Reineke Fuchs - Гете Иоганн Вольфганг 16 стр.


Zur selbigen Stunde

War er von aller Krankheit befreit und allen Gebrechen.

Meinem Vater dankt' er genug, es mußt ihn ein jeder

Doktor heißen am Hofe, man durft es niemals vergessen.

Also ging mein Vater beständig dem König zur Rechten.

Euer Vater verehrt' ihm hernach, ich weiß es am besten,

Eine goldene Spange mit einem roten Barette,

Sie vor allen Herren zu tragen; so haben ihn alle

Hoch in Ehren gehalten. Es hat sich aber mit seinem

Sohne leider geändert, und an die Tugend des Vaters

Wird nicht weiter gedacht. Die allergierigsten Schälke

Werden erhoben, und Nutz und Gewinn bedenkt man alleine,

Recht und Weisheit stehen zurück. Es werden die Diener

Große Herren, das muß der Arme gewöhnlich entgelten.

Hat ein solcher Macht und Gewalt, so schlägt er nur blindlings

Unter die Leute, gedenket nicht mehr, woher er gekommen;

Seinen Vorteil gedenkt er aus allem Spiele zu nehmen.

Um die Großen finden sich viele von diesem Gelichter.

Keine Bitte hören sie je, wozu nicht die Gabe

Gleich sich reichlich gesellt, und wenn sie die Leute bescheiden,

Heißt es: Bringt nur! und bringt! zum ersten, zweiten und dritten.

Solche gierige Wölfe behalten köstliche Bissen

Gerne für sich, und wär es zu tun, mit kleinem Verluste

Ihres Herren Leben zu retten, sie trügen Bedenken.

Wollte der Wolf doch die Leber nicht lassen, dem König zu dienen!

Und was Leber! Ich sag es heraus! Es möchten auch zwanzig

Wölfe das Leben verlieren, behielte der König und seine

Teure Gemahlin das ihre, so wär es weniger schade.

Denn ein schlechter Same, was kann er Gutes erzeugen?

Was in Eurer Jugend geschah, Ihr habt es vergessen;

Aber ich weiß es genau, als wär es gestern geschehen.

Auf dem Spiegel stand die Geschichte, so wollt es mein Vater;

Edelsteine zierten das Werk und goldene Ranken.

Könnt ich den Spiegel erfragen, ich wagte Vermögen und Leben.

Reineke, sagte der König: die Rede hab ich verstanden,

Habe die Worte gehört, und was du alles erzähltest.

War dein Vater so groß hier am Hofe und hat er so viele

Nützliche Taten getan, das mag wohl lange schon her sein.

Ich erinnre michs nicht, auch hat mirs niemand berichtet.

Eure Händel dagegen, die kommen mir öfters zu Ohren,

Immer seid Ihr im Spiele, so hör ich wenigstens sagen;

Tun sie Euch unrecht damit, und sind es alte Geschichten,

Möcht ich einmal was Gutes vernehmen; es findet sich selten.

Herr, versetzte Reineke drauf: ich darf mich hierüber

Wohl erklären vor Euch, denn mich betrifft ja die Sache.

Gutes hab ich Euch selber getan! es sei Euch nicht etwa

Vorgeworfen; behüte mich Gott! ich erkenne mich schuldig,

Euch zu leisten, soviel ich vermag. Ihr habt die Geschichte

Ganz gewiß nicht vergessen. Ich war mit Isegrim glücklich

Einst ein Schwein zu erjagen, es schrie, wir bissen es nieder;

Und Ihr kamt und klagtet so sehr und sagtet: es käme

Eure Frau noch hinter Euch drein, und teilte nur jemand

Wenige Speise mit Euch, so wär euch beiden geholfen.

Gebet von Eurem Gewinne was ab! so sagtet Ihr damals.

Isegrim sagte wohl: Ja! doch murmelt' er unter dem Barte,

Daß man kaum es verstand. Ich aber sagte dagegen:

Herr! es ist Euch gegönnt, und wärens der Schweine die Menge.

