Die Herrschaft Der Königinnen - Морган Райс 2 стр.


Der Drache blickte hinab und spürte die Wärme zwischen seinen Krallen. E sah seinen wertvollen Besitz an. Er hörte ihn weinen, spürte, wie er sich wand, und war sicher, dass das Baby in seinen Krallen gesund und munter war.

Guwayne, hatte der Mann geschrien.

Der Drache konnte noch immer das Echo der Schreie hören, als er schon weit über ihm flog. Er war froh, dass er das Baby rechtzeitig gerettet hatte, bevor die Männer ihre Dolche in ihn rammen konnten. Er hatte Guwayne in letzter Sekunde aus ihren Händen gerissen. Er hatte seine Aufgabe, die ihm anvertraut worden war, gut erfüllt.

Der Drache flog höher und höher über die einsame Insel, in die Wolken hinein, bereits außer Sichtweite der Menschen unter sich. Er flog über die Insel hinweg, über die Vulkane und Gebirgszüge, durch den Nebel, und immer weiter fort.

Bald flog er über dem Meer und ließ die Insel hinter sich. Vor ihm lag die unendliche Weite des Meeres und des Himmels, nichts was die Monotonie für lange Zeit unterbrach.

Der Drache wusste genau, wohin er flog. Er hatte einen Ort, an den er das Kind bringen würde, dieses Kind, das er schon jetzt mehr liebte, als Worte es auszudrücken vermochten.

Einen ganz besonderen Ort.

KAPITEL DREI

Volusia stand über Romulus und blickte zufrieden auf den Leichnam herab. Sein Blut, das noch warm war, floss über ihre Füße in ihre Sandalen. Sie genoss das Gefühl. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie viele Männer sie in ihrem jungen Alter schon überrascht und getötet hatte. Sie unterschätzten sie immer, und ihnen zu zeigen, wie grausam sie sein konnte, bereitete ihr die größte Freude.

Und nun den Großen Romulus selbst getötet zu haben – mit ihrer eigenen Hand, nicht durch einen ihrer Männer – den Großen Romulus, den sagenumwobenen Krieger, der Andronicus getötet und sich damit den Thron genommen hatte. Der oberste Herrscher des Empire.

Volusia lächelte freudig. Hier war der, der oberste Herrscher, reduziert auf ein paar Spritzer Blut auf ihren Füssen. Und alles von ihrer eigenen Hand.

Volusia fühlte sich ermutigt. Sie spürte ein Feuer in ihren Adern, ein Feuer, das alles zerstören wollte. Sie spürte, wie sie sich ihrem Schicksal näherte. Sie spürte, dass ihre Zeit gekommen war. Sie wusste genauso klar, wie sie gewusst hatte, dass sie ihre eigene Mutter töten musste, dass sie eines Tages das Empire regieren würde.

„Ihr habt unseren Herrn getötet“, kam eine zittrige Stimme. „Ihr habt den Großen Romulus getötet!“

Volusia blickte auf, und sah das Gesicht von Romulus Kommandanten, der sie mit einer Mischung aus Schock, Angst und Bewunderung ansah.

„Ihr habt den Mann getötet“, sagte er zögernd, „der nicht zu töten war.“

Volusia starrte ihn hart und kalt an, und sah hinter ihm hunderte von Romulus Männern, alle in feinsten Rüstungen, in Reih und Glied auf den Schiffen, die zusahen, und abwarteten, was sie als nächstes tun würde. Sie bereiteten sich auf einen Angriff vor.

Romulus Kommandant stand mit einem Dutzend seiner Männer am Pier, die auf seinen Befehl warteten.

Volusia wusste, dass hinter ihr tausende ihrer eigenen Männer standen. Romulus‘ Schiffe und seine Männer, so gut sie auch sein mochten standen eingekesselt hier in diesem Hafen. Sie waren gefangen. Das hier war Volusias Gebiet und sie wussten es. Sie wussten, dass jeder Angriff, jeder Fluchtversuch, vergeblich war.

„Diese Tat kann nicht ungesühnt bleiben“, fuhr der Kommandant fort. „Romulus hat eine Million Männer, die treu seinem Befehl folgen im Ring, und eine weitere Million im Süden, in der Hauptstadt des Empire. Wenn die Nachricht von dem, was Ihr getan habt, sie erreicht, werden sie sich hierher aufmachen, und gegen Euch marschieren. Ihr habt vielleicht den Großen Romulus getötet, doch nicht seine Männer. Und Eure paar Tausend Mann können gegen sie nichts ausrichten, auch wenn Ihr heute in der Überzahl seid. Sie werden Rache suchen; und sie werden ihre Rache bekommen.“

„Werden sie?“, sagte Volusia lächelnd, während sie auf ihn zutrat und ihren Dolch in die andere Hand nahm. Sie stellte sich vor, wie sei seinen Hals aufschnitt, und spürte ein unstillbares Verlangen es zu tun.

