Reineke Fuchs - Гете Иоганн Вольфганг 6 стр.


Da schwebte dem losen Verbrecher,

Als sie ihn fingen und banden, sein klägliches Ende vor Augen.

Wie nun nach Urteil und Recht gebunden Reineke dastand,

Seine Feinde sich regten, zum Tod ihn eilend zu führen,

Standen die Freunde betroffen und waren schmerzlich bekümmert,

Martin, der Affe, mit Grimbart und vielen aus Reinekens Sippschaft.

Ungern hörten sie an das Urteil und trauerten alle

Mehr, als man dächte. Denn Reineke war der ersten Baronen

Einer und stand nun entsetzt von allen Ehren und Würden

Und zum schmählichen Tode verdammt. Wie mußte der Anblick

Seine Verwandten empören! Sie nahmen alle zusammen

Urlaub vom Könige, räumten den Hof, so viele sie waren.

Aber dem Könige ward es verdrießlich, daß ihn so viele

Ritter verließen. Es zeigte sich nun die Menge Verwandten,

Die sich, mit Reinekens Tod sehr unzufrieden, entfernten.

Und der König sprach zu einem seiner Vertrauten:

Freilich ist Reineke boshaft, allein man sollte bedenken,

Viele seiner Verwandten sind nicht zu entbehren am Hofe.

Aber Isegrim, Braun und Hinze, der Kater, sie waren

Um den Gebundnen geschäftig, sie wollten die schändliche Strafe,

Wie es der König gebot, an ihrem Feinde vollziehen,

Führten ihn hastig hinaus und sahen den Galgen von ferne.

Da begann der Kater erbost zum Wolfe zu sprechen:

Nun bedenket, Herr Isegrim, wohl, wie Reineke damals

Alles tat und betrieb, wie seinem Hasse gelungen,

Euren Bruder am Galgen zu sehn. Wie zog er so fröhlich

Mit ihm hinaus! Versäumet ihm nicht die Schuld zu bezahlen.

Und gedenket, Herr Braun, er hat Euch schändlich verraten,

Euch in Rüsteviels Hofe dem groben, zornigen Volke,

Männern und Weibern, treulos geliefert und Schlägen und Wunden

Und der Schande dazu, die allerorten bekannt ist.

Habet acht und haltet zusammen! Entkäm er uns heute,

Könnte sein Witz ihn befrein und seine listigen Ränke,

Niemals würd uns die Stunde der süßen Rache beschert sein.

Laßt uns eilen und rächen, was er an allen verschuldet.

Isegrim sprach: Was helfen die Worte? Geschwinde verschafft mir

Einen tüchtigen Strick; wir wollen die Qual ihm verkürzen.

Also sprachen sie wider den Fuchs und zogen die Straße.

Aber Reineke hörte sie schweigend; doch endlich begann er:

Da ihr so grausam mich haßt und tödliche Rache begehret,

Wisset Ihr doch keine Ende zu finden! Wie muß ich mich wundern!

Hinze wüßte wohl Rat zu einem tüchtigen Stricke:

Denn er hat ihn geprüft, als in des Pfaffen Behausung

Er sich nach Mäusen hinabließ und nicht mit Ehren davonkam.

Aber Isegrim, Ihr, und Braun, ihr eilt ja gewaltig,

Euren Oheim zum Tode zu bringen; ihr meint, es gelänge.

Und der König erhob sich mit allen Herren des Hofes,

Um das Urteil vollstrecken zu sehn; es schloß an den Zug sich

Auch die Königin an, von ihren Frauen begleitet;

Hinter ihnen strömte die Menge der Armen und Reichen,

Alle wünschten Reinekens Tod und wollten ihn sehen.

Isegrim sprach indes mit seinen Verwandten und Freunden

Und ermahnete sie, ja, fest aneinander geschlossen,

Auf den gebundenen Fuchs ein wachsam Auge zu haben;

Denn sie fürchteten immer, es möchte der Kluge sich retten.

Seinem Weibe befahl der Wolf besonders: Bei deinem

Leben! siehe mir zu und hilf den Bösewicht halten.

