Die Entscheidung: Kapitan Bolitho in der Falle - Kent Alexander 10 стр.


«Und die anderen?»

Christie schnitt eine Grimasse.»Hinter jeder gro?en Armee gibt es eine Organisation. «Er zeigte auf die Menge.»Die Militarregierung, das Sekretariat, und Kaufleute, die von den Kampfen leben wie Blutsauger.»

Bolitho betrachtete die durcheinanderwogenden Menschen vor dem Alkoven mit wachsender Unsicherheit. Er hatte schon immer Menschen der beschriebenen Art mi?traut, aber es schien unmoglich, da? alles so widerlich, so unehrlich sein sollte, wie der Admiral gesagt hatte. Und doch… Er dachte an die frohlich durcheinanderredenden Besucher beim Kriegsgericht. Zeugen der Schande eines Mannes, die dies jedoch nur als Mittel betrachteten, der Langeweile ihrer eigenen Welt zu entfliehen.

Christie beobachtete ihn nachdenklich.»Gott allein wei?, wie dieser Krieg enden wird. Wir bekampfen zu viele Feinde auf einem zu gro?en Teil der Welt, um einen spektakularen Sieg erhoffen zu konnen. Sie aber, und solche wie Sie, mussen gewarnt werden, wenn wir noch die Chance der Ehre haben sollen.»

Der Wein war stark, und die Hitze in der Halle trug dazu bei, da? Bolitho alle Vorsicht fahren lie?.

«Sir Evelyn, sicherlich mussen doch hier in New York, nach allem was seit der Rebellion geschehen ist, alle sich uber die wirklichen Tatsachen im klaren sein?»

Christie zuckte mude die Schultern.»Der Generalstab ist zu sehr mit seinen eigenen Angelegenheiten beschaftigt, um sich darum zu kummern, was hier geschieht. Und der Gouverneur, wenn wir ihn so nennen durfen, verbringt zuviel Zeit damit, kichernde junge Madchen zu jagen und sich uber seinen wachsenden Reichtum zu freuen, so da? er nicht den Wunsch hat, die Dinge zu andern. Er war fruher Quartiermacher bei der Armee, also ein ausgebildeter Dieb, und er wird gekonnt unterstutzt von einem Gouverneursleutnant, der fruher Zollbeamter in einer Stadt war, die man nur fur ihren Schmuggel kannte!«Er kicherte.»Diese beiden haben New York zu ihrem eigenen Nutzen mit Beschlag belegt. Kein Handler oder Kapitan eines Handelsschiffes kann kommen oder gehen ohne Erlaubnis. New York ist vollgestopft mit Fluchtlingen, und der Gouverneur hat bestimmt, da? die Gelder der Stadt, der Kirche und der Schulen in einem Fonds gesammelt werden sollen, um ihnen ihr Los zu erleichtern.»

Bolitho runzelte die Stirn.»Aber

In Wirklichkeit verstand er nicht. Wenn er an sein Schiff dachte, das tagliche Risiko von Verletzung oder Tod und den geringen Komfort, die Art und Weise, mit der jeder kampfende Mann dem Feind ins Auge sah, dann war er entsetzt.

Christie sagte:»Bei mir steht die Pflicht an allererster Stelle. Ich wurde jeden hangen, der anders handelt. Aber diese…«Er verbarg seine Verachtung nicht.»Diese Schmarotzer verdienen keine Loyalitat. Wenn wir schon einen Krieg durchkampfen mussen, dann sollten wir uns wenigstens vergewissern, da? sie keinen Gewinn aus unserem Opfer ziehen!»

Dann lachelte er, die plotzliche Entspannung der Linien um seine Augen und den Mund veranderte ihn aufs Neue.

«Nun, Bolitho, haben Sie die nachste Lektion gelernt? Zuerst verschaffen Sie sich Respekt, dann ein Kommando. Dann erhalten Sie den Befehl uber mehr und gro?ere Schiffe. Das ist der Ehrgeiz, ohne den fur mich kein Offizier einen Pfifferling wert ist. «Er gahnte.»Ich mu? jetzt gehen. «Er hielt ihm die Hand hin.»Bleiben Sie noch ein bi?chen, und setzen Sie Ihre Erziehung fort.»

