Карлик Нос и другие любимые сказки. Уровень 1 / Der Zwerg Nase und andere Lieblingsmärchen - Вильгельм Гауф 2 стр.


«Willkommen, ihr Störche! Ihr seid mir ein gutes Zeichen meiner Errettung! Durch Störche werde mir ein großes Glück kommen!«

Der Kalif bückte sich mit seinem langen Hals. Er brachte seine dünnen Füße in eine zierliche Stellung und sprach:

«Nachteule! Deine Hoffnung ist vergeblich. Du wirst unsere Hilflosigkeit selbst erkennen, wenn du unsere Geschichte hörst.«

Die Nachteule bat ihn zu erzählen. Der Kalif aber hub an und erzählte alles.

IV

Als der Kalif der Eule seine Geschichte vorgetragen hat, dankte sie ihm und sagte:

«Vernimm auch meine Geschichte. Ich bin nicht weniger unglücklich als du. Mein Vater ist der König von Indien. Ich bin seine einzige unglückliche Tochter. Ich heiße Lusa. Jener Zauberer Kaschnur, der euch verzauberte, hat auch mich ins Unglück gestürzt. Er kam eines Tags zu meinem Vater. Er begehrte mich zur Frau für seinen Sohn Mizra. Mein Vater ist ein hitziger Mann. Er ließ ihn die Treppe hinunterwerfen[21]. Aber kam der Elende unter einer anderen Gestalt zu mir. Als ich einst in meinem Garten trinken wollte, brachte er mir, als Sklave verkleidet[22], einen Trank, der mich in diese abscheuliche Gestalt verwandelte. Er brachte mich her und rief mir mit schrecklicher Stimme in die Ohren:

Da sollst du bleiben, bis an dein Ende, oder bis einer aus freiem Willen dich, selbst in dieser schrecklichen Gestalt, zur Gattin begehrt. So räche ich mich an dir und deinem stolzen Vater!

Seitdem sind viele Monate verflossen. Einsam und traurig lebe ich als Einsiedlerin in diesem Gemäuer. Die schöne Natur ist vor mir verschlossen, denn ich bin blind am Tage.«

Die Eule hatte geendet. Sie wischte sich mit dem Flügel wieder die Augen aus.

Der Kalif war bei der Erzählung der Prinzessin begeistert.

«Aha«, sprach er,»ich finde ein geheimer Zusammenhang zwischen unserem Unglück! Aber wo finde ich den Schlüssel zu diesem Rätsel?«

Die Eule antwortete ihm:

«O Herr! Auch mir ahnet dies. In meiner Jugend sagte eine weise Frau: ein Storch wird dir ein großes Glück bringen. Ich weiß vielleicht, wie wir uns retten können.«

Der Kalif war sehr erstaunt und fragte, auf welchem Wege sie meine.

«Der Zauberer«, sagte sie,»kommt alle Monate einmal in diese Ruinen. Nicht weit von diesem Gemach ist ein Saal. Dort pflegt er dann mit vielen Genossen zu schmausen. Schon oft habe ich sie dort belauscht. Sie erzählen dann einander ihre schändlichen Werke. Vielleicht kann er das Zauberwort, das ihr vergessen habt, aussprechen.«

«O teuerste Prinzessin«, rief der Kalif,»wann kommt er? Und wo ist der Saal?«

Die Eule schwieg einen Augenblick und sprach dann:

«Aber nur unter einer Bedingung[23] kann ich Euern Wunsch erfüllen.«

«Sprich aus! Sprich aus!«schrie Chasid.

«Nämlich, ich möchte auch gerne zugleich frei sein. Dies kann aber nur geschehen, wenn einer von euch mir seine Hand reicht[24]

Die Störche waren über den Antrag betroffen. Der Kalif winkte seinem Diener, ein wenig mit ihm hinauszugehen.

«Großwesir«, sprach der Kalif,»das ist die Frau für dich.«

«Was?«antwortete der Großwesir.»Meine Frau wird meine Augen auskratzen! Auch bin ich ein alter Mann, und Ihr seid noch jung und unverheiratet. Ihr könnt einer jungen, schönen Prinzessin die Hand geben.«

«Aber«, seufzte der Kalif,»wer sagt dir denn, dass sie jung und schön ist? Das heißt eine Katze im Sack kaufen!«

Sie redeten einander gegenseitig noch lange zu. Endlich aber, entschloss der Kalif sich, die Bedingung lieber selbst zu erfüllen. Die Eule war hocherfreut. Wahrscheinlich kommen in dieser Nacht die Zauberer.

