Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander 2 стр.


Allday grinste.»Ganz meine Meinung, Sir. Es wird Zeit fur eine kleine Veranderung.»

Kapitan Thomas Herrick trat unter dem Uberhang der Hutte hervor und blieb — die Hande auf dem Rucken verschrankt — stehen, um sich in dem feuchten kalten Wind, der die Decks uberspruhte, wieder seelisch und korperlich an das Schiff zu gewohnen.

Der Vormittag war fast voruber, und mit geubtem Blick sah Herrick, da? die Seeleute, die an Deck, auf den Laufbrucken oder oben auf den Rahen bei der Arbeit waren, sich langsamer als sonst bewegten. Sicher waren sie in Gedanken schon beim Mittagessen, bei ihrer Rum-Ration, bei der kurzen Erholungspause, die sie mit ihren Kameraden in den vollgefullten unteren Decks verbringen wurden.

Herrick lie? seinen Blick uber das breite Achterdeck schweifen, uber den stocksteif dastehenden Midshipman der Wache, der sich der Anwesenheit seines Kommandanten offenbar bewu?t war, uber die sauber ausgerichteten Kanonen, uberall hin. Er hatte sich noch immer nicht an das neue Schiff gewohnt. Sein altes Schiff, die

Lysander

Die

Seit Monaten war er nun schon an Bord, arbeitend und sich sorgend, wahrend die Werft ihren Teil tat, und die

Glucklicherweise war es ihm moglich gewesen, einige seiner alten Recken von der

Herrick trat an die Finknetze {Netzkasten beiderseits uber der Bordwand zur Aufnahme der Hangematten als Splitterschutz im Gefecht} und schaute zur verschwommenen Uferlinie hinuber. Sogar ohne Fernglas konnte er den Portsmouth Point sehen, seine Gebaude, die so eng zusammengeruckt waren, als furchteten sie, uber die Felskante in die See zu sturzen. Da war die Kirche von Thomas a Beckett, und irgendwo weiter links der alte

Dulcie hatte in der Nahe des Schiffes gewohnt, so lange die letzten Ausrustungsarbeiten noch dauerten: Rahen aufbringen, das stehende Gut teeren und durchsetzen, Segel anschlagen, Kanonen an Bord hieven, vierundsiebzig Stuck, und viele Meilen langes Tauwerk, Hunderte von Blocken und Taljen, von Korben, Fassern und sonstigen Gegenstanden, die einen nackten Schiffsleib in die modernste, am meisten begehrte und wahrscheinlich schonste Schopfung des Menschen verwandelte. Die Benbow war jetzt ein Kriegsschiff, ja mehr als das, sie war das Flaggschiff dieses kleinen Geschwaders, das hier auf Spithead-Reede lag.»Ihr Glas, bitte, Mr. Aggett!«rief er scharf.

Herrick hatte sich Namen schon immer gut merken konnen. Den Charakter ihrer Trager kennenzulernen, dazu brauchte er langer.

Der Midshipman der Wache flitzte uber das Achterdeck und uberreichte ihm das gro?e Teleskop des Signaloffiziers. Herrick richtete es durch die Steuerbordnetze und uber die anderen Schiffe hinweg auf die nebligen Buckel der Insel Wight. Dann studierte er mit fachkundigem Blick sorgsam jedes Schiff. Die anderen drei Zweidecker glanzten fast im truben Licht, und ihre geschlossenen Stuckpforten hoben sich wie Schachbrettmuster von der kabbeligen See ab.

Euryalus

Die

Insgesamt war es ein gutes Geschwader. Den meisten Offizieren und Mannschaften fehlte zwar Erfahrung, aber ihr jugendlicher Eifer wurde das bald wettmachen. Herrick seufzte. Er war dreiundvierzig und alt fur seinen Dienstgrad, aber er war zufrieden, wenn er auch gerne ein paar Jahre von seinem Lebensalter abgestrichen hatte.

Fu?e stampften uber das Achterdeck, und er sah Henry Wolfe, den Ersten Offizier, mit gro?en Schritten auf sich zukommen. Herrick konnte sich nicht vorstellen, wie er in den letzten Monaten der Ausrustung der Benbow ohne Wolfe hatte zurechtkommen sollen. Wolfe sah au?ergewohnlich aus: sehr gro?, uber sechs Fu?, schien er Schwierigkeiten zu haben, seine langen Arme und Beine unter Kontrolle zu halten. Sie waren genauso lebhaft in Bewegung wie der ganze Mann. Er hatte Fauste wie Schmiedehammer und Fu?e so gro? wie Drehbassen. Das Ganze wurde gekront von einem leuchtend roten Haarschopf, der unter seinem Dreispitz wie zwei Vogelschwingen hervorflatterte.

Wolfe bremste ab und beruhrte kurz seinen Hut. Er holte mehrmals tief Luft, als konne er seine Energie, die nicht unbetrachtlich war, nur auf diese Weise zugeln.

«Alles klar, Sir!«Er hatte eine rauhe, tonlose Stimme, die den nahe dabeistehenden Midshipman zusammenzucken lie?.»Ich habe alles an seinen Ort gebracht und fur alles auch einen Platz gefunden. Geben Sie uns noch ein paar Leute, und wir werden mit jedem Wetter fertig.»

«Wieviel mehr?«fragte Herrick.

«Zwanzig gute Seeleute oder funfzig Idioten!»

Herrick hakte da ein.»Sind die Leute, die gestern von den Pre?kommandos gebracht wurden, brauchbar?»

Wolfe rieb sich das Kinn und beobachtete einen Matrosen, der an einem Backstag herunterglitt.

«Das ubliche, Sir. Ein paar Lummel und ein paar Galgenvogel, aber auch einige gute Leute. Sie werden hineinpassen, wenn der Bootsmann sie sich erst vorgenommen hat.»

Eine Talje quietschte, und einige in Segeltuch eingeschlagene Kisten wurden angehievt und uber die Laufbrucke an Deck geschwenkt. Herrick sah, wie Ozzard, Bolithos Diener, die Kisten in Empfang nahm und mit Hilfe einiger Seeleute nach achtern brachte.

Wolfe folgte seinem Blick und bemerkte:»Keine Bange, Sir. Die

Wolfe blickte ihm nach und bemerkte zu sich selber:»Und es gibt auch keinen besseren Freund fur dich, mochte ich wetten.»

Herrick begab sich in seine Kajute und registrierte auf dem Weg dahin viele geschaftige Gestalten, wie auch Essensdufte und den starken Geruch nach jungem Holz, Teer, frischen Farben und neuem Tauwerk. Alles war neu auf diesem Schiff, vom Kiel bis zu den Mastspitzen. Und es war seines.

Vor dem Turvorhang hielt er kurz an und beobachtete seine Frau, die am Tisch in der Kajute sa?. Sie hatte ein angenehmes, ebenma?iges Gesicht und Haare im gleichen Braun wie er selber. Sie war Mitte Drei?ig, aber Herrick hatte ihr sein Herz geschenkt wie ein Jungling einem Engel.

Der Offizier, mit dem sie gerade gesprochen hatte, stand auf und schaute zur Tur.

Herrick nickte ihm zu.»Keine Eile, Adam, Sie werden jetzt noch nicht an Deck benotigt.»

Adam Pascoe, Dritter Offizier der

Pascoe hatte schon auf der

Pascoe sagte:»Ich gehe jetzt lieber zu meiner Division, Sir. Ich mochte nicht, da? heute was schieflauft. «Er verbeugte sich leicht zu der Dame hin.»Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, Ma'am.»

Allein mit seiner Frau, sagte Herrick nachdenklich:»Ich mache mir manchmal Sorgen um ihn. Er ist noch ein Knabe und hat doch schon mehr Blutvergie?en und Scheu?lichkeiten gesehen als die meisten in diesem Geschwader.»

Sie antwortete:»Wir sprachen gerade uber seinen Onkel. Er halt sehr viel von ihm.»

Herrick ging hinter ihrem Stuhl vorbei und legte ihr die Hand auf die Schulter. >Gro?er Gott, ich mu? dich bald verlassen

Er beugte sich uber sie und fuhlte sich zur gleichen Zeit unbeholfen und als ihr Beschutzer.»Du wirst gut auf dich aufpassen, wenn wir fort sind, nicht wahr, Dulcie?»

Sie nickte kraftig.»Ich gebe auf alles acht. Und ich sehe auch darauf, da? deine Schwester bis zu ihrer Hochzeit mit allem versorgt ist. Wir werden bis zu deiner Ruckkehr eine Menge zu besprechen haben. «Sie stockte.»Wann mag das sein?»

Durch sein neues Kommando und seine unerwartete Heirat hatte Herrick den Kopf so voll gehabt, da? er kaum weiter uber den Tag hinaus gedacht hatte, an dem er sein Schiff von Plymouth nach Spithead zum Treffpunkt mit dem ubrigen Geschwader bringen sollte.

«Es geht nordwarts, glaube ich. Mag ein paar Monate dauern. «Liebevoll druckte er ihre Hand.»Keine Angst, Dulcie, mit der Flagge unseres Dick im Masttopp sind wir in guter Hut.»

Eine Stimme gellte uber ihnen:»Klar Deck uberall! Ehrenwache antreten!»

Pfiffe und Kommandolaute schrillten durch die Decks, und Fu?e stampften uber Holzplanken, als die Seesoldaten nach oben sturzten und sich an der Fallreepspforte aufstellten.

Es klopfte kraftig an die Tur, und Midshipman Aggett meldete atemlos, wahrend seine vom Wind geroteten Augen sich auf das halb aufgegessene Stuck Kuchen auf dem Tisch richteten:»Meldung vom Ersten Offizier, Sir: Das Admiralsboot hat eben von der Pier abgelegt.»

«Sehr gut, ich komme.»

Herrick wartete, bis der Junge gegangen war.»Gleich werden wir mehr wissen, Liebste.»

Er nahm seinen Sabel aus der Wandhalterung und befestigte ihn am Gurtel. Dann stand er auf und marschierte durch die Kajute, wobei er das Halstuch und seinen Rock mit den wei?en Aufschlagen zurecht-zupfte.

«Thomas, Liebster, ich bin stolz auf dich.»

Herrick war kein gro?er Mann, aber als er jetzt die Kajute verlie?, um seinen Admiral zu empfangen, fuhlte er sich wie ein Gigant.

Richard Bolitho sa? kerzengerade auf dem Hecksitz seines Ad-miralsbootes und beobachtete die vor Anker liegenden Schiffe, die mit jedem Schlag der Riemen naher kamen, ohne da? er sich bewu?t wurde, was jetzt auf seinem Flaggschiff oder gar auf dem ubrigen Geschwader vorging.

Als er in das Boot eingestiegen war, hatte er unter den Kuttergasten einige seiner alten Leute von der

Benbow,

Ein Linienschiff dritter Klasse, {Linienschiffe wurden nach Gro?e und Kanonenzahl in vier Klassen eingeteilt; die schwerste erste Klasse waren Dreidecker von ca. 2800 Tonnen mit uber 100 Kanonen (Anm. d. Ubers.)} etwas gro?er als die Lysander. Sieht blendend aus, dachte er und schatzte, da? Herrick ebenso beeindruckt hatte sein mussen. Er sah die Galionsfigur aus dem Schiffsleib ragen; es schien, als wolle sie mit ihrem erhobenen Sabel seinem Boot ein Zeichen geben. Sie trug den Namen von Vizeadmiral Sir John Benbow, gestorben 1702, nachdem er sein Bein durch ein Kettengescho? verloren hatte, aber nicht eher, bis er der Hinrichtung seiner Kommandanten beigewohnt hatte, die in der Schlacht feige gekniffen hatten. Es war eine schone Galionsfigur, dem toten Admiral sicher ahnlich. Wurdevoll blickend, mit wehendem Haar und einem schimmernden Brustharnisch, wie man ihn zu jener Zeit getragen hatte. Der alte Izod Lambe aus Plymouth, einer der Besten seines Faches, hatte sie geschnitzt, obwohl er — wie es hie? — blind war.

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