die du siehst“, sagte sie. „Glaubst du, diese Dinge sind echt?“

Kevin zögerte. „Ich bin … mir nicht sicher. Sie fühlen sich echt an, aber bisher haben mir viele Menschen gesagt, dass das nicht sein kann.“

„Das ergibt Sinn“, sagte Dr. Yalestrom. „Was du fühlst, kommt häufig vor.“

„Wirklich?“ Was er erlebte, fühlte sich überhaupt nicht normal an. „Ich dachte, meine Krankheit wäre selten.“

Dr. Yalestrom ging zu ihrem Tisch und legte Kevins Zeichnung in eine Akte. Sie nahm ein Notizblock und begann, sich Notizen zu machen. „Ist es wichtig, dass andere Menschen nicht das erleben, was du erlebst, Kevin?“

„Nein, das ist es nicht“, sagte Kevin. „Es ist nur, dass Dr. Markham sagte, das diese Krankheit wirklich nur wenige Menschen betrifft.“

„Das ist richtig“, stimmte Dr. Yalestrom zu. „Aber ich sehe viele Menschen, die Halluzinationen haben, aus ganz verschiedenen Gründen.“

„Sie glauben, ich werde verrückt“, riet Kevin. Jeder schien das zu denken. Sogar seine Mutter − sie war immerhin diejenige gewesen, die ihn hierher gebracht hatte, nachdem er darüber gesprochen hatte. Er fühlte sich dennoch nicht, als wenn er verrückt würde.

„Das ist kein Wort, das ich dafür benutzen würde“, sagte Dr. Yalestrom. „Ich glaube, dass oftmals das Verhalten, das wir als verrückt bezeichnen, aus einem guten Grund da ist. Häufig ergeben diese Gründe aber nur Sinn für die betroffenen Personen. Menschen flüchten sich in Vorstellungen, um sich vor Situationen zu schützen, die nicht oder nur schwer für sie zu handhaben sind, die … ungewöhnlich scheinen.“

„Sie glauben, das ist es, was ich mit diesen Visionen mache?“, fragte Kevin. Er schüttelte seinen Kopf. „Sie sind echt. Ich denke mir das nicht aus.“

„Darf ich dir sagen, was ich denke, Kevin? Ich glaube, ein Teil von dir hängt vielleicht an diesen ‚Visionen‘, weil es dir hilft zu glauben, dass du deine Krankheit aus einem bestimmten Grund bekommen hast. Ich glaube, dass für dich deine Krankheit durch diese ‚Visionen‘ vielleicht einen Sinn erhält. Die Bilder darin … es ist ein merkwürdiger Ort, der nicht der Normalität entspricht. Könnte das die Art darstellen, wie die Dinge sich verändert haben?“

„Ich glaube schon“, erwiderte Kevin. Er war nicht überzeugt. Die Dinge, die er gesehen hatte, drehten sich nicht um irgendeine Welt, in der er keine Krankheit hatte. Sie drehten sich um einen Ort, den er nicht verstand.

„Dann hast du das Gefühl des drohenden Untergangs mit Feuer und Licht“, erklärte Dr. Yalestrom. „Das Gefühl von Dingen, die zu Ende gehen. Du siehst sogar einen Countdown, einschließlich Zahlen.“

Die Zahlen waren nicht Teil eines Countdowns, das war einfach das langsame Pochen, das Stück für Stück schneller wurde. Kevin nahm an, dass er sie jetzt nicht davon überzeugen konnte. Wenn Erwachsene entschieden hatte, was die Wahrheit war, dann würde er ihre Meinung nicht ändern können.

„Was kann ich also tun?“, fragte Kevin. „Wenn Sie glauben, dass sie nicht echt sind, sollte ich sie dann nicht loswerden?“

Willst du sie loswerden?“, fragte Dr. Yalestrom.

Kevin dachte darüber nach. „Ich weiß nicht. Ich glaube, sie sind vielleicht wichtig, aber ich habe nicht darum gebeten.“

„Genauso wie du auch nicht darum gebeten hast, eine degenerative Erkrankung des Gehirns zu haben“, sagte Dr. Yalestrom. „Vielleicht sind diese beiden Dinge miteinander verbunden, Kevin.“

Kevin hatte bereits darüber nachgedacht, dass seine Visionen irgendwie mit der Krankheit in Verbindung standen. Dass sie vielleicht sein Gehirn soweit verändert hatte, dass er für diese Visionen empfänglich war. Er dachte dennoch nicht, dass es das war, was die Psychologin meinte.

