Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander 9 стр.


Duncan fragte sich, was wohl auf dem anderen Schiff geschah. Es war in Sicht gekommen, kurz bevor die Flaute beide Schiffe lahmte und in der druckenden Hitze auf der Stelle hielt.

Der Erste Offizier kehrte zuruck, nachdem er die Toppsgasten in die Takelage gescheucht hatte.»Der Ausguck im Masttopp meldet, da? unser heimlicher Begleiter bei Wachwechsel immer noch zu sehen war.»

Wie zur Bestatigung erklang eine Stimme aus dem Gro?masttopp und lie? mehrere Seeleute nach oben spahen.

«An Deck! Schiff in Luv voraus! Setzt die Bramsegel!»

Duncan quittierte mit einem Grunzen und wandte sich nach vorn, um sein eigenes Schiff zu beobachten, das sich unter dem wachsenden Winddruck schon leicht uberzulegen begann. Das zweite Boot wurde gerade uber das Schanzkleid gehievt und eingesetzt.

machte wieder Fahrt.

Der Segelmeister stellte fest:»Sie wird auf konvergierendem Kurs zu uns liegen, Sir.»

«Ein Mann mit scharfen Augen soll gut Ausguck nach ihr halten.»

Duncan verdrangte die momentan in ihm aufsteigende Besorgnis. Im ersten Augenblick hatte er geglaubt, das andere Schiff sei die

Mit knarrenden Blocken und knirschenden Leinen begann

auf den Wind in ihren Segeln zu reagieren.

«Nord zu West, Sir! Voll und bei!»

Duncan rieb sich das rote Gesicht, wahrend er auf mehr Wind wartete. Aber er reichte schon aus, das Schiff Fahrt aufnehmen zu lassen. Selbst das winzige Eiland, das eine Zeitlang an der Kimm gestanden hatte, war bereits verschwunden, bevor der Master es identifizieren konnte. Wahrscheinlich eine Insel der Bahamagruppe, sagte sich Dun-can.

Auch bei San Felipe hatte er solch kleine Inseln gesichtet, eine davon sogar seltsamerweise mit einem Kirchturm. Man hatte ihm gesagt, da? sich dort ein Missionsorden niedergelassen habe und in volliger Abgeschiedenheit lebe.

San Felipe war ursprunglich in spanischem Besitz gewesen, deshalb mochten diese Monche durchaus ein Uberbleibsel aus alten Zeiten sein. Duncans Laune begann sich zu bessern. Wenn er's recht uberlegte, hatte er nur ausgefuhrt, was ihm befohlen worden war. Bolitho wurde sich schon einen Reim auf alles machen konnen, was sein Fregattenkapitan auf San Felipe gesehen und gehort hatte.

«Ich gehe unter Deck, Mr. Palmer. Mu? noch einen Brief beenden. Wer wei?, vielleicht konnen wir fruher als gedacht Post in die Heimat schicken!»

Palmer lachelte. War der Kommandant guter Stimmung, war das Leben leichter fur alle.

Als die Segel im Wind immer voller standen und die wei?e Bugwelle allmahlich wuchs, wurde auch das andere Schiff gro?er und gro?er; zielstrebig kam es auf konvergierendem Kurs heran.

Zu gro? fur eine Fregatte, uberlegte Palmer, der in den Webeleinen in Luv hing und sein Teleskop auf den Fremdling richtete. Er leuchtete grell in der Sonne, und seine hell und dunkel gewurfelten LeeStuckpforten schnitten fast unter, so krangte er im auffrischenden Wind, der die

noch nicht erreicht hatte.

Wahrscheinlich ein Westindienfahrer, konstatierte Duncan. Die waren neuerdings so schnittig wie Kriegsschiffe. Nicht umsonst hie? es ja, da? so ein Gemusekipper mit einer Fahrt me hr verdiente als ein Marineoffizier in zehn Jahren.

«Sie hi?t ein Signal, Sir!»

