Regentschaft Des Stahls - Морган Райс 4 стр.


"Und es ist immer noch so?", fragte sie.

Erec zuckte mit den Achseln.

"Ich habe keinen von ihnen gesehen, seit ich ein Kind war. Es ist meine erste Rückkehr in meine Heimat; fast dreißig Sonnen-Zyklen sind vergangen. Ich weiß nicht, was mich erwartet. Ich bin heute vielmehr ein Geschöpf des Rings. Und doch, wenn mein Vater stirbt… bin ich sein ältestes Kind. Mein Volk wird von mir erwarten, dass ich den Thron übernehme. "

Alistair hielt inne, sie wollte nicht neugierig erscheinen.

"Und wirst du es tun?"

Erec zuckte die Schultern.

„Es ist nicht gerade etwas, was ich angestrebt habe. Doch wenn mein Vater es wünscht, kann ich nicht ablehnen.“

Alistair studierte seine Miene.

„Du liebst ihn sehr.“

Erec nickte, und sie konnte im Sternenlicht sehen, wie sich seine Augen mit Tränen füllten.

„Ich bete nur, dass unser Schiff rechtzeitig ankommt, bevor er stirbt.“

Alistair dachte über seine Worte nach.

„Und was ist mit deiner Mutter?“, fragte sie. „Denkst du, sie wird mich mögen?“

Erec lächelte.

„Wie ihre eigene Tochter“, sagte er. „Denn sie wird sehen, wie sehr ich dich liebe.“

Sie küssten sich. Alistair lehnte sich zurück und während sie gen Himmel blickte, ergriff sie Erecs Hand.

„Du darfst eines nie vergessen – ich liebe dich. Mehr als alles andere. Das ist alles was zählt. Mein Volk wird die größte Hochzeit ausrichten, die die Südlichen Inseln je gesehen haben. Sie werden uns mit Festlichkeiten überschütten. Und du wirst von allen geliebt werden.“

Alistair betrachtete die Sterne, wobei sie Erecs Hand festhielt und nachdachte. Sie zweifelte nicht an seiner Liebe zu ihr, doch sie fragte sich, wie sein Volk zu ihr stehen würde, ein Volk, das er selbst kaum kannte. Würden sie sie akzeptieren, so wie er es annahm? Sie war sich nicht sicher.

Plötzlich hörte Alistair schwere Schritte. Sie sah sich um und sah, wie das Besatzungsmitglied an der Reling stand und einen großen toten Fisch über Bord warf. Sie hörte ein leises Platschen, gefolgt von einem lauteren, als ein anderer Fisch hochsprang und ihn vertilgte. Dann hörte sie ein furchtbares Geräusch aus dem Wasser, das wie Stöhnen oder Weinen klang, gefolgt von weiterem Platschen.

Alistair beobachtete den Seemann. Er war unrasiert, trug abgerissene Kleider und ihm fehlten einige Zähne. Mit einem dümmlichen Grinsen lehnte er sich über die Reling. Er drehte sich um und sah sie an. Sein Gesicht wirkte böse, geradezu grotesk im Sternenlicht. Alistair hatte ein ungutes Gefühl dabei.

„Was hast du da über Bord geworfen?“, fragte Erec.

„Die Innereien eines Simkafischs“, antwortete er.

„Warum?“

„Sie sind giftig“, antwortete er grinsend. „Jeder Fisch, der sie frisst, stirbt auf der Stelle.“

Alistair sah in entsetzt an. „Doch warum willst du die Fische töten?“

Der Mann grinste noch breiter.

„Ich sehe ihnen gerne beim Sterben zu. Ich höre gerne ihre Schreie, und mir gefällt es zu beobachten, wie sie mit dem Bauch nach oben an der Oberfläche treiben. Es mach Spaß.“

Der Mann drehte sich um und ging langsam zurück zu Rest der Besatzung. Während Alistair ihm dabei zusah, bekam sie eine Gänsehaut.

„Was hast du?“, fragte Erec sie.

Alistair wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf. Sie versuchte das ungute Gefühl zu vertreiben, doch es ließ sich nicht abschütteln; es war eine finstere Vorahnung, doch sie war sich nicht sicher wofür.

„Nicht, mein Geliebter.“

Sie lehnte sich wieder an ihn, und versuchte sich einzureden, dass alles in Ordnung war. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass nichts in Ordnung war.

*

Erec erwachte mitten in der Nacht. Er spürte, wie das Schiff langsam auf und ab dümpelte, und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Der Krieger in ihm, der Teil von ihm, der ihn schon immer gewarnt hatte, wenn etwas Schlimmes bevorstand. Er hatte immer einen Gespür dafür gehabt, schon seit er ein kleiner Junge war.

