Soldat, Bruder, Zauberer - Морган Райс 2 стр.


„Eure Majestät, seid Ihr euch ganz – “

„Allein, habe ich gesagt.“ Das böse Funkeln der Königin genügte, dass selbst Thanos für einen Augenblick Mitleid mit dem Mann hatte. „Er sitzt sicher in diesem Käfig. Setzt eure Arbeit an dem Galgen schleunigst fort. Ich will den Mann, der meinen Mann getötet hat, tot sehen!“

Thanos sah, wie sich die Wachen von ihm und der Königin entfernten. Sie waren mit Sicherheit außer Hörweite. Thanos hatte keinen Zweifel, dass dies so gewollt war.

„Ich habe den König nicht getötet“, beharrte Thanos, auch wenn er davon ausging, dass das nichts an seiner Situation ändern würde. Wer würde ihm ohne Beweise schon glauben? Und erst recht nicht die Königin, die ihn noch nie hatte leiden können.

Der Ausdruck im Gesicht der Königin erstarrte für einen Augenblick. Thanos sah, wie sie sich schon beinahe verstohlen umblickte, so als wäre sie besorgt, dass jemand sie belauschte. In diesem Moment verstand Thanos.

„Ihr wisst es bereits, oder?“ sagte Thanos. „Ihr wisst, dass ich es nicht war.“

„Woher sollte ich so etwas wissen?“ fragte Königin Athena, doch etwas in ihrer Stimme verriet sie. „Du wurdest mit dem Blut meines geliebten Mannes an deinen Händen ertappt. Du standest über seine Leiche gebeugt.“

„Geliebt“, wiederholte Thanos. „Ihr habt den König aus politischen Gründen geheiratet.“

Thanos sah, wie die Königin ihre Hände an ihr Herz hob. „Und das heißt, dass wir einander nicht auch lieben konnten?“

Thanos schüttelte seinen Kopf. „Ihr habt meinen Vater nie geliebt. Ihr liebt nichts als die Macht, die euch eure Rolle als Gattin des Königs eingebracht hat.“

„Deines Vaters?“ sagte König Athena. „Mir dünkt, du hast mehr herausgefunden als du solltest, Thanos. Claudius hat viel auf sich genommen, um das zu verheimlichen. Allein deshalb solltest du hingerichtet werden.“

„Und für etwas, das Lucious getan hat“, schoss Thanos zurück.

„Ja, für etwas das Lucious getan hat“, antwortete Königin Athena und Ärger trat in ihr Gesicht. „Glaubst du etwa, du könntest mir etwas über meinen Sohn sagen, dass mich schockieren würde? Selbst das. Er bleibt mein Sohn!“

Thanos konnte die verteidigende Haltung darin hören, beinhart und unerschütterlich. In diesem Moment musste er an das Kind denken, das er niemals mit Stephania haben würde und daran, wie er seinen Sohn oder seine Tochter in Schutz genommen hätte. Er wollte glauben, dass er sein Kind in jeder Situation verteidigt hätte, doch ein Blick auf Königin Athena verriet ihm, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Es gab Grenzen, jenseits derer sich auch Eltern nicht mehr vor ihr Kind stellen durften.

„Was ist mit den anderen?“ erwiderte Thanos. „Was werden sie tun, wenn sie es herausfinden?“

„Wie sollten sie es herausfinden?“ fragte Königin Athena. „Wirst du es ihnen gleich zurufen? Versuch es. Lass alle wissen, dass der Verräter in dem Käfig, der über seinem ermordeten Vater stehend aufgefunden wurde, behauptet, dass eigentlich sein Bruder die Tat begangen hat. Glaubst du wirklich, dass dir irgendjemand glauben wird?“

Thanos kannte bereits die Antwort darauf. Die Tatsache, dass er hier festsaß, sprach für sich. Für jeden, der im Reich Macht besaß, war er bereits ein Verräter. Außerdem hatte er sich ins Schloss geschlichen. Nein, wenn er versuchte ihnen die Wahrheit zu sagen, würden sie ihm nicht glauben.

Er wusste, dass, wenn ihm die Flucht nicht gelänge, er hier sterben würde. Er würde sterben und Lucious würde König. Was danach geschähe, wäre ein Alptraum. Er musste einen Weg finden, es aufzuhalten.

Sicher konnte auch Königin Athena sehen, wie schlimm es werden würde. Er musste es ihr nur ins Bewusstsein rufen.