«Das sehe ich selbst, verdammt!«Palmer hatte das lange Warten bei Hitze und Flaute zermurbt; so grob zu reagieren, war sonst nicht seine Art.

Der Signalfahnrich schluckte nur und richtete sein starkes Glas auf das andere Fahrzeug, beobachtete die bunten Flaggen, die an seiner Signalrah aufstiegen.

«Sie haben uns etwas mitzuteilen, Sir.»

Der Erste Offizier unterdruckte einen Fluch. Wahrscheinlich war die Mitteilung vollig bedeutungslos; aber wahrend sie uberflussige Informationen austauschten, konnten sie den Wind wieder verlieren.

«Bestatigen Sie, Mr. Clements«, befahl er unwirsch und winkte den Midshipman der Wache heran.»Und Sie, Mr. Evans, melden dem Kommandanten, da? wir beidrehen mussen.»

Palmer wandte sich wutend ab; das wurde dem Kommandanten die gute Laune rasch verderben.

Mit bis zum Gurtel offenem Hemd kam Duncan aus dem Kajutsniedergang und musterte wortlos das fremde Schiff. Es konnte ihnen eine fur ihre Unternehmung wichtige Nachricht bringen; andererseits mochte der Kapitan auch nur Klatsch und Tratsch austauschen wollen. Wenn sich zwei Schiffe so fern der Heimat trafen, war das nicht ungewohnlich.

«Kurzen Sie Segel, Mr. Palmer. Klar zum Beidrehen.»

Er verschrankte die Hande auf dem Rucken und sah zu, wie seine Leute auf ihre Stationen eilten.»Hart Luvruder!»

Duncan winkte nach dem Midshipman.»Ihr Glas bitte, Mr. Evans.»

Als er das Teleskop entgegennahm, fiel sein Blick auf den Jungen. Evans war erst dreizehn Jahre alt, der Jungste in seiner Messe. Ein munteres Kerlchen, das schon mehr als einmal zur Strafe fur seine Streiche in den Mast geschickt worden war.

Duncan hob das Glas und spreizte gleichzeitig haltsuchend die Beine, weil das Schiff gerade in ein Wellental sackte; vorn fierten die Seeleute die Stagsegelschoten, damit

durch den Wind drehen konnte. Fur eine Landratte mu?te das Schiff jetzt einen vollig au?er Kontrolle geratenen Anblick bieten; aber gleich wurde es sich auf den anderen Bug legen und die Mannschaft noch mehr Segel auf-geien.

Duncan lachelte grimmig in sich hinein. Er fuhrte sein Schiff gern mit fester Hand, zwang es ins Joch wie ein eigenwilliges Pferd.

Aber er erstarrte, als das andere Schiff riesenhaft in seiner Teleskoplinse auftauchte. Seine Rahen schwangen herum, die Segel blieben steif wie eiserne Brustpanzer, und es wechselte den Kurs, aber nicht um anzuluven, sondern nach Steuerbord. Donnernd fullte sich die Breitfock an ihrer Rah, und das Schiff schien einen Satz nach vorn zu machen, quer hinter dem Heck der Fregatte vorbei.

Duncan brullte:»Belege das, Mr. Palmer!

An Deck herrschte Konfusion. Manner sturzten an Brassen, Halsen und Schoten, Blocke und Winschen knarrten, und immer noch mehr Hande packten mit an, um die Rahen wieder herumzuholen.

Duncan kam ins Schwanken, als das Deck sich uberlegte und das Schiff zu reagieren versuchte; aber sie hatten sich festgesegelt. Die Segel killten und schlugen wirkungslos gegen Masten und Spieren.

Sparrowhawk

Duncan krallte die Fauste in die Webeleinen und schrie wie ein verwundeter Stier, als eine Kugel auf dem Achterdeck eine Kanone umri? und uber die splitternden Planken weiterpflugte, eine Spur aus Blut und Leichen hinter sich herziehend.