Die Eule verließ mit den Störchen das Gemach, um sie in jenen Saal zu führen. Sie gingen lange in einem finstern Gang hin. Endlich strahlte ihnen ein heller Schein. Als sie dort angelangt waren, riet ihnen die Eule, sich ganz ruhig zu verhalten. Sie konnten von der Lücke einen großen Saal übersehen. In der Mitte des Saales stand ein runder Tisch, mit vielen Speisen. Rings um den Tisch zog sich ein Sofa, auf welchem acht Männer saßen. In einem dieser Männer erkannten die Störche den Krämer. Er erzählte die Geschichte des Kalifen und seines Wesirs.

«Was für ein Wort hast du ihnen denn aufgegeben?«fragte ihn ein anderer Zauberer.

«Ein recht schweres lateinisches, es heißt Mutabor«, antwortete der Krämer.

V

Die Störche liefen schnell. Dort sprach der Kalif zu der Eule:

«Retterin meines Lebens und des Lebens meines Freundes! Nimm mich zum Gemahl an!«

Dann aber wandte er sich nach Osten. Dreimal bückten die Störche ihre langen Hälse.

«Mutabor!«riefen sie.

Im Nu waren sie verwandelt! Und wer beschreibt ihr Erstaunen, als sie sich umsahen? Eine schöne Dame stand vor ihnen. Gab sie dem Kalifen die Hand.

«Erkennt Ihr Eure Nachteule nicht mehr?«sagte sie.

Sie war es. Der Kalif sagte:

«Es ist mein größtes Glück, dass ich Storch war!«

Die drei zogen nun miteinander auf Bagdad zu. Der Kalif fand in seinen Kleidern nicht nur die Dose mit Zauberpulver, sondern auch seinen Geldbeutel. Er kaufte daher im nächsten Dorfe, was zu ihrer Reise nötig war. So kamen sie bald an die Tore von Bagdad. Dort aber erregte die Ankunft des Kalifen großes Erstaunen. Man hat ihn für tot ausgegeben[25]. Das Volk war daher hocherfreut, seinen geliebten Herrscher wiederzuhaben.

Um so mehr aber entbrannte ihr Haß gegen den Betrüger Mizra. Sie zogen in den Palast und nahmen den alten Zauberer und seinen Sohn gefangen. Den Alten schickte der Kalif in dasselbe Gemach der Ruine. Er ließ ihn dort aufhängen. Dem Sohn ließ der Kalif die Wahl: sterben oder schnupfen. Der Sohn wählte das letztere. Eine tüchtige Prise, und das Zauberwort des Kalifen verwandelte ihn in einen Storchen. Der Kalif ließ ihn in ein eisernes Käfigt sperren.

Lange und vergnügt lebte Kalif Chasid mit seiner Frau, der Prinzessin. Wenn ihn der Großwesir nachmittags besuchte, da sprachen sie dann oft von ihrem Storchenabenteuer.

Die Geschichte vom kleinen Muck

In Nicea, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann. Er hieß der kleine Muck. Damals war ich sehr jung. Der kleine Muck nämlich war schon ein alter Geselle. Er war nur drei bis vier Schuh hoch. Er hatte eine sonderbare Gestalt. Er war sehr klein und zierlich. Sein Kopf war viel größer und dicker als der Kopf anderer Leute. Er wohnte ganz allein in einem großen Haus. Er kochte sich sogar selbst. Er ging nur alle vier Wochen einmal aus.

Ich und meine Kameraden waren böse Buben, die jedermann gerne neckten und belachten. Es war uns allemal ein Festtag, wenn der kleine Muck ausging. Wir versammelten uns an dem bestimmten Tage vor seinem Haus und warteten, bis er herauskam. Dann aufging die Türe. Zuerst herausguckte der große Kopf mit dem noch größeren Turban. Dann nachfolgte das übrige Körperlein, mit einem abgeschabten Mäntelein, weiten Beinkleidern und einem breiten Gürtel, an welchem ein langer Dolch hing. Der Dolch war sehr lang.

Wenn er so heraustrat, da ertönte die Luft von unserem Freudengeschrei. Wir warfen unsere Mützen in die Höhe. Wir tanzten wie toll um ihn her. Der kleine Muck aber grüßte uns mit ernsthaftem Kopfnicken. Er ging mit langsamen Schritten die Straße hinab. Wir Knaben liefen hinter ihm her und schrien immer:

Auch hatten wir ein lustiges Verslein und da sangen:

So haben wir schon oft unsere Kurzweil getrieben[26]. Zu meiner Schande muss ich sagen, ich trieb's am ärgsten[27]. Ich zupfte ihn oft am Mäntelein. Einmal trat ich ihm von hinten auf die großen Pantoffeln. Er hinfiel. Dann ging der kleine Muck auf meines Vaters Haus. Er ging richtig hinein und blieb einige Zeit dort.

Ich versteckte mich an der Haustüre. Dann kam der Muck heraus. Mein Vater hielt ihn an der Hand. Mir war gar nicht wohl zumute[28]. Ich blieb daher lange in meinem Versteck. Endlich trieb mich der Hunger heraus. Mit gesenktem Kopf trat ich vor meinen Vater.