Der Kommandant blickte auf ihren Dolch hinab, die Klinge, die Romulus getötet hatte, und er schluckte schwer, als ob er ihre Gedanken lesen konnte. Sie konnte die Angst in seinen Augen sehen.

„Lasst uns gehen“, sagte er zu ihr. „Schickt meine Männer nach Hause. Sie haben Euch nichts getan. Gebt uns ein Schiff voller Gold, und Ihr habt unser Schweigen. Ich werde mit meinen Männern in die Hauptstadt segeln, und ihnen sagen, dass Ihr unschuldig seid, dass Romulus versucht hat, Euch anzugreifen. Sie werden Euch in Ruhe lassen, Ihr habt Euren Frieden hier im Norden, und sie werden einen neuen Herrscher über das Empire finden.“

Volusia lächelte amüsiert.

„Doch schaust du deinem neuen Herrscher nicht schon in die Augen?“, fragte sie.

Der Kommandant sah sie kurz schockiert, dann brach er in höhnisches Gelächter aus.

„Ihr?“, lachte er. „Ihr seid nur ein Mädchen mit ein paar Tausend Männern. Glaubt Ihr etwa, dass Ihr sein ganzes Heer vernichten könnt, nur weil Ihr einen Mann ermordet habt? Ihr könnt Euch glücklich schätzen, dass Ihr nach dem, was Ihr heute getan habt, mit dem Leben davonkommt. Mein Angebot ist ein Geschenk. Lasst das alberne Geschwätz sein, und akzeptiert es mit Dankbarkeit. Und nun schickt uns fort, bevor ich es mir anders überlege.“

„Und wenn ich dich und deine Männer nicht fortschicken will?“

Der Kommandant sah ihr in die Augen und schluckte.

„Ihr könnt uns alle hier töten“, sagte er. „Das ist Eure Wahl. Doch wenn Ihr es tut, bringt Ihr damit nur Euch und Euer ganzes Volk um. Die Armee, die uns folgen wird, wird Euch vernichten.“

„Er spricht die Wahrheit, Herrin“, flüsterte ihr eine Stimme ins Ohr.

Sie drehte sich um, und sah Soku, ihren kommandierenden General neben sich, einen großen Mann, mit grünen Augen, dem Kinn eines Kriegers und kurzem, rotem Haar.

„Schickt sie nach Süden“, sagte er. „Gebt ihnen das Gold. Ihr habt Romulus getötet, nun müsst Ihr einen Frieden aushandeln. Wir haben keine Wahl.“

Volusia wandte sich Romulus Mann wieder zu. Sie nahm sich Zeit, ihn zu mustern und genoss den Augenblick.

„Ich werde tun, was du verlangst“, sagte sie, „und dich in die Hauptstadt schicken.“

Der Kommandant lächelte sie zufrieden an, und wollte sich gerade zum Gehen wenden, als Volusia vortrat und hinzufügte:

„Doch nicht um zu verschleiern, was ich getan habe“, sagte sie.

Er blieb stehen und sah sie verwirrt an.

„Ich werde dich in die Hauptstadt schicken, um ihnen die Nachricht zu bringen. Sie sollen wissen, dass ich der neue Herrscher des Empire bin. Sag Ihnen, dass ich sie vielleicht am Leben lasse, wenn sie sich vor mir verneigen.“

Der Kommandant sah sie sprachlos an, dann schüttelte er langsam den Kopf und lächelte.

„Ihr seid so verrückt wie man es Eurer Mutter nachgesagt hat“ sagte er, dann drehte er sich um, und ging die lange Rampe zu seinem Schiff hinauf. „Ladet das Gold in die unteren Laderäume“, rief er, und machte sich nicht einmal die Mühe, sich noch einmal zu ihr umzudrehen.

Volusia wandte sich ihrem Kommandanten zu, der am Bug seines Schiffs stand, und geduldig auf ihren Befehl wartete. Sie nickte ihm zu.

Sofort wandte sich der Kommandant um, und gab seinen Männern ein Zeichen. Kurz darauf war das Zischen von zehntausend brennenden Pfeilen zu hören, die durch die Luft sausten.

Sie füllten den Himmel und färbten ihn schwarz, bevor ein Regen aus Feuer auf Romulus Schiff niederging. Es geschah viel zu schnell, als dass seine Männer hätten reagieren können, und bald stand das ganze Schiff in Flammen. Die Männer schrien, allen voran der Kommandant, als sie versuchten die Flammen zu löschen – doch es war zu spät.