Käm er los, wir würden es alle gar schmählich empfinden.

Und zu Braunen sagt' er: Gedenket, wie er Euch höhnte;

Alles könnt Ihr ihm nun mit reichlichen Zinsen bezahlen.

Hinze klettert und soll uns den Strick da oben befesten;

Haltet ihn und stehet mir bei, ich rücke die Leiter,

Wenig Minuten, so solls um diesen Schelmen getan sein!

Braun versetzte: Stellt nur die Leiter, ich will ihn schon halten.

Seht doch! sagte Reineke drauf: wie seid ihr geschäftig,

Euren Oheim zum Tode zu bringen! Ihr solltet ihn eher

Schützen und schirmen und, wär er in Not, euch seiner erbarmen.

Gerne bät ich um Gnade, allein was könnt es mir helfen?

Isegrim haßt mich zu sehr, ja seinem Weibe gebeut er,

Mich zu halten und mir den Weg zur Flucht zu vertreten.

Dächte sie voriger Zeiten, sie könnte mir wahrlich nicht schaden.

Aber soll es nun über mich gehn, so wollt ich, es wäre

Bald getan. So kam auch mein Vater in schreckliche Nöten,

Doch am Ende ging es geschwind. Es begleiteten freilich

Nicht so viele den sterbenden Mann. Doch wolltet ihr länger

Mich verschonen, es müßt euch gewiß zur Schande gereichen.

Hört ihr, sagte der Bär: wie trotzig der Bösewicht redet?

Immer, immer hinauf! es ist sein Ende gekommen.

Ängstlich dachte Reineke nun: O möcht ich in diesen

Großen Nöten geschwind was glücklich Neues ersinnen,

Daß der König mir gnädig das Leben schenkte und diese

Grimmigen Feinde, die drei, in Schaden und Schande gerieten!

Laßt uns alles bedenken, und helfe, was helfen kann! denn hier

Gilt es den Hals, die Not ist dringend, wie soll ich entkommen?

Alles Übel häuft sich auf mich. Es zürnet der König,

Meine Freunde sind fort und meine Feinde gewaltig;

Selten hab ich was Gutes getan, die Stärke des Königs,

Seiner Räte Verstand wahrhaftig wenig geachtet;

Vieles hab ich verschuldet und hoffte dennoch, mein Unglück

Wieder zu wenden. Gelänge mirs nur, zum Worte zu kommen,

Wahrlich, sie hingen mich nicht; ich lasse die Hoffnung nicht fahren.

Und er wandte darauf sich von der Leiter zum Volke,

Rief: Ich sehe den Tod vor meinen Augen und werd ihm

Nicht entgehen. Nur bitt ich euch alle, so viele mich hören,

Um ein weniges nur, bevor ich die Erde verlasse.

Gerne möcht ich vor euch in aller Wahrheit die Beichte

Noch zum letztenmal öffentlich sprechen und redlich bekennen

Alles Übel, das ich getan, damit nicht ein andrer

Etwa dieses oder jenes von mir im stillen begangnen,

Unbekannten Verbrechens dereinst bezichtiget werde;

So verhüt ich zuletzt noch manches Übel, und hoffen

Kann ich, es werde mirs Gott in allen Gnaden gedenken.

Viele jammerte das. Sie sprachen untereinander:

Klein ist die Bitte, gering nur die Frist! Sie baten den König,

Und der König vergönnt' es. Da wurd es Reineken wieder

Etwas leichter ums Herz, er hoffte glücklichen Ausgang;

Gleich benutzt' er den Raum, der ihm gegönnt war, und sagte:

Spiritus Dominihelfe mir nun! Ich sehe nicht Einen

Unter der großen Versammlung, den ich nicht irgend beschädigt.

Erst, ich war noch ein kleiner Kompan und hatte die Brüste

Kaum zu saugen verlernt, da folgt ich meinen Begierden

Unter die jungen Lämmer und Ziegen, die neben der Herde

Sich im Freien zerstreuten; ich hörte die blökenden Stimmen

Gar zu gerne, da lüstete mich nach leckerer Speise.

