Das Festival der Liebe - Софи Лав 2 стр.


Er streckte die Hand nach dem verletzten Bein aus, aber Joshua schlug sie ihm weg. „Fass mich nicht an! Ich schwöre bei Gott, wenn du mich anfasst, schmeiße ich dich raus!“

Duncan hob abwehrend die Hände und zog sich zurück.

„Der Krankenwagen ist da“, rief Nina vom Fenster. Blaue Lichter blitzten von der anderen Seite der Glasscheibe auf.

Gott sei Dank, dachte Keira. Sie hatte von Joshua wirklich die Nase voll. Für immer, wenn sie ehrlich war.

Sie blickte auf und sah Elliot, der im Flur zum Konferenzraum stand und sie alle dabei beobachtete, wie sie kopflos um Joshua herumschwirrten. Er wirkte nicht gerade beeindruckt. Keira warf einen Blick auf die Uhr. Die Besprechung begann in weniger als einer Minute.

Keira erkannte, dass dies ihre Chance war. Elliot hatte es sehr deutlich gemacht, dass Joshua keinesfalls den Irland-Auftrag behalten würde. Das wiederum bedeutete, alle anderen würden sich gleich darum balgen, wer ihn bekam. Es war vielleicht nicht gerade der aufregendste Auftrag aber mehr als Keira je bekommen hatte. Sie musste sich Elliot gegenüber beweisen. Sie brauchte diesen Auftrag.

Keira ließ ihre Kollegen stehen und ging zum Konferenzraum. Sie ging an Elliot vorbei und setzte sich auf den Platz neben dem, den er üblicherweise einnahm.

Duncan bemerkte sie als erster. Sie dort sitzen zu sehen, schien ihm schließlich auch vor Augen zu führen, was sie bereits erkannt hatte, nämlich dass der Irland-Auftrag zu haben war und einer von ihnen ihn kriegen würde. Er eilte ebenfalls in den Raum, während er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Aber die anderen bemerkten es und plötzlich versuchte jeder, möglichst schnell, aber unauffällig in den Raum zu kommen, um Elliot zu beeindrucken und den Auftrag zu ergattern.

So blieb Joshua allein mitten im Großraumbüro zurück. Krankenpfleger hoben ihn auf die Trage und brachten ihn weg, während im Konferenzraum seine Angestellten um seinen Auftrag kämpften.

*

„Ich bin sicher, ihr habt es inzwischen alle gemerkt“, sagte Elliot. „Joshuas Unfall hat mich ein eine Zwickmühle gebracht.“

Er faltete seine großen Hände auf dem Konferenztisch und schaute sie alle der Reihe nach an.

Keira wartete still ab. Sie hatte eine Plan: sollten die anderen sich doch gegenseitig aufreiben, sie würde bis zur letzten Sekunde warten und dann ihre Karten richtig ausspielen.

„Der Irland-Auftrag“, fuhr Elliot fort, „sollte unsere Titelgeschichte werden. Viatorum soll in eine neue Richtung gehen. Persönlichere Texte, Erfahrungen aus erster Hand. Der Autor bringt die Geschichte voran, die Örtlichkeiten stehen im Mittelpunkt. Ich hatte das mit Joshua besprochen. Ich weiß nicht, ob einer von euch versteht, was mir vorschwebt.“ Er blickte auf den Tisch und runzelte so sehr die Stirn, dass die Ader hervorstand. „Der Flieger geht morgen“, klagte er, als hätte er keine Zuhörer.

„Also“, sagte Lisa, „mein Florida-Artikel ist fast erledigt. Ich kann ihn im Flugzeug abschließen.“

„Auf keinen Fall“, antwortete Elliot. „Man kann nicht zwei Aufträge auf einmal erledigen. Wer ist frei?“

Aus einigen Kollegen entwich der angehaltene Atem. Sie waren damit aus dem Rennen.

„Ich bin frei“, sagte Duncan. „Ich wollte eigentlich heute nach Madrid fliegen, aber die Arbeit geht vor. Stacy wird es nichts ausmachen, wenn ich den Urlaub verschiebe.“

Keira konnte nur mit Mühe ein Augenrollen unterdrücken angesichts dieser auswendig gelernten Ansage. Sie fragte sich, wie gelassen Stacy tatsächlich reagieren würde, wenn ihr Urlaub ins Wasser fiele.

Elliot musterte Duncan über den Tisch hinweg. „Du bist dieser Buxton-Typ, oder? Der den Artikel über Frankfurt geschrieben hat?“

„Ja“, antwortete Duncan und grinste stolz.

„Der Artikel war Mist“, sagte Elliot.

Keira spürte, wie ihre Aufregung wuchs. Das war ihr Moment. Ihre Chance zu glänzen.

