Held, Verräter, Tochter - Морган Райс 2 стр.


„Wenn wir die Kette hochziehen, heißt das dann nicht, dass wir uns nicht wieder in den Hafen zurückziehen können?“ fragte der Junge.

Akila nickte. „Ja, aber was würde es bringen, sich in eine Stadt zurückzuziehen, die dem Meer völlig offen ausgeliefert ist? Wenn wir dort draußen verlieren, glaubst du, dass die Stadt dann ein sicheres Versteck wäre?“

Er konnte sehen, wie der Junge nachdachte und versuchte, festzustellen, wo er aller Wahrscheinlichkeit nach am sichersten sein würde. Oder er wünschte, sich niemals dieser Sache angeschlossen zu haben.

„Du kannst einer derjenigen sein, der hilft, die Kette hochzuziehen, wenn du willst“, bot Akila an. „Danach läufst du zu den Katapulten. Wir brauchen gute Leute, um sie abzufeuern.“

Der Junge schüttelte den Kopf. „Ich bleibe. Ich werde nicht davonlaufen.“

„Ich nehme an, du hast keine Lust die Flotte zu übernehmen, damit ich mich aus dem Staub machen kann?“ fragte Akila.

Das brachte den Jungen zum Lachen als er sich auf den Weg machte, seine Pflichten zu erfüllen. Lachen war immer besser als Angst.

Was konnte er sonst noch tun? Etwas gab es immer zu tun, immer winkte schon die nächste Aufgabe. Es gab diejenigen, die davon sprachen, dass der Krieg auf sie wartete, doch Akila hatte festgestellt, dass dieses Warten stets tausend kleine Dinge mit sich brachte. Vorbereitung war die Mutter allen Erfolgs, und Akila würde nicht deshalb verlieren, weil er es nicht versucht hatte.

„Nein“, murmelte er, als er die Leinen seines Flaggschiffes prüfte. „Die Tatsache, dass sie fünf Mal so viele Schiffe wie wir haben, wird letztlich dafür sorgen, dass wir verlieren.“

Sie konnten nur hoffen, zuzuschlagen und sich davonzumachen. Sie zu den Feuerschiffen zu locken. Sie in die Hafenkette manövrieren. Ihre eigene Geschwindigkeit zu nutzen, um abzuknallen, was sie nur konnten. Selbst dann würde es vielleicht nicht genug sein.

Akila hatte noch nie solch eine große Einheit gesehen. Er zweifelte, dass es irgendjemand sonst hatte. Die Flotte, die nach Haylon gekommen war, hatte Strafe und Zerstörung bringen sollen. Die Rebellenarmee war ein Zusammenschluss aus wenigstens drei großen Einheiten.

Das hier war jedoch größer. Das war keine Armee mehr, hier rückte ein gesamtes Land an. Hier ging es um Eroberung und noch mehr. Felldust sah seine Gelegenheit gekommen und nun würde es dem Reich alles nehmen, was es hatte.

Außer wir halten sie auf, dachte Akila.

Vielleicht würde es nicht seine Flotte sein, die sie aufhielten. Vielleicht konnten sie nicht auf mehr hoffen, als sie auszubremsen und die einfallende Armee zu schwächen. Doch vielleicht würde das schon genügen. Wenn sie Ceres Zeit verschafften, dann würde sie vielleicht einen Weg finden, die Schlacht gegen das, was dann noch übrig war, für sich zu entscheiden. Akila hatte sie erstaunliche Dinge mit ihren Kräften vollbringen sehen.

Vielleicht würde sie es auch mit Felldusts gesamter Armee aufnehmen und ihnen den Ärger ersparen.

Akila würde aller Wahrscheinlichkeit nach hier sterben. Wenn es Delos rettete, würde es das wert sein? Darum ging es nicht. Wenn es die Menschen dort rettete und die von Haylon, was wäre dann? Ja, das bedeutete Akila alles. Männer wie diese würden sich hiermit nicht zufriedengeben. Sie würden nach Haylon kommen, sobald sie hier fertig wären. Wenn sein Opfer die Bauern auf der Insel rettete, dann würde Akila keine Sekunde zögern.

Er blickte über das Wasser zu der herannahenden Flotte und seine Stimme wurde ganz weich.

„Dafür bist du mir etwas schuldig, Thanos“, sagte er, genauso wie der Prinz ihm etwas schuldig geblieben war, nach Delos gekommen zu sein und ihm auf Haylon nicht den Hals durchgeschnitten zu haben. Sein Leben wäre wahrscheinlich um vieles leichter gewesen, wenn er das getan hätte.

