Blutregen - Amy Blankenship 7 стр.


Kriss wusste nicht, wie lange er gelaufen war… oder wie viele Tage vergangen waren, bis er ein merkwürdiges Geräusch hörte, wie rhythmisches Stampfen, das irgendwo vor ihm ertönte. Er war dort gestanden, taumelnd, hatte versucht, nicht zu weinen, als er darauf wartete, zu sehen ob er wieder kämpfen würde müssen. Dämonenblut… er konnte es riechen.

Es dauerte nicht lange, bis er einen Menschen sah, der auf einem Tier in seine Richtung ritt. Teile des Körpers des Mannes waren von einer Art gewebtem Metall bedeckt und Kriss konnte ein langes Schwert sehen, das er am Rücken trug… der Griff davon ragte über seine Schulter, damit er es schnell ziehen konnte. Nachdem er auf dem Mann kein Blut sehen konnte, erkannte er, dass er selbst über und über bedeckt war von Dämonenblut… schon die ganze Zeit.

Das war sein erstes Treffen mit Vincent gewesen. Sie hatten einander angestarrt, als der Mann sich genähert hatte und Kriss schnell ein paar Schritte rückwärts gegangen war. Vincent war von dem großen Tier gestiegen aber Kriss‘ ängstlicher Blick hing an dem gefährlich aussehenden Schwert fest.

„Vertraue niemandem außer mir.“ Die Erinnerung an Deans Stimme hallte warnend durch seinen Kopf und Kriss drehte sich um, um wegzulaufen.

„Warte… lauf nicht weg“, hatte Vincent gerufen.

Der Klang seiner Stimme hatte Kriss an Dean erinnert, sodass er nicht mehr wusste, was er tun sollte. Er hatte es satt, nichts zu verstehen und auf sich selbst gestellt zu sein. Er schielte zurück, um sicherzugehen, dass der Mann nicht sein Schwert gezogen hatte.

Vincent seufzte erleichtert, als das Kind stehenblieb und mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis zu ihm zurücksah. Die letzten Dörfer, an denen er vorbeigekommen war, waren nur blutiges Chaos gewesen und er hatte bisher keine Überlebenden gefunden. Obwohl er dreckig und mit Blut beschmiert war… schien der Junge gesund und sehr verängstigt zu sein, woraus er schloss, dass er wirklich ein Überlebender aus einem der Dörfer sein musste.

„Wo sind deine Eltern?“, fragte er mit besorgter Stimme, in der Hoffnung, dass er damit das Vertrauen des Kindes gewinnen können würde.

Wo waren seine Eltern? Die Frage hatte Kriss sehr traurig gemacht. Sein Vater war nicht einmal in dieser Dimension und hatte ihn inzwischen wahrscheinlich schon völlig vergessen… Dean hatte ihn verlassen und war nicht zurückgekehrt. Kriss fühlte die Wärme von Tränen über seine Wangen kriechen. Die einzige Antwort, die er geben konnte, war ein schwaches Kopfschütteln, als er sich zu dem Mann umdrehte.

„Bist du verletzt?“, fragte Vincent, als er sich vor Kriss hinkniete, um den Jungen durch seine Größe nicht zu verängstigen… er konnte nicht älter als neun oder zehn sein. Langsam hob er seine Hand und legte sie auf die schmutzige Wange des Kindes, wischte mit seinem Daumen die Tränen weg.

Kriss erinnerte sich daran, was der Mensch von ihm denken musste, wenn er ihn ansah… dass er blutverschmiert war und seine Kleider zerfetzt. Nachdem die meisten seiner Verletzungen mittlerweile verheilt waren, und er wusste, dass er dem Menschen nicht erzählen durfte, was wirklich geschehen war, antwortete er mit der einzigen Wahrheit, die er teilen konnte.

„Ich bin jetzt ganz alleine.“ Dann hatte er wirklich zu weinen begonnen… lautes Schluchzen vermischt mit Schluckauf, sodass Vincent seine Arme um ihn geschlungen hatte… geflüstert hatte, dass jetzt alles wieder gut war… dass er ihn beschützen und für ihn sorgen würde.

Und Vincent hatte ihn beschützt… war so weit gegangen, sein eigenes Leben für ihn zu opfern.

Der Schmerz einer Glasscherbe, die durch seine Hand schnitt, brachte Kriss zurück in die Gegenwart. Er öffnete seine Faust und sah das Glas, das in seiner Hand steckte.

Das war es, was Dean vorfand, als er nach seiner Dusche aus dem Badezimmer trat. Er runzelte die Stirn, als er sah, wie Kriss ein Stück Glas aus seiner Hand zog. Indem er die Tür fest hinter sich zuknallte, brachte er den anderen Gefallenen Engel dazu, zusammenzuzucken und ihre Blicke trafen sich über das spiegelnde Fenster. Er war nicht in der Stimmung, zuzusehen, wie sein Liebhaber nun wieder um die Person trauerte, in die er sich als Kind verknallt hatte. Einmal war mehr als genug gewesen.

