Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander 2 стр.


Sie buckten sich unter den Decksbalken, und Bolitho sah einen Seesoldaten an der Tur zu seiner Kajute Wache stehen.

«Wenn Allday an Bord kommt, Val, mochte ich…»

Keen blickte ihn an.»Er ist schon da, Sir Richard.»

Bolithos Erleichterung war so gro?, da? es ihn selbst uberraschte.

Es war recht dunkel unter Deck, und Bolitho lie? seine Fu?e vom Instinkt leiten. Die Geruche waren wie alte Freunde: Teer, Werg, Farbe, feuchte Leinwand. Ein gro?er E?tisch aus Falmouth, der Weinschrank, den er von Schiff zu Schiff mitnahm, und hinten in der gro?en Tageskajute ein wertvoller Teppich auf der schwarz-wei? karierten Leinwand, welche die Planken bedeckte.

Von nebenan kam der an einen Maulwurf erinnernde Ozzard, der schon seit mehreren Tagen an Bord war, aus dem Schlafraum geeilt und sah zu, wie Bolitho langsam auf seinen Sessel zuging. Er hatte ihn in Falmouth anfertigen lassen. Belinda hatte Widerspruch eingelegt und gemeint, er hatte etwas Eleganteres, seiner Position Angemesseneres wahlen sollen. Nun beruhrte er die hohe Ruckenlehne, die wie der Rest des Sessels mit weichem, dunkelgrunem Leder bezogen war.

Er reichte Ozzard seinen Degen und setzte sich in den Sessel, der so wichtig war, wenn ihn Sorgen und Zweifel beschaftigten, die er mit keinem seiner Untergebenen teilen konnte. Er hatte massive Armstutzen und eine hohe Lehne, die, falls erforderlich, den Blick auf Gegenstande oder Menschen versperren konnte.

Keen grinste.»Der Sessel kam eine Stunde, bevor wir aus dem Plymouth-Sund ausliefen, an Bord.»

Uber ihnen erklangen Schritte. Keen wandte sich zur Tur.

Bolitho lachelte.»Gehen Sie nur, Val. Sie haben noch viel zu tun. Wir unterhalten uns spater.»

Die Tur schlo? sich, und Bolitho sah seinen Steward mit einem Tablett zum Tisch treten. Verlie? Ozzard das sichere Falmouth nur ungern? Wenn ja, lie? er sich das nicht anmerken. Bolitho wartete, bis Ozzard ihm ein Glas Rotwein hingestellt und sich dann in seine Pantry zuruckgezogen hatte. Ein vorzuglicher Diener, auch wenn er unweigerlich in Panik geriet, sobald das Schiff klar zum Gefecht gemacht wurde. Ozzard war sehr belesen und fruher Schreiber bei einem Anwalt gewesen; es hie?, er sei zur See gegangen, um dem Gefangnis oder Argerem zu entkommen. Doch wie Allday war auch er vollig zuverlassig.

Bolitho schaute sich in der gro?en Tageskajute um. Konteradmiral Jobert mu?te hier oft gesessen haben. Auch als aus dem Ausguck der Ruf erscholl, die

Yovell hatte zu seiner Unterstutzung einen neuen Schreiber gefunden, einen rotwangigen Jungen namens John Pinkney, dessen Familie schon seit vielen Generationen in Fal-mouth lebte. Auch Ozzard hatte einen Helfer bekommen; er hie? Twigg, aber Bolitho hatte ihn nur einmal, als er sich in Falmouth vorstellte, zu Gesicht bekommen.

Er merkte, da? er auf den Beinen war und wie ein Gefangener in der Kajute auf- und abging.

Soviel hatte er Belinda noch sagen wollen. Seit dem Besuch in London war es zu einer Entfremdung zwischen ihnen gekommen. Sie liebte ihn zwar, doch wegen Elizabeths schwieriger Geburt verschanzte sie sich wie hinter einer Barriere. Er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob ihre Kuhle… Argerlich sah er auf, als der Wachtposten die Muskete aufs Deck stie? und rief:»Ihr Bootsfuhrer, Sir!»

Der Seesoldat wurde bald lernen, da? Allday kam und ging, wie es ihm beliebte.

Der Alte trat ein und blieb mitten auf dem Teppich stehen. Sein Kopf reichte bis knapp unters Skylight.

Er sieht fast unverandert aus, dachte Bolitho. Das lag auch an seiner blauen Jacke mit den Goldknopfen und den Nankinghosen, die ihn als Bootsfuhrer des Admirals kennzeichneten.

«Alles erledigt, Allday?»

Allday blickte sich in der Kajute um, musterte den neuen Sessel und sah schlie?lich Bolitho an.

«Die Sache ist die, Sir. «Er zupfte an seiner Jacke.»Ich habe was zu melden.»