„Was glaubt Ihr wird geschehen, wenn Lucious König wird?“ fragte Thanos. „Was glaubt Ihr, wird er tun?“

Er sah, wie ein Lächeln auf Athenas Gesicht trat. „Ich denke, er wird tun, was seine Mutter ihm rät. Lucious hatte nie viel Geduld für die... mühseligen Details seiner Rolle. Eigentlich sollte ich dir danken, Thanos. Claudius war zu dumm. Er hat nicht auf mich gehört, wenn er es besser hätte tun sollen. Lucious ist formbarer.“

„Wenn Ihr das glaubt“, sagte Thanos, „dann seid Ihr genauso krank wie er. Ihr habt gesehen, was Lucious fähig war, seinem Vater anzutun. Glaubt Ihr, dass, nur weil Ihr seine Mutter seid, er euch verschonen würde?“

„Macht ist der einzige sichere Hafen“, antwortete Königin Athena. „Du wirst es nicht mehr erleben, was auch immer geschieht. Wenn der Galgen bereit ist, wirst du sterben, Thanos. Lebewohl.“

Sie drehte sich um und ging. Thanos konnte nur an Lucious denken. An dessen Krönung. Daran wie Thanos das Dorf vor Lucious gerettet hatte. An den Zustand, in dem Lucious gewesen sein muss, als er seinen Vater getötet hat.

Ich werde mich befreien, versprach Thanos sich selbst. Ich werde entkommen und ich werde Lucious töten.

KAPITEL ZWEI

Ceres wurde auf den Schultern der Menge aus dem Stadion in das Sonnenlicht getragen und ihr Herz schwoll über. Sie blickte über das Trümmerfeld und wurde von einem Schwall an Emotionen überrollt, der um ihre Aufmerksamkeit buhlte.

Natürlich herrschte Siegesstimmung. Sie hörte den Jubel der aus dem Stadion strömenden Menge. Sie alle liefen bunt durcheinander, die Rebellen von Haylon, die Kampfherren, die letzten Kämpfer aus Lord Wests Einheiten und die Menschen der Stadt.

Erleichterung über den Erfolg ihres verzweifelten Versuchs, die Kampfherren vor Lucious letzten Tötungen zu retten und darüber, dass es nun endgültig vorbei war, machte sich breit.

Doch das war nicht alles. Ceres’ Blick durchforstete die Menge, bis sie ihren Bruder und Vater Arm in Arm in einer Gruppe von Rebellen stehend fand. Sie wollte zu ihnen laufen und sicherstellen, dass es ihnen gut ging, doch die Entschlossenheit der Menge, sie durch die halbe Stadt zu tragen, war zu groß. Sie musste sich damit begnügen, dass sie allem Anschein nach unverletzt geblieben waren. Sie liefen jubelnd mit den anderen umher. Es war kaum zu glauben, dass sie zu jubeln noch im Stande waren. So viele dieser Menschen waren bereit gewesen, für das Ende der Tyrannei des Reichs ihr Leben zu geben. So viele hatten ihr Leben gegeben.

Und schließlich ergriff sie auch noch eine letzte Emotion: Traurigkeit. Traurigkeit, dass all das notwendig gewesen war und dass auf beiden Seiten so viele Menschen hatten sterben müssen. Sie sah die Leichen in den Straßen, in denen es zu Auseinandersetzungen zwischen den Rebellen und Soldaten gekommen war. Die meisten trugen das Rot des Reichs, aber das machte es nicht besser. Viele waren gewöhnliche Menschen gewesen, die gegen ihren Willen rekrutiert worden waren oder Männer, die sich der Armee angeschlossen hatten, um Armut und Joch zu entkommen. Und jetzt lagen sie hier tot auf der Straße und starrten in den Himmel, ohne dass sie jemals wieder etwas sehen würden.

Ceres konnte die Hitze des Bluts auf ihrer Haut spüren. Es trocknete bereits in der Sonne. Wie viele hatte sie heute getötet? Sie hatten irgendwann in der Schlacht zu zählen aufgehört, denn sie hatte weitermachen müssen, weiterkämpfen, denn aufzuhören hätte ihren Tod bedeutet. Sie hatte sich vom Fluss der Schlacht treiben lassen, von seiner Energie, die sich in die Energie in ihr gemischt hatte.

„Sie alle“, sagte Ceres.

Sie hatte sie alle getötet, auch wenn sie es nicht mit ihren eigenen Händen getan hatte. Sie war diejenige gewesen, die die Menschen in den Rängen überzeugt hatte, den Frieden des Reichs nicht hinzunehmen. Sie war diejenige gewesen, die Lord Wests Männer überzeugt hatte, die Stadt anzugreifen. Sie blickte zu den Toten und war entschlossen, sie niemals zu vergessen, niemals zu vergessen, was dieser Sieg gekostet hatte.

