Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander 10 стр.


«In die Boote!«rief Bolitho und legte Sheaffe eine Hand auf die Schulter.»Alles klar?»

«Ich bin hingefallen. «Sheaffe tupfte sich die Lippe.»Uber zwei Baumstumpfe. «Er zog eine Grimasse.»Das verschlug mir den Atem, Sir. «Als er Bankart erblickte, wurden seine Augen schmal.»Wo warst du?»

Bankart fuhr trotzig herum.»Ich habe die anderen gewarnt, wie mir befohlen wurde.»

Bolitho ging zur Gig. Da steckte offenbar mehr dahinter, aber er war dankbar, da? die beiden uberlebt hatten.

Er stieg ins Boot und schaute hinuber zur

Dort wurde bereits die Ankertrosse kurzgeholt, und die Segel flatterten wild, als Hallowes klar zum Auslaufen machte.

Bolitho rieb sich das Kinn und uberlegte. Die Franzosen mu?ten einen Trupp angelandet haben, der erkunden sollte, was sie hier taten. Waren die Seevogel nicht gewesen und die scheinbare Gleichgultigkeit des Ausguckpostens, waren sie erst angegriffen worden, nachdem die Franzosen noch mehr Manner gelandet hatten. Wo waren sie also?

Wieder knallte auf

ein Vierpfunder, und Stayt sagte heiser:»Anker ist frei!»

Hallowes hatte vom Schiff aus gesehen, was dem Ausguck entgangen war.

Es schien, als triebe jah ein Stuck der Landzunge davon. Bolitho sah ein Schiff den Vorsprung runden, dessen Vorsegel flatterten, als es scharf wendete, um den Riffen auszuweichen.

Es war eine Fregatte.

«Pullt, Jungs! Mit aller Kraft!«rief Bolitho. Sie bedurften der Aufmunterung nicht.

Hatten sie nicht gemerkt, da? der Ausguckposten tot war, ware diese Fregatte uberraschend quer durch die Bucht gesegelt und hatte

mit ihren Kanonen in ein blutiges Chaos verwandelt.

Endlich lag die Gig langsseits, und die Manner kletterten hastig an Bord, um sich ans Segelsetzen zu machen.

Die beiden Boote trieben ab. Hallowes sah ihnen verkniffen und besorgt nach. Sie mochten sie noch brauchen, hatten aber keine Zeit, sie an Bord zu holen. Bolitho hielt sich an einem Want fest und sah zu, wie die Fregatte die Bramsegel setzte.

Was Hallowes auch tat, er wurde sich niemals rechtzeitig vom Land freikreuzen konnen.

«Lotgasten in die Rusten!«sagte Bolitho.»Mr. Okes, kennen Sie sich in diesen Gewassern aus?»

Okes hatte seinen Hut verloren.»Aye, einigerma?en, Sir.»

Er drehte sich um, als der Lotgast die Wassertiefen auszusingen begann.»Der Franzose kann es nicht wagen, uns zu folgen. Da gerat er namlich auf Grund.»

«Finde ich auch. «Dem Kommandant der Fregatte mu?te jetzt klarwerden, da? er den Uberraschungseffekt verspielt hatte. Er wurde sich freihalten und vielleicht bei Einbruch der Dunkelheit versuchen,

den Weg abzuschneiden. Aber bis dahin waren es noch sechs Stunden.

Bolitho gab Hallowes einen Wink.»Ich schlage vor, da? Sie auf flachem Wasser ankern.»

Hallowes nickte wie eine Marionette.

«Der Franzose hat leicht Kurs geandert, Sir«, meldete Okes.

Die Fregatte war eine knappe Meile entfernt und im Begriff, hinter dem nachsten Landvorsprung zu verschwinden. Zuvor aber versuchte ihr Kommandant, seine Beute aktionsunfahig zu machen.

Bolitho sah plotzlich lange orangefarbene Zungen aus ihren vorderen Rohren schie?en. Die Kugeln rissen wei?e Schaumspuren in den Wasserspiegel.

Ein schlechtgezielter Versuch. Der zweite jedoch war besser.

Das Meer um sie herum kochte plotzlich, neben ihnen scho? eine Wassersaule gen Himmel. Bolitho horte den Einschlag einiger Kugeln in den Rumpfund einen entsetzlichen Schrei, als die Splitter einen Mann zu Boden rissen.