Er setzte sich auf, und sah sich um. Alistair schlief tief und fest neben ihm. Es war noch immer dunkel, das Boot tanzte immer noch auf den Wellen, doch etwas stimmte nicht. Er sah sich um, doch er sah kein Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmte.

Welche Gefahr sollte es hier draußen, mitten im Nirgendwo, schon geben? Hatte er nur geträumt?

Erec vertraute seinem Instinkt und griff nach seinem Schwert. Doch bevor er es ergreifen konnte, spürte er plötzlich, wie ein schweres Netz über ihn geworfen wurde und festgezogen wurde.

Bevor er reagieren konnte, wurde er in die Höhe gezogen, wie ein Fisch im Netz, die Maschen des Netzes so eng um ihn, dass er sich nicht bewegen konnte.

Er wurde immer höher gezogen, bis er schließlich, wie ein Tier in der Falle, fünf Meter über dem Deck baumelte.

Erecs Herz pochte wild in seiner Brust, während er versuchte zu verstehen, was vor sich ging. Er blickte auf Alistair herab, die nun ebenfalls aufgewacht war.

„Alistair!“, schrie Erec.

Sie blickte sich nach ihm um, und als sie endlich nach oben sah, war sie geschockt.

„EREC!“, schrie sie verwirrt.

Erec sah, wie ein paar Dutzend Besatzungsmitglieder mit Fackeln auf sie zukamen. Alle hatten ein zu grotesken Fratzen verzogenes, böses Grinsen im Gesicht, als sie sich ihr näherten.

„Es ist an der Zeit, dass du sie mit uns teilst“, sagte einer von ihnen.

„Ich werde dem Prinzesschen zeigen, was ein Seemann alles kann!“, knurrte ein anderer.

Die Gruppe brach in Gelächter aus.

„Du bist nach mir dran“, sagte ein anderer.

„Nicht vor mir!“, brüllte der nächste.

Erec versuchte, sich mit aller Kraft zu befreien, als sie immer näher kamen. Doch es hatte keinen Sinn. Seine Schultern und Arme waren zu sehr festgezurrt, er konnte nicht einmal seinen kleinen Finger rühren.

„ALISTAIR!“, schrie er verzweifelt.

Er konnte nicht mehr tun, als hilflos von oben zuzusehen. Drei der Seemänner stürzten sich von hinten auf Alistair. Sie schrie, als sie sie von den Füssen rissen, ihren Rock hochzerrten und ihre Arme hinter dem Rücken festhielten. Die Männer hielten sie fest, während andere mit lüsternen Mienen auf sie zukamen.

Erec suchte das Schiff nach dem Kapitän ab. Er fand ihn auf dem Oberdeck, in Ruhe die Szene beobachtend.

„Kapitän!“, schrie Erec. „Das ist dein Schiff. Tu etwas!“

Der Kapitän sah ihn an, dann wendete er sich langsam ab, als wollte er die Szene nicht mitansehen.

Erec sah verzweifelt zu, wie ein Seemann sein Messer zog und es Alistair an den Hals hielt. Sie schrie.

„NEIN!“, schrie Erec.

Es war, als würde sich unter ihm ein Alptraum abspielen – doch am schlimmsten war für ihn, dass er nichts dagegen tun konnte.

.

KAPITEL FÜNF

Thorgrin stand Andronicus alleine auf dem Schlachtfeld gegenüber. Um sie herum lagen überall gefallene Krieger. Er hob sein Schwert hoch und ließ es in Richtung von Andronicus‘ Brust heruntersausen. Als er es tat, ließ Andronicus seine Waffen fallen, lächelte breit und streckte Thor seine Arme entgegen, um ihn zu umarmen.

Mein Sohn.

Thor wollte den Schwerthieb aufhalten, doch es war zu spät. Das Schwert rauschte durch seinen Vater hindurch, und Thor wurde von Trauer zerfressen.

Er blinzelte und fand sich in einem endlos langen Gang wieder und hielt Gwendolyns Hand. Er erkannte, dass das ihr Hochzeitszug war. Sie gingen auf eine blutrote Sonne zu, und als Thor sich umsah, sah er, dass die Sitze auf beiden Seiten leer waren. Er wandte sich zu Gwendolyn um. Schockiert musste er mitansehen, wie ihre Haut verdorrte und sie zu einem Skelett wurde, bis sie schließlich als Sandhäufchen zu Boden fiel.