Lernte hurtig sie kennen. Ein Lämmchen biß ich zu Tode,

Leckte das Blut, es schmeckte mir köstlich! und tötete weiter

Vier der jüngsten Ziegen und aß sie, und übte mich ferner;

Sparte keine Vögel, noch Hühner, noch Enten, noch Gänse,

Wo ich sie fand, und habe gar manches im Sande vergraben,

Was ich geschlachtet und was mir nicht alles zu essen beliebte.

Dann begegnet' es mir: in einem Winter am Rheine

Lernt ich Isegrim kennen, er lauerte hinter den Bäumen.

Gleich versichert' er mir, ich sei aus seinem Geschlechte,

Ja, er wußte mir gar die Grade der Sippschaft am Finger

Vorzurechnen. Ich ließ mirs gefallen; wir schlossen ein Bündnis

Und gelobten einander, als treue Gesellen zu wandern,

Leider sollt ich dadurch mir manches Übel bereiten.

Wir durchstrichen zusammen das Land. Da stahl er das Große,

Stahl ich das Kleine. Was wir gewonnen, das sollte gemein sein;

Aber es war nicht gemein, wie billig: er teilte nach Willkür;

Niemals empfing ich die Hälfte. Ja, Schlimmeres hab ich erfahren.

Wenn er ein Kalb sich geraubt, sich einen Widder erbeutet,

Wenn ich im Überfluß sitzen ihn fand, er eben die Ziege,

Frisch geschlachtet, verzehrte, ein Bock ihm unter den Klauen

Lag und zappelte, grinst' er mich an und stellte sich grämlich,

Trieb mich knurrend hinweg: so war mein Teil ihm geblieben.

Immer ging es mir so, es mochte der Braten so groß sein,

Als er wollte. Ja, wenn es geschah, daß wir in Gesellschaft

Einen Ochsen gefangen, wir eine Kuh uns gewonnen,

Gleich erschienen sein Weib und sieben Kinder und warfen

Über die Beute sich her und drängten mich hinter die Mahlzeit.

Keine Rippe konnt ich erlangen, sie wäre denn gänzlich

Glatt und trocken genagt; das sollte mir alles gefallen!

Aber, Gott sei gedankt, ich litt deswegen nicht Hunger;

Heimlich nährt ich mich wohl von meinem herrlichen Schatze,

Von dem Silber und Golde, das ich an sicherer Stätte

Heimlich verwahre; des hab ich genug. Es schafft mir wahrhaftig

Ihn kein Wagen hinweg, und wenn er siebenmal führe.

Und es horchte der König, da von dem Schatze gesagt ward,

Neigte sich vor und sprach: Von wannen ist er Euch kommen?

Saget an! ich meine den Schatz. Und Reineke sagte:

Dieses Geheimnis verhehl ich Euch nicht, was könnt es mir helfen?

Denn ich nehme nichts mit von diesen köstlichen Dingen.

Aber wie Ihr befehlt, will ich Euch alles erzählen,

Denn es muß nun einmal heraus; um Liebes und Leides

Möcht ich wahrhaftig das große Geheimnis nicht länger verhehlen:

Denn der Schatz war gestohlen. Es hatten sich viele verschworen,

Euch, Herr König, zu morden, und wurde zur selbigen Stunde

Nicht der Schatz mit Klugheit entwendet, so war es geschehen.

Merket es, gnädiger Herr! denn Euer Leben und Wohlfahrt

Hing an dem Schatz. Und daß man ihn stahl, das brachte denn leider

Meinen eigenen Vater in große Nöten, es bracht ihn

Frühe zur traurigen Fahrt, vielleicht zu ewigem Schaden;

Aber, gnädiger Herr, zu Eurem Nutzen geschah es!

Und die Königin hörte bestürzt die gräßliche Rede,

Das verworrne Geheimnis von ihres Gemahles Ermordung,

Von dem Verrat, vom Schatz, und was er alles gesprochen.