Hallowes starrte stumm das Chaos aus zerfetztem Rigg und durchlocherten Segeln an. Aus den Speigatten an Backbord sickerte bereits Blut.

«Werfen Sie endlich Anker, verdammt noch mal!«Bo-litho packte ihn am Arm und schuttelte ihn.

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Bolitho, von der Explo — sion benommen, fiel auf die Seite, und beim Aufprall durchfuhr ihn der Schmerz der alten Wunde. Manner schrien auf, und das Deck erbebte, als etwas Schweres aus der Takelage sturzte.

Er fa?te sich hastig ins Gesicht und spurte Blut. Eine fremde Stimme rief:»Hier, Sir! Ich helfe Ihnen!»

«Ankern!«stie? Bolitho hervor. Nun, da das Feuer eingestellt war, klang seine Stimme plotzlich laut.

Er stolperte uber einen reglosen Korper und hielt sich an baumelnden Leinen fest.

«Hier, Sir. «Der Unbekannte schwieg, als Bolitho die Hande vom Gesicht nahm, um sich umzuschauen.

Aber er sah nichts. Es war Mittag gewesen, als die Fregatte gefeuert hatte, doch nun stand er in tiefster Nacht. Hande beruhrten ihn, ringsum erklangen wirre Stimmen.

«Ich bin hier, Sir. «Das war Stayt.

Bolitho schlug die Hande vor die Augen, als der Schmerz starker wurde.»Ich bin blind! Mein Gott, ich kann nichts sehen!»

Er tastete nach Stayts Arm.»Bringen Sie mich unter Deck. Die Manner durfen mich nicht so sehen. «Er holte scharf Luft, als die Schmerzen noch heftiger wurden.

Kapitan Valentine Keen klammerte sich an die Finknetze, die Augen vom langen Starren gegen Wind und Gischt wund. Selbst seine Handflachen schienen von den geteerten Netzen zu brennen.

Die ganze Nacht hatte der Sturm die See zu jagenden Brechern aufgepeitscht, gewaltige Sturzbache hatten sich kochend uber die Seitendecks ergossen und Manner wie Treibgut von den Beinen gerissen. Nun, da die ersten silbergrauen Streifen am Himmel standen, arbeitete das Schiff nicht mehr ganz so heftig; doch die Morgendammerung verhohnte ihre schwachlichen Anstrengungen in der Nacht.

Es war sinnlos gewesen, Kontakt mit

wahrend des Unwetters schnell au?er Sicht geraten.

Paget hatte seine Sache gut gemacht, die Manner vom Einbruch der Nacht bis jetzt in Bewegung gehalten.

«Alle Mann! Aufentern zum Segelsetzen!»

Die Rufe der Deckoffiziere und hier und da das Klatschen eines Tampens trieben die erschopften Manner zuruck an Brassen, Halsen und Schoten.

Keen zupfte an seinem Halstuch, das wie der Rest seiner Kleidung durchna?t war. Doch

«Kurs Nordost zu Ost, Sir!»

Der Himmel klarte bereits auf; nach der ungestumen Nacht mochte es vielleicht sogar einen schonen Tag geben. Seltsames Mittelmeer, dachte Keen.

«Ubernehmen Sie die Wache, Mr. Paget. «Er rieb sich die schmerzenden Augen.»Sowie in der Kombuse das Feuer brennt, schicken Sie die Mannschaft gruppenweise zum Fruhstuck. Und der Proviantmeister soll pro Kopf ein Glas Rum ausgeben. Die Leute haben's verdient.»

Paget grinste.»Das wird ihre Lebensgeister wieder wek-ken, Sir!«Er wandte sich ab, offenbar erfreut, da? Keen ihm bei noch so grober See das Deck uberlie?. Der Flaggkapitan beschlo?, ihn in seinem Bericht lobend zu erwahnen; er brauchte zwar einen guten Ersten, aber die Flotte hatte auch Manner notig, die kommandieren konnten.

Keen verschwand im Schatten unter dem Poopdeck und merkte erst jetzt, wie mude und angespannt er war. Aus der Dunkelheit tauchte ein roter Rock auf: Hauptmann Bouteil-ler von den Royal Marines.

«Guten Morgen, Major. «Keen bewunderte die Seesoldaten zwar, verstand sie aber nie ganz. Selbst ihr Titel» Major «fur den befehlshabenden Offizier kam ihm sonderbar vor.

«Ich wollte es Ihnen selbst sagen, Sir. «Bouteiller sprach abgehackt.»Die, ah, der Passagier verlangte Sie zu sprechen.»