„Was kann ich tun?“, fragte Kevin erneut.

„Es gibt Dinge, die du tun kannst, die sie zwar nicht beseitigen, aber zumindest wärst du in der Lage, damit umzugehen.“

„Was zum Beispiel?“, fragte Kevin. Er musste zugeben, dass er einen Moment Hoffnung hatte. Er wollte nicht, dass diese Visionen ihm ständig im Kopf herumgingen. Er hatte nicht darum gebeten, Nachrichten zu erhalten, die niemand verstand und die ihn einfach nur verrückt erschienen ließen, wenn er darüber sprach.

„Du kannst versuchen Dinge zu finden, die dich von den Halluzinationen ablenken, wenn sie kommen“, sagte Dr. Yalestrom. „Du kannst versuchen dich selbst daran zu erinnern, dass das nicht echt ist. Wenn du Zweifel hast, dann finde Wege, das zu überprüfen. Vielleicht fragst du jemand anderen, ob er dasselbe sieht. Erinnere dich daran, es ist okay, zu sehen, was du siehst, aber wie du darauf reagierst, liegt an dir.“

Kevin nahm an, er konnte sich an all das erinnern. Dennoch half das nicht dabei, den schwachen Puls des Countdowns ruhiger zu stellen, der im Hintergrund trommelte und immer ein wenig schneller wurde.

„Und ich glaube, du musst es den Menschen erzählen, die es nicht wissen“, sagte Dr. Yalestrom. „Es ist nicht fair, sie darüber im Unklaren zu lassen.“

Sie hatte recht.

Und es gab eine Person, der er dringender als anderen davon erzählen musste.

Luna.

KAPITEL VIER

„Also“, sagte Luna, als sie und Kevin auf den Wegen des Lafayette Reservoir Erholungsparks umherliefen und Touristen und Familien auswichen, die ihren freien Tag genossen, „warum bist du mir aus dem Weg gegangen?“

Luna kam immer schnell zum Punkt. Das war eines der Dinge, die Kevin an ihr gefielen. Nicht, dass sie ihm so gefiel. Die Leute schienen das immer anzunehmen. Sie dachten, weil sie hübsch und blond war und wahrscheinlich Cheerleader-Material − wenn sie das nicht alles für absolut bescheuert halten würde − dass sie zweifellos ‚miteinander gingen‘. Sie nahmen einfach an, dass die Welt so funktionierte.

Sie waren nicht zusammen. Luna war seine beste Freundin. Die Person, mit der er die meiste Zeit außerhalb der Schule verbrachte. Wahrscheinlich die einzige Person auf der Welt, mit der er über fast alles reden konnte.

Außer über das hier.

„Ich war nicht …“, Kevin verstummte bei dem Blick auf Lunas Gesicht. Sie war gut im Starren. Kevin nahm an, dass sie das heimlich übte. Er hatte jeden, von Mobbern bis zu unhöflichen Ladeneigentümer zurückrudern sehen, nur damit sie sie nicht länger anstarrte. Wenn sie einen so anstarrte, war es unmöglich, sie anzulügen. „Okay, ich bin dir aus dem Weg gegangen, aber es gab einen Grund, Luna. Ich habe etwas … na ja, etwas von dem ich nicht weiß, wie ich es dir sagen soll.“

„Oh sei nicht dumm“, sagte Luna. Sie hatte eine leere Soda-Dose gefunden und trat sie den Weg hinunter, sie schubste sie von Fuß zu Fuß mit einer Routine, die davon kam, wenn man das viel zu oft tat. „Ich meine, wie schlimm kann es sein? Ziehst du um? Gehst du wieder auf eine andere Schule?“

Vielleicht erwischte sie etwas in seinem Ausdruck, denn sie wurde nach ein paar Sekunden still. Es lag etwas Verletzliches in der Stille, als würden beide um etwas drumherum redeten, um zu vermeiden, dass es brach. Dennoch musste er es tun. Sie konnten nicht für ewig hier herumlaufen.

„Ist es so schlimm?“, fragte sie und kickte die Dose mit einem letzten Stoß ihres Fußes in den Mülleimer.

Kevin nickte. Schlimm war das richtige Wort dafür.

„Wie schlimm?“

„Schlimm“, sagte er. „Gehen wir zum Stausee?“

Der Stausee war der Ort, an den sie beide hingingen, wenn sie über etwas reden wollten. Sie hatten über Billy Hames gesprochen, der Luna gefiel, als sie neun waren, und über Kevins Katze Tiger, die gestorben war, als sie zehn waren. Nichts davon schien eine gute Vorbereitung auf das hier gewesen zu sein. Er war keine Katze.

