Märchen - Якоб и Вильгельм Гримм 3 стр.


Sie gingen die ganze Nacht und noch einen Tag von Morgen bis Abend, aber sie kamen aus dem Wald nicht heraus und waren so hungrig, denn sie hatten nichts als die paar Beeren, die auf der Erde standen. Und weil sie so müde waren, daß die Beine sie nicht mehr tragen wollten, so legten sie sich unter einen Baum und schliefen ein.

Nun war‘s schon der dritte Morgen, daß sie ihres Vaters Haus verlassen hatten. Sie fingen wieder an zu gehen, aber sie gerieten immer tiefer in den Wald, und wenn nicht bald Hilfe kam, mußten sie verschmachten. Als es Mittag war, sahen sie ein schönes, schneeweißes Vögelein auf einem Ast sitzen, das sang so schön, daß sie stehen blieben und ihm zuhörten. Und als es fertig war, schwang es seine Flügel und flog vor ihnen her, und sie gingen ihm nach, bis sie zu einem Häuschen gelangten, auf dessen Dach es sich setzte, und als sie ganz nahe herankamen, so sahen sie, daß das Häuslein aus Brot gebaut war und mit Kuchen gedeckt, aber die Fenster waren von hellem Zucker. “Da wollen wir uns dranmachen,” sprach Hänsel, “und eine gesegnete Mahlzeit halten. Ich will ein Stück vom Dach essen, Gretel, du kannst vom Fenster essen, das schmeckt süß.” Hänsel reichte in die Höhe und brach sich ein wenig vom Dach ab, um zu versuchen, wie es schmeckte, und Gretel stellte sich an die Scheiben und knupperte daran. Da rief eine feine Stimme aus der Stube heraus:

Die Kinder antworteten:

und aßen weiter, ohne sich irre machen zu lassen.

Hänsel, dem das Dach sehr gut schmeckte, riß sich ein großes Stück davon herunter, und Gretel stieß eine ganze runde Fensterscheibe heraus, setzte sich nieder und tat sich wohl damit. Da ging auf einmal die Türe auf, und eine steinalte Frau, die sich auf eine Krücke stützte, kam herausgeschlichen. Hänsel und Gretel erschraken so gewaltig, daß sie fallen ließen, was sie in den Händen hielten. Die Alte aber wackelte mit dem Kopfe und sprach: “Ei, ihr lieben Kinder, wer hat euch hierher gebracht? Kommt nur herein und bleibt bei mir, es geschieht euch kein Leid.” Sie faßte beide an der Hand und führte sie in ihr Häuschen. Da ward ein gutes Essen aufgetragen, Milch und Pfannkuchen mit Zucker, Äpfel und Nüsse. Hernach wurden zwei schöne Bettlein weiß gedeckt, und Hänsel und Gretel legten sich hinein und meinten, sie wären im Himmel.

Die Alte hatte sich nur freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern auflauerte, und hatte das Brothäuslein bloß gebaut, um sie herbeizulocken. Wenn eins in ihre Gewalt kam, so machte sie es tot, kochte es und aß es, und das war ihr ein Festtag. Die Hexen haben rote Augen und können nicht weit sehen, aber sie haben eine feine Witterung wie die Tiere und merken‘s, wenn Menschen herankommen. Als Hänsel und Gretel in ihre Nähe kamen, da lachte sie boshaft und sprach höhnisch: “Die habe ich, die sollen mir nicht wieder entwischen!”.

Früh morgens, ehe die Kinder erwacht waren, stand sie schon auf, und als sie beide so lieblich ruhen sah, mit den vollen roten Backen, so murmelte sie vor sich hin: “Das wird ein guter Bissen werden.” Da packte sie Hänsel mit ihrer dürren Hand und trug ihn in einen kleinen Stall und sperrte ihn mit einer Gittertüre ein. Er mochte schrein, wie er wollte, es half ihm nichts. Dann ging sie zur Gretel, rüttelte sie wach und rief: “Steh auf, Faulenzerin, trag Wasser und koch deinem Bruder etwas Gutes, der sitzt draußen im Stall und soll fett werden. Wenn er fett ist, so will ich ihn essen.” Gretel fing an bitterlich zu weinen, aber es war alles vergeblich, sie mußte tun, was die böse Hexe verlangte.