Ein Blick auf die Flotte verriet Akila, dass sein Leben wahrscheinlich auch um einiges länger gewesen wäre.

„Also!“ schrie er. „Auf eure Plätze, Jungs! Wir haben eine Schlacht zu gewinnen!“

KAPITEL ZWEI

Irrien saß von einer Mischung aus Zufriedenheit und Vorfreude erfüllt am Bug seines Flaggschiffes. Er war zufrieden, dass seine Flotte genau das tat, was er angeordnet hatte. Die Vorfreude erwuchs aus dem, was ihnen nun bevorstand.

Um ihn herum glitten Schiffe genauso, wie er es befohlen hatte, still durch das Wasser nahe der Küste entlang. Sie waren so still wie Haie auf der Jagd nach Beute, so still wie der Moment nach dem Tod eines Menschen. Irrien kam sich vor wie eine schimmernde Speerspitze, während der Rest seiner Flotte seinem breiten Kopf nachfolgte.

Sein Stuhl war nicht der aus dunklem Stein, in dem er in Felldust gesessen hatte. Es war ein leichteres Modell und aus den Knochen einiger seiner Opfer gebaut. Der Oberschenkelknochen eines dunklen Pirschjägers bildete die Lehne während die Fingerknochen eines Mannes in die Armstützen eingearbeitet worden waren. Das Fell, das sie überzog, stammte von Tieren, die er selbst erlegt hatte. Das war eine weitere Lektion, die er gelernt hatte: in Zeiten des Friedens sollte ein Mann zeigen, wie zuvorkommend er war. Im Krieg musste er hingegen seine Grausamkeit zur Schau tragen.

Dazu riss Irrien an einer Kette, die an seinem Stuhl befestigt worden war. Das andere Ende hielt ein Möchtegernkrieger dieser Rebellion, der eingeknickt war anstatt zu sterben.

„Wir sind bald da“, sagte er.

„J-ja, gnädiger Herr“, antwortete der Mann.

Irrien zerrte erneut an der Kette. „Halt die Klappe, außer, man befielt dir anderes.“

Irrien ignorierte den Mann, als dieser begann, ihn inständig um Vergebung zu bitten. Er blickte nach vorne, auch wenn er die Metallseite seines Schilds so aufgestellt hatte, dass er mögliche Mörder, die sich ihm von hinten näherten, bemerken konnte.

Ein kluger Mann tat stets beides. Die anderen Steine von Felldust hielten Irrien wahrscheinlich für verrückt, dass er zu diesem staublosen Land aufbrach und sie zurückließ. Sie dachten wahrscheinlich, dass er ihre Intrigen und Machenschaften nicht bemerken würde.

Irriens Grinsen wurde noch breiter, als er sich vorstellte, wie ihre Gesichter aussehen mussten wenn sie erkannten, was wirklich vor sich ging. Seine Freude wurde noch größer als er sich der Küste zuwandte und die Feuer erkannte, die entflammten, als seine wüsten Truppen dort an Land gingen. Normalerweise hasste Irrien die verschwenderische Art, Häuser niederzubrennen, doch zu Kriegszwecken war es eine nützliche Waffe.

Nein, die wahre Waffe war die Angst. Feuer und drohende Gebärden waren nur Wege, um diese weiter anzuspitzen. Die Angst war eine Waffe, die genauso mächtig war wie langsam wirkendes Gift so gefährlich wie eine Klinge. Die Angst konnte einen starken Mann dazu bringen, davonzulaufen oder kampflos einzuknicken. Die Angst brachte Feinde dazu, dumme Entscheidungen zu treffen, in übereilter Kühnheit anzugreifen oder abzuwarten, wenn es eigentlich Zeit war, anzugreifen. Die Angst versklavte die Menschen und hielt sie klein, auch wenn sie zahlenmäßig überlegen waren.

Irrien war nicht so einfältig zu glauben, dass er völlig frei von Angst war, doch hatte er weder seine erste noch sein fünfzigste Schlacht so erlebt wie die Männer es immer berichtet hatten. Er hatte gegen Männer auf brennendem Sand gekämpft und auf den Pflastersteinen kleiner Gassen. Doch während er von Wut, Begeisterung und sogar Verzweiflung ergriffen war, hatte er nie die Angst der anderen Männer gespürt. Das trug dazu bei, dass es ihm so leicht fiel, sich stets das zu nehmen, was er wollte.