Sie gingen zum Wasserrand und schauten auf die Bäume an der Längsseite und die Menschen mit ihren Kanus und Paddelbooten auf dem Stausee. Im Vergleich zu anderen Orten, an denen sie gewesen waren, war es nett hier. Die Leute nahmen an, dass Kevin der Junge von der falschen Seite der Stadt war, der einen schlechten Einfluss auf Luna hatte, aber sie war diejenige mit dem Talent, über Zäune zu klettern und an verfallenen Gebäuden hochzuklettern, während Kevin ihr folgte, wenn er konnte. Hier gab es nichts von dem, nur Wasser und Bäume.

„Was ist denn los?“, fragte Luna. Sie zog ihre Schuhe aus und ließ ihre Füße in das Wasser gleiten. Kevin war nicht danach, dasselbe zu tun. Im Moment wollte er rennen, sich verstecken. Alles, nur um ihr nicht die Wahrheit sagen zu müssen. Er dachte, je länger er es von Luna fernhalten konnte, umso länger war es nicht echt.

„Kevin?“, sagte Luna. „Du machst mir Angst. Hör zu, wenn du mir nicht sagst, was los ist, dann werde ich deine Mutter anrufen und es so herausfinden.“

„Nein, tu das nicht“, sagte Kevin schnell. „Ich bin nicht sicher … Mama kann damit nicht gut umgehen.“

Luna sah jede Minute besorgter aus. „Was ist los? Ist sie krank? Bist du krank?“

Kevin nickte bei Letzterem. „Ich bin krank“, sagte er. Er legte eine Hand auf Lunas Schulter. „Ich habe etwas, dass sich Leukodystrophie nennt. Ich sterbe Luna.“

Er wusste, er hatte es zu schnell gesagt. Bei so etwas sollte es eine lange Erklärung geben, ein richtiger Aufbau, aber ganz ehrlich: das war der Teil, der wichtig war.

Sie schaute ihn an und schüttelte ihren Kopf in offensichtlichem Unglauben. „Nein, das kann nicht sein, das ist …“

Sie umarmte ihn, fest genug, sodass Kevin kaum noch atmen konnte.

„Sag, dass das ein Witz ist. Sag, dass das nicht wahr ist.“

„Ich wünschte, das wäre so“, sagte Kevin. Er wünschte es sich mehr, als alles andere, in diesem Moment.

Luna zog sich zurück und Kevin konnte sehen, wie sie sich bemühte, nicht zu weinen. Normalerweise war Luna gut dabei, nicht zu weinen. Jetzt aber konnte er sehen, dass es sie viel Selbstbeherrschung kostete.

„Das … wie lange?“, fragte sie.

„Sie sagen, vielleicht sechs Monate“, sagte Kevin.

„Und das war vor Tagen, also ist es jetzt noch weniger“, gab Luna zurück. „Und du musstest die ganze Zeit damit alleine umgehen und …“ Sie wurde wieder still, als das ganze Ausmaß sie traf.

Kevin konnte sehen, wie sie die Menschen auf dem Stausee anschaute, die mit ihren kleinen Booten fuhren und ihre Paddel durchs Wasser zogen. Sie schienen so glücklich hier. Sie starrte sie an, als wenn sie der Teil waren, den sie nicht glauben konnte, und nicht die Krankheit.

„Das ist nicht fair“, sagte sie. „All diese Menschen, die einfach so weitermachen, als wenn die Welt dieselbe ist, die Spaß haben, während du stirbst.“

Kevin lächelte traurig. „Was sollen wir sonst tun? Ihnen sagen, dass sie keinen Spaß mehr haben dürfen?“

Zu spät wurde ihm die Bedeutung seiner Worte bewusst, als Luna aufstand, ihre Hände an ihrem Mund zu einem Trichter formte und, so laut sie konnte, schrie.

„Hey, ihr alle da, ihr müsst aufhören. Mein Freund stirbt und ich verlange, dass ihr alle sofort aufhört, Spaß zu haben!“

Ein paar Menschen schauten sich um, aber niemand hörte auf. Kevin nahm an, dass das nicht der Punkt war. Luna stand für mehrere Sekunden da und dieses Mal, war er derjenige, der sie umarmte und sie festhielt, während sie weinte. Das geschah so selten, dass der reine Schock darüber Kevin erstarren ließ. Luna, die Leute anschrie, die sich auf eine Art und Weise verhielt, die man von jemandem wie ihr nicht erwarten würde, war normal. Lunas Zusammenbruch nicht.