«Werden Sie nicht bleiben, um den Gouverneur zu treffen, Sir?«Etwas wie Panik bei dem Gedanken, alleingelassen zu werden, lie? ihn seine Gefuhle zeigen.

Christie lachelte.»Niemand wird ihn heute abend treffen. Er befa?t sich mit diesen Angelegenheiten nur, um alte Schulden zu bezahlen und um sein Suppchen am Kochen zu halten. «Er winkte einem Dienstmann.»Amusieren Sie sich gut, Sie haben es verdient, obwohl ich glaube, Sie waren lieber in London, oder?»

Bolitho grinste.»Nicht in London, Sir.»

«Naturlich. «Der Admiral sah den Dienstmann mit seinem Hut und Mantel herankommen.»Ein Sohn der Erde. Das hatte ich vergessen. «Mit einem Nicken verschwand er durch die Tur und war schnell in den tiefen Schatten auf dem Rasen verschwunden.

Bolitho fand einen freien Platz am Ende des Tisches und versuchte sich schlussig zu werden, was er essen sollte. Er mu?te etwas essen, denn der Wein wirkte zu stark. Er fuhlte sich ungewohnlich leicht und beschwingt, daran war aber nicht nur der Wein schuld. Indem er ihn sich selbst uberlie?, hatte der Admiral ihm die Moglichkeit gegeben, zu handeln und zu denken, wie er wollte. Er konnte sich nicht daran erinnern, da? dies jemals vorher geschehen war.

Ein gedrungener Korvettenkapitan mit vor Hitze und Wein fleckigem Gesicht drangt sich an ihm vorbei und schnitt sich ein enormes Stuck Pastete ab, das er zu verschiedenen anderen Sorten kalten Fleisches auf seinen Teller haufte, ehe ein Diener ihm helfen konnte. Bolitho dachte an Bethune. Dieser Teller hatte selbst dessen Appetit fur einige Tage befriedigt.

Der altere Kapitan drehte sich um und blickte ihn an.»Ah.

Welches Schiff?»

Sir. «Bolitho sah, da? er schielte, als ob er eine Vision ve rtreiben mu?te.»Nie von ihr gehort. «Er runzelte die Stirn.»Wie hei?en Sie, eh?»

«Richard Bolitho, Sir.»

Der Kapitan schuttelte den Kopf.»Auch noch nie von

Bolitho starrte das Madchen einige Sekunden an, ohne es wiederzuerkennen. Sie war hubsch, hubscher noch, als er sie seit dem lange zuruckliegenden Tag in Erinnerung hatte: als sie sich gegen ihren Onkel, General Blundell, gewandt hatte, schrie und mit den Fu?en strampelte, als seine Manner sie buchstablich von Bord des Indienfahrers trugen, vor seinem Kampf mit der

Sie wandte sich an einen hochgewachsenen Offizier an ihrer Seite, im grunen Rock der Dragoner, und sagte:»Er war so jung, so ernst, ich glaube, alle Damen an Bord verliebten sich in den Armsten.»

Der Dragoner sah Bolitho kalt an.»Wir mussen uns beeilen, Susannah. Ich mochte, da? du den General kennenlernst. «Sie streckte den Arm aus und legte eine wei?behandschuhte Hand auf Bolithos Rockaufschlag.

«Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Ich habe oft an Sie und Ihr kleines Schiff gedacht. «Ihr Lacheln erlosch, und sie wurde plotzlich ernst.»Sie sehen gut aus, Kapitan. Sehr gut. Vielleicht etwas alter. Ein bi?chen weniger wie… «Das Lacheln kam wieder.»Wie ein als Mann verkleideter Junge.»

Er errotete, war sich aber dessen bewu?t, da? das Vergnugen seine Verwirrung ubertraf.

«Nun, ich nehme an…»

Aber sie hatte sich schon wieder umgewandt, als zwei weitere Begleiter aus der Menge auf sie zukamen.

Dann schien sie sich zu entscheiden.