Kriss atmete tief ein, versuchte, den Schmerz in seiner Brust zu beruhigen. „Ich hatte nie gedacht, dass ich ihn wiedersehen würde, Dean. Ein Teil von mir hat wirklich gehofft, dass er mir mittlerweile vergeben hat. Ich hatte nur versucht, sein Leben zu retten.“

„Er war sterblich, Kriss. Du hast viel mehr gemacht, als einfach sein Leben zu retten, und du weißt es“, sagte Dean tonlos. „Wegen dir kann er nun den Schmerz des Todes für alle Ewigkeiten erfahren und wieder zum Leben erwachen, um sich darüber zu beschweren. Der Geist eines Menschen hat Grenzen. Daher ist ihre Lebensspanne so kurz.“

„Ich weiß“, knurrte Kriss. „Du hast nie gezögert, mich an diese Tatsache zu erinnern. Ich habe eine egoistische Entscheidung getroffen, aber ich war alleine in einer Welt, wo die Dämonen herumspazierten, wie es ihnen gefiel, und ich dachte, dass du nicht mehr zurückkommen würdest. Du warst so lange weg, dass ich Angst hatte, dass die Dämonen dich getötet hatten… ich wollte nicht auch ihn verlieren.“

Dean seufzte und versuchte, sein Temperament zu kontrollieren. „Du hättest es gewusst, wenn mir etwas zugestoßen wäre, also war deine Angst unbegründet.“

„Ich war ein Kind, Dean“, entgegnete Kriss böse. „Alles, was ich wollte, war jemanden, der für mich sorgte, und für den ich sorgen konnte.“

„Du bist so sentimental“, warf Dean ihm vor, denn ihm war sehr wohl bewusst, dass der jugendliche Prinz sich während seiner Abwesenheit in den Ritter verliebt hatte. Diese Tatsache war für ihn sehr schwer zu schlucken gewesen, als er zugesehen hatte, wie Kriss seiner verlorenen Liebe nachtrauerte. Er knirschte mit den Zähnen, fragte sich, ob Kriss nun wieder von seiner Jugendliebe besessen sein würde.

Kriss warf die Flasche Heat durch das Zimmer, sodass Dean sich leicht zur Seite beugte, um nicht getroffen zu werden. „Lass mich in Ruhe, Dean.“

Dean spannte seine Schultern an. „Da haben wir unseren verzogenen Prinzen in all seiner himmlischen Herrlichkeit.“

Ohne ein weiteres Wort warf Kriss sich selbst auf Dean, eine Faust geballt, um sie geradewegs in das Gesicht des anderen Gefallenen Engels zu boxen.

Dean war auf den Angriff vorbereitet und fing mit einer Hand Kriss‘ Faust auf und hielt ihn mit der anderen Hand am Kragen seines Hemds fest. Mit wenig Mühe nutzte Dean den Schwung von Kriss‘ Wut gegen ihn und wirbelte ihn herum, sodass der Prinz in den Boden krachte. Mehrere Knöpfe schlitterten über den Parkettboden und Kriss‘ Hemd blieb halb offen hängen.

„Willst du es noch einmal versuchen?“, fragte Dean mit einem bösen Blick. „Ich kann das die ganze Nacht machen.“

Kriss ließ sich am Boden zurücksinken, als würde er aufgeben, dann plötzlich rammte er seine Faust in Deans Wange, sodass der Kopf des Gefallenen Engels grob zur Seite gedreht wurde.

„Natürlich kannst du das nicht verstehen!“, schrie Kriss, als er Dean fest in den Magen trat, um ihn von sich zu stoßen. „Dir war es immer gleichgültig, ob du alleine warst, oder nicht. Du hast das bewiesen, indem du dich einfach davongeschlichen hast, um Selbstmord zu begehen, wann war das… gestern? Wenn das Ambrosia an Gefallenen Engeln wirken würde, hätte ich es dir schon in deinen egoistischen Hals gegossen und würde es nicht bedauern, dich dann umzubringen.“

Dean landete auf seinen Füßen und schlitterte durch die Kraft des Tritts rückwärts. Also war Kriss immer noch wütend auf ihn? Oder warf er ihm das nur ins Gesicht, jetzt, wo sein Ex-Freund wieder in der Stadt war. Seine Eifersucht über bei diesem Gedanken über.

„Hätte ich gewusst, dass du mehr als nur den einen Tropfen von diesem Fluch besessen hast, hätte ich ihn dir weggenommen, nachdem du Vincent für alle Ewigkeit zum Leben auf dieser Erde verdammt hast“, warnte er, als Kriss sich langsam vom Boden erhob.

Dean fiel nicht ein zweites Mal auf die vorgegebene Ruhe herein und war vorbereitet, als Kriss sich auf ihn warf, sodass er fast durch das riesige Fenster brach. Schnell wirbelte er Kriss herum und presste sein Gesicht in das dicke Glas. Er hatte einen Arm fest um seine Kehle, während der andere sich unter seinem Hemd um seine Rippen legte, sodass Kriss nichts weiter tun konnte, als zu zappeln.

„Du bist immer noch nichts als ein egoistisches Kind und du hast es bewiesen, als du den Fluch auch noch Chad auferlegt hast… vor gerade mal zwei Wochen?“ Sein Sarkasmus war nicht zu überhören, als Dean ihm seinen Vorwurf zurückgab. Wieder trafen sich ihre wütenden Blicke in dem Spiegelbild in der Scheibe vor ihnen.

„Ich habe Chad zuerst gefragt und er hat zugestimmt… obwohl er sich nicht daran erinnert, dass ich gefragt habe. Wenn ich ihn noch einmal fragen würde, würde er mir dieselbe Antwort geben. Es rettet Leben, aber du hast das Ambrosia immer als einen Fluch bezeichnet… wieso?“ Kriss brachte die Frage heraus, die er immer schon Vincent fragen hatte wollen… nicht Dean.

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