„Fühlst du dich besser?“, fragte er nach einer Weile.

Sie schüttelte ihren Kopf. „Nicht wirklich. Was ist mit dir?“

„Na ja, es ist schön zu wissen, dass es da jemanden gibt, der versuchen würde, die Welt für mich anzuhalten“, erwiderte er. „Weißt du, was das Schlimmste ist?“

Luna schaffte ein weiteres Lächeln. „Nicht in der Lage zu sein, die Krankheit auszusprechen, die du hast?“

Kevin konnte das Lächeln nur zurückgeben. Er vertraute darauf, dass Luna wusste, dass sie so normal sein musste wie möglich und sich über ihn lustig machen sollte.

„Kann ich, ich kann üben. Das Schlimmste daran ist, dass all das heißt, dass mir niemand glaubt, wenn ich sage, dass ich Dinge sehe. Alle glauben, das ist einfach die Krankheit.“

Luna legte ihren Kopf schief. „Was für Dinge?“

Kevin erklärte ihr die merkwürdigen Landschaften, die er gesehen hatte, das Feuer, die diese sauber wischte, das Gefühl eines Countdowns.

„Das …“, begann Luna, als er fertig war, wusste aber nicht, wie sie es beenden sollte.

„Ich weiß, das ist verrückt … ich bin verrückt“, sagte Kevin. Sogar Luna glaubte ihm nicht.

„Du hast mich nicht ausreden lassen“, sagte Luna und atmete ein. „Das … ist so cool.“

„Cool?“, wiederholte Kevin. Das war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte, auch nicht von ihr. „Jeder andere denkt, ich werde verrückt oder mein Gehirn schmilzt oder so.“

„Alle anderen sind dumm“, erklärte Luna − um fair zu sein, das schien ihre Standardeinstellung gegenüber der Menschheit zu sein. Für sie war jeder dumm, bis er das Gegenteil bewies.

„Du glaubst mir also?“, fragte Kevin. Sogar er war sich nicht mehr ganz so sicher, nach all dem, was die Ärzte ihm gesagt hatten.

Luna hielt ihn an seinen Schultern fest und sah ihm direkt in die Augen. Bei einem anderen Mädchen hätte Kevin vielleicht gedacht, dass sie ihn küssen würde. Aber nicht bei Luna.

„Wenn du mir sagst, dass diese Visionen echt sind, dann sind sie echt, ich glaube dir. Und in der Lage zu sein, die Welt von Aliens zu sehen, ist definitiv cool.“

Kevins Augen weiteten sich ein wenig dabei. „Warum glaubst du, dass es eine Alien-Welt ist?“

Luna trat mit einem Achselzucken zurück. „Was sollte es sonst sein?“

Als sie das fragte, bekam Kevin das Gefühl, das sie genauso erstaunt davon war, wie er. Es gelang ihr nur besser, das zu verstecken.

„Vielleicht …“, sagte sie, „… vielleicht hat all das dein Gehirn verändert, sodass es eine direkte Leitung zu diesem Alien-Ort hat?“

Wenn Luna jemals Superkräfte erwerben würde, dann wäre es wahrscheinlich die Fähigkeit, große Schlüsse in einem einzigen Satz zu ziehen. Kevin gefiel das an ihr, besonders wenn das hieß, dass sie die einzige Person war, die ihm glaubte, aber dennoch fühlte es sich an, als wenn es viel zu entscheiden gäbe, sehr schnell.

„Du weißt, wie verrückt sich das anhört?“, fragte er.

„Nicht verrückter als der Gedanke, dass meinen Freund aus keinem guten Grund aus dieser Welt gerissen wird“, gab Luna zurück. Ihre Fäuste ballten sich auf eine Art zusammen, die erahnen ließ, dass sie gerne dagegen ankämpfen würde. Oder vielleicht presste sie sie auch nur so zusammen, damit sie nicht wieder weinen musste. Luna neigte dazu, sauer zu werden oder Witze zu machen oder verrückte Dinge zu tun, anstelle sich aufzuregen. In dem Moment konnte Kevin ihr keine Vorwürfe daraus machen.

Er sah zu, wie sie sich beruhigte und stattdessen ein Lächeln erzwang.

„Also, schreckliche Krankheit, coole Visionen von Alien-Welten … gibt es irgendwas, dass du mir noch nicht erzählt hast?“

„Ja, das mit den Zahlen“, sagte Kevin.

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