Sagt, wer soll es verteilen? Der Wolf! versetztet Ihr wieder.

Isegrim freute sich sehr; er teilte, wie er gewohnt war,

Ohne Scham und Scheu und gab Euch eben ein Viertel,

Eurer Frauen das andre, und er fiel über die Hälfte,

Schlang begierig hinein und reichte mir außer den Ohren

Nur die Nase noch hin und eine Hälfte der Lunge;

Alles andre behielt er für sich, Ihr habt es gesehen.

Wenig Edelmut zeigt' er uns da. Ihr wißt es, mein König!

Euer Teil verzehrtet Ihr bald, doch merkt ich, Ihr hattet

Nicht den Hunger gestillt, nur Isegrim wollt es nicht sehen,

Aß und kaute so fort und bot Euch nicht das geringste.

Aber da traft Ihr ihn auch mit Euren Tatzen gewaltig

Hinter die Ohren, verschobt ihm das Fell, mit blutiger Glatze

Lief er davon, mit Beulen am Kopf, und heulte vor Schmerzen.

Und Ihr rieft ihm noch zu: Komm wieder, lerne dich schämen!

Teilst du wieder, so triff mirs besser, sonst will ich dirs zeigen.

Jetzt mach eilig dich fort und bring uns ferner zu essen!

Herr! gebietet Ihr das? versetzt ich: so will ich ihm folgen,

Und ich weiß, ich hole schon was. Ihr wart es zufrieden.

Ungeschickt hielt sich Isegrim damals, er blutete, seufzte,

Klagte mir vor; doch trieb ich ihn an, wir jagten zusammen,

Fingen ein Kalb! Ihr liebt Euch die Speise. Und als wir es brachten,

Fand sichs fett; Ihr lachtet dazu und sagtet zu meinem

Lobe manch freundliches Wort; ich wäre, meintet Ihr, trefflich

Auszusenden zur Stunde der Not, und sagtet daneben:

Teile das Kalb! Da sprach ich: Die Hälfte gehöret schon Euer!

Und die Hälfte gehört der Königin: was sich im Leibe

Findet, als Herz und Leber und Lunge, gehöret, wie billig,

Euern Kindern; ich nehme die Füße, die lieb ich zu nagen,

Und das Haupt behalte der Wolf, die köstliche Speise.

Als Ihr die Rede vernommen, versetztet Ihr: Sage! wer hat dich

So nach Hofart teilen gelehrt? ich möcht es erfahren.

Da versetzt ich: Mein Lehrer ist nah, denn dieser mit rotem

Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Verständnis geöffnet.

Ich bemerkte genau, wie er heut frühe das Ferkel

Teilte, da lernt ich den Sinn von solcher Teilung begreifen;

Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht und werde nicht fehlen.

Schaden und Schande befiel den Wolf und seine Begierde.

Seinesgleichen gibt es genug! Sie schlingen der Güter

Reichliche Früchte zusamt den Untersassen hinunter.

Alles Wohl zerstören sie leicht, und keine Verschonung,

Ist zu erwarten, und wehe dem Lande, das selbige nähret!

Seht! Herr König, so hab ich Euch oft in Ehren gehalten.

Alles, was ich besitze und was ich nur immer gewinne,

Alles widm ich Euch gern und Eurer Königin; sei es

Wenig oder auch viel, Ihr nehmt das meiste von allem.

Wenn Ihr des Kalbes und Schweines gedenkt, so merkt ihr die Wahrheit,

Wo die rechte Treue sich findet. Und dürfte wohl etwa

Isegrim sich mit Reineken messen? Doch leider im Ansehn

Steht der Wolf als oberster Vogt, und alle bedrängt er.

Euren Vorteil besorgt er nicht sehr; zum halben und ganzen

Weiß er den seinen zu fördern. So führt er freilich mit Braunen

Nun das Wort, und Reinekens Rede wird wenig geachtet.