Nun ward dem armen Hänsel das beste Essen gekocht, aber Gretel bekam nichts als Krebsschalen. Jeden Morgen schlich die Alte zu dem Ställchen und rief: “Hänsel, streck deine Finger heraus, damit ich fühle, ob du bald fett bist.” Hänsel streckte ihr aber ein Knöchlein heraus, und die Alte, die trübe Augen hatte, konnte es nicht sehen und meinte, es wären Hänsels Finger, und verwunderte sich, daß er gar nicht fett werden wollte.

Als vier Wochen herum waren und Hänsel immer mager blieb, da überkam sie die Ungeduld, und sie wollte nicht länger warten. “Heda, Gretel,” rief sie dem Mädchen zu, “sei flink und trag Wasser! Hänsel mag fett oder mager sein, morgen will ich ihn schlachten und kochen.” Ach, wie jammerte das arme Schwesterchen, als es das Wasser tragen mußte, und wie flossen ihm die Tränen über die Backen herunter! “Lieber Gott, hilf uns doch,” rief sie aus, “hätten uns nur die wilden Tiere im Wald gefressen, so wären wir doch zusammen gestorben!” – “Spar nur dein Geplärre,” sagte die Alte, “es hilft dir alles nichts.”

Frühmorgens mußte Gretel heraus, den Kessel mit Wasser aufhängen und Feuer anzünden. “Erst wollen wir backen,” sagte die Alte, “ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknetet.” Sie stieß das arme Gretel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon herausschlugen. “Kriech hinein,” sagte die Hexe, “und sieh zu, ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschieben können.” Und wenn Gretel darin war, wollte sie den Ofen zumachen und Gretel sollte darin braten, und dann wollte sie‘s aufessen.

Aber Gretel merkte, was sie im Sinn hatte, und sprach: “Ich weiß nicht, wie ich‘s machen soll. Wie komm ich da hinein?” – “Dumme Gans,” sagte die Alte, “die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,” krabbelte heran und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Gretel einen Stoß, daß sie weit hineinfuhr, machte die eiserne Tür zu und schob den Riegel vor. Hu! Da fing sie an zu heulen, ganz grauselich, aber Gretel lief fort, und die gottlose Hexe mußte elendiglich verbrennen.

Gretel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen und rief: “Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist tot.” Da sprang Hänsel heraus wie ein Vogel aus dem Käfig, wenn ihm die Türe aufgemacht wird. Wie haben sie sich gefreut, sind sich um den Hals gefallen, sind herumgesprungen und haben sich geküßt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, so gingen sie in das Haus der Hexe hinein. Da standen in allen Ecken Kästen mit Perlen und Edelsteinen. “Die sind noch besser als Kieselsteine,” sagte Hänsel und steckte in seine Taschen, was hinein wollte. Und Gretel sagte:” Ich will auch etwas mit nach Haus bringen,” und füllte sein Schürzchen voll. “Aber jetzt wollen wir fort,” sagte Hänsel, “damit wir aus dem Hexenwald herauskommen.”

Als sie aber ein paar Stunden gegangen waren, gelangten sie an ein großes Wasser. “Wir können nicht hinüber,” sprach Hänsel, “ich seh keinen Steg und keine Brücke.” – “Hier fährt auch kein Schiffchen,” antwortete Gretel, “aber da schwimmt eine weiße Ente, wenn ich die bitte, so hilft sie uns hinüber.” Da rief sie:

Das Entchen kam auch heran, und Hänsel setzte sich auf und bat sein Schwesterchen, sich zu ihm zu setzen. “Nein,” antwortete Gretel, “es wird dem Entchen zu schwer, es soll uns nacheinander hinüberbringen.” Das tat das gute Tierchen, und als sie glücklich drüben waren und ein Weilchen fortgingen, da kam ihnen der Wald immer bekannter und immer bekannter vor, und endlich erblickten sie von weitem ihres Vaters Haus. Da fingen sie an zu laufen, stürzten in die Stube hinein und fielen ihrem Vater um den Hals. Der Mann hatte keine frohe Stunde gehabt, seitdem er die Kinder im Walde gelassen hatte, die Frau aber war gestorben. Gretel schüttelte sein Schürzchen aus, daß die Perlen und Edelsteine in der Stube herumsprangen, und Hänsel warf eine Handvoll nach der andern aus seiner Tasche dazu. Da hatten alle Sorgen ein Ende, und sie lebten in lauter Freude zusammen.

