Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander 12 стр.


Er stand mit einer kleinen Gruppe am Kai und bemerkte, da? an Deck der meisten verankerten Schiffe eifrig gearbeitet wurde, als bereiteten sich alle auf einen Sturm vor.

Jonathan Chase rieb sich das Kinn und schielte zu den wild jagenden Wolken auf.»Ich will Sie ja nicht drangen, Leutnant, aber Sie sollten die Tide ausnutzen, ehe das Wetter umschlagt. Es kann jetzt nicht mehr lange dauern.»

Adam wandte sich Robina zu, deren Haar im schwindenden Licht wie Silber leuchtete.

Er sagte:»Es war sehr freundlich von Ihnen, Sir, mir so schnell eine Passage zu besorgen. «Aber seine Augen straften diese Worte Lugen.

Robina nahm seinen Arm, und gemeinsam sahen sie zu der kleinen Brigantine hinaus, die schon schwer vor Anker stampfte; der hei?e, boige Wind zerrte an ihren lose aufgegeiten Segeln. Ihr Name war

Beschworend flusterte Robina ihm zu:»Bleib hier, Adam. Du mu?t doch nicht abreisen. Du kannst bei uns wohnen, bis…«Halb flehend, halb trotzig blickte sie ihm ins Gesicht.»Mein Onkel wird dir eine Stellung beschaffen. «Ihre Finger gruben sich in seinen Arm.»Mach es wie dein Vater, bleibe bei uns.»

Unwirsch sagte Chase:»Hier kommt das Boot. Ich habe Ihr Gepack schon an Bord schaffen lassen, dazu ein paar Delikatessen fur unterwegs. Und gru?en Sie Ihren Onkel von mir. «Er sprach hastig, als wolle er den Abschied verkurzen.

Adam neigte den Kopf und ku?te sie, fuhlte dabei ihre nassen Wangen. Na? von Tranen oder von Gischt, genau konnte er das nicht sagen. Aber eines wu?te er: da? er sie mehr liebte als sein Leben. Und da? er sie in diesen Minuten zum letztenmal sah. Er kam sich vor wie mitten entzweigerissen.

Das kleine Boot schor an den Kai, und eine rauhe Stimme rief:»Springen Sie an Bord, Leutnant! Wir haben keine Zeit zu verlieren.»

Adam druckte seinen Hut fester in die Stirn und tat wie gehei?en. Das Boot war alt und schabig, aber die Manner an den Riemen verstanden ihre Arbeit.

Als sie von der Spundwand abstie?en und anruderten, stand er im Heck und starrte achteraus, sah die winkende Gestalt mit dem blassen Gesicht immer kleiner werden.

Der stampfende Rumpf der Brigantine erhob sich uber ihnen, ihre beiden Mastspitzen kreisten wild vor den Wolken, so hart arbeitete sie vor Anker.

Die Barschheit des Bootsmanns tat Adam fast wohl. Sie setzten ihn nicht aus Freundlichkeit uber, sondern weil Chase sie dafur gut bezahlt hatte; und sie dachten nicht daran, einen auslandischen Offizier zu respektieren.

Er kletterte an der Jakobsleiter hoch und ware der Lange nach an Deck gefallen, wenn nicht ein bulliger Mann aus dem Schatten gesprungen ware und ihn mit eisernem Griff am Arm gepackt hatte. Adam bemerkte, da? der Mann stark hinkte, und als er sich bei ihm bedanken wollte, sah er mit Erstaunen, da? er nur ein Bein hatte. Das tat aber der Autoritat keinen Abbruch, mit der er seine Leute ans Ankerspill scheuchte.

«Gehen Sie bitte unter Deck.»

Die tiefe Stimme hatte einen weichen Sudstaatenakzent, den Adam in Boston noch nicht gehort hatte. Schon hinkte er davon, seine kleine Crew zu beaufsichtigen, aber dann kehrte er noch einmal um.

«Wurde es Ihnen was ausmachen, den Hut abzunehmen?»

Als Adam der Bitte entsprach und der Wind sein Haar zauste, nickte der Skipper der

«Gott behute! Aber ich kannte Richard Bolitho. «Im Weghinken warf er uber die Schulter:»War mal sein Erster Offizier, ob Sie's glauben oder nicht.»