Bolitho setzte sich.»Raus damit, Mann.»

«Ich habe einen Sohn, Sir.»

«Wie bitte?«rief Bolitho.

Allday grinste verlegen.»Jemand hat mir geschrieben, Sir. Ferguson las mir den Brief vor, denn ich kann ja nicht.»

Bolitho nickte. Ferguson, sein Diener in Falmouth, wu?te ein Geheimnis zu huten. Er und Allday waren dicke Freunde.

Allday sprach weiter.»Ich kannte mal ein Madchen, fruher auf dem Dorf. Hubsches kleines Ding, aufgeweckt dazu. Wie's scheint, ist sie vor ein paar Wochen gestorben. «Er schaute Bolitho in jaher Verzweiflung an.»Tja, Sir, und da konnte ich doch nicht einfach die Hande in den Scho? legen, nicht?»

Bolitho lehnte sich zuruck und beobachtete die Emotio — nen, die sich in Alldays schlichtem Gesicht spiegelten.»Bist du da auch ganz sicher?»

«Aye, Sir. Ich wollte Sie bitten, mit ihm zu reden, wenn das nicht zuviel verlangt ist.»

Von oben erklangen Schritte, und eine Bootsmannspfeife trillerte weitere Matrosen herbei, um beim Beladen zu helfen. In der Achterkajute schien das alles weit entfernt zu sein.

«Du hast ihn also mit an Bord gebracht?»

«Er meldete sich freiwillig, Sir. Hat schon fruher den Rock des Konigs getragen. «Alldays Stimme verriet nun Stolz.»Ich wollte nur. «Er schwieg und starrte auf seine Schuhe.»Ich hatte nicht fragen sollen.»

Bolitho trat zu ihm und nahm seinen Arm.»Bring ihn zu mir, wenn er soweit ist. Herrgott noch mal, Mann, du hast das

Adams kleine Brigg legte sich in den Wind und zeigte beim Kreuzen zwischen zwei verankerten Linienschiffen, was sie wert war. Bolitho nahm einem Signalgast das Fernrohr ab, verfolgte die

Bolitho betrachtete ihn neugierig. Naturlich, wie hatte er vergessen konnen, da? Admiral Sir Hayward Sheaffe ihm einen seiner Sohne auf die Argonaute gesetzt hatte! Uncharakteristisch, da? ihm so etwas entfiel; jetzt erinnerte er sich auch an Keens Kommentar:»Und wenn uns der Rotzjunge uber Bord geht, bin ich obendrein mein Kommando los!»

Seit seiner Ruckkehr hatte er Sir Hayward mehrere Male in der Admiralitat aufgesucht. Nur eine Rangstufe trennte sie, aber es hatte genausogut ein Ozean sein konnen.

Keen beobachtete Bolitho, und als er zur gegenuberliegenden Seite ging, folgte er ihm.»Es ist nicht unbedingt notig, da? Sie schon jetzt an Bord kommen, Sir«, meinte er.»Es kann noch eine Woche dauern, bis das Geschwader vollstandig versammelt ist.»

Er fragt sich, ob ich genug vom Land habe, dachte Bolitho.»Und ein recht kleines Geschwader wird es werden, Val«, sagte er.»Vier Linienschiffe, die Fregatte

Keen grinste.»Nicht zu vergessen die

Sir.»

Bolitho lachelte wehmutig.»Kaum mehr als ein Kutter, zu dem der grandiose Name schlecht pa?t. «Er nahm die drei anderen Linienschiffe in Augenschein. Nur einen Bekannten hatte er auf ihnen: Kapitan Francis Inch. Er fuhr herum, und seine Stimme klang beschworend.»Was ist aus uns geworden, Val? Wissen Sie noch, wir >Happy Few

Aber Falmouth verlassen? Keen war schon zu Bolithos Hochzeit dort gewesen und kannte das Haus unterhalb von Pendennis Castle besser als die meisten anderen. Die Bo-lithos hatten immer dort gewohnt; es gehorte zu ihnen wie die See.

Bolitho schaute hinuber zu seiner einzige Fregatte

«Du bist ranggleich mit Nelson«, hatte Belinda gesagt.»Aber ihm gibt man eine Flotte und dir nur ein Geschwader!»

«Eine Flotte bekommt man nicht durch Gunstlingswirtschaft!«hatte Bolitho versetzt.

Seltsamerweise standen Nelson trotz seines Ruhms und seiner Stellung nur zwei Fregatten zur Verfugung. Der kleine Admiral hatte seine Flagge auf der alten, geachteten

Keen hatte ihn noch nie so erlebt.»Damit wir die Franzmanner besiegen, Sir.»

