Donner unter der Kimm: Admiral Bolitho und das Tribunal von Malta - Kent Alexander 3 стр.


Bolitho trat in die Schlafkammer und schaute in den Spiegel. Nachsten Monat wurde er siebenundvierzig. Wo waren die Jahre geblieben? Er sah zwar zehn Jahre junger aus, aber der Gedanke an die so schnell verstrichene Zeit bedruckte ihn. Er dachte an Belinda in Falmouth. Wurde er bei seiner Ruckkehr weitere Veranderungen vorfinden? Mit einer Grimasse wandte er sich vom Spiegel ab.»Falls ich zuruckkomme.»

Ozzard fuhr zusammen.»Sir?»

Bolitho lachelte.»Nichts. Ich war nur zu lange an Land.»

Ozzard verstaute Kleider in einem schonen alten Kleiderschrank. Bei einer seiner Schubladen zogerte er und begann die Hemden erneut glattzustreichen. Dabei beruhrte er die Miniatur einer jungen Frau mit langem, kastanienfarbenem Haar und grunen Augen. Wie schon sie ist, dachte er.

Twigg, sein neuer Helfer, lugte ihm uber die Schulter.»Hangen wir das Bild auf, Tom? Wenn ich so eine Frau hatte, tate ich das.»

«Zuruck an die Arbeit!«Ozzard schlo? die Schublade sorgfaltig. Es war nicht Twiggs Schuld, da? er das Bild mit einem von Lady Belinda verwechselt hatte. Ozzard aber wu?te es besser: Er hatte Bolitho ihren Namen rufen horen, als er schwer verwundet gewesen war:

Argonaute

Inchs

und

Weit an Steuerbord stand in Luv die einsame Fregatte

Rapid

liefen dem Flaggschiff weit voraus und fungierten als seine Augen und Aufklarer.

Bolitho hatte die Lagebesprechung Keen uberlassen, als sich die Kommandanten in der Messe der

Inchs Gesicht war vor Freude ganz zerknittert, als er von Bolitho an Bord willkommen gehei?en wurde. Verandert hatte er sich nicht. Er war immer noch so eifrig und vertrauensselig, da? Bolitho seine Zweifel nie mit ihm hatte teilen konnen. Inch wurde allem zustimmen, was er tat, und ihm selbst bis an die Pforten der Holle folgen.

Bolitho wandte sich um und sah den Matrosen bei der Arbeit auf dem Batteriedeck zu. Ihm waren mehrere Gesichter aufgefallen, die er noch von

Er hatte den leichtfu?igen, verwachsenen Stuckmeister Crocker wiedergesehen, der damals den Gro?mast weggesprengt und so das Gefecht beendet hatte. Auch er war unverandert, abgesehen von einer neuen Uniform. Er war nun Maat und selten weit entfernt, wenn an den Stucken exerziert wurde.

Auf dem Backbord-Seitendeck sah er Allday mit einem Jungen, den er fur den neuentdeckten Sohn hielt. Unglaublich! Er fragte sich, wann Allday sich dazu durchringen wurde, ihn in der Achterkajute zu prasentieren. Allday kannte besser als jeder andere Bolithos Widerwillen gegen Vetternwirtschaft und wurde bestimmt den richtigen Zeitpunkt wahlen.

Vom Vorschiff schlug es zwei Glasen, und Bolitho bewegte sich unruhig. Er fuhlte sich von diesem Schiff und den anderen, die seiner Flagge folgten, seltsam distanziert. Keen und seine Offiziere kummerten sich um alles; Tag fur Tag wurde die Besatzung der

Die Stunden zogen sich trage dahin, und er beneidete Keen und die anderen Kommandanten, die ihre Tage mit Arbeit ausfullen konnten.

Er ging zur anderen Seite und starrte auf die stumpfe graue See und die anrollenden Wellenkamme hinunter. Hundert Meilen querab lag Lorient. Brest, wo dieses Schiff gebaut worden war, hatten sie in der Nacht passiert. Ob

Seltsamerweise war auch Inchs

«An Deck!

signalisiert, Sir!»

Bolitho schaute hoch zum Ausguck in seinem schwankenden Krahennest. Der Wind war umgesprungen und kam nun direkt von achtern. Er offnete den Mund, doch Keen war schon zur Stelle.»Aufentern, Mr. Sheaffe, aber flott!»

Bolitho sah den schlanken Midshipman rasch die Wanten erklimmen. Er war sechzehn, sah aber alter aus und alberte in seiner Freizeit oder auf Hundewache nur selten mit den anderen» jungen Gentlemen «herum.

Bolitho fragte sich kurz, ob sich auch Adam so ernst verhalten hatte, wenn er sein Sohn gewesen ware.

Endlich war Sheaffe in der Lage, sein gro?es Signalfernrohr auszurichten, und rief hinunter:»Von

wiederholt von

Sir!«Aller Augen ruhten auf seiner verkurzten Silhouette. Die Wolken schienen dicht uberm Masttopp dahinzujagen.»Im Suden Segel gesichtet!»

Keen schaute Bolitho an.»Franzosen, Sir?»

«Das mochte ich bezweifeln«, meinte Bolitho.»Gestern sahen wir Teile unseres Blockadegeschwaders. An dem mu?te sich der Feind erst vorbeigestohlen haben. «Er lachelte uber Keens Miene. Der Mann war enttauscht.

soll nachsehen«, befahl Bolitho.»Sie tragt zwar nur Spielzeugkanonen, lauft aber jedem anderen Schiff davon.»