Volusia nickte erneut, und eine zweite Welle von Pfeilen segelte durch die Luft. Männer kreischten, als sie durchbohrt wurden, einige stolperten an Deck, andere gingen über Bord. Es war ein Schlachtfest, bei dem es keine Überlebenden gab.

Volusia stand lächelnd da, und sah befriedigt zu, wie das Schiff langsam abbrannte.

Alle schwiegen, und Volusias Männer erwarteten in ordentlichen Reihen ihren Befehl.

Volusia trat vor, zog ihr Schwert, und schlug das dicke Tau, das das Schiff an der Pier hielt, durch. Die Überreste des Schiffs schaukelten in den Wellen, als Volusia ihren Fuß hob, und dem Bug mit ihren goldbeschlagenen Sandalen einen Tritt versetzte.

Sie sah zu, wie das Schiff begann, sich zu bewegen, und von der Strömung gen Süden getragen wurde, direkt auf die Hauptstadt zu. Alle würden das verbrannte Schiff sehen, die Leichen von Romulus Männern, und die volusianischen Pfeile. Sie würden wissen, dass es von ihr kam. Sie würden wissen, dass der Krieg begonnen hatte.

Volusia wandte sich Soku zu, der mit offenem Mund vor ihr stand, und sie lächelte.

„Das“, sagte sie, „ist meine Art eines Friedensangebots.“

KAPITEL VIER

Gwendolyn kniete am Buck des Schiffs, und klammerte sich mit weißen Fingerknöcheln an der Reling fest, da sie gerade genug Kraft aufbringen konnte, sich aufzurichten, und zum Horizont hinüber zu blicken. Sie zitterte am ganzen Körper, schwach vom Hunger und ihr war schwindelig. Sie rappelte sich auf, und betrachtete erstaunt den Anblick, der sich ihr bot.

Gwendolyn blinzelte durch den Nebel, und fragte sich, ob es real war, oder nur eine Halluzination.

Dort, am Horizont, entlang der endlosen Küste, lag ein riesiger Hafen, dessen Einfahrt von zwei gigantischen goldenen Säulen gerahmt wurde, die sich hoch in den Himmel erhoben. Die Säulen und die Stadt wurden in ein gelbliches Grün getaucht, als die Sonne sich langsam senkte. Gwendolyn bemerkte, dass die Wolken hier besonders schnell trieben. Sie wusste nicht, ob es daran lag, ob der Himmel in diesem Teil der Welt so anders war, oder ob sie immer wieder das Bewusstsein verlor.

Im Hafen der Stadt lagen tausende stolzer Schiffe, jedes einzelne von ihnen grösser als alles, was sie je zuvor gesehen hatte, jedes einzelne reich mit Gold verziert. Das musste die reichste Stadt gewesen sein, die sie je gesehen hatte. Direkt ans Meer gebaut, schien sie sich in alle Ewigkeit auszubreiten. Sie fragte sich, welche Art von Menschen hier lebte. Es musste ein großartiges Land sein, ein Land des Empire.

Gwendolyn beschlich plötzlich ein mulmiges Gefühl, als sie bemerkte, dass die Strömung sie in den Hafen trieb. Bald würden sie in den Hafen einlaufen, umgeben von all diesen Schiffen, und gefangen genommen oder vielleicht sogar getötet werden. Gwendolyn dachte daran, wie grausam Andronicus gewesen war, wie herzlos Romulus sich gezeigt hatte, und wusste, dass das die Art des Empires war. Sie erkannte, dass es vielleicht besser gewesen wäre, auf See zu sterben.

Gwendolyn hörte schlurfende Schritte hinter sich, und sah Sandara, die schwach vor Hunger, doch mit stolzer Haltung an der Reling stand und eine goldene Reliquie hochhielt, die aussah wie die Hörner eines Bullen. Sie neigte sie so, dass sich die Sonne in ihnen fing. Gwendolyn sah zu, wie damit der Küste ein Signal gab. Sandara richtete es nicht auf die Stadt, sondern eher nach Norden, in Richtung von etwas, das aussah wie ein isoliertes Wäldchen an der Küste.

Als Gwendolyns Augen zufielen, und sie spürte, wie sie kraftlos zu Boden fiel, blitzen Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Sie war sich nicht mehr sicher, was real war, und was ihren Halluzinationen entsprang.

Sie sah Dutzende von Kanus, die aus dem dichten Dach des Dschungels hervorkamen, und auf die offene See, auf ihre Schiffe, zukamen. Sie konnte einen Blick auf sie erhaschen, und war überrascht, nicht die Rasse des Empire zu sehen, sondern eine andere. Sie sah stolze, muskulöse Männer und Frauen, mit schokoladenfarbener Haut und leuchtenden gelben Augen, mit mitfühlenden, intelligenten Gesichtern. Gwendolyn sah einen zufriedenen Blick in Sandaras Gesicht, und erkannte, dass es Sandaras Volk war.