Im nächsten Augenblick stand Thor vor dem Schloss seiner Mutter. Irgendwie hatte er die Brücke überquert, und stand vor gigantischen Doppeltüren aus Gold. Sie glänzten gleißend in der Sonne und waren dreimal so hoch wie er. Es gab keinen Knauf, darum hämmerte er mit seinen Händen gegen die Türen, bis sie zu bluten anfingen. Der Klang hallte durch die Welt, doch niemand öffnete.

Thor legte den Kopf in den Nacken.

„Mutter!“, schrie er.

Er sank auf die Knie, und plötzlich wurde der Boden zu Schlamm. Thor rutschte von einer Klippe und fiel um sich schlagend durch die Luft, hunderte von Metern, in die tosenden Wellen des Ozeans. Er streckte seine Hände gen Himmel während er das Schloss seiner Mutter aus dem Blick verlor. Er schrie.

Thor riss die atemlos die Augen auf, der Wind wehte ihm über das Gesicht während er sich verwirrt umsah, und versuchte sich zu erinnern, wo er war. Er blickte nach unten und sah, wie der Ozean unter ihm mit schwindelerregender Geschwindigkeit vorbeirauschte. Er hielt sich an etwas rauem fest, hörte das schlagen von riesigen Flügeln und sah, dass er sich an Mycoples Schuppen festhielt. Seine Hände waren kalt von der Luft der Nacht, sein Gesicht taub vom Wind. Thor realisierte, dass er eingeschlafen sein musste. Sie waren schon seit Tagen unterwegs. Mycoples glitt schnell durch den nächtlichen Himmel, der nur von den rot glitzernden Sternen erleuchtet wurde.

Thor seufzte und wischte sich mit der Hand über die Stirn, auf der kalter Schweiß stand. Er hatte sich geschworen, wach zu bleiben, doch sie waren schon so lange ununterbrochen auf der Suche nach dem Land der Druiden, dass Thor müde war.

Glücklicherweise hatte Mycoples offensichtlich bemerkt, dass er schlief und war umsichtig genug geflogen, um ihn nicht versehentlich abzuwerfen. Sie waren nun schon so lange gemeinsam unterwegs, dass sie eine Einheit geworden waren. So sehr Thor auch den Ring vermisste, er freute sich, alleine mit seiner alten Freundin die Welt zu bereisen; er wusste, dass auch sie glücklich war, denn sie schnurrte zufrieden. Er wusste, dass Mycoples niemals zulassen würde, dass ihm etwas zustieß – und er fühlte genauso für sie.

Thor blickte nach unten und betrachtete die schäumenden, leuchtenden Wasser des Meeres; es war ein seltsamer und exotischer Ozean, den er noch nie zuvor gesehen hatte, jedoch nur einer von vielen, den sie auf ihrer Suche überflogen hatten. Sie flogen immer weiter nach Norden, wobei sie dem Pfeil auf dem Relikt folgten, das er in seinem Dorf gefunden hatte. Thor wusste, dass sie sich seiner Mutter näherten. Ihr und dem Land der Druiden. Er konnte es spüren.

Thor hoffte, dass der Pfeil in die richtige Richtung wies. Doch tief im Inneren wusste er, dass dem so war. Er konnte mit jeder Faser seines Seins spüren, dass das Relikt ihn zu seiner Mutter, zu seinem Schicksal führte.

Thor rieb sich die Augen, fest entschlossen, wach zu bleiben. Er hatte gehofft, dass sie das Land der Druiden bereits erreicht hatten, zumal es sich anfühlte, als wären sie bereits um die halbe Welt gereist. Einen Augenblick lang machte er sich Sorgen: War alles nur eine Fantasie? Was, wenn seine Mutter gar nicht existierte? Was, wenn das Land der Druiden nicht existierte. Was, wenn er dazu verdammt war, sie nie zu finden?

Er versucht, die Gedanken abzuschütteln während Mycoples unermüdlich weiterflog.

Schneller, dachte Thor.

Mycoples schnurrte und schlug fester mit ihren Flügeln; dann senkte sie den Kopf und sie tauchten durch den Nebel, auf einen Ort hinter dem Horizont zu, von dem sich Thor nicht einmal sicher war, ob er überhaupt existierte.

Ein Tag brach an, wie Thor ihn noch nicht gesehen hatte. Nicht zwei, sondern drei Sonnen kletterten am Himmel empor, eine rot, eine grün und eine purpurn.

Sie flogen über die Wolken hinweg, so dicht, dass Thor die dichte Decke, die in bunte Farben getaucht war, fast berühren konnte. Thor genoss den schönsten Sonnenaufgang, den er je gesehen hatte. Die Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken und streichelten seine Haut und tanzten in bunten Farben über Mycoples schillernde Schuppen. Er hatte das Gefühl, der Geburt der Welt entgegen zu fliegen.