Selbst die Stadt wies die Narben der Gewalt auf: zerstörte Türeingänge, die Überreste der Barrikaden. Doch griffen auch Anzeichen von Freude langsam um sich: Menschen traten auf die Straßen, mischten sich unter die Menge, welche die Straßen in ein Menschenmeer verwandelten.

Über den Rufen der Menge konnte sie kaum etwas anderes hören, doch in der Ferne glaubte Ceres die Geräusche fortlaufender Kämpfe wahrzunehmen. Ein Teil von ihr wollte loslaufen und sich darum kümmern, doch ein noch größerer Teil von ihr wollte dieser Gewaltspirale Einhalt gebieten, bevor sie außer Kontrolle geriet. Doch in Wahrheit war sie in diesem Moment zu erschöpft, um etwas zu unternehmen. Es fühlte sich so an, als hätte sie ewig gekämpft. Wenn die Menge sie nicht getragen hätte, dann wäre sie vielleicht zusammengebrochen.

Als die Menge sie schließlich auf dem Hauptplatz absetzte, blickte sich Ceres nach ihrem Bruder und ihrem Vater um. Sie bahnte sich ihren Weg zu ihnen und schaffte es nur, weil die Menschen respekterfüllt zur Seite traten, um sie durchzulassen.

Ceres umarmte sie beide.

Sie sprachen kein Wort. Ihr Schweigen, ihre Umarmung, das sagte alles. Sie alle hatten es irgendwie als Familie überlebt. Umso schmerzhafter war der Verlust ihres Bruders.

Ceres hätte sich am liebsten nie wieder aus dieser Umarmung gelöst. Lieber wäre sie sicher bei ihrem Bruder und Vater geblieben und hätte die Revolution ihren Gang gehen lassen. Doch als sie mit zwei der für sie wichtigsten Menschen in dieser Welt dort stand, bemerkte sie auch noch etwas anderes.

Die Menschen starrten sie an.

Ceres vermutete, dass dies nach allem was geschehen war, nichts Ungewöhnliches war. Sie hatte den Kampf angeführt und sah unter all dem Blut, dem Dreck und der Erschöpfung wie ein Monster aus irgendeiner Legende aus. Doch starrten sie die Menschen auf eine andere Weise an.

Nein, sie blickten sie an, als würden sie darauf warten, dass man ihnen sagte, was als nächstes zu tun sei.

Ceres sah, wie sich einige Personen ihren Weg durch die Menge bahnten. Sie erkannte Akila unter ihnen, den drahtigen, muskelbepackten Mann, der die letzte Welle an Rebellen angeführt hatte. Die meisten trugen jedoch die Farben von Lord Wests Männern. Mindestens ein Kampfherr, ein großer mit einer Spitzhacke, dem die ihm zugefügten Wunden auf seinem Körper nichts auszumachen schienen, war ebenso unter ihnen.

„Ceres“, sagte Akila, „die verbleibenden Reichssoldaten haben sich entweder ins Schloss zurückgezogen oder die Flucht aus der Stadt angetreten. Meine Männer sind so vielen wie möglich gefolgt, doch kennen sie die Stadt nicht gut genug und ... nun, es besteht die Gefahr, dass die Leute das falsch verstehen.“

Ceres verstand. Wenn Akilas Männer den fliehenden Soldaten durch Delos nachjagten, dann würde man vielleicht denken, dass sie Invasoren seien. Und auch wenn sie das nicht wären, würde man sie überfallen, erschlagen und erschießen.

Doch war es seltsam, dass sich so viele Menschen für Antworten an sie wendeten. Sie blickte sich um und suchte nach jemandem, der in dieser Situation einen besseren Rat geben konnte als sie. Ceres wollte nicht das Ruder übernehmen, nur weil ihre Blutlinie sie mit Delos’ Uralten verband.

„Wer ist jetzt Anführer der Rebellion?“ rief Ceres. „Hat irgendeiner der Anführer überlebt?“

Um sich konnte sie sehen, wie die Menschen die Hände in die Luft warfen und den Kopf schüttelten. Sie wussten es nicht. Natürlich wussten sie es nicht. Sie hatten auch nicht mehr Überblick als Ceres. Ceres wusste jedoch das Entscheidende: Anka war nicht mehr, denn Lucious hatte sie hinrichten lassen. Wahrscheinlich waren auch die meisten anderen Anführer tot. Oder sie versteckten sich.

„Was ist mit Lord Wests Cousin Nyel?“ fragte Ceres.

„Lord Nyel ist nicht mit uns in die Schlacht gezogen“, sagte einer von Lord Wests ehemaligen Männern.

