Die Perfekte Lüge - Блейк Пирс 2 стр.


Es umfasste weder ihre Dienstwaffe noch die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen, die die Beamten in ihrer Wohnung eingerichtet hatten. Dazu gehörten bruchsicheres und kugelsicheres Glas für die Fenster und die Terrassenschiebetür, eine doppelt so dicke Wohnungstür sowie bewegungsaktivierte und wärmeempfindliche Kameras im Inneren, die über ihr Handy ein- und ausgeschaltet werden konnten.

Schließlich gab es noch eine letzte Vorsichtsmaßnahme, die Jessie liebte. Sie wohnte tatsächlich im dreizehnten Stockwerk, obwohl es, wie in vielen anderen Gebäuden auch, angeblich nicht existierte. Im Aufzug gab es keinen Knopf dafür. Der Dienstaufzug konnte bis zum Stockwerk gelangen, aber es war ein Sicherheitsmann erforderlich, der jeden, der ihn benutzte, begleiten musste. Um unter normalen Umständen auf das Stockwerk zu gelangen, musste man auf Ebene zwölf oder vierzehn aussteigen und eine unscheinbare Tür aus dem Hauptgang öffnen, die mit „Zutritt nur für Personal" gekennzeichnet war.

Diese Tür führte in einen kleinen Raum in dessen hinterem Teil sich eine zusätzliche Tür mit der Aufschrift „Lager" befand, für die ein spezieller Schlüssel erforderlich war. Diese Tür führte zu einem Treppenhaus, das in den dreizehnten Stock führte, der wie die anderen Stockwerke aus acht Wohnungen bestand.

Aber jede dieser Wohnungen war von jemandem bewohnt, der eindeutig einen Schwerpunkt auf Privatsphäre, Sicherheit oder beides legte. In der Woche, in der Jessie hier gewesen war, hatte sie eine bekannte Fernsehschauspielerin, einen hochkarätigen Anwalt und den Moderator einer umstrittenen Radio-Talkshow im Flur getroffen.

Jessie, die bei ihrer Scheidung gut davongekommen war, hatte keine Geldprobleme. Und wegen einiger Rabatte der Strafverfolgungsbehörden, die das LAPD und der Marshal Service für sie gesichert hatten, war die Wohnung nicht so teuer, wie sie erwartet hatte. Außerdem war es die Sache wert, um ihren Seelenfrieden zu haben. Natürlich hatte sie auch von ihrer letzten Wohnung gedacht, dass sie sicher sei.

Ihre Kaffeemaschine piepte und sie holte sich eine Tasse. Während sie Milch und Zucker hinzufügte, fragte sie sich, ob auch zum Schutz von Hannah Dorsey besondere Maßnahmen getroffen worden waren. Hannah war das echte siebzehnjährige Mädchen, das von Xander Thurman gefesselt und geknebelt worden und gezwungen worden war, zuzusehen, wie er ihre Eltern ermordet und Jessie fast getötet hätte.

Jessies Gedanken waren oft bei Hannah, weil sie sich fragte, wie es dem Mädchen in ihrer Pflegefamilie ging, nachdem sie ein solches Trauma erlitten hatte. Jessie hatte etwas Ähnliches durchgemacht, als sie noch ein Mädchen war, obwohl sie erst sechs Jahre und somit viel jünger gewesen war. Xander hatte sie in einer abgelegenen Hütte gefesselt und sie gezwungen, dabei zuzusehen, wie er ihre Mutter, seine eigene Frau, gefoltert und getötet hatte.

Diese Erfahrung hatte bei ihr bleibende Schäden hinterlassen, und sie war sich sicher, dass dasselbe auch für Hannah galt. Was dieses Mädchen natürlich nicht wusste, was auch gut so war, war, dass Xander auch ihr Vater war, was bedeutete, dass sie Jessies Halbschwester war.

Den Behörden zufolge wusste Hannah, dass sie adoptiert war, kannte ihre wirklichen Eltern allerdings nicht. Und da es Jessie nach der gemeinsamen Tortur verboten war, sich mit ihr zu treffen, hatte das Mädchen keine Ahnung, dass sie verwandt waren. Trotz ihrer Bitten, mit dem Mädchen zu sprechen, und ihres Versprechens, ihre Verbindung nicht preiszugeben, waren sich alle Verantwortlichen einig, dass sie sich erst dann wieder treffen sollten, wenn die Ärzte der Meinung waren, dass Hannah damit umgehen könnte.