Er spurte einen Schlag gegen seine Hufte wie von einer Axt, und als er hinblickte, pulsierte Blut in breitem Strom an seinem Bein hinunter; dann kam der Schmerz, und er horte sich aufstohnen in Todesnot.

Ein gewaltiger Schatten glitt uber ihn hinweg: der Besanmast, der mit Donnergetose umsturzte und seine ganze Takelage mit allen Mannern darin uber Bord ins Verderben ri?.

Wieder bockte der Rumpf und baumte sich auf unter den Einschlagen einer feindlichen Breitseite. Duncan mu?te sich an die Finknetze klammern, um nicht zu sturzen. Der Feind war ihrer Drehbewegung gefolgt, seine oberen Segel blahten sich uber dem Rauch wie die Schwingen des Todesengels. Er feuerte pausenlos weiter, und immer noch war auf

nicht eine einzige Kanone geladen. Das Deck war ubersat mit Toten und Sterbenden, und als Duncans Blick auf das Ruder fiel, sah er, da? das gro?e Rad gesplittert war; zu seinen Fu?en lagen zerschmettert der Master und seine beiden Ruderganger.

Sparrow-hawk

«Ich helfe Ihnen, Sir!»

Duncan legte dem Jungen einen Arm um die Schultern. Es war nur der kleine Evans, aber sein Anblick richtete den Kommandanten etwas auf.

Er keuchte:»Bin fertig, Junge. Sieh nach den anderen. «Er spurte den Kadetten unter seinem Griff zusammenfahren und sah die nackte Angst in seinen Augen. Da packte er ihn noch fester mit seiner blutigen Faust.»Halte durch mein Sohn, jetzt bist du ein Offizier. Zeig's ihnen. «Und damit sturzte Duncan abermals, aber diesmal stand er nicht mehr auf.

Eine Handvoll Seeleute und Soldaten kam nach achtern gerannt und hatte sich uber Bord gesturzt, ware der dreizehnjahrige Seekadett ihnen nicht entgegengetreten.

Er schrie:»Setzt das Boot aus! Bootsmann, ubernehmen Sie das!»

Als ihn einer der Fliehenden beiseitestie?, griff er sich eine Pistole und feuerte in die Luft. Noch einen Augenblick starrten sie einander an wie Irre, und dann gewann die Disziplin die Oberhand. Sie warfen ihre Waffen weg und rannten zu dem Boot, um es zu Wasser zu lassen.

Immer noch schlugen vereinzelt Kugeln in den Rumpf, doch

hatte keine Widerstandskraft mehr. Sie lag schon tief im Wasser, die See schwappte bereits im Orlopdeck und stieg schnell hoher; blank glitzerte Wasser am Fu? der Niedergangstreppe.

Evans rannte zu seinem Freund, dem Signalfahnrich, aber der war schon tot. In seiner Brust klaffte eine Wunde, so gro? wie eine Mannerfaust. Vorsichtig richtete Evans sich auf. Seine Fu?e glitten in den Blutlachen aus, als das Heck sich aus der See hob.

Er glaubte, eines der anderen Boote in der Nahe zu horen und die Stimme des Dritten Offiziers, der Uberlebende zusammenrief und Ordnung herzustellen versuchte.

Noch einmal blickte Evans auf seinen toten Kommandanten nieder, den Mann, den er gefurchtet und bewundert hatte. Jetzt war er ein Nichts, und das verstorte Evans; er fuhlte sich betrogen.

Ein vierschrotiger Marinesoldat hastete vorbei, einen verwundeten Kameraden wie einen Sack uber die Schulter geworfen. Er verhielt kurz bei Evans und keuchte:»Kommen Sie, Sir, hier gibt's nichts mehr zu tun.»

Der Verwundete stohnte, und sein Trager wollte sich abwenden, aber irgend etwas in Evans' Gesicht hielt ihn fest. Der Seesoldat hatte die Schlacht bei Abukir und auch die am Kap St. Vincent mitgemacht und schon viele Freunde sterben gesehen.