„Nein“, sagte Ceres, „das hatte ich vermutet.“

Vielleicht war es besser so. Die Rebellen und Menschen von Delos wären einem Adligen wie Lord West angesichts dessen, was er repräsentierte, mit Vorsicht begegnet, auch wenn er ein tapferer und ehrenvoller Mann gewesen war. Sein Cousin war nicht halb der Mann, der er gewesen war.

Sie fragte gar nicht erst, ob die Kampfherren einen Anführer hatten. Sie waren aus anderem Holz geschnitzt. Ceres hatte jeden von ihnen in den Trainingsgräben des Stadions kennengelernt und sie wusste, dass, auch wenn jeder von ihnen für zwölf normale Männer kämpfen konnte, sie nicht in der Lage waren, so etwas anzuführen.

So blickte sie zu Akila. Er war augenscheinlich ein Anführer und seine Männer folgten klar seinem Beispiel. Doch schien er hier von ihr die Befehle zu erwarten.

Ceres spürte die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter.

„Du fragst dich, warum sie auf dich hören sollten?“, vermutete er und kam damit der Wahrheit sehr nah.

„Sie sollten mir nicht folgen, nur weil in meinen Adern das Blut der Uralten fließt“, wiederholte Ceres leise. „Wer bin ich schon? Wie könnte ich sie anführen?“

Sie sah, wie ihr Vater dabei zu lächeln begann.

„Sie wollen dir nicht wegen deiner Ahnen nachfolgen. Wenn es so wäre, dann würden sie sich an Lucious halten.“

Ihr Vater spuckte in den Dreck, als wollte er damit ausdrücken, was er von diesem Gedanken hielt.

Sartes nickte.

„Vater hat Recht, Ceres“, sagte er. „Du hast viel für sie getan, deshalb wollen sie dir folgen. Deinetwegen.“

Sie dachte darüber nach.

„Du kannst sie zusammenhalten“, fügte ihr Vater hinzu. „Und zwar jetzt.“

Ceres wusste, dass sie Recht hatten, aber es war noch immer schwer inmitten so vieler Menschen zu stehen und zu wissen, dass sie auf ihre Entscheidung warteten. Was würde geschehen, wenn sie es nicht täte? Was würde, wenn sie einen der anderen zwänge, die Führung zu übernehmen?

Ceres hatte eine leise Ahnung. Sie konnte die Energie der Menge spüren, noch konnte sie in Zaum gehalten werden und doch war sie wie eine schwelende Glut, die sich jeder Zeit zu einem Flächenbrand entzünden konnte. Ohne die Vorgabe einer klaren Richtung würde sie umschlagen und zu Plünderungen der Stadt, zu noch mehr Toten und Zerstörung und vielleicht sogar zu ihrer Niederlage führen, wenn sich die unterschiedlichen Lager in die Haare bekämen.

Nein, das konnte sie nicht zulassen, auch wenn sie unsicher war, was sie ausrichten konnte.

„Brüder und Schwestern!“ rief sie und zu ihrer Überraschung trat augenblicklich ein Schweigen ein.

Jetzt hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller, mehr noch als zuvor.

„Wir haben einen großen Sieg davongetragen, wir alle! Ihr alle! Ihr habt dem Reich die Stirn geboten und ihr habt den Todesklauen den Sieg abgerungen!“

Die Menge jubelte und Ceres blickte sich um, ließ den Moment auf sich wirken.

„Aber das reicht noch nicht“, fuhr sie fort. „Ja, wir könnten jetzt alle nach Hause gehen und wir könnten auf das Viele blicken, was wir erreicht haben. Vielleicht wären wir auch für einen Moment in Sicherheit. Doch irgendwann würden das Reich und seine Herrscher sich gegen uns und unsere Kinder erheben. Alles würde wieder so werden, wie es einmal war oder sogar schlimmer. Wir müssen das hier zu einem endgültigen Ende für uns alle führen!“

„Und wie stellen wir das an?“ kam eine Stimme aus der Menge.

„Wir nehmen das Schloss ein“, antwortete Ceres. „Wir nehmen Delos ein, sodass es uns gehört. Wir nehmen den Adel gefangen und setzten ihren Grausamkeiten ein Ende. Akila, du bist über das Meer zu uns gekommen?“

„Das stimmt“, sagte der Rebellenanführer.

„Dann geh mit deinen Männern zum Hafen und stell sicher, dass wir die Kontrolle über den Hafen haben. Ich will nicht, dass irgendein Adliger entkommt und eine Armee oder Flotte gegen uns mobilisiert.“

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