«Du hast, wie ich höre, den guten Muck beschimpft?«sprach er.»Ich will dir die Geschichte dieses Muck erzählen. Du wirst ihn gewiss nicht mehr auslachen. Und vor- und nachher bekommst du das Gewöhnliche[29]

Das Gewöhnliche aber waren fünfundzwanzig Hiebe. Er nahm daher sein langes Pfeifenrohr und schraubte die Bernsteinmundspitze ab. Dann bearbeitete er mich ärger als je zuvor.

Als die Fünfundzwanzig voll waren, erzählte er mir von dem kleinen Muck.

Der kleine Muck heißt eigentlich Muckrah. Sein Vater war ein angesehener, aber armer Mann hier in Nicea. Er lebte einsiedlerisch wie jetzt sein Sohn. Er liebte ihn nicht, weil er sich seiner Zwerggestalt schämte. Der kleine Muck war noch in seinem sechzehnten Jahr ein lustiges Kind. Sein Vater, ein ernster Mann, tadelte ihn immer, dass er so dumm und läppisch war.

Der Alte starb und zurückließ den kleinen Muck arm und unwissend. Die harten Verwandten jagten den armen Kleinen aus dem Hause. Sie rieten ihm, in die Welt hinauszugehen und sein Glück zu suchen. Der kleine Muck antwortete, er ist schon fertig. Er bat sich aber nur noch den Anzug seines Vaters. Sein Vater war ein großer, starker Mann, daher paßten die Kleider nicht. Muck schnitt ab, was zu lang war, und zog dann die Kleider an. Sein Aufzug, wie er noch heute hat ist, der große Turban, der breite Gürtel, die weiten Hosen, das blaue Mäntelein. Alles dies sind Erbstücke seines Vaters. Den langen Damaszenerdolch[30] seines Vaters steckte er in den Gürtel, ergriff ein Stöcklein und wanderte zum Tor hinaus.

Fröhlich wanderte er den ganzen Tag. Er war ausgezogen, um sein Glück zu suchen. Wenn er eine Scherbe auf der Erde im Sonnenschein sah, so steckte er sie. Er sah die Kuppel einer Moschee und eilte er voll Freude darauf zu. Denn er dachte, in einem Zauberland angekommen zu sein. Aber ach! Jene Trugbilder verschwanden in der Nähe. Nur erinnerten ihn seine Müdigkeit und sein vor Hunger knurrender Magen, dass er noch im Lande der Sterblichen sich befinde.

So war er zwei Tage gereist unter Hunger und Kummer. Er verzweifelte, sein Glück zu finden. Die Früchte des Feldes waren seine einzige Nahrung, die harte Erde sein Nachtlager. Am Morgen des dritten Tages erblickte er eine große Stadt.

Hell leuchtete der Halbmond auf ihren Zinnen. Bunte Fahnen schimmerten auf den Dächern. Überrascht stand er stille. Er betrachtete Stadt und Gegend.

«Ja, dort wird der kleine Muck sein Glück finden«, sprach er zu sich,»dort oder nirgends!«

Er schritt auf die Stadt zu. Aber konnte er sie doch erst gegen Mittag erreichen. Seine Glieder waren sehr klein. Er musste sich oft in den Schatten einer Palme setzen, um auszuruhen.

Endlich war er an dem Tor der Stadt angelangt. Er legte sein Mäntelein zurecht. Er band den Turban schöner um. Er zog den Gürtel noch breiter an. Er steckte den langen Dolch schiefer. Dann wischte er den Staub von den Schuhen. Er ergriff sein Stöcklein und ging mutig zum Tor hinein.

Er hat schon einige Straßen durchwandert. Aber nirgends öffnete sich ihm die Türe. Nirgends rief man:

«Kleiner Muck, komm herein! Iss und trink hier!«

Er schaute gerade an einem großen, schönen Haus hinauf. Da öffnete sich ein Fenster. Eine alte Frau schaute heraus. Sie rief:

Die Türe des Hauses öffnete sich. Muck sah viele Hunde und Katzen. Er stand in Zweifel, ob er der Einladung folgen soll. Endlich aber ging er in das Haus. Vor ihm her gingen ein paar junge Kätzlein. Er beschloss, ihnen zu folgen.

Als Muck die Treppe hinaufgestiegen war, begegnete er jener alten Frau. Sie sah ihn mürrisch an.

«Du hast ja jedermann zu deinem Brei eingeladen«, antwortete der kleine Muck,»und weil ich so gar hungrig bin, bin ich auch gekommen.«

Die Alte lachte und sprach:

«Woher kommst du denn, wunderlicher Gesell? Die ganze Stadt weiß, dass ich für niemand koche als für meine lieben Katzen.«

Der kleine Muck erzählte der alten Frau, wie es ihm nach seines Vaters Tod ist. Er bat sie, ihn heute mit ihren Katzen speisen zu lassen.