Sie ignorierte die aufkommende Nervosität und hob lässig ihre Hand. „Ich stehe für den Auftrag zur Verfügung.“

Alle schauten sie an. Sie bemühte sich, nicht den Kopf zwischen die Schultern zu ziehen, sondern aufrecht zu sitzen.

„Wer bist du?“, fragte Elliot.

Keira schluckte. „Keira Swanson. Ich bin Joshuas jüngste Autorin. Er hatte mich damit beauftragt, die Recherche für den Irland-Auftrag zu machen.“

„So, hat er das?“, fragte Elliot. Es schien ihm egal zu sein, dass Joshua seine Arbeit an Untergebene delegierte. Er kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Du warst noch nie in Übersee für einen Auftrag?“

Keira schüttelte den Kopf. „Bisher nicht“, antwortete sie. „Aber ich freue mich drauf.“ Sie hoffte, man würde das Zittern in ihrer Stimme nicht hören.

Sie spürte die Irritation ihrer Kollegen am Tisch. Wahrscheinlich fanden sie es unfair und dachten, Keira hätte einen solchen Auftrag nicht verdient. Sie ärgerten sich bestimmt, dass sie in den vergangenen Wochen weniger interessante Aufträge angenommen hatten und nun damit beschäftigt waren. Die einzige Person, die auf ihrer Seite zu sein schien, war Nina, die sie wissend anlächelte. Innerlich lächelte Keira zurück. Dies war ihre Chance. Sie hatte abgewartet, hinter Joshua aufgeräumt, seine Texte überarbeitet, viele Überstunden ohne Vergütung gemacht. Jetzt würde sie aus den Schatten heraus ins Licht treten.

Elliot trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. „Ich bin nicht sicher“, sagte er. „Du hast dich noch nicht bewiesen. Und das ist eine große Aufgabe.“

Nina meldete sich am anderen Ende des Tisches zu Wort. Sie hatte sich bereits Vertrauen und Respekt erarbeitet. Als erfahrene Herausgeberin hochwertiger Magazine hatte sie die nötige Härte. „Ich glaube nicht, dass du eine andere Wahl hast.“

Elliot hielt inne, als müsse er die Worte erst einmal verdauen. Dann glättete sich die gerunzelte Stirn und er antwortete mit zögerlicher Akzeptanz. „Also gut. Swanson, du hast den Auftrag. Aber nur, weil wir in einer echten Notlage sind.“

Das war vielleicht nicht die beste Art, um solche guten Nachrichten zu bekommen, aber Keira war das egal. Sie hatte den Auftrag. Das war alles, was zählte. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht die Faust gen Himmel zu recken.

„Es handelt sich um eine vierwöchige Reise“, erklärte Elliot. „Zum Lisdoonvarna Festival in Irland.“

Keira nickte. Das wusste sie bereits alles. „Das Festival der Liebe“, sagte sie etwas säuerlich.

Elliot schmunzelte. „Bist du immer so zynisch?“

Das ließ Keira nervös werden. Hatte sie das Falsche gesagt? Ihre Verachtung war ihr einfach so heraus gerutscht. Aber dann sah sie, dass Elliots Gesicht eher Zustimmung ausdrückte.

„Das ist genau der Blickwinkel, den ich haben will“, sagte er.

Alle am Tisch sahen so aus, als hätten sie in eine Zitrone gebissen. Lisa starrte Keira eifersüchtig an.

„Die Wahrheit“, fügte Elliot hinzu. Seine Augen funkelten plötzlich vor Aufregung. „Ich will, dass du diese Albernheit über das romantische Irland entlarvst. Widerlege den Mythos, dass man bei so einem sentimentalen Festival mit einem Partner fürs Leben verbunden wird. Ich erwarte, dass du mutig den Unsinn aufzeigst, dass Liebe so nicht in der realen Welt funktioniert. Ich will die ganze ungeschminkte Wahrheit.“

Keira nickte. Sie war eine zynische New Yorkerin, und der Blickwinkel des Auftrags kam ihr sehr entgegen. Es war, als wäre ihr der perfekte Auftrag zum richtigen Zeitpunkt praktisch in den Schoß gefallen. Dies war ihre Chance, sich zu beweisen, ihre Stimme und ihr Talent zu zeigen, allen klar zu machen, dass sie sich ihren Platz bei Viatorum wahrlich verdient hatte.

„Damit ist die Besprechung beendet“, sagte Elliot. Als Keira aufstand, fügte er hinzu, „du nicht, Miss Swanson. Wir müssen noch ein paar Details des Auftrags mit meiner Assistentin besprechen. Gehen wir doch in mein Büro.“

Als die Anderen nach und nach den Raum verließen, machte Nina ein Daumen-hoch-Zeichen. Dann ging Keira an Elliots Seite quer durch das Büro. Ihre Absätze klackerten auf den Kacheln und eifersüchtige Blicke folgten ihr.