Gerade trat das, was er jetzt wollte, in Sichtweite so, als hätten seine Gedanken es gerufen. Die unablässigen Ruderschläge sorgten dafür, dass Irrien nun den Hafen von Delos zu Gesicht bekam. Er hatte auf diesen Moment gewartet, aber es war nicht derjenige, von dem er geträumt hatte. Der würde sich erst einstellen, wenn das hier vorbei war und er all das an sich gerissen hatte, was von Wert war.

Seines Ruhms ungeachtet, war die Stadt so wie jede von Menschen erbaute Stadt ein stinkendes Loch. Sie besaß nicht die Größe des endlosen Staubs oder die übermächtige Schönheit der Bauten der Uralten. So wie in allen Städten brachten genügend zusammengepferchte Menschen ihre wahre Niedrigkeit, Grausamkeit und Hässlichkeit ans Licht. Keine elegante Steinkunst der Welt konnte das verbergen.

Dennoch war das Reich, dessen Dreh- und Angelpunkt diese Stadt war, ein erstrebenswerter Preis. Irrien fragte sich, ob die anderen Steine ihren Fehler, nicht mitzukommen, bereits erkannt hatten. Dass sie die Steinstühle besetzten, zeugte schließlich von ihrem Ehrgeiz und ihrer Macht, ihrer Durchtriebenheit und Fähigkeit, die politischen Strippen zu ziehen.

Angesichts dessen dachten sie allerdings immer noch zu klein. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, dann wäre das hier eine ruhmreiche Plünderung geworden, wo es doch so viel mehr sein konnte. Eine Flotte von dieser Größe war jedoch nicht hier, um Gold und Sklaven mitzubringen, auch wenn das sicherlich Teil des Ganzen sein würde. Sie waren gekommen, um zu nehmen, zu besetzen und sich niederzulassen. Was war schon Gold im Vergleich zu fruchtbarem staubfreien Land? Warum sollten sie Sklaven in ein vom Krieg gegen die Uralten zerrüttetes Land bringen, wenn sie doch auch den Boden, auf dem sie standen, an sich reißen konnten? Und wer würde sonst sicherstellen, dass er den größten Teil des neuen Lands erhielt?

Warum plündern und wieder verschwinden, wenn man doch das, was da war, auslöschen konnte, um selbst die Macht zu ergreifen?

Doch zunächst mussten sie noch einige Hindernisse überwinden. Eine Flotte hatte sich vor der Stadt postiert, wenn man sie überhaupt so nennen konnte. Irrien fragte sich, ob das Spähboot, das sie zurückgeschickt hatten, schon im Heimathafen angekommen war. Ob sie die Dinge, die sie erwarteten, bereits gesehen hatten. Vielleicht spürte er keine Angst vor der Schlacht, aber er wusste, wie man sie in schwächeren Männern schürte.

Er stand auf, um einen besseren Überblick zu bekommen und um den Beobachtern am Ufern anzuzeigen, wer hier das Sagen hatte. Nur die mit den schärfsten Augen würden ihn ausmachen, doch wollte er ihnen zu verstehen geben, dass dies hier sein Krieg war, seine Flotte und bald schon seine Stadt.

Seine Augen erspähten die Vorbereitungen, welche die Verteidiger zu treffen begannen. Die kleinen Boote würden zweifellos bald in Flammen stehen. So wie die Flotte sich in kleinen Gruppen formierte, waren sie zum Angriff bereit. Die Waffen im Hafen waren bereit, sie ins Visier zu nehmen sobald sie näher kamen.

„Euer Kommandeur weiß, was er tut“, sagte Irrien und zerrte seinen neusten Gefangenen an seinen Ketten auf die Füße. „Wer ist er?“

„Akila ist der beste lebende General“, sagte der frühere Matrose, bevor ihn Irriens Blick traf. „Vergebt mir, gnädiger Herr.“

Akila. Irrien hatte diesen Namen bereits gehört und hatte mehr noch von Lucious erfahren. Akila, der Haylon davor bewahrt hatte, dem Reich in die Hände zu fallen und der das Reich mit seinen eigenen Flotten geschlagen hatte. Der, wie man hörte, mit allen Wasser gewaschen war, der zuschlug, wo kein Feind es erwartete.