«Werden Sie mit mir essen, Kapitan?«Sie betrachtete ihn nachdenklich.»Ich mochte Ihnen einen Diener mit der Einladung schicken.»

«Ja. «Die Worte platzten heraus.»Das wurde ich sehr gern tun Danke.»

Sie machte einen Knicks und brachte damit die Erinnerung an ihr erstes Zusammentreffen schmerzhaft in sein Gedachtnis zuruck.»Also abgemacht.»

Die Menge wogte hin und her und schien sie vollstandig zu verschlucken.

Bolitho nahm sich noch einen Becher Wein und ging unsicher auf den Rasen zu.»Susannah «hatte der Dragoner sie genannt. Dieser Name pa?te wunderbar zu ihr.

Er blieb neben dem Springbrunnen stehen und starrte mehrere Minuten hinein. Der Empfang war also doch noch ein Erfolg geworden, und der Vormittag schien ihm nur noch eine fade Erinnerung zu sein.

Herzdame

Drei Tage nach dem Empfang beim Gouverneur war die

wieder seeklar. Bolitho hatte sie genau inspiziert und unter Locks argwohnischen Blicken eine endgultige Liste der Vorrate und Lagerbestande unterzeichnet. Die letzten drei Tage waren ohne besondere Ereignisse vorubergegangen, und Bolitho fand es leichter, die offensichtliche Lethargie New Yorks zu verstehen, wenn nicht sogar zu teilen. Es war eine unwirkliche Existenz, den Krieg nur am Ende einer Marschkolonne von Soldaten zu sehen oder in einer Verlustenliste in der Zeitung.

Die andere ubriggebliebene Korvette der Flotte,

und hatte wie ihr Kommandant in der Handelsschiffahrt begonnen. Daher war auch ihre Bewaffnung von vierzehn Geschutzen schwacher. Sie hatte aber trotzdem schon einige gute Prisen genommen.

Farr rakelte sich auf der Heckbank und hob sein Glas zum Sonnenlicht.

«Verdammt guter Tropfen! Wenn ich aber einen Krug voll englischem Bier hatte, konnten Sie das gegen die Wand spucken!«Er lachte und gestattete Bolitho, ihm noch ein Glas einzuschenken.

Bolitho lachelte. Wie sich die Dinge fur sie alle geandert hatten!

Wenn er sich zuruckerinnerte an den Augenblick in Antiguo, als er zum Treffen mit Colquhoun ging, war es schwierig, sich ins Gedachtnis zu rufen, wie die Jahre und Wochen sie alle beeinflu?t hatten. Damals, als er aus Colquhouns Fenster gesehen hatte, lag vor ihm die ganze Flotte, und er hatte sich gefragt, wie wohl sein neues Kommando sein wurde. Viele andere Zweifel und Befurchtungen hatten ihn an diesem Morgen geplagt.

Jetzt gab es die

Jetzt waren nur noch

und

Farr betrachtete ihn behaglich und bemerkte:»Nun, Sie kommen machtig voran, wie ich hore. Empfang beim Gouverneur, Wein mit dem Admiral! Lieber Himmel, kein Mensch kann sagen, wo Sie einmal enden. Wahrscheinlich beim diplomatischen Corps, mit einem Dutzend kleiner Madchen, die nach Ihrer Pfeife tanzen. «Er lachte laut.

Bolitho zuckte die Schultern.»Nichts fur mich. Ich habe genug gesehen.»

Er dachte schnell an Susannah. Sie hatte ihm nicht geschrieben. Auch hatte er sie nicht gesehen, obwohl er es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, an ihrem Haus vorbeizugehen, wenn er an Land war.