Herr! es ist wahr, man hat mich verklagt, ich werde nicht weichen,

Denn ich muß nun hindurch, und also sei es gesprochen:

Ist hier einer, der glaubt zu beweisen, so komm er mit Zeugen,

Halte sich fest an die Sache und setze gerichtlich zum Pfande

Sein Vermögen, sein Ohr, sein Leben, wenn er verlöre,

Und ich setze das gleiche dagegen: so hat es zu Rechte

Stets gegolten, so halte mans noch, und alle die Sache,

Wie man sie für und wider gesprochen, sie werde getreulich

Solcherweise geführt und gerichtet; ich darf es verlangen!

Wie es auch sei, versetzte der König: am Wege des Rechtes

Will und kann ich nicht schmälern, ich hab es auch niemals gelitten,

Groß ist zwar der Verdacht, du habest an Lampens Ermordung

Teilgenommen, des redlichen Boten! ich liebt ihn besonders

Und verlor ihn nicht gern, betrübte mich über die Maßen,

Als man sein blutiges Haupt aus deinem Ränzel herauszog;

Auf der Stelle büßt' es Bellyn, der böse Begleiter,

Und du magst die Sache nun weiter gerichtlich verfechten.

Was mich selber betrifft, vergeb ich Reineken alles,

Denn er hielt sich zu mir in manchen bedenklichen Fällen.

Hätte weiter jemand zu klagen, wir wollen ihn hören:

Stell er unbescholtene Zeugen und bringe die Klage

Gegen Reineken ordentlich vor, hier steht er zu Rechte!

Reineke sagte: Gnädiger Herr! ich danke zum besten.

Jeden hört Ihr, und jeder genießt die Wohltat des Rechtes.

Laßt mich heilig beteuern, mit welchem traurigen Herzen

Ich Bellyn und Lampen entließ: mir ahndete, glaub ich,

Was den beiden sollte geschehn, ich liebte sie zärtlich.

So staffierte Reineke klug Erzählung und Worte.

Jedermann glaubt' ihm; er hatte die Schätze so zierlich beschrieben,

Sich so ernstlich betragen, er schien die Wahrheit zu reden;

Ja, man sucht' ihn zu trösten. Und so betrog er den König,

Dem die Schätze gefielen; er hätte sie gerne besessen,

Sagte zu Reineken: Gebt Euch zufrieden, Ihr reiset und suchet

Weit und breit, das Verlorne zu finden, das mögliche tut Ihr;

Wenn Ihr meiner Hilfe bedürft, sie steht Euch zu Diensten.

Dankbar, sagte Reineke drauf, erkenn ich die Gnade;

Diese Worte richten mich auf und lassen mich hoffen.

Raub und Mord zu bestrafen, ist Eure höchste Behörde.

Dunkel bleibt mir die Sache, doch wird sichs finden; ich sehe

Mit dem größten Fleiße darnach und werde des Tages

Emsig reisen und nachts und alle Leute befragen.

Hab ich erfahren, wo sie sich finden, und kann sie nicht selber

Wiedergewinnen, wär ich zu schwach, so bitt ich um Hilfe,

Die gewährt Ihr alsdann, und sicher wird es geraten.

Bring ich glücklich die Schätze vor Euch, so find ich am Ende

Meine Mühe belohnt und meine Treue bewähret.

Gerne hört' es der König und fiel in allem und jedem

Reineken bei, der hatte die Lüge so künstlich geflochten.

Alle die andern glaubten es auch; er durfte nun wieder

Reisen und gehen, wohin ihm gefiel, und ohne zu fragen.

Aber Isegrim konnte sich länger nicht halten, und knirschend

Sprach er: Gnädiger Herr! So glaubt Ihr wieder dem Diebe,

Der Euch zwei- und dreifach belog? Wen sollt es nicht wundern!

Seht Ihr nicht, daß der Schalk Euch betrügt und uns alle beschädigt?

Wahrheit redet er nie, und eitel Lügen ersinnt er.

Aber ich laß ihn so leicht nicht davon! Ihr sollt es erfahren,

Daß er ein Schelm ist und falsch. Ich weiß drei große Verbrechen,

Die er begangen; er soll nicht entgehn, und sollten wir kämpfen.