„Ich habe starke Gegner schon immer zu schätzen gewusst“, sagte Irrien. „Ein Schwert braucht Eisen, an dem es gewetzt werden kann.“

Er zog sein Schwert aus seiner schwarzen Lederhülle so, als wollte er das Gesagte veranschaulichen. Die Klinge war schmierig und schimmerte schwarz-bläulich. Die Kante war so scharf wie eine Rasierklinge. Für einen anderen Mann wäre es vielleicht das Instrument eines Henkers gewesen, doch er hatte genügen Kraft erlangt, um es zu führen und damit umzugehen. Er besaß noch andere Waffen: Messer und Strangulationsseile, eine sichelförmige Klinge und einen bedornten Sonnendolch. Aber das war jenes, das die Menschen kannten. Es hatte keinen Namen, weil Irrien solche Dinge für idiotisch hielt.

Er konnte die Angst in den Augen sehen, die es seinem neuen Sklaven einflößte.

„In alten Zeiten opferten die Priester vor der Schlacht das Leben eines Sklaven und hofften, dass dies den Blutdurst stillen würde bevor er die Massen ergriff. Später boten sie den Kriegsgöttern den Sklaven in der Hoffnung an, sie mögen zu ihren Gunsten walten. Knie dich hin.“

Irrien sah, wie der Mann seinem Entsetzen zum Trotz reflexartig tat, was ihm befohlen wurde. Vielleicht gerade deshalb.

„Bitte“, flehte er.

Irrien versetzte ihm einen Tritt, sodass der Sklave auf den Bauch fiel. Sein Kopf ragte über den Bug des Schiffes. „Ich habe dir gesagt, still zu sein. Bleib dort und sei dankbar, dass ich Priestern und ihren Spinnereien nichts abgewinnen kann. Wenn es Todesgötter gibt, dann kann ihr Durst nicht gestillt werden. Wenn es Kriegsgötter gibt, dann ergreifen sie Partei für denjenigen mit den meisten Truppen.“

Er wandte sich dem Rest des Schiffs zu. Er riss sein Schwert mit einer Hand nach oben, und die Sklaven, die auf seine Anweisungen gewartet hatten, eilten zu den Hörnern. Als er nickte, erscholl ihr Klang ein erstes Mal. Irrien sah, wie Katapulte und Ballisten zurückgebogen und mit Feuer beladen wurden.

Seine Umrisse zeichneten sich dunkel im Sonnenlicht ab, seine gebräunte Haut und dunkle Kleidung waren wie ein Schatten, der sich unheilvoll auf die Stadt legte.

„Ich habe euch gesagt, dass wir nach Delos kommen würden und das haben wir getan!“ rief er. „Ich habe euch gesagt, dass wir ihre Stadt einnehmen werden, und das werden wir!“

Er wartete, bis der darauffolgende Jubel abgeschwollen war.

„Ich habe den Spähern eine Nachricht gegeben, bevor wir sie zurückgeschickt haben und es ist eine, die ich für bare Münze nehmen werde!“ Dieses Mal wartete Irrien nicht ab. „Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind des Reichs ist nun ein Sklave. Alle diejenigen, die kein Zeichen ihres Herrn tragen, stehen euch zur Verfügung und ihr könnt mit ihnen tun und lassen, was ihr wollt. Jeder, der behauptet, Eigentum zu besitzen, ist ein Lügner und ihr könnt es euch nehmen. Jeder, der sich uns nicht unterwirft, soll bestraft werden. Jeder, der sich widersetzt, wird als Rebell verstanden und ohne Gnade behandelt!“

Gnade war ein anderes Hirngespinst, das die Menschen für real hielten, wie Irrien erfahren hatte. Warum würde ein Mann seinen Feind am Leben lassen, wenn er keinen Nutzen davon hatte? Der Staub hatte ihm eine einfache Lektion erteilt: wenn du schwach bist, dann stirbst du. Wenn du stark bist, dann nimmst du dir, was du nur kannst.

Irrien hatte jetzt vor, sich alles zu nehmen.

Das Größte daran war das Gefühl der Lebendigkeit, das er dabei verspürte. Er hatte kämpfen müssen, um der Erste Stein zu werden, nur um zu erkennen, dass er von dort aus nirgends hinkonnte. Er hatte sich langsam in eine Sackgasse bewegt, hatte begonnen, die kleinen Streitereien der anderen Steine zu seiner Unterhaltung gegeneinander auszuspielen. Doch das hier… das versprach so viel mehr zu sein.

„Macht euch bereit!“ rief er seinen Männern zu. „Gehorcht meinen Befehlen und wir werden den Sieg davontragen. Versagt und ihr werdet für mich weniger wert sein als Staub.“

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