Bolitho packte ihn am Arm.»Gewi?! Aber noch viele gute Manner werden fur die Selbstgefalligkeit und Dummheit anderer bezahlen mussen. «Er bezahmte sich und sagte gelassener:»Ich gehe jetzt meine Depeschen lesen. Speisen Sie heute abend mit mir, Val.»

Keen tippte bestatigend an seinen Hut und sah Bolitho nach. Als sein Blick dabei auf Stayt fiel, den neuen Flaggleutnant, fragte er sich, wie dieser wohl Bolithos Neffen oder den fruheren Adjutanten Browne ersetzen wurde.

Keen schritt zur Querreling und stutzte sich darauf. Bald wurde das Schiff wieder lebendig sein, ein gutfunktionierendes Wesen, angetrieben von seinen drei Segelpyramiden. Er schaute auf zu Bolithos Flagge am Vormast. Unter keinem Mann diente er lieber, keinen respektierte, verehrte er mehr. Jeden Tag, seit er als Midshipman Bolithos Schiff betreten hatte, war seine Zuneigung gewachsen. Trotz Tod und Gefahr in der Sudsee, wo Bolitho beinahe dem Fieber erlegen war, hatte er noch die Kraft gefunden, ihn uber seinen Verlust hinwegzutrosten. Keen dachte an die liebliche Malua, die dieses Fieber nicht uberlebt hatte. Anders als die meisten Seeoffiziere war er danach unverheiratet geblie — ben, hatte ihren Tod nie ganz verschmerzt.

Er musterte sein Schiff und war mit dem, was in so kurzer Zeit erreicht worden war, recht zufrieden. Wieder entsann er sich der pausenlosen Breitseiten, des Gemetzels auf und unter Deck wahrend ihres letzten Gefechts. Er beruhrte seine linke Schulter, wo ihn ein Splitter getroffen und zu Boden geschleudert hatte. Manchmal schmerzte die Stelle noch. Doch er lebte, das war entscheidend. Er sah auf zu den Mannern hoch uber Deck, die mit Splei?en und anderen Arbeiten beschaftigt waren.

Zu seinem Gluck hatte er einige der alteren, erfahrenen Manner von

Argonaute

Paget, der Erste Offizier, kam ubers Deck und gru?te.»Bitte um Genehmigung, die Manner wahrend der Nachmittagswache an der unteren Batterie uben zu lassen.»

Keen sah ihn nach achtern zur Poop schielen und lachelte.»Keine Angst, Mr. Paget, unser Admiral wei? ordentliche Schie?kunst sehr zu schatzen. Und ich auch.»

Paget entfernte sich. Ein guter Offizier und etwas alter als die anderen, hatte er wahrend des Friedens von Amiens bei der Handelsmarine gedient. Eigentlich stand ihm nun ein Kommando zu, wenn auch nur ein kleines Schiff. Der neue Kommandant der kleinen

Hallowes, war bis vor dem Gefecht Keens Vierter Offizier gewesen. Keen sah sie noch vor sich: Adam Bolitho und Hallowes bei ihrer tollkuhnen Attacke uber das Heck der

Keen begann mit gesenktem Kopf auf- und abzugehen, verga? fur den Augenblick das Rasseln der Flaschenzuge und die heiseren Rufe seiner Decksoffiziere, die das Einnehmen von Proviant beaufsichtigten. Fest stand nur, dachte er, da? dies ein harterer Krieg werden wurde. Das Gefuhl, nach einem so kurzen Frieden betrogen, ja verraten worden zu sein, mu?te Jahzorn wecken.

Er freute sich auf das Wiedersehen mit Inch, der bei Bolithos Anblick uber sein ganzes langes Pferdegesicht strahlen wurde. Ernuchternd war der Gedanke, da? Inch und er die einzigen Vollkapitane des ganzen Geschwaders waren. Inchs Zweidecker Helicon mu?te nun jeden Augenblick von der Nore hier eintreffen. Danach ging es unter neuer Order hinaus auf See, wo jedes gesichtete Schiff wahrscheinlich ein Feind war. Nach Gibraltar zuerst — und dann?

Wahrend Keen gedankenversunken an Deck auf- und abging, machte Bolitho sich mit seinem noch fremden Quartier vertraut. Der alte Degen hing an seinem Halter uber der prachtigen neuen Waffe, fur die in Falmouth gesammelt worden war. Er konnte sich noch deutlich an den Tag erinnern, als ihm sein Vater die alte Klinge im grauen Haus der Bolithos geschenkt hatte. Die Schande seines alteren Bruders Hugh, der zu den aufstandischen amerikanischen Kolonisten desertiert war, hatte der Alte nie verwunden. Eigentlich hatte Hugh den Degen bekommen sollen. Nun wurde Adam ihn eines Tages tragen.

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