Grob fuhr er den Jungen an:»Du hast getan, was du konntest, also komm jetzt mit, ja?»

Ein Beben ging durch das Schiff. Die

begann unterzuschneiden.

Der kleine Kadett folgte dem Seesoldaten zum Schanzkleid und zuckte nicht einmal zusammen, als der Gro?mast wie eine uberhangende Klippe donnernd von oben kam.

«Ich bin soweit, danke. «Es klang seltsam in diesem schrecklichen Augenblick.

Kanonen rissen sich los und krachten, tote und wimmernde Manner zermalmend, der Lange nach durch die Decks.

reckte noch einmal das Heck empor und ging dann steil nach unten. Wo sie versank, drehte sich ein Wirbel aus Wrackteilen, Menschen und Gliedma?en — noch lange, nachdem der Angreifer mehr Segel gesetzt hatte und sich mit westlichem Kurs davonmachte.

Als Zeugen der Vernichtung blieben zwei Boote und ein fluchtig zusammengelaschtes Flo? zuruck, umdrangt von Uberlebenden, die um einen Platz an Bord oder wenigstens um Halt fur ihre Fauste kampften.

Eine Woche danach sichtete die amerikanische Brigg

Midshipman Evans hatte Duncans letztem Befehl gehorcht und >nach den anderen gesehen

Auch Bolitho war die Ruhe selbst. Es hatte keinen Sinn, Fane vorzuwerfen, da? er hinterrucks mit den Franzosen verhandelt hatte. Das war sein gutes Recht, wenn Boston als neutraler Boden galt.

Auch erwies es sich als hilfreich, da? er diesmal mit Fane an Bord seines eigenen Flaggschiffs verhandelte. An Land, als Gast in Chases prunkvollem Haus, war er der Fremdling gewesen. Doch jetzt, inmitten der vertrauten Umgebung, fuhlte er Sicherheit und Zuversicht.

Er sagte:»Ehe ich nicht den Bericht meines Fregattenkapitans vorliegen habe, konnen keine weiteren Schritte unternommen werden. Vielleicht la?t sich ein Kompromi? erarbeiten, aber nur auf der Grundlage der augenblicklichen Situation. Sir Humphrey Rivers ist der britische Gouverneur auf San Felipe, nicht mehr und nicht weniger.»

Jonathan Chase hatte schon zwei Glaser Wei?wein geleert, wohl aus Sorge um den Verlauf der Besprechung, von der er sich diesmal einen besseren Ausgang erhoffte.»Das ist doch nicht unbillig, Sam, oder?«schaltete er sich vermittelnd ein.

Fanes tiefliegende Augen glitten uber ihn hinweg.»Meine Regierung duldet in ihrer Einflu?sphare keinerlei Kriegshandlungen, die das amerikanische Interesse an freiem Handel und Verkehr beeintrachtigen wurden. Ich halte es fur die beste Losung, da? die Insel amerikanisches Protektoratsgebiet wird, wenn die Bewohner eine Ubergabe ablehnen. «Und abschlie?end, mit einem resignierten Seufzer:»Aber wenn der Admiral zuerst eine Demonstration der Starke wunscht, dann mussen wir ihm wohl den Gefallen tun.»

Chase hielt Ozzard sein Glas zum Nachfullen hin.»Herrgott, Sam, mussen Sie immer so tierisch ernst sein?«Fane lachelte verkniffen.»Meistens.»

An Deck oben erklangen Schritte, Befehle wurden gerufen. Das war Bolithos Welt, und nicht diese Doppelzungigkeit hier unten. Er erhob sich und trat an die Heckfenster. Eine leichte warme Brise strich uber die Massachusetts Bay und hatte den Himmel bis auf einige rosa Wolkchen leergefegt. Wie einladend doch die See aussah!

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