Es war ein schones Haus, nicht viel kleiner als das, in dem der Empfang stattgefunden hatte. Soldaten hielten an den Toren Wache, und er vermutete, da? der Besitzer ein Regierungsamt innehatte. Er hatte versucht, kein solcher Narr zu sein, so naiv, da? er erwartete, jemand von Susannahs Herkunft konnte sich seiner mehr als fluchtig erinnern. In Falmouth war die Familie Bolitho sehr angesehen, ihr Land und Besitz gaben vielen Brot und Existenz. Die kurzlich erzielten Prisengelder hatten Bolitho zum erstenmal in seinem Leben ein Gefuhl der Unabhangigkeit gegeben, so da? er den Sinn fur Realitat verloren hatte, wenn es um Leute wie Susannah Hardwicke ging. Ihre Familie gab wahrscheinlich in einer Woche mehr aus, als er verdient hatte, seit er Kommandant der

war. Sie war es gewohnt zu reisen, auch wenn die anderen durch den Krieg oder fehlende Mittel daran gehindert wurden. Sicherlich kannte sie die wichtigsten Leute, und ihr Name wurde in den gro?en Hausern von London bis Schottland akzeptiert. Er seufzte. Er konnte sie sich nicht als Hausherrin von Falmouth vorstellen, beim Empfang von rotgesichtigen Farmern und ihren Frauen, bei der Teilnahme an den ortlichen Festen und dem rauhen Leben einer Gemeinschaft, die so naturverbunden lebte.

Farr schien seine Stimmung zu erraten und fragte:»Wie steht es mit dem Krieg, Bolitho? Wohin fuhrt er uns?«Er schwenkte sein Glas.»Manchmal denke ich, wir werden immer weiter Patrouille fahren und hinter diesen verfluchten Schmugglern herjagen, bis wir vor Altersschwache sterben.»

Bolitho stand auf und ging ruhelos zu den Fenstern. Es gab viele Beweise der Macht in der Nahe: Linienschiffe, Fregatten und alle anderen. Und doch schienen sie nur zu warten. Aber worauf?

Er sagte:»Cornwallis scheint entschlossen, Virginia wieder zuruckzuerobern. Seine Soldaten machen ihre Sache gut, wie ich hore.»

«Das klingt nicht allzu zuversichtlich.»

Bolitho sah ihn an.»Die Armee ist auf Versorgung angewiesen. Sie kann sich nicht langer auf Unterstutzung oder Verpflegung auf dem Landweg verlassen. Alles mu? uber das Wasser kommen. Das ist fur eine Armee keine Basis zum Kampf.»

Farr grunzte.»Das geht uns nichts an. Sie machen sich zu viele Sorgen. Wir sollten nach Hause fahren und den Froschfressern tuchtig das Fell versohlen. Die verdammten Spanier wurden bald nach Frieden schreien, und die Hollander mogen ihre sogenannten Verbundeten sowieso nicht.

Graves erschien mit einem vertrauten, versiegelten Umschlag in der Kajutentur.

«Wachboot, Sir. «Er warf einen Blick auf den Kommandanten der Heran. »Ich nehme an, die Befehle zum Auslaufen.»

Bolitho nickte.»Machen Sie weiter, Mr. Graves. Ich werde Sie sofort informieren.»

Der Leutnant zogerte.»Auch dieser Brief wurde abgegeben, Sir. «Er war klein, und die Handschrift wurde fast von einem Siegel verborgen: Buro der Militarregierung.

Als die Tur sich geschlossen hatte, fragte Farr heiser:»Graves! Ich hoffe, er ist kein verfluchter Verwandter unseres Admirals!»

Bolitho grinste. Da Rodney in den West Indies und noch immer durch Krankheit behindert war, hatte Konteradmiral Thomas Graves das Kommando in den amerikanischen Gewassern erhalten. Da ihm die Weisheit Rodneys fehlte, auch der harterkampfte Respekt Hoods, wurde er von den meisten Offizieren der Flotte als ein fairer, aber vorsichtiger Kommandeur eingeschatzt. Er glaubte hundertprozentig ans strenge Reglement und es war nicht bekannt, da? er jemals auch nur ein Jota davon abgewichen ware. Verschiedene altere Kapitane hatten Vorschlage zur Verbesserung des Signalsystems im Gefecht eingereicht. Graves hatte laut vieler Geschichten, die in der Flotte die Runde machten, dazu nur kalt gesagt:»Meine Kapitane kennen ihre Aufgabe. Das sollte genugen.»

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