*

In dem Moment, als sich die Tür zu Elliots Büro hinter ihnen schloss, wusste Keira, dass die wirkliche Arbeit jetzt erst begann. Elliots Assistentin Heather war bereits da. She runzelte verwirrt die Stirn, als sie sah, dass Keira den Auftrag bekommen hatte, aber sie sagte nichts.

Eine weitere Person, der ich zeigen werde, dass sie falsch liegt, dachte Keira.

Sie und Elliot setzten sich hin. Heather reichte ihr eine Mappe.

„Deine Flugtickets“, erklärte sie. „Und Details zur Unterkunft.“

„Ich hoffe, du bist ein Frühaufsteher, denn du wirst morgen früh aufbrechen“, fügte Elliot hinzu.

Keira lächelte, aber im Geiste ging sie all die Termine in ihrem Kalender durch, die sie absagen musste oder verpassen würde. Ihr brach der kalte Schweiß aus, als ihr bewusst wurde, dass sie die Hochzeit von Ruth, Zacharys Schwester, verpassen würde. Die war morgen. Er würde ziemlich sauer sein.

„Das ist kein Problem“, sagte sie und warf einen Blick auf die Flugtickets in der Mappe. 6 Uhr. „Überhaupt kein Problem.“

„Wir haben dir ein Zimmer in einem idyllischen kleinen Bed & Breakfast in Lisdoonvarna gebucht“, erklärte Elliot. „Kein Schnickschnack. Wir wollen, dass du alles ganz hautnah erlebst.“

„Großartig“, antwortete sie.

„Versau es nicht, okay?“, sagte Elliot. „Ich gehe mit dir ein echt großes Risiko ein. Wenn du den Auftrag versaust, dann war es das hier für dich. Klar? Es gibt Hunderte von Autoren, die nur darauf warten, deinen Platz einzunehmen.“

Keira nickte, bemüht, ihre Anspannung nicht zu zeigen. Sie wollte einen zuversichtlichen Eindruck machen, während sie in Wirklichkeit Schmetterlinge im Bauch hatte.

KAPITEL ZWEI

Als Keira spät am Abend in ihr Apartment heimkehrte, das sie gemeinsam mit ihrem Freund bewohnte, zitterte sie noch immer vor Aufregung und konnte es kaum fassen. Sie hatte Schwierigkeiten, den Schlüssel ins Schlüsselloch zu stecken, um die Tür aufzuschließen.

Schließlich gelang es ihr und sie trat ein. Der Duft von Essen hing in der Luft, vermischt mit dem Geruch von Putzmittel. Zachary hatte sauber gemacht. Das bedeutete, dass er wütend war.

„Ich weiß, ich weiß, ich weiß“, sagte sie, noch bevor sie ihn überhaupt sah. „Du bist sauer und es tut mir leid.“ Sie warf ihre Schlüssel in die Schale neben dem Eingang und schloss die Tür. „Aber, Liebling, ich habe großartige Neuigkeiten!“ Sie schlüpfte aus ihren Schuhen und rieb sich die schmerzenden Füße.

Zachary erschien in der Tür des Wohnzimmers, die Arme verschränkt. Sein dunkles Haar passte zu seiner düsteren Stimmung.

„Du hast das Essen verpasst“, sagte er. „Den kompletten Brunch.“

„Es tut mir leid“, sagte Keira flehentlich. Sie warf ihm die Arme um den Nacken, aber er zeigte sich unbeeindruckt, daher änderte sie ihre Taktik. Sie gab ihrer Stimme einen verführerischen Klang. „Wie wäre es, wenn wir uns darüber streiten und ich es dann wieder gutmache?“

Zachary schubste ihre Arme weg und stürmte zurück ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch warf. Das Zimmer war makellos sauber. Selbst seine PlayStation hatte er abgestaubt. Er war zorniger als je zuvor, das erkannte Keira.

Sie setzte sich neben ihn und legte behutsam eine Hand auf sein Knie, strich über den Jeansstoff unter ihren Fingern. Zachary starrte geradeaus auf den Fernseher, der gar nicht an war.

„Was soll ich machen, Zach?“, fragte sie leise. „Ich muss arbeiten. Das weißt du doch.“

Er atmete aus und schüttelte den Kopf. „Ich verstehe, dass du arbeiten musst. Ich arbeite schließlich auch. Alle Welt arbeitet. Aber niemand sonst hat einen Boss, der nur mit den Fingern schnippen muss und seine Angestellten kommen angelaufen wie die Lemminge!“

Das war nicht von der Hand zu weisen.