Entsprechende Signalflaggen wurden gehi?t und flatterten steif im Wind.

gab das Signal an den Kutter weiter, der au?er Sicht des Flaggschiffs stand. Bolitho wu?te, da? Hallowes zum Leichtsinn neigte, und hoffte, da? er sich vorsah. Wenn nicht, wurde sein neues Kommando nur kurzlebig sein.

Da horte er neben sich Schritte und sah seinen Flaggleutnant die Signalgasten kritisch mustern. Als Sheaffe wieder an Deck rutschte, sagte Stayt:»Immer langsam. Das mu? noch besser klappen, Mr. Sheaffe, oder Sie bekommen es mit mir zu tun.»

Bolitho schwieg. Immerhin fand Stayt nichts dabei, den Sohn eines Admirals zurechtzuweisen.

«Wer das auch sein mag, er wird abdrehen und fliehen, Sir«, bemerkte Stayt jetzt.

Bolitho nickte. Falls es ein Handelsschiff gleich welcher Nationalitat war, wurde der Kapitan seine besten Seeleute nicht an ein Kriegsschiff verlieren wollen.

Er dachte uber Stayt nach, dessen kranker Vater die Seefahrt aufgegeben hatte und Land beim Flecken Zennor bewirtschaftete. Stayts Bruder waren Geistliche, aber der Leutnant hatte in eine Soutane nicht gepa?t. Er war dunkelhautig und hatte braune, ruhelose Augen wie ein Zigeuner. Zwar sah er nicht so gut aus wie Keen, hatte aber die markanten Zuge, die Frauen anziehend fanden. Bolitho wu?te, da? Stayt immer eine Pistole unter der Jacke trug, und hatte ihn gern nach dem Grund gefragt. Seltsam, als rechne er standig mit Arger.

Sheaffe sprach eindringlich mit seinem Helfer und erkletterte dann rasch die Wanten zum Besanmast. Die meisten Fahnriche hatten Stayts Bemerkung einfach hingenommen, aber Sheaffe war gekrankt. Ein Midshipman war weder Fleisch noch Fisch, er stand zwischen den Offizieren und Matrosen und geno? von keiner Seite viel Respekt. Seltsam nur, da? sie das sofort vergessen, sobald sie Leutnants werden, dachte Bolitho.

«Von

Sir!«Sheaffes Stimme klang scharf.»Es ist die

Sir: Schiff bittet um Beistand.»

«Signal an

Keen hatte Bolitho nicken gesehen.»>Beidrehen und auf Flaggschiff warten.

Bolitho sah zu, wie die Matrosen rasch in die Wanten stiegen und auf den Rahen auslegten, um mehr Segel zu setzen. Die anderen Schiffe folgten

Das Deck vibrierte, und Gischt spruhte uber die Bugreling, als

Luke Fallowfield, der Sailing Master, {Segelmeister, Skipper: zustandig fur Navigation und Seemannschaft} sah in die prallen Segel und stellte einen weiteren Mann an das gro?e Doppelruder. Er war schon auf anderen Flaggschiffen Master gewesen, aber nirgends war es zugegangen wie auf dem Bolithos. Die meisten Admirale blieben in ihren Kajuten, dieser aber nicht. Fallowfield war kleinwuchsig und gebaut wie ein Fa?, sein Kopf sa? direkt auf den Schultern wie ein gro?er roter Kurbis. Er war ein schlampiger Klotz von Mann, der meist eine Rumfahne hinter sich herzog, doch seine Kenntnisse in Navigation waren unerreicht.

Bolitho begann sich an ihre Gesichter und die Art, wie sie mit Vorgesetzten und Untergebenen umgingen, zu gewohnen. Ohne diese Kontakte hatte er sich in sein abgeschirmtes Quartier verbannt gefuhlt. Insgeheim mu?te er zugeben, da? er mit seinen Gedanken nicht allein sein wollte.

Mit jeder Stunde wurde

blieb Zuschauerin.

Sobald

Bolitho griff nach einem Fernrohr und beobachtete den langsamen Signalaustausch. Stayt hatte mit seinem Urteil recht: Die

«Wenn wir sie in Schlepp nehmen, Val, reduzieren wir unsere Starke und verzogern unser Vorankommen. «Bolitho sah Keens Besturzung.»Aber aufgeben konnen wir sie auch nicht.»

«Wir kriegen Sturm, Sir. «Fallowfield starrte die Offiziere ausdruckslos an.»Da bin ich ganz sicher.»

«Das entscheidet den Fall. «Bolitho verschrankte die Arme.»Schicken Sie ein Boot hinuber und stellen Sie fest, was aus ihrem Begleitschiff, der

Das war typisch Keen; er konnte es nicht abwarten, an den Feind heranzukommen.

Der Erste Offizier kletterte hinunter in das wartende Boot, das bald rasch auf das treibende Schiff zuhielt.

Was fur ein schlechter Anfang der Reise, dachte Bolitho, versuchte aber, den Gedanken zu verdrangen und sich auf Wichtigeres zu konzentrieren. Wenn er das Geschwader verlie? und mit

vorausfuhr, konnte es wahrend seiner Abwesenheit bei einem Uberraschungsangriffunterliegen. Ein kaum ausgebildetes Geschwader ohne Admiral wurde die Franzosen gewi? anlocken, wenn sie davon erfuhren.

Er kam zu einem Entschlu