«Es tut mir nicht leid, da? ich hier bin«, sagte Segrave.»Gut!»
Zusammen stiegen sie an Deck, und die frische Luft tat ihnen wohl nach dem Gestank in der Kajute. Tyacke sah zum Wimpel hoch, prufte den Kurs am Kompa?. Ja, der Wind stand durch, hatte aber hier unter Land weniger Kraft. Er nahm das Teleskop aus seiner Halterung. Da fiel sein Blick auf den Deserteur namens Swayne. Er holte gerade die Lose aus einer Leine, bewegte sich dabei schnell und leicht: ein erfahrener Seemann. Seit er hier an Bord war, sah er nicht mehr so verzagt aus, denn solange man lebte, gab es Hoffnung. Auf dem Flaggschiff hatten ihn entweder zweihundert Hiebe oder der Strick erwartet. Der andere Fremde an Bord war ein Seesoldat namens Buller. Der hatte Rum gestohlen, sich betrunken und dann seinen Sergeanten verprugelt. Das war zuviel fur die Truppe. Auch ihn hatte man gehenkt oder ausgepeitscht.
Die anderen Manner kannte Tyacke bereits genau, sie kamen von der
So jedenfalls hatte es Tyacke gehort. Wie jeder Seemann furchtete er Feuer an Bord am meisten. Ob er die Sache durchstehen konnte? Er wu?te, da? es darauf nur
«An Deck!«Der Ausguckposten zeigte nach achtern.»Die
«Schutteln Sie alle Reffs aus, Mr. Sperry. Wir mochten doch nicht durch ein Schiff des Konigs aufgebracht werden — oder?«Sperry grinste und verschwand.»Sie werden an der Pinne gebraucht, Mr. Segrave. Wir haben noch etwa zehn Meilen bis zum Angriff.»
Segrave nickte. Hinter Tyackes absto?endem Au?eren hatte er seine gewinnende Kameradschaft entdeckt.
Im Fernglas offnete sich jetzt vor ihnen die Bucht wie eine Buhne.
«Wir laufen nach Nordost«, befahl der Kommandant,»auf die Untiefe zu, wie jedes kleine Handelsschiff, das von einem Kriegsschiff gejagt wird. Dann wenden wir und halten auf Steuerbordbug genau auf die ankernden Schiffe zu. Falls sie noch da sind. «Tyacke rieb sich das Kinn; er hatte sich doch rasieren sollen.»Also klar zur Wende, Mr. Segrave!»
Segrave bestatigte und stellte sich an der Pinne neben den jungen Seemann, der damals unten in der Kajute seine Messerwunde versorgt hatte.
«Wir werden's auch diesmal schaffen, Mr. Segrave«, sagte dieser.
«Ganz bestimmt. «Segrave lachelte zuruck.
Als ein Schu? ubers Wasser klang und Pulverrauch vom Bug der
Albacora
So hing jeder seinen Gedanken nach. Tyacke fragte sich, ob das Madchen Marion sich an ihn erinnern wurde, wenn sie vom letzten Kommando eines gewissen Leutnant Tyacke in der Zeitung las.
Kapitan Daniel Poland hielt respektvollen Abstand zu Bolitho, der am Tisch mit dem Zirkel einige Entfernungen in der Karte nachma?.
«Soweit wir wissen, ist niemand mehr in die Bucht eingelaufen«, uberlegte der Vizeadmiral.»Sie oder Leutnant Varian hatten das doch bemerkt und mir gemeldet. Das hei?t, die Ostindienfahrer und die Fregatte liegen noch in der Bucht. Hab' ich recht?»
«Die Bucht ist riesig, Sir Richard«, gab Poland zu bedenken.»Viermal so gro? wie die Tafelbucht. «Er fuhlte sich unter Bolithos forschendem Blick unwohl.»Aber es wird schon so sein, wie Sie sagen.»