Gwendolyn hörte ein hohles Pochen auf dem Schiff, und sah Enterhacken an Deck, Seile, die das Schiff einfingen.

Sie spürte, wie das Schiff sanft die Richtung änderte, und blickte hinab ins Wasser, und sah die Flotte von Kanus, die ihr Schiff durch die Strömung von der Stadt fortzogen. Gwendolyn begriff langsam, dass Sandaras Leute ihnen zur Hilfe kamen, um ihr Schiff in einen anderen Hafen zu bringen, weg von dem des Empire.

Gwendolyn spürte, dass das Schiff scharf nach Norden abdrehte, auf das dichte Blätterdach zu, und den kleinen, versteckten Hafen darunter. Erleichtert schloss sie die Augen.

Bald öffnete Gwendolyn die Augen wieder und lehnte sich über die Reling. Erschöpft und schwach spürte sie, wie sie das Gleichgewicht verlor und riss panisch die Augen auf, als sie bemerkte, dass sie gleich über Bord fallen würde.

Gwendolyns Herz pochte wild, sie konnte nicht fassen, dass sie, nach allem was sie durchgemacht hatte, so sterben sollte.

Während sie sich bereits fallen spürte, hörte sie ein plötzliches Knurren und fühlte, wie starke Zähne sie beim Hemd packten. Sie hörte ein Winseln, als sie am Hemd zurückgezogen wurde, fort vom Abgrund, und schließlich zurück an Deck. Sie schlug hart auf dem hölzernen Deck auf, doch sie war sicher.

Sie blickte auf und sah Krohn über sich stehen. Ihr Herz machte vor Freude einen Sprung. Sie war überglücklich zu sehen, dass Krohn am Leben war. Er sah ausgemergelt aus, und sie bemerkte, dass sie ihn in all dem Chaos ganz vergessen hatte. Das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte, war in dem schlimmen Sturm gewesen, als sie unter Deck gegangen waren. Sie erkannte, dass er sich irgendwo unter Deck versteckt, und dort vor sich hin gehungert haben musste, damit die anderen essen konnten. So war Krohn. Grenzenlos Selbstlos. Und nun, wo sie sich wieder dem Land näherten, kam er wieder aus seinem Versteck.

Krohn winselte und leckte ihr das Gesicht, und Gwendolyn umarmte ihn mit letzter Kraft. Kraftlos ließ sie den Kopf sinken, während Krohn sich neben ihr zusammenrollte und den Kopf auf ihre Brust legte.

*

Gwendolyn spürte, wie eine Flüssigkeit, süß und kalt, auf ihre Lippen geträufelt wurde, und ihre Wangen und ihren Hals hinunter lief. Sie öffnete ihren Mund und trank, schluckte gierig, und das Gefühl weckte sie aus ihren Träumen.

Gwendolyn öffnete ihre Augen und trank gierig. Fremde Gesichter schwebten über ihr, und sie trank und trank, bis sie sich verschluckte, und husten musste.

Jemand half ihr dabei, sich aufzurichten, und sie setzte sich hustend auf, während ihr jemand anderes auf den Rücken klopfte.

„Schhhh“, hörte sie eine Stimme. „Trink langsam.“

Es war eine sanfte Stimme, die Stimme eines Heilers. Gwendolyn sah einen alten Mann mit tiefen Falten im Gesicht, die noch tiefer wurden, als er sie anlächelte.

Gwendolyn sah sich um, und bemerkte Dutzende von fremden Gesichtern, Sandaras Leute, die sie still anstarrten, und musterten, als wäre sie eine Kuriosität. Gwendolyn, deren Hunger und Durst nun wieder erwacht war, streckte die Hand nach der Blase mit dem Getränk aus, und trank und trank die süße Flüssigkeit, als ob es kein Morgen gäbe.

„Langsam, langsam“, sagte der Mann. „Sonst wird dir schlecht.“

Gwendolyns sah eine Vielzahl von Kriegern von Sandaras Volk, die ihr Schiff bevölkerten. Sie sah ihre eigenen Leute, die Überlebenden des Rings, wie sie lagen, knieten oder saßen, und jedem von ihnen von Sandaras Leuten ein Getränk eingeflößt wurde. Sie alle waren an der Grenze des Todes gewesen. Unter ihnen sah sie Illepra, die das Baby, das Gwen auf den Oberen Inseln gerettet hatte, an sich drückte und es fütterte. Gwendolyn war erleichtert, als sie es weinen hörte. Sie hatte es Illepra gegeben, als sie selbst zu schwach gewesen war, es zu halten, und es lebendig zu sehen, lies Gwendolyn an Guwayne denken. Gwendolyn war fest entschlossen, dass dieses Mädchen leben sollte.

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