Jessie verstand die Entscheidung und stimmte ihr sogar zu. Aber irgendwo tiefer in ihrem Inneren spürte sie den starken Drang, mit dem Mädchen zu sprechen. Sie hatten so viel gemeinsam. Ihr Vater war ein Monster. Ihre Mütter waren Rätsel. Hannah hatte ihre nie kennen gelernt, und Jessies war nur noch eine entfernte Erinnerung. Und so wie Xander Hannahs Adoptiveltern getötet hatte, hatte er dasselbe mit Jessies Adoptiveltern getan.

Trotz alledem waren sie nicht allein. Jeder von ihnen hatte eine familiäre Verbindung, die Trost und Hoffnung auf Genesung bieten konnte. Jede hatte eine Schwester, was Jessie nie für möglich gehalten hatte. Sie sehnte sich danach, die Hand auszustrecken und eine Verbindung mit dem einzigen überlebenden Mitglied ihrer Familie herzustellen.

Und doch, selbst als sie sich ein Wiedersehen wünschte, konnte sie nicht umhin, sich zu fragen:

Würde es diesem Mädchen mehr schaden als nützen, mich zu kennen?

KAPITEL ZWEI

Der Mann schlich entlang des Außenbereichs des Wohnkomplexes und sah sich alle paar Sekunden um. Es war früh am Morgen, und ein gut gebauter Afroamerikaner mit Kapuzenpulli wie er, fiel zweifelsfrei auf.

Er befand sich im achten Stock, direkt vor der Wohnung der Frau, von der er wusste, dass sie hier lebte. Er wusste auch, wie ihr Auto aussah und hatte es im Parkhaus gesehen, also nahm er an, dass sie womöglich zu Hause war. Vorsichtshalber klopfte der Mann leise an die Eingangstür.

Es war noch nicht einmal sieben Uhr, und er wollte nicht, dass irgendwelche Frühaufsteher-Nachbarn ihre neugierigen Köpfe nach ihm richteten. Der Morgen war kalt und der Mann wollte die Kapuze nicht abnehmen. Aber aus Angst, er würde zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nahm er sie vom Kopf und setzte seine Haut dem beißenden Wind aus.

Als er keine Reaktion auf sein Klopfen erhielt, versuchte er, die Tür zu öffnen, von der er vermutete, dass sie verschlossen war. Das war sie auch. Er ging zum angrenzenden Fenster hinüber. Er konnte sehen, dass es leicht geöffnet war. Er überlegte, ob er das wirklich tun sollte. Nach einem kurzen Zögern fällte er die Entscheidung. Er riss das Fenster hoch und kletterte hinein. Er wusste, dass jeder, der ihn sah, wahrscheinlich die Polizei rufen würde, aber er entschied, dass es das Risiko wert war.

Als er drinnen war, schlich er leise in Richtung Schlafzimmer. Alle Lichter waren aus und es roch seltsam. Er konnte den Geruch nicht identifizieren. Als er sich weiter vorwärts bewegte, überkam ihn ein eiskalter Schauer, der definitiv nichts mit dem Wetter zu tun hatte. Er erreichte die Tür des Schlafzimmers, drehte vorsichtig den Knopf und schaute hinein.

Dort auf dem Bett lag die Frau, die er erwartet hatte. Sie schien zu schlafen, aber etwas war seltsam. Sogar im schwachen Morgenlicht sah ihre Haut seltsam blass aus. Außerdem schien sie sich überhaupt nicht zu bewegen. Keine Auf- und Abbewegung der Brust. Überhaupt keine Bewegung. Er betrat das Zimmer und ging hinüber zum Bett. Der Geruch war nun überwältigend, ein verrottender Gestank, der seine Augen tränen ließ. Sein Magen drehte sich um.

Er wollte die Hand ausstrecken und sie berühren, konnte sich aber nicht dazu überwinden. Er wollte etwas sagen, konnte aber keine Worte finden. Schließlich drehte er sich weg und verließ den Raum.

Er zog sein Telefon heraus und wählte die einzige Nummer, die ihm einfiel. Es klingelte mehrere Male, bevor ein Anrufbeantworter ansprang. Er drückte mehrere Knöpfe und wartete auf eine Antwort, als er sich in das Wohnzimmer der Wohnung zurückzog. Schließlich kam eine Stimme in die Leitung.

„110. Was ist Ihr Notfall?"

„Ja, mein Name ist Vin Stacey. Ich glaube, meine Freundin ist tot. Ihr Name ist Taylor Jansen. Ich bin zu ihrer Wohnung gefahren, weil ich sie tagelang nicht erreichen konnte. Sie liegt in ihrem Bett. Aber sie bewegt sich nicht, und sie… sieht nicht gut aus. Außerdem riecht es streng."