Bolitho zog seine Uhr heraus. Tyackes Brander und die
Er sah sich in der Kajute um. Nach der
Doch der war schon leise eingetreten und brachte Bolithos alten Degen. Bolitho hob die Arme, damit Allday ihm das Gehenk umlegen konnte.
«Wieder mal«, seufzte er dabei.
«Und wie immer«, antwortete Bolitho,»verlasse ich mich auf dich, alter Freund.»
Leutnant Tyacke senkte das Teleskop. Er wurde sich jedem Beobachter verdachtig machen, wenn er die beiden Ankerlieger zu lange durchs Glas studierte, statt sich um den Schoner zu kummern, der ihn verfolgte. Aber er hatte schon gesehen, was er suchte: Die beiden Schiffe, offensichtlich Ostindienfahrer, lagen vor Heck- und Buganker. Bolitho hatte also recht gehabt. Sie konnten wie eine Batterie an Land jeden Angreifer abwehren, der sich ihnen muhsam aufkreuzend naherte.»Sehen Sie sich das an, Mr. Segrave!«Der junge Matrose neben dem Midshipman deutete auf die
Segrave leckte sich die trockenen Lippen. Wie er und der junge Seemann hatte wohl auch der Bootsmann vergessen, da? sie den Stuckmeister der
Albacora wiedererkannt.
Tyacke sah sich das Wachboot im Teleskop genauer an: ein kleiner Kutter, die Riemen schon eingelegt, loste sich gerade vom ihnen nachstgelegenen Handelsschiff. Messingknopfe glanzten auf der Uniform eines Offiziers, der im Heck des Kutters stand. Das Wachboot wurde sie anrufen und zum Beidrehen auffordern. Es gab nur eine Moglichkeit.
«Buller zu mir!«Der Seesoldat eilte zu Tyacke.»Man sagt, Sie seien ein guter Schutze?»
«Ich war der beste in meiner Kompanie, Sir!»
Tyacke grinste.»Sehr gut. Also nehmen Sie Ihre Muskete und erschie?en Sie den Offizier da in dem Kutter. Die haben eine Drehbasse im Bug, Sie sollten also besser gleich beim ersten Schu? treffen.»
Der Soldat buckte sich und offnete hinter dem Schanzkleid seinen Rock, unter dem er seine Waffe verborgen hatte.»Alles klar, Sir!»
Tyacke sah zu Segrave hinuber.»Alles klar auch bei Ihnen?»
Der Midshipman nickte, bleich und entschlossen.
Tyacke ging zur Heckreling. Ja, ihr Beiboot hing noch in seinen Taljen. Er starrte zum Land, dann nach Backbord, wo die Feindschiffe lagen. Das Wachboot schien es nicht besonders eilig zu haben, sich der
Segrave rutschte aus, fand Halt auf dem geteerten Deck, stemmte sich gegen die Pinne und sah die riesigen Segel ubergehen. Der Schoner drehte durch den Wind und fiel ab.
«Komm auf, verdammt noch mal!«fluchte der junge Seemann neben ihm. Die Segel wurden hart angebra?t, der Schoner lief hoch am Wind auf neuem Bug. Wo voraus Land gewesen war, ankerten jetzt die Schiffe; im Sonnenlicht leuchteten deren bunte hollandische Flaggen. Tyacke suchte irgendwo Halt. Dies war zwar nicht die
Miranda
«Die la?t uns keine Chance. «Sperry rieb sich verzweifelt die Augen.»Sie geht viel hoher an den Wind als wir!»
«Fallen Sie einen Strich ab, Mr. Segrave«, befahl Tyacke ruhig. Er hob sein Glas und hielt den Atem an.»Sie hat's auf die
Miranda
Gab es doch noch Hoffnung? Trotz der kurzen Distanz hatte kein einziger Schu? den Rumpf getroffen.