Vollig verwirrt tastete Adam sich nach achtern zu dem engen Niedergang.

Es machte gar keinen Unterschied, in wessen Handen das Schicksal der

Bolitho schritt zur anderen Deckseite, damit sein Blick nicht durch die Wanten behindert wurde. Sie waren wahrend der Nacht besser als gedacht vorangekommen; jetzt zeichnete sich vor ihnen in der Morgensonne die eindrucksvolle Pyramide des erloschenen Vulkans ab, und Bolitho studierte seine Gro?e und die zerkluftete Kuste der Insel mit gebuhrendem Respekt.»Nordwest zu West, Sir«, sang der Ruderganger aus, und Knocker grunzte eine Bestatigung.

Keen spahte zur Windfahne im Masttopp auf. Ohne einmal zu killen, zeigte sie nach Backbord voraus, also blieb der Wind immer noch stetig.

Bolitho glaubte zu spuren, wie Keen kalkulierte und uberlegte, wahrend sich sein Schiff vorsichtig auf das wie ein Dorn ins Meer ragende Vorland zuschob.

So vor dem Wind segelnd, konnten sie den Hafen zwar direkt anliegen, aber andererseits standen sie damit an einer Leekuste; Vorsicht war also geboten. Schon bei Morgengrauen hatte Keen zwei gute Lotgasten nach vorn in die Stampfketten geschickt, und seither warnten ihre regelma?igen Rufe vor der Gefahr; aber noch hatten die Senkbleie keinen Grund gefunden. Der Meeresboden stieg vor der Insel sehr steil an, und sobald sie erst auf gleicher Hohe mit dem Inselchen an der sudlichen Landspitze waren, mu?ten sie auf Riffe achten; sollte das Schiff aus dem Ruder laufen, wurden sie ihnen den Kiel herausrei?en.

«Nehmen Sie die Breitfock weg, Mr. Quantock. «Keens Stimme klang ruhig, aber seine Augen waren uberall; die Bramsegel standen im Wind so steif wie Bretter.

«An Deck!»

Bolithos auf dem Rucken verschrankte Hande krampften sich umeinander, als der Ausguckposten meldete:»Die Einfahrt ist gesperrt,

Sir!»

Keen starrte ihn an.»Zum Teufel, was fallt denen ein?»

Scharf befahl Bolitho:»Schicken Sie einen Offizier nach oben. Dann machen Sie klar zum Ankern!»

«Aber. «Keen schluckte seinen Protest hinunter, denn er wu?te, Bolitho kannte die Risiken selbst nur zu gut. Auf so tiefem Wasser vor Legerwall[9] zu ankern, hie? das Schicksal herausfordern. Wenn der Wind auffrischte, wurde der Anker schlieren und

Bolitho schritt auf und ab und uberlegte, wahrend ein Leutnant in fliegender Hast zum Krahennest aufenterte.

Dem Gouverneur stand es frei, seine Insel zu schutzen, auf welche Weise ihm beliebte. Vielleicht war er ja von anderer Seite angegriffen worden und wurde die Sperre entfernen, sobald

Er war erst kurzlich zum Offizier befordert worden und hatte eine helle junge Stimme, die fast madchenhaft klang; einige Matrosen grinsten bei ihrem Klang und stie?en sich an, bis ein Anraunzer von Quantock sie zur Ordnung rief.

Mit einem Ruck schob Keen sein Teleskop zusammen.»Klar zum Anluven. Bemannt die Brassen. Und die Ankerwache nach vorn — aber lebhaft!»

Wieder lie? der junge Leutnant sich von oben vernehmen:»Eine Yawl halt auf uns zu, Sir!»

Besorgt suchte Keen Bolithos Blick.

«Also ankern Sie«, sagte dieser kurzangebunden.

«Ruder nach Lee! Halten Sie sich bereit, Mr. Quantock!»

Mit Getose schwangen die Rahen herum, Segel knallten und Blocke schlugen, als das Schiff abrupt an Fahrt verlor.

«La? fallen Anker!»

Mit einem gewaltigen Platschen schlug der schwere Anker in die See und warf Gischt bis uber den Kluverbaum auf. Bootsmann Rooke und ein Leutnant beugten sich auf dem Vorschiff ubers Schanzkleid. Oben in der Takelage arbeiteten die Toppgasten wie die Teufel, um schnell die Segel wegzunehmen und den Druck zu verringern, wahrend immer noch mehr Ankertrosse im tiefen Wasser verschwand.