Mein Märchen ist jetzt aus, dort läuft eine Maus, wer sie fängt, darf sich eine große Pelzkappe daraus machen.

Strohhalm, Kohle und Bohne

In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau, die hatte ein Gericht Bohnen zusammengebracht und wollte sie kochen. Sie machte also auf ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte, zündete sie es mit einer Handvoll Stroh an. Als sie die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt eine, die auf dem Boden neben einen Strohhalm zu liegen kam. Bald danach sprang auch eine glühende Kohle vom Herd zu den beiden herab. Da fing der Strohhalm an und sprach: “Liebe Freunde, von wo kommt ihr her?” Die Kohle antwortete: “Ich bin zu gutem Glück dem Feuer entsprungen, und hätte ich das nicht mit Gewalt durchgesetzt, so wäre mir der Tod gewiß. Ich wäre zu Asche verbrannt.” Die Bohne sagte: “Ich bin auch noch mit heiler Haut davongekommen, aber hätte mich die Alte in den Topf gebracht, ich wäre ohne Barmherzigkeit zu Brei gekocht worden wie meine Kameraden.” – “Wäre mir denn ein besser Schicksal zuteil geworden?” sprach das Stroh. “Alle meine Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch aufgehen lassen, sechzig hat sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicherweise bin ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpft.” – “Was sollen wir aber nun anfangen?” sprach die Kohle. – “Ich meine,” antwortete die Bohne, “weil wir so glücklich dem Tode entronnen sind, so wollen wir uns als gute Gesellen zusammenhalten und, damit uns hier nicht wieder ein neues Unglück ereilt, gemeinschaftlich auswandern und in ein fremdes Land ziehen.”

Der Vorschlag gefiel den beiden andern, und sie machten sich miteinander auf den Weg. Bald aber kamen sie an einen kleinen Bach, und da keine Brücke oder Steg da war, so wußten sie nicht, wie sie hinüberkommen sollten. Der Strohhalm fand guten Rat und sprach: “Ich will mich querüber legen, so könnt ihr auf mir wie auf einer Brücke hinübergehen.” Der Strohhalm streckte sich also von einem Ufer zum andern, und die Kohle, die von hitziger Natur war, trippelte auch ganz keck auf die neugebaute Brücke. Als sie aber in die Mitte gekommen war und unter sich das Wasser rauschen hörte, ward ihr doch angst. Sie blieb stehen und getraute sich nicht weiter. Der Strohhalm aber fing an zu brennen, zerbrach in zwei Stücke und fiel in den Bach. Die Kohle rutschte nach, zischte, wie sie ins Wasser kam, und gab den Geist auf. Die Bohne, die vorsichtigerweise noch auf dem Ufer zurückgeblieben war, mußte über die Geschichte lachen, konnte nicht aufhören und lachte so gewaltig, daß sie zerplatzte.

Nun wäre es ebenfalls um sie geschehen, wenn nicht zu gutem Glück ein Schneider, der auf der Wanderschaft war, sich an dem Bach ausgeruht hätte. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so holte er Nadel und Zwirn heraus und nähte sie zusammen. Die Bohne bedankte sich bei ihm aufs schönste, aber da er schwarzen Zwirn gebraucht hatte, so haben seit der Zeit alle Bohnen eine schwarze Naht.

Das tapfere Schneiderlein

An einem Sommermorgen saβ ein Schneiderlein auf seinem Tisch am Fenster, war guter Dinge und nähte aus Leibeskräften. Da kam eine Bauersfrau die Straβe herab und rief: “Gut Mus feil! Gut Mus feil!”. Das klang dem Schneiderlein lieblich in die Ohren, es steckte sein zartes Haupt zum Fenster hinaus und rief: “Hier herauf, liebe Frau, hier wird sie ihre Ware los.”

Die Frau stieg die drei Treppen mit ihrem schweren Korbe zu dem Schneider herauf und muβte die Töpfe sämtlich vor ihm auspacken. Er besah sie alle, hob sie in die Höhe, hielt die Nase dran und sagte endlich: “Das Mus scheint mir gut, wieg sie mir doch vier Lot ab, liebe Frau, wenn‘s auch ein Viertelpfund ist, kommt es mir nicht darauf an.” Die Frau, welche gehofft hatte, einen guten Absatz zu finden, gab ihm, was er verlangte, ging aber ganz ärgerlich und brummig fort.