Er lenkte Mycoples in einen Sinkflug, und es fühlte sich feucht an, als sie durch die Wolkendecke flogen. Sofort nach dem Eintauchen schwirrte ihre Welt vor bunten Farben und er war wie geblendet vom Licht. Als sie die Wolken verließen, rechnete Thor damit, einen weiteren Ozean unter sich zu finden, eine weitere endlose Leere.

Doch diesmal begrüßte ihn etwas anderes:

Sein Herz machte einen Sprung als er unter sich das sah, was lange Zeit seine Träume beherrscht hatte. Dort, weit unter ihm, kam Land in Sicht. Es war eine Insel, eingehüllt in Nebel, mitten in diesem unglaublichen Ozean. Das Relikt vibrierte in seiner Hand, und als er es ansah, sah er dass der Pfeil blinkte und steil nach unten zeigte. Doch er hätte es nicht einmal sehen müssen – er wusste es auch so. Er spürte es mit jeder Faser seines Seins. Sie war hier. Seine Mutter. Das magische Land der Druiden existierte, und er hatte es gefunden.

Nach unten, liebe Freundin, dachte er.

Mycoples begab sich in den Sinkflug, und als sie näher kamen, konnte Thor immer weitere Details der Insel ausmachen. Er sah endlose blühende Felder, den Feldern in King’s Court ausgesprochen ähnlich. Er konnte es nicht fassen. Die Insel kam ihm so bekannt vor, beinahe so, als ob er nach langer Zeit nach Hause zurückgekehrt war. Er hatte eine exotischere Landschaft erwartet. Es war ihm schon fast unheimlich, wie bekannt ihm alles vorkam. Wie konnte das sein?

Die Insel wurde zu allen Seiten von einem breiten rot glitzernden Sandstrand begrenzt an dem sich die Wellen rauschend brachen. Als sie näher kamen, sah Thor etwas, das ihn überraschte. Zwei riesige Säulen erhoben sich wie ein Tor gen Himmel und verschwanden in den Wolken. Es waren die größten Säulen, die er je gesehen hatte. Eine Mauer, vielleicht sieben Meter hoch, umgab die gesamte Insel, und der einzige Fußweg hinein schien durch diese Säulen zu führen.

Da er jedoch auf Mycoples ritt, entschied Thor, dass er nicht durch die Säulen gehen musste. Er würde einfach über die Mauer hinwegfliegen und landen, wo es ihm gerade gefiel.

Thor lenkte Mycoples in Richtung der Mauer. Doch als sie sich ihr näherten, überraschte ihre Reaktion ihn. Sie schrie auf und wandte sich scharf ab, riss ihre Krallen in die Luft, bis sie fast senkrecht flogen. Es war, als wäre sie gegen einen unsichtbaren Schild geflogen, und Thor musste sich mit aller Kraft festhalten, um nicht abzustürzen. Er wollte, dass sie weiterflog, doch sie weigerte sich.

In diesem Augenblick erkannte Thor: Die Insel war umgeben von einer Art von Energieschild. Einem Schild, der so mächtig war, dass selbst Mycoples ihn nicht durchdringen konnte. Man konnte nicht über die Mauer hinwegfliegen. Er lenkte Mycoples zu den Säulen und wollte sie dazu bewegen, hindurchzufliegen, doch wieder wehrte sie sich und riss ihre Krallen hoch.

Ich kann nicht hinein.

Thor spürte Mycoples Gedanken. Er sah sie an¸ sah, wie sie mit ihre großen glitzernden Augen blinzelte, und verstand.

Sie wollte ihm begreiflich machen, dass er ohne sie ins Land der Druiden gehen musste. Thor sprang in den roten Sand und betrachtete die Säulen.

„Ich kann dich nicht einfach so hier lassen, liebe Freundin“, sagte Thor. „Es ist zu gefährlich für dich. Wenn ich alleine gehen muss, dann muss ich es tun. Doch du kehre nach Hause zurück, wo du sicher bist und warte dort auf mich.“

Mycoples schüttelte den Kopf und ließ sich nieder.

Ich werde auf dich bis ans Ende dieser Welt warten.

Thor lehnte sich vor, strich über Mycoples Kopf und küsste sie. Sie schnurrte und lehnte ihren Kopf an seine Brust.

„Ich komme wieder, liebe Freundin“, sagte Thor.

Er drehte sich um und betrachtete die Säulen. Sie waren aus Gold und glänzten in der Sonne. Er fühlte sich auf eine Weise lebendig, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte als er durch das Tor ging und endlich das Land der Druiden betrat.

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