Zwar man fordert Zeugen von uns, was wollte das helfen?

Stünden sie hier und sprächen und zeugten den ganzen Gerichtstag,

Könnte das fruchten? er täte nur immer nach seinem Belieben,

Oft sind keine Zeugen zu stellen, da sollte der Frevler

Nach wie vor die Tücke verüben? Wer traut sich, zu reden?

Jedem hängt er was an, und jeder fürchtet den Schaden.

Ihr und die Euren empfinden es auch und alle zusammen.

Heute will ich ihn halten, er soll nicht wanken noch weichen,

Und er soll zu Rechte mir stehn; nun mag er sich wahren!

Elfter Gesang

Isegrim klagte, der Wolf, und sprach: Ihr werdet verstehen!

Reineke, gnädiger König, so wie er immer ein Schalk war,

Bleibt er es auch und steht und redet schändliche Dinge,

Mein Geschlecht zu beschimpfen und mich. So hat er mir immer,

Meinem Weibe noch mehr, empfindliche Schande bereitet.

So bewog er sie einst, in einem Teiche zu waten

Durch den Morast und hatte versprochen, sie solle des Tages

Viele Fische gewinnen; sie habe den Schwanz nur ins Wasser

Einzutauchen und hängen zu lassen: es würden die Fische

Fest sich beißen, sie könne selbviert nicht alle verzehren.

Watend kam sie darauf und schwimmend gegen das Ende,

Gegen den Zapfen; da hatte das Wasser sich tiefer gesammelt,

Und er hieß sie den Schwanz ins Wasser hängen. Die Kälte

Gegen Abend war groß, und grimmig begann es zu frieren,

Daß sie fast nicht länger sich hielt; so war auch in kurzem

Ihr der Schwanz ins Eis gefroren, sie konnt ihn nicht regen,

Glaubte, die Fische wären so schwer, es wäre gelungen.

Reineke merkt' es, der schändliche Dieb, und was er getrieben,

Darf ich nicht sagen, er kam und übermannte sie leider.

Von der Stelle soll er mir nicht! es kostet der Frevel

Einen von beiden, wie Ihr uns seht, noch heute das Leben.

Denn er schwätzt sich nicht durch; ich hab ihn selber betroffen

Über der Tat, mich führte der Zufall am Hügel den Weg her.

Laut um Hilfe hört ich sie schreien, die arme Betrogne,

Fest im Eise stand sie gefangen und konnt ihm nicht wehren,

Und ich kam und mußte mit eignen Augen das alles

Sehen! Ein Wunder fürwahr, daß mir das Herz nicht gebrochen.

Reineke! rief ich: was tust du? Er hörte mich kommen und eilte

Seine Straße. Da ging ich hinzu mit traurigem Herzen,

Mußte waten und frieren im kalten Wasser und konnte

Nur mit Mühe das Eis zerbrechen, mein Weib zu erlösen.

Ach, es ging nicht glücklich vonstatten! sie zerrte gewaltig,

Und es blieb ihr ein Viertel des Schwanzes im Eise gefangen.

Jammernd klagte sie laut und viel, das hörten die Bauern,

Kamen hervor und spürten uns aus und riefen einander.

Hitzig liefen sie über den Damm mit Piken und Äxten,

Mit dem Rocken kamen die Weiber und lärmten gewaltig:

Fangt sie! schlagt nur und werft! so riefen sie gegeneinander.

Angst wie damals empfand ich noch nie, das gleiche bekennet

Gieremund auch, wir retteten kaum mit Mühe das Leben,

Liefen, es rauchte das Fell. Da kam ein Bube gelaufen,

Ein vertrackter Geselle, mit einer Pike bewaffnet;

Leicht zu Fuße, stach er nach uns und drängt' uns gewaltig.

Wäre die Nacht nicht gekommen, wir hätten das Leben gelassen.

Und die Weiber riefen noch immer, die Hexen, wir hätten

Ihre Schafe gefressen. Sie hätten uns gerne getroffen,

Schimpften und schmähten hinter uns drein.

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