“Nun, das Mus soll mir Gott gesegnen,” rief das Schneiderlein, “und soll mir Kraft und Stärke geben,” holte das Brot aus dem Schrank, schnitt sich ein Stück über den ganzen Laib und strich das Mus darüber. “Das wird nicht bitter schmecken,” sprach es, “aber erst will ich das Wams fertig machen, ehe ich anbeiβe.” Es legte das Brot neben sich, nähte weiter und machte vor Freude immer gröβere Stiche.

Indes stieg der Geruch von dem süβen Mus hinauf an die Wand, wo die Fliegen in groβer Menge saβen, so dass sie herangelockt wurden und sich scharenweis darauf niederlieβen. “Ei, wer hat euch eingeladen?” sprach das Schneiderlein und jagte die ungebetenen Gäste fort. Die Fliegen aber, die kein Deutsch verstanden, lieβen sich nicht abweisen, sondern kamen in immer gröβerer Gesellschaft wieder. Da lief dem Schneiderlein endlich, wie man sagt, die Laus über die Leber, es langte aus seiner Hölle nach einem Tuchlappen, und: “Wart, ich will es euch geben!” schlug es unbarmherzig drauf. Als es abzog und zählte, so lagen nicht weniger als sieben vor ihm tot und streckten die Beine. “Bist du so ein Kerl?” sprach es und muβte selbst seine Tapferkeit bewundern, “das soll die ganze Stadt erfahren.” Und in der Hast schnitt sich das Schneiderlein einen Gürtel, nähte ihn und stickte mit groβen Buchstaben darauf: “Siebene auf einen Streich!”

“Ei, was Stadt!” sprach es weiter, “die ganze Welt soll‘s erfahren!”. Und sein Herz wackelte ihm vor Freude wie ein Lämmerschwänzchen. Der Schneider band sich den Gürtel um den Leib und wollte in die Welt hinaus, weil er meinte, die Werkstätte sei zu klein für seine Tapferkeit. Eh er abzog, suchte er im Haus herum, ob nichts da wäre, was er mitnehmen könnte, er fand aber nichts als einen alten Käs, den steckte er ein. Vor dem Tore bemerkte er einen Vogel, der sich im Gesträuch gefangen hatte, der muβte zu dem Käse in die Tasche. Nun nahm er den Weg tapfer zwischen die Beine, und weil er leicht und behend war, fühlte er keine Müdigkeit.

Der Weg führte ihn auf einen Berg, und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saβ da ein gewaltiger Riese und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein ging beherzt auf ihn zu, redete ihn an und sprach: “Guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da und besiehst dir die weitläufige Welt? Ich bin eben auf dem Wege dahin und will mich versuchen. Hast du Lust mitzugehen?”

Der Riese sah den Schneider verächtlich an und sprach: “Du Lump! Du miserabler Kerl!” – “Das wäre!” antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf und zeigte dem Riesen den Gürtel, “Da kannst du lesen, was ich für ein Mann bin.” Der Riese las: “Siebene auf einen Streich,” meinte, das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen, dass das Wasser heraustropfte. “Das mach mir nach,” sprach der Riese, “wenn du Stärke hast.”

“Ist‘s weiter nichts?” sagte das Schneiderlein. “Das ist bei unsereinem Spielwerk,” griff in die Tasche, holte den weichen Käs und drückte ihn, dass der Saft herauslief. “Gelt,” sprach er, “das war ein wenig besser?”.

Der Riese wuβte nicht, was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf und warf ihn so hoch, dass man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: “Nun, du Erpelmännchen, das tu mir nach.”

“Gut geworfen,” sagte der Schneider, “aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen, ich will dir einen werfen, der soll gar nicht wiederkommen,” griff in die Tasche, nahm den Vogel und warf ihn in die Luft. Der Vogel, froh über seine Freiheit, stieg auf, flog fort und kam nicht wieder. “Wie gefällt dir das Stückchen, Kamerad?” fragte der Schneider. “Werfen kannst du wohl,” sagte der Riese, “aber nun wollen wir sehen, ob du imstande bist, etwas Ordentliches zu tragen.” Er führte das Schneiderlein zu einem mächtigen Eichbaum, der da gefällt auf dem Boden lag, und sagte: “Wenn du stark genug bist, so hilf mir den Baum aus dem Walde heraustragen.”

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