Das war der Moment, in dem ihn die Realität traf – die lebhafte, enthusiastische Taylor lag keine zehn Meter von ihm entfernt tot im Bett. Er beugte sich vor und übergab sich.

*

Jessie saß auf dem Rücksitz, in der Hoffnung, dass es das letzte Mal sein würde. Das Fahrzeug der US-Marshals fuhr in das Parkhaus des LAPD-Parkhauses beim Hauptrevier und parkte auf einem Besucherplatz. Dort stand ihr Chef, Roy Decker, und wartete auf sie.

Er sah nicht viel anders aus als das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte. Mit fast sechzig, obwohl er viel älter aussah, war Decker groß und schlank, mit einem kahlen Kopf, tiefen Gesichtsfalten, einer scharfen Nase und kleinen, durchdringenden Augen. Er sprach mit einem uniformierten Offizier, stand aber offensichtlich da, um sie zu begrüßen.

„Wow", sagte sie sarkastisch zu den Beamten auf dem Vordersitz. „Ich fühle mich wie eine Frau im achtzehnten Jahrhundert, die formell von ihrem Vater an ihren Ehemann übergeben wird."

Der Beamte auf dem Beifahrersitz blickte sie finster an. Sein Name war Patrick Murphy, obwohl ihn alle Murph nannten. Er war klein und schlank, mit kurz geschnittenem, hellbraunem Haar, und er wirkte sensibel, was sich allerdings schnell als List herausstellte.

„Dieses Szenario würde einen Ehemann erfordern, der Sie aufnehmen wollte, was ich als höchst unwahrscheinlich empfinde", sagte der Mann, der einen Großteil ihrer Sicherheit koordiniert hatte, während sie auf der Flucht vor mehreren Serienmördern war.

Nur die geringste Andeutung eines Grinsens in seinen Mundwinkeln deutete darauf hin, dass er scherzte.

„Charmant wie immer, Murph", sagte sie nicht gerade in höflichem Tonfall. „Ich weiß nicht, wie ich mich ohne Ihre charmante Persönlichkeit an meiner Seite durchschlagen soll."

„Ich auch nicht", murmelte er.

„Und ohne Ihre einzigartige Gesprächsbereitschaft, Toomey", sagte sie zum Fahrer, einem großen Mann mit Glatze und leerem Gesichtsausdruck.

Toomey, der selten sprach, nickte schweigend.

Decker, der das Gespräch mit dem Offizier beendet hatte, sah die drei ungeduldig an und wartete darauf, dass sie aus dem Auto stiegen.

„Ich glaube, das war’s dann", sagte Jessie, öffnete die Tür und stieg energiegeladener aus, als sie erwartet hatte. „Wie geht es Ihnen, Chef?"

„Nicht so gut wie gestern", sagte er, „jetzt, wo ich Sie wieder hier habe".

„Aber Murph hat so tolle Arbeit geleistet und ich verspreche, keine Last zu sein und mir meinen Unterhalt immer selbst zu verdienen."

„Was?", fragte er ratlos.

„Oh, Papa", sagte sie und wandte sich wieder Murph zu. „Muss ich die Farm wirklich verlassen? Ich werde dich und Mutter so sehr vermissen."

„Was zum Teufel ist hier los?“, forderte Decker.

Murph versuchte, ernst zu schauen und wandte sich an den verwirrten Polizisten, der zum Auto hinübergegangen war.

„Decker", sagte er förmlich und überreichte ihm ein Klemmbrett mit einem Blatt Papier darauf. „Die Schutzpflicht des U.S. Marshal Service ist nicht mehr erforderlich. Hiermit übergebe ich offiziell das Sorgerecht von Jessie Hunt an das Los Angeles Police Department."

„Sorgerecht?“, wiederholte Jessie gereizt. Murph ignorierte sie und fuhr fort.

„Alle zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen sind jetzt die Pflicht Ihrer Abteilung. Mit der Unterzeichnung dieses Dokuments wird dies anerkannt."

Decker nahm das Klemmbrett und unterschrieb das Papier, ohne es zu lesen. Dann übergab er es Murph und schaute Jessie an.

„Gute Nachrichten, Hunt", sagte er schroff, ohne die Begeisterung, die normalerweise mit guten Nachrichten einherging. „Die Kommissare, die versucht haben, Bolton Crutchfield zu finden, haben Videomaterial von jemandem gefunden, der auf seine Beschreibung passt und gestern die mexikanische Grenze überquert hat. Vielleicht sind Sie endlich frei von dem Kerl."