Doch da horte er seine Manner aufstohnen. Als ob ein riesiger Vogel seine Flugel faltete, so fielen die Segel der
Doch die franzosische Fregatte feuerte kein zweites Mal. Sie setzte ihre Royals, winzige Figuren legten auf den Rahen aus, und ihr Bug drehte auf Sudostkurs. Der Wind jagte sie auf die offene freie See hinaus.
Tyacke behielt die
Tyacke lie? das Glas sinken. Die
Segrave und ein paar Manner beobachteten ihn.
Sein Befehl kam mit ruhiger Stimme:»Nehmen Sie die Segel weg, Mr. Sperry. Die Jagd ist zu Ende. «Er deutete auf das Wachboot, wo einige Manner an den Riemen ihnen zuwinkten.»Die halten uns fur Freunde!»
Langsam, um den Gegner zu tauschen, machten sich seine Manner an die Arbeit. Tyacke stand neben Segrave, eine Hand auf der des Jungen. Gemeinsam legten sie Ruder, bis ihr Steven genau auf die Lucke zwischen den beiden verankerten Handelsschiffen zeigte.
«Halten Sie diesen Kurs!«Tyacke sah sich um. Da standen seine Manner und dachten an die
«Fertig, Manner!»
Er setzte gerade seinen Hut auf, als druben ein Trompetensignal erscholl.»Sie schlagen Alarm!«Sofort wurde es auf dem Wachboot unruhig, die Riemen droschen wild ins Wasser, und der Bug des Kutters drehte drohend auf sie zu.»Klar zum Schu?, Buller!«Der Seesoldat kniete schon hinter dem Schanzkleid, die geladene Muskete neben sich.
«Denken Sie an die
Die Muskete schlug im Rucksto? gegen Bullers kraftige Schulter. Tyacke sah den Hollander die Arme senken, uber die Seite kippen und im Wasser davontreiben. Einige Manner versuchten, mit den Riemen nach dem Offizier zu angeln. Dann krachte das kleine Buggeschutz des Kutters, und der junge Seemann neben Segrave brach schreiend zusammen. Wieder scho? Buller. Ein Mann an der Drehbasse fiel rucklings zwischen seine Kameraden. Die Riemen wirbelten durcheinander. Segrave sah nun auch Bootsmann Sperry auf den Planken knien, die Zahne vor Schmerz gebleckt. Zwischen seinen Fingern quoll es blutig aus seinem Bauch hervor. Er hatte wahrscheinlich den Hauptteil der Schrotladung abbekommen.
Tyacke kniff die Augen zusammen. Da lagen die dicken Ostindienfahrer — Bug gegen Bug mit einer halben Kabellange Abstand. Nichts wurde sie mehr retten konnen. Aber Sperry lag jetzt auf dem Rucken, sein Blut flo? durch die Speigatten au?enbords; er hauchte sein Leben aus.
Was hielten die Hollander wohl von der
Segrave spurte Furcht in sich hochkriechen. Sie standen auf ihrem eigenen Scheiterhaufen. Aber dann rannte er an dem toten Bootsmann vorbei, horte Trompetensignale jetzt auf beiden Schiffen und das Quietschen von Lafetten. Ein paar Offiziere druben hatten endlich erkannt, was sich abspielte. Segrave schluchzte hemmungslos, als er die stinkende Kajute der Albacora erreichte, denn immer noch sah er vor sich, wie die Miranda sank. Sein einziger Freund, Jay, den er gerettet hatte, war tot. Und den kleinen Schoner, ihre ganze Welt, gab es nicht mehr.
Segrave zuckte zuruck, als die Zundschnur wie eine bose Schlange zu zischen begann. Er griff zur zweiten. Diesmal war seine Hand ruhig, als er das Zundholz hielt.
Dann hastete er nach oben. Wenn seine Mutter oder sein Onkel, der Admiral in Plymouth ihn jetzt gesehen hatten, waren sie dann endlich zufrieden gewesen? Doch er spurte bei dem Gedanken keine