Auf den Bildern sah man Blut überall im Eingangsbereich, bis hin zum Türrahmen. Die Leiche von Kim Wielding lag ausgestreckt auf dem Boden. Ihr linker Fuß war nicht weiter als fünfzehn Zentimeter von der Haustür entfernt. Auf dem zweiten Foto war es sehr deutlich zu erkennen, dass sie mit einem dumpfen Gegenstand ins Gesicht geschlagen worden war. Ihre Nase war teilweise eingedrückt und die untere Hälfte ihres Gesichts war blutüberströmt.
„Wir können uns sicher sein, dass sie die Tür geöffnet hat“, sagte Rhodes.
„Was bedeutet, dass sie die Person kannte“, fügte Chloe hinzu. „Oder, dass sie jemanden erwartet hat.“
Rhodes nahm die Bilder aus dem Ordner, sie riss sie nicht wirklich heraus, war aber auch nicht sonderlich vorsichtig damit. „Das kotzt mich an.“
„Was genau?“, fragte Chloe.
„Dieser Fall. Ein einzelner Mord in einer gehobenen Nachbarschaft. Was können wir verdammt nochmal mit einem gesäuberten Mordtatort und ohne direkte Hilfe der örtlichen Polizei wohl tun?“
„Ich würde sagen, wir überspringen den Tatort. Ich meine, wir haben die Bilder. Das ist genug. Was würden wir herausfinden, wenn der Körper und das Blut noch hier wären?“
„Viel. Wir hätten auch die Möglichkeit, nach unseren eigenen Beweisen zu suchen.“
Chloe ließ das Thema bleiben. Um ehrlich zu sein, irritierte sie die Situation auch. Aber es ergab auch keinen Sinn, sich daran festzubeißen.
„Ich gehe in das Schlafzimmer im Obergeschoss“, sagte Chloe. Sie dachte, wenn es keinen Tatort gab, um Antworten zu finden, müssten sie sich eben woanders umsehen. Und wenn ein Ex-Freund eine Rolle gespielt hatte, schien es so, als würde ein Ort, an dem sie gelebt hatte, ihr vielleicht ein paar Hinweise geben.
Sie ging die Treppe hinauf, während Rhodes unten blieb und den Wohnbereich studierte. Chloe betrat das Zimmer, das Sandra Carver erwähnt hatte und fand es sehr ordentlich vor. An der gegenüberliegenden Wand stand ein kleiner Schreibtisch. Es gab einen einzelnen Nachttisch zwischen dem Türrahmen und einem Doppelbett, auf dem eine Lampe stand und ein Nicholas Sparks Taschenbuch lag.
Sie öffnete den Schrank und fand nur ein paar Kleidungsstücke und Ersatzbettwäsche vor. Es gab außerdem einen kleinen Rucksack, die Art, wie man sie als eine Umhängetasche über der Brust trug. Sie schaute hinein und fand Lippenstift, Lippenbalsam, sechs Dollar und einen Bibliotheksausweis.
Chloe warf einen letzten Blick ins Zimmer und seufzte. Hier war nichts zu holen; alles, was es wert war, gefunden zu werden, war offenbar bereits von der örtlichen Polizei aufgegriffen worden. Es würde höchstwahrscheinlich eine Menge Papierkram geben, um in der Zukunft die Beweise von der Polizei anzufordern.
Sie ging die Treppe wieder hinunter und sah, wie Rhodes auf dem Boden hockte und die Gegend, in der Kim getötet worden war, genau untersuchte. Sie sah, immer noch verärgert, zu Chloe auf und sagte: „Wir werden der staatlichen Polizei einen Besuch abstatten müssen. Der Bericht hier besagt, dass sie einen Laptop mitgenommen haben, der irgendwo auf der Küchentheke lag. Ein Lenovo mit Passwort, welches den Zugriff blockierte. Ich würde gerne wissen, ob sie darauf etwas gefunden haben.“
„Wir müssen auch herausfinden, ob die Polizei ihr Auto gefunden hat. Wenn sie hier getötet wurde, hatte sie wahrscheinlich auch ihr Auto hier. Also wo zum Teufel ist es?“
„Ich habe nach dieser Information im Bericht gesucht“, sagte Rhodes und deutete auf die Akte auf dem Küchentisch. „Darin steht, dass ihr Auto nicht da war, als sie am Tatort ankamen.“
„Haben wir das Kennzeichen?“
„Ja. Es ist alles da drin.“
Als Chloe das Ende der Treppe erreichte, stürmte Sandra Carver durch die Haustür. Sie hielt etwas in der Hand und streckte es auf eine solche Weise nach oben, dass Chloe an die Szene vom König der Löwen erinnert wurde.