„Warte mal, du bist aber nicht eifersüchtig auf Josh, oder?“, fragte Keira. Der Gedanke war lächerlich. „Wenn du ihn nur hättest sehen können!“

„Keira“, kläffte Zachary und schaute sie endlich an. „Ich bin nicht eifersüchtig auf deinen Boss. Zumindest nicht so. Ich bin eifersüchtig darauf, dass er so viel Zeit von dir bekommt, so viel Energie. Er ist praktisch der Mittelpunkt in deinem Leben.“

Jetzt war es an Keira, zu seufzen. Sie verstand durchaus, was Zachary meinte, aber sie wünschte sich, er würde ihren Erfolg mehr unterstützen. Sie wollte, dass er durchhielt, solange sie noch ganz am Anfang war. Es würde leichter werden, sobald sie auf der Karriereleiter nach oben geklettert war.

„Ich wünschte, es wäre anders“, stimmte Keira zu. „Aber all meine Anstrengungen werden nicht weniger werden, zumindest nicht im nächsten Monat.“

Zachary runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“

Keira wollte ihre Aufregung ihm zuliebe nicht so zeigen, aber sie konnte einfach nicht anders. Sie quiekte beinahe als sie sagte: „Ich gehe nach Irland!“

Es entstand eine sehr lange Pause, als Zachary diese Information verarbeitete.

„Wann?“, fragte er kühl.

„Das ist der Punkt“, antwortete Keira. „Es hat eine Personaländerung in letzter Minute gegeben. Josh hat sich das Bein gebrochen. Es ist eine ziemlich lange Geschichte.“

Zach starrte sie einfach an, während sie schwafelte, und wartete auf das dicke Ende.

Keira sank in die Polster, wollte sich möglichst klein machen. „Ich fliege morgen.“

Zacharys Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. Waren es vorher nur Regenwolken, zog jetzt ein Gewitter auf.

„Aber morgen ist die Hochzeit“, sagte er.

Keira nahm seine Hände in ihre. „Das Timing ist doof, das gebe ich zu. Aber ich schwöre dir, Ruth wird es verstehen.“

„Verstehen?“, schnappte Zach und riss seine Hände los. „Es ist ihre Hochzeit!“

Er sprang auf, lief auf und ab, fuhr sich mit den Händen durch das Haar. Keira eilte zu ihm, versuchte, seinen Zorn zu beschwichtigen. Aber das ließ Zachary nicht zu.

„Ich fasse es nicht“, keuchte er. „Ich veranstalte hier den ganzen Tag einen Brunch für deine Familie, höre mir Bryns Geschwafel an, wie heiß ihr neuer Meditationslehrer ist und all ihre geistlosen Ansichten….“

„Hey!“, sagte Keira, nun ebenfalls wütend. Über ihre große Schwester zu lästern, das ging gar nicht.

„Und anstatt mir zu danken“, fuhr Zach fort, „haust du mir so etwas um die Ohren! Wie soll ich das denn bitte Ruth erklären?“

„Ich sage es ihr selber“, schlug Keira vor. „Dann bin ich der Buhmann, es macht mir nichts aus.“

„Du bist der Buhmann!“, rief Zachary.

Er stürmte aus dem Wohnzimmer. Keira folgte ihm ratlos. Sie waren seit zwei Jahren zusammen und sie hatte ihn noch nie so wütend erlebt.

Sie folgte ihm ins Schlafzimmer und sah, dass er einen Koffer unter dem Bett hervor holte.

„Was tust du?“, fragte sie entsetzt.

„Was denn wohl?“, schnappte er zurück. „Du kannst ja wohl kaum ohne Koffer verreisen, oder?“

Keira schüttelte den Kopf. „Ich weiß, du bist wütend, aber jetzt übertreibst du ein wenig.“

Sie nahm ihm den Koffer ab und warf ihn auf das Bett. Er ging auf, als wolle er sie einladen, ihre Sachen zu packen. Keira musste sich zusammenreißen, um nicht genau das jetzt sofort zu tun.

Zach schien ein wenig an Energie zu verlieren. Er sank in sich zusammen, setzte sich auf das Bett und stützte den Kopf in beide Hände.

„Du entscheidest dich immer für die Arbeit anstatt für mich.“

„Es tut mir leid“, sagte Keira, schaute ihn aber nicht an, während sie ihren Lieblingspulli vom Boden aufhob und unauffällig in den Koffer legte. „Aber dies ist die Chance meines Lebens.“ Sie ging zum Frisiertisch und wühlte sich durch die Menge der Feuchtigkeitscremes und Parfüms. „Ruth hasst mich sowieso. Sie hat mich ohnehin nur in das Brautgefolge aufgenommen, weil du sie darum gebeten hast.“

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