Keen nickte.»Aha. Wann war das?»

Der Hauptmann dachte nach.»Vor zwei Stunden, Sir. Sie kamen mir aber zu beschaftigt vor.»

In der Dunkelheit war Bouteillers Gesicht nicht zu erkennen, und der Mann hatte sich ohnehin nichts anmerken lassen. Was dachte er?

«Gut. Haben Sie vielen Dank.»

Keen tastete sich zu der kleinen Tur und konnte fast horen, wie der Wachtposten gespannt den Atem anhielt.

Eine Blendlaterne schaukelte an der Decke, und in ihrem Schein sah er das Madchen auf der Koje liegen. Ein Bein hing uber den Rand und schwang mit den Bewegungen des Schiffes, als sei es der einzige lebendige Teil ihres Korpers. Keen schlo? die Tur. Tuson wurde seinen Besuch bestimmt mi?billigen, dachte er.

Sanft griff er nach ihrem Fu?knochel und schob das Bein wieder unter die Decke. Sie trug noch immer Hemd und Hose, und als ein Lichtstrahl ihr Gesicht streifte, fand Keen, da? sie unglaublich jung aussah.

Da offnete sie die Augen weit, starrte ihn entsetzt an und raffte das Hemd am Hals zusammen.

Keen ruhrte sich nicht. Ihre Angst schwand langsam.

«Tut mir leid«, sagte er.»Ich erfuhr erst jetzt, da? Sie nach mir fragten.»

Sie setzte sich auf und schaute ihn an. Dann streckte sie die Hand aus und beruhrte seinen Rock und sein Hemd.

«Sie sind ja triefna?, Kapitan Keen«, flusterte sie.

Selbst diese schlichte Geste fand er herzbewegend.

«Der Sturm hat sich verzogen«, sagte er. Er sah ihre Finger an, wollte sie ergreifen und an die Lippen pressen. Doch er fragte nur:»Hatten Sie Angst?»

«Es war nicht so schlimm wie gestern. «Ozzard hatte berichtet, er habe sie am Vortag mit den Handen uber den Ohren in einer Ecke kauernd vorgefunden, als ein Matrose wegen Ungehorsams ausgepeitscht wurde.

«Das Schiff ist so gro?, und trotzdem furchtete ich manchmal, es wurde auseinanderbrechen. «Sie spielte mit gesenktem Blick an seinem Revers.»Ich dachte, Sie machen sich meinetwegen vielleicht Sorgen, und wollte Ihnen nur sagen, da? ich mich wohlfuhle.»

«Das war lieb von Ihnen. «Einmal wahrend des Sturmes hatte Keen sich vorgestellt, sie stunde neben ihm mit fliegendem Haar und trotzte lachend dem Wetter.

«Ja, ich habe mir Sorgen gemacht. An das Leben auf See sind Sie nicht gewohnt. «Er stellte sich das Straflingsschiff bei Sturm vor und spurte, da? sie seine Gedanken erraten hatte.

«Ich kann immer noch nicht glauben, da? ich in Sicherheit bin. «Sie schaute auf, und ihre Augen wechselten im Schein der schwankenden Laterne von hell zu dunkel.»Bin ich das wirklich?«Er ergriff ihre Hande und hielt sie fest. Sie wandte den Blick nicht von seinem Gesicht.»Bitte sagen Sie mir die Wahrheit.»

«Wie Sie wissen, hoffte ich, Sie in Gibraltar an Land zu setzen«, sagte Keen.»Aber nun hat es den Anschein, als musse das noch warten. Ich habe mit der Brigg, die von Sir Richards Neffen kommandiert wird, eine Nachricht nach London geschickt. Sobald der Brief meinen Anwalt erreicht, gehen Schreiben heraus. Vielleicht mussen Sie an Bord bleiben, bis mein Schiff Malta erreicht. Aber auch in Malta habe ich Freunde. «Er druckte ihre Hande.»Eines aber steht fest, Zenoria: Auf ein Straflingsschiff kommen Sie nie wieder. Dafur sorge ich.»

Leise fragte sie:»Und das tun Sie alles nur meinetwegen, Sir? Sie kennen mich doch uberhaupt nicht. Als Sie mich zum erstenmal sahen, wurde ich nackt ausgepeitscht wie eine Hure. «Sie hob das Kinn.»Ich bin aber keine.»

«Das wei? ich«, erwiderte er.