Die alte Frau erlaubte ihm, ihr Gast zu sein. Sie gab ihm reichlich zu essen und zu trinken. Als er gesättigt und gestärkt war, betrachtete ihn die Frau lange und sagte dann:

«Kleiner Muck, bleibe bei mir in meinem Dienst[31]

Der kleine Muck, dem der Katzenbrei geschmeckt hat, willigte ein. Er wurde also der Bedienstete der Frau Ahavzi. Er hatte einen leichten, aber sonderbaren Dienst. Frau Ahavzi hatte zwei Kater und vier Katzen. Der kleine Muck musste alle Morgen den Pelz kämmen und mit Salben einreiben. Wenn die Frau ausging, musste er auf die Katzen Achtung geben. Wenn sie aßen, musste er ihnen die Schüsseln vorlegen. Nachts musste er sie auf seidene Polster legen. Musste er auch sie mit samtenen Decken einhüllen.

Auch waren noch einige kleine Hunde im Haus, die er bedienen musste. Übrigens führte Muck ein so einsames Leben wie in seines Vaters Haus. Außer der Frau sah er den ganzen Tag nur Hunde und Katzen.

Eine Zeitlang ging es dem kleinen Muck ganz gut. Er hatte immer zu essen und wenig zu arbeiten. Die alte Frau war zufrieden mit ihm. Aber nach und nach[32] wurden die Katzen unartig. Wenn die Alte ausgegangen war, sprangen sie in den Zimmern umher. Sie warfen alles durcheinander und zerbrachen manches schöne Geschirr. Wenn sie aber die Frau hörten, verkrochen sie sich auf ihre Polster. Wenn die Frau Ahavzi ihre Zimmer verwüstet sah, schob sie alles auf Muck. Sie glaubte ihren Katzen, mehr als ihrem Diener.

Der kleine Muck war sehr traurig. Beschloss er bei sich, den Dienst der Frau Ahavzi zu verlassen. Und beschloss er den Lohn, den ihm seine Gebieterin immer versprochen, aber nie gegeben hat, sich zu verschaffen. Es befand sich in dem Hause der Frau Ahavzi ein Zimmer, das immer verschlossen war. Und fiel ihm ein, dass dort die Schätze der Frau waren. Aber immer war die Tür fest verschlossen. Er konnte daher den Schätzen nie beikommen.

Eines Morgens war die Frau Ahavzi ausgegangen. Zupfte ihn eines der Hundlein an seinen weiten Beinkleidern und schaute, dass Muck ihm folgen soll. Muck folgte ihm. Das Hundlein führte ihn in die Schlafkammer der Frau Ahavzi vor eine kleine Türe. Die Türe war halb offen. Das Hundlein ging hinein. Muck folgte ihm. Er sah, dass er sich in dem Gemach befand!

Er spähte überall umher, ob er kein Geld fand. Er fand aber nichts! Nur alte Kleider und geformte Geschirre standen umher. Eines dieser Geschirre war von Kristall. Schöne Figuren waren darauf ausgeschnitten. Er hob es auf. Aber, o Schrecken! Er hat nicht bemerkt, dass es einen Deckel hat. Der Deckel fiel herab und zerbrach in tausend Stücke.

Lange stand der kleine Muck vor Schrecken leblos. Jetzt muss er entfliehen, sonst schlug ihn die Alte tot. Er sah ein Paar große Pantoffeln. Sie waren zwar nicht schön, aber seine waren viel schlechter. Er zog schnell seine Töffelein aus und fuhr in die großen hinein. Dann sah er ein Spazierstöcklein mit einem Löwenkopf in der Ecke. Er nahm es also mit und eilte zum Zimmer hinaus. Schnell ging er jetzt auf seine Kammer. Er zog sein Mäntelein an. Er setzte den väterlichen Turban auf. Er steckte den Dolch in den Gürtel und lief zum Haus und zur Stadt hinaus. Vor der Stadt lief er, immer weiter fort.

So schnell war er in seinem Leben nicht gegangen. Endlich bemerkte er, dass die Pantoffeln schossen immer fort und führten ihn mit sich. Da rief er:

«Oh oh, halt, oh!«

Da hielten die Pantoffeln. Muck warf sich auf die Erde nieder.

Die Pantoffeln freuten ihn ungemein. Er schlief trotz seiner Freude vor Erschöpfung ein. Das Körperlein des kleinen Muck trug so schweren Kopf. Im Traum erschien ihm das Hundlein, welches ihm im Hause der Frau Ahavzi half. Das Hundlein sprach zu ihm:

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