Ich vermahn Euch, Reineke, rief sie: bedenket! Die lange

Heimfahrt steht Euch bevor, entladet reuig die Seele;

Saget die lautere Wahrheit und redet mir deutlich vom Morde.

Und der König setzte hinzu: ein jeglicher schweige!

Reineke komme nun wieder herab und trete mir näher;

Denn es betrifft die Sache mich selbst, damit ich sie höre.

Reineke, der es vernahm, stand wieder getröstet, die Leiter

Stieg er zum großen Verdruß der Feindlichgesinnten herunter;

Und er nahte sich gleich dem König und seiner Gemahlin,

Die ihn eifrig befragten, wie diese Geschichte begegnet.

Da bereitet' er sich zu neuen gewaltigen Lügen.

Könnt ich des Königes Huld und seiner Gemahlin, so dacht er,

Wiedergewinnen, und könnte zugleich die List mir gelingen,

Daß ich die Feinde, die mich dem Tod entgegengeführet,

Selbst verdürbe, das rettete mich aus allen Gefahren.

Sicher wäre mir das ein unerwarteter Vorteil;

Aber ich sehe schon, Lügen bedarf es und über die Maßen.

Ungeduldig befragte die Königin Reineken weiter:

Lasset uns deutlich vernehmen, wie diese Sache beschaffen!

Saget die Wahrheit, bedenkt das Gewissen, entladet die Seele!

Reineke sagte darauf. Ich will Euch gerne berichten.

Sterben muß ich nun wohl; es ist kein Mittel dagegen.

Sollt ich meine Seele beladen am Ende des Lebens,

Ewige Strafe verwirken, es wäre töricht gehandelt.

Besser ist es, daß ich bekenne; und muß ich dann leider

Meine lieben Verwandten und meine Freunde verklagen,

Ach, was kann ich dafür! es drohen die Qualen der Hölle.

Und es war dem Könige schon bei diesen Gesprächen

Schwer geworden ums Herz. Er sagte: Sprichst du die Wahrheit?

Da versetzte Reineke drauf mit verstellter Gebärde:

Freilich bin ich ein sündiger Mensch; doch red ich die Wahrheit.

Könnt es mir nutzen, wenn ich Euch löge! Da würd ich mich selber

Ewig verdammen. Ihr wißt ja nun wohl, so ist es beschlossen:

Sterben muß ich, ich sehe den Tod und werde nicht lügen;

Denn es kann mir nicht Böses noch Gutes zur Hilfe gedeihen.

Bebend sagte Reineke das und schien zu verzagen.

Und die Königin sprach: Mich jammert seine Beklemmung;

Sehet ihn gnadenreich an, ich bitt Euch, mein Herr! und erwäget:

Manches Unheil wenden wir ab nach seinem Bekenntnis.

Laßt uns je eher je lieber den Grund der Geschichte vernehmen.

Heißet jeglichen schweigen und laßt ihn öffentlich sprechen.

Und der König gebot, da schwieg die ganze Versammlung.

Aber Reineke sprach: Beliebt es Euch, gnädiger König,

So vernehmet, was ich Euch sage. Geschieht auch mein Vortrag

Ohne Brief und Papier, so soll er doch treu und genau sein;

Ihr erfahrt die Verschwörung, und niemands denk ich zu schonen.

Fünfter Gesang

Nun vernehmet die List, und wie der Fuchs sich gewendet,

Seine Frevel wieder zu decken und andern zu schaden.

Bodenlose Lügen ersann er, beschimpfte den Vater

Jenseit der Grube, beschwerte den Dachs mit großer Verleumdung,

Seinen redlichsten Freund, der ihm beständig gedienet.

So erlaubt' er sich alles, damit er seiner Erzählung

Glauben schaffte, damit er an seinen Verklägern sich rächte.

Mein Herr Vater, sagt' er darauf, war so glücklich gewesen,

König Emmrichs, des Mächtigen, Schatz auf verborgenen Wegen

Einst zu entdecken; doch bracht ihm der Fund gar wenigen Nutzen.

Назад Дальше