Sie schaute an ihm vorbei in den Schatten.»Wurden Sie sich auch so um mich kummern, wenn wir anderswo waren? In London vielleicht, wo Ihre Frau uns sehen konnte?»

Keen schuttelte den Kopf.»Ich bin Junggeselle. Nur einmal…»

Ermunternd druckte sie seine Finger.»Sie haben nur einmal geliebt?»

Keen nickte.»Aye, aber sie starb. Es ist lange her. «Er sah auf.»Erklaren kann ich es nicht, doch mein Gefuhl fur Sie ist echt. Nennen Sie es Schicksal, den Willen Gottes, meinetwegen auch Gluck, aber es existiert wirklich, ist keine Einbildung. Manche mogen sagen, da? sich alles gegen uns verschworen hat. «Er druckte fester zu, als sie zu einer Entgegnung ansetzte.»Nein, es mu? heraus. Ich bin so viel alter als Sie, ein Offizier des Konigs und diesem Schiff verpflichtet, bis der verdammte Krieg gewonnen ist. «Er hob ihre Hand an die Lippen.»Lach mich nicht aus, sondern hor mir zu. Ich liebe dich, Zenoria.»

Er machte Anstalten, sich zu erheben, aber sie schlang ihm die Arme um den Hals und flusterte:»Schau mich jetzt nicht an. «Ihre Lippen an seinem Ohr, fuhr sie fort:»Ich kann es nicht glauben. Vielleicht traume ich nur. Oder wir sind beide verhext.»

Er loste sich sanft von ihr und schaute ihr ins Gesicht, sah die hellen Tranenspuren auf ihren Wangen. Sie immer noch fest mit den Armen umschlie?end, ku?te er sie auf beide Wangen, schmeckte das Salz und empfand die ganze Intensitat dieses kurzen, unmoglichen Glucks.

«Sag nichts. Versuch jetzt weiterzuschlafen. «Er trat zuruck, hielt nur noch ihre Hande fest.»Es ist kein Traum, und was ich gesagt habe, war mein voller Ernst. «Ihm kam eine Idee.»Du kannst spater mit mir fruhstucken. Ich lasse dich von Ozzard abholen. «Er sprach hastig, damit sie nicht ablehnte.

Als er sich von ihr losri?, blieben ihre Arme noch eine Weile in der Luft hangen, als hielte sie sich weiter an ihm fest. Drau?en vor der Tur standen jetzt zwei Wachtposten. Der Korporal, der zur Ablosung kam, zischte seinem Kameraden einen scharfen Befehl zu. Keen nickte freundlich und sagte:»Guten Morgen, Korporal Wenmouth. Den Sturm hatten wir uberstanden, was?»

Er schritt nach achtern, ohne ihre verdutzten Gesichter zu bemerken. In der Achterkajute trat er an die Heckfenster und starrte ins aufgewuhlte Kielwasser.»Ich liebe dich, Zenoria«, murmelte er.

Dann erkannte er jah, da? Ozzard ihn von der anderen Tur her mit uber der Schurze gefalteten Pfotchen beobachtete.

«Fruhstuck, Sir?«fragte der Steward hoflich.

Keen lachelte.»Vorerst noch nicht. Ich erwarte in einer Stunde, ah, Gesellschaft.»

«Sehr wohl, Sir. «Ozzard wandte sich zum Gehen.»Ich verstehe, Sir.»

Das hatte Keen noch bis vor kurzem geargert, aber jetzt war es ihm gleichgultig.

«Alles zu Ihrer Zufriedenheit, Miss?«Ozzard stand am Tisch und griff nach einem Teller, der der Tischkante bedenklich nahe gekommen war. Zenoria drehte sich um und schaute zu ihm auf.

«Es war kostlich.»

Keen betrachtete ihr Profil, als sie mit Ozzard sprach. Sie trug nun das Haar lose auf die Schultern fallend und sah wunderschon aus; das konnten selbst die Mannerkleider nicht verbergen.

Sie merkte, da? er sie beobachtete.»Was ist?»

Er lachelte.»Nichts, nur — ich konnte Sie den ganzen Tag ansehen und fande jede Minute etwas Neues zu bewundern.»

Sie schaute auf ihren leeren Teller.»Nicht doch, Sir. «Doch sie war errotet und schien sich uber das Kompliment zu freuen.»Erzahlen Sie mir von Sir Richard«, sagte sie.»Kennen Sie ihn schon lange?»

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