„Hat das die Gesichtserkennung bestätigt?“, fragte sie skeptisch und verlor dabei zum ersten Mal die vorgetäuscht fröhliche Stimme.

„Nein", gab er zu. „Während er über die Brücke ging war sein Kopf die ganze Zeit über gesenkt. Aber er passt fast perfekt auf die physische Beschreibung, und allein die Tatsache, dass er darauf geachtet hat, nie eindeutig auf Video gesehen zu werden, lässt vermuten, dass er wusste, was er tat."

„Das sind tatsächlich gute Neuigkeiten", sagte sie und beschloss, sich darüber hinaus nicht zu äußern.

Sie stimmte zu, dass sie wahrscheinlich nicht mehr im Fadenkreuz von Crutchfield stand, aber nicht wegen eines lückenhaften Überwachungsvideos, das ihr viel zu uneindeutig erschien. Sie konnte Decker nicht sagen, dass der wahre Grund dafür ihre Vermutung war, dass der Mörder eine Schwäche für sie hatte.

„Sind Sie bereit, wieder an die Arbeit zu gehen?", fragte er und war zufrieden damit, dass er auf alle noch bestehenden Bedenken eingegangen war, die sie vielleicht hatte.

„Sofort", sagte sie. „Ich muss nur kurz mit den Marshals sprechen."

„Beeilen Sie sich", sagte Decker, als er sich einige Schritte entfernte. „Sie haben einen anstrengenden Tag am Schreibtisch vor sich."

„Ja", sagte sie, bevor sie sich zum Fahrerfenster hinab beugte.

„Ich glaube, ich werde Sie am meisten vermissen", sagte sie zu Toomey, der in den letzten zwei Monaten ihr erster zugeteilter Marshal war. Er nickte. Offenbar waren keine Worte nötig. Dann ging sie auf die Beifahrerseite und sah Murphy schuldbewusst an.

„Spaß beiseite, ich wollte nur sagen, wie sehr ich es schätze, was Sie alles für mich getan haben. Sie haben Ihr eigenes Leben für mich riskiert. Das werde ich Ihnen nie vergessen."

Er ging immer noch mit Krücken, obwohl der Gips an seinen Beinen letzte Woche entfernt und durch Gipsstiefel ersetzt worden war. Das war etwa zur gleichen Zeit erfolgt, als er die Schlinge um seinen Arm entfernen durfte.

All diese Verletzungen waren eine Folge des Zusammenstoßes mit dem Auto, das Xander Thurman gefahren hatte, als er ihn und Jessie in einer Seitenstraße überfallen hatte. Er hatte sich beide Beine und sein Schlüsselbein gebrochen. Daher war er offiziell für weitere vier Monate vom Dienst beurlaubt. Er war nur heute Morgen gekommen, um sich von ihr zu verabschieden.

„Fangen Sie jetzt nicht an, emotional zu werden", protestierte er. „Wir haben eigentlich diese harte Nummer am laufen. Sie vermasseln noch alles."

„Wie geht es Emersons Familie?", fragte sie leise.

Troy Emerson war der Beamte, den ihr Vater in dieser schrecklichen Nacht in den Kopf geschossen hatte. Jessie kannte bis zu seinem Tod nicht einmal seinen Vornamen, und wusste auch nicht, dass er erst seit Kurzem verheiratet war und einen vier Monate alten Sohn hatte. Sie hatte wegen ihrer Verletzungen nicht zur Beerdigung gehen können, hatte aber danach Emersons Witwe einen Brief geschrieben. Sie hatte keine Antwort erhalten.

„Kelly wird es schaffen", versicherte Murph ihr. „Sie hat Ihren Brief erhalten. Ich weiß, dass sie sich bei Ihnen melden will, aber sie braucht einfach noch etwas Zeit."

„Ich verstehe. Um ehrlich zu sein würde ich es verstehen, wenn sie überhaupt nicht mit mir sprechen wollte."

„Hey, das alles ist nicht Ihre Schuld", antwortete er fast wütend. „Es ist nicht Ihre Schuld, dass Ihr Vater ein Psychopath war. Und Troy kannte die Risiken, als er diesen Job angenommen hat. Das wussten wir alle. Sie können Mitgefühl empfinden. Aber fühlen Sie sich nicht schuldig."

Jessie nickte und wusste nicht, was sie antworten sollte.

„Ich würde Sie ja umarmen", sagte Murph. „Aber ich würde zusammenzucken, allerdings nicht aufgrund von Emotionen. Also tun wir einfach so, als ob wir es getan hätten, okay?"

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