«Anker halt, Sir!«kam endlich der erlosende Ruf.

Keen nickte.»Verdammte Schweinehunde!«murmelte er.

Gemachlich kreuzte die Yawl heran. Der Midshipman der Wache hatte scharfe Augen.»Da ist so was wie ein Offizier an Bord, Sir«, sagte er.

Hauptmann Dewar von den Marinesoldaten fragte:»Ehrenwache aufziehen, Sir?»

Keen funkelte ihn wutend an.»Nachdem sie meinem Schiff die Einfahrt versperrt haben? Eher sehe ich ihn in der Holle braten!»

Die braunen Segel der Yawl wurden niedergeholt. Als sie an die Bordwand des Linienschiffs glitt, sagte Bolitho:»Ich empfange ihn in meiner Kajute. «Damit verschwand er nach achtern, um Keens ohnmachtige Wut nicht langer mitansehen zu mussen.

Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, ehe der Besucher zu ihm gebracht wurde, und Bolitho fand Zeit, sich zu fragen, wie sich wohl Nelson in seiner Lage verhalten hatte. Einerseits konnte er die Inselbewohner verstehen, andererseits durfte er dieses Benehmen nicht dulden. Yovell offnete die Tur und lie? den Besucher eintreten, einen Mann von etwa drei?ig Jahren, in eindrucksvoller Uniform: blauer Rock und wei?e Hose, dazu sowohl Sabel wie Pistole im auf Hochglanz polierten Gurtel. Er sprach mit leicht westenglischem Akzent. Aus Devon, schatzte Bolitho, wie sein. Sekretar.

«Ich komme im Auftrag des Gouverneurs!»

Keen, der ihm auf den Fersen gefolgt war, bellte:»Sie haben >Sir

«Und wie war Ihr Name, wenn ich fragen darf?«sagte Bolitho.

Der Mann warf Keen einen wutenden Blick zu.»Ich bin Hauptmann Masters von der Miliz auf San Felipe. «Pause.»Sir.»

«Also gut, Hauptmann Masters. Ehe einer von uns etwas Unwiderrufliches au?ert, will ich Ihnen

Ruhig sagte Bolitho:»Was danach kommt, geht ihn nichts mehr an. Und wie soll ich den Gouverneur besuchen, wenn mein Schiff am Einlaufen gehindert wird?»

«Ich bringe Sie in der Yawl an Land. «Er sah, da? Keen einen Schritt auf ihn zu machte, und erganzte schnell:»Sir.»

«Aha. Und jetzt teile ich Ihnen etwas mit, Hauptmann Masters von der San-Felipe-Miliz: Ich gehe in meiner Barkasse an Land und werde dem Gouverneur die schriftliche Entscheidung der Regierung Seiner Majestat ubergeben.»

«Er wird sie nicht akzeptieren!»

Bolitho sah Keen an.»Lassen Sie meine Barkasse aussetzen. «Er las Keen den Widerspruc h vom Gesicht ab; genau wie Herrick, dachte er.

«Dann segle ich vor Ihnen her«, beharrte Masters.

«Nein. Sie stehen unter Arrest. Jede Gegenwehr Ihrerseits wird scharf geahndet, und zwar durch den Strick. Habe ich mich klar ausgedruckt?»

Bolitho sah, da? er mit seinen beherrschten Worten ins Schwarze getroffen hatte. Wahrscheinlich war Masters gewohnt, Eingeborene auf den Plantagen zu schikanieren; diese plotzliche Wende seines Geschicks machte ihn sprachlos.

Keen fuhr ihn an:»Legen Sie die Waffen ab!«Und mit erhobener Stimme:»Sergeant Saxton, fuhren Sie diesen Mann in die Zelle!»

Als der Seesoldat ihm Sabel und Pistole abnahm, rang Masters nach Luft.»Ihre Drohungen konnen mich nicht einschuchtern, Admiral!«rief er aus.

Bolitho erhob sich und trat an die Heckfenster. Von der Festung herunter mu?ten viele Zeugen das Schiff beobachten und abwarten, welchen Lauf die Dinge nahmen. Vielleicht eroffnete der Gouverneur sogar das Feuer auf seine Barkasse oder nahm ihn als Geisel, bis…

Er verbot sich diese Gedanken und sagte nur kalt zu Masters:»Das sollten sie aber.»

Als er sich wieder umwandte, war Masters schon abgefuhrt worden; drau?en erklangen laute Befehle, als die Seesoldaten das Kommando uber die Yawl ubernahmen.

Eifrig schlug Keen vor:»Lassen Sie mich die Sperre rammen, Sir! Dann laufen wir ein wie geplant und beharken diese raudigen Meuterer, da? es ihnen eine Lehre ist.»

Bolitho tat seine Besorgnis wohl.»Dazu wurden wir den ganzen Tag brauchen, vielleicht sogar langer. Selbst wenn Sie Erfolg damit hatten, wurde es viele Menschenleben kosten, und falls der Wind uberraschend auffrischte, mu?ten Sie das Gefecht abbrechen und seewarts aufkreuzen, abermals an den Kanonen des Forts vorbei.»

Keen resignierte.»Welcher Offizier wird Sie begleiten, Sir? Meiner Ansicht nach sollte

«Was, Sie wollen Ihr Schiff verlassen? Wenn wir beide in Rivers' Gewalt sind, kann alles mogliche geschehen. «Keens Enttauschung und Reue betrubten ihn, aber er fuhr fort:»Ein Leutnant und — ah — Midshipman Evans werden vollig genugen.»

Ozzard holte den alten Familiensabel herbei, aber Bolitho sagte:»Nein. Diesmal den anderen.»

Wenn irgend etwas Unvorhergesehenes geschah, blieb die Waffe fur

Adam erhalten. Bolitho sah an ihren Gesichtern, da? alle seine Gedanken erraten hatten.

Als er an Deck kam, stand die Sonne schon uber dem Vulkangipfel, und die Planken waren bereits so hei? wie Ziegel im Backofen: zundertrockenes Holz, dazu geteerte Taue und die Segel — das alles wurde aufflammen wie Fackeln, wenn die Inselbatterie mit gluhenden Kugeln feuerte. Aber auch mit gewohnlicher Munition war eine gunstig plazierte Festlandsbatterie einem Schiff uberlegen, das auf dem begrenzten Raum des Hafens nur schwerfallig manovrieren konnte.

Bolitho sah Alldays grimmig beobachtenden Blick, die Neugier der Soldaten und Matrosen auf den Seitendecks. An der Eingangspforte verhielt er den Schritt und blickte den Kommandanten noch einmal an.»Wenn ich mich irre«, er sah Keens Wangenmuskeln arbeiten,»oder heute falle, dann versprechen Sie mir, an Belinda zu schreiben. Erklaren Sie's ihr, so gut es geht.»

Keen nickte stumm, platzte dann aber doch heraus:»Wenn die Hand an Sie legen, Sir…»

«Sie handeln wie befohlen, Val. Und tun weder mehr noch weniger.»

Bolitho gru?te die Flagge und stieg in die wartende Barkasse hinunter.

Unten fand er Trevenen vor, den Sechsten Offizier, und Midship-man Evans.»Schoner Tag fur einen Ausflug, meine Herren«, begru?te er sie.

Trevenen strahlte uber die unerwartete Ehre, als Adjutant des Admi-rals fungieren zu durfen; im Gegensatz dazu blickte Evans sich gehetzt um, die Augen dunkel und leer.

«Das gefallt mir nicht, Sir«, sagte Allday leise.

«Vom Reden wird's nicht besser.»

Allday seufzte. Inzwischen kannte er die Gefahrenzeichen.»Sto?t ab vorn! Rudert an — zugleich!»

Bolitho warf einen schnellen Blick achteraus und sah sein Schiff zuruckgleiten, die Gesichter an der Pforte verschwimmen und ihre Identitat verlieren.

Da wandte er sich seinen Begleitern zu. Der rangniedrigste Offizier der Besatzung und ein dreizehnjahriger Kadett waren bestimmt nicht die Eskorte, die der Gouverneur erwartete. Aber genau wie bei seinem alten Sabel wollte er nichts riskieren. Wenn die Lage kritisch wurde, brauchte Keen jeden erfahrenen Offizier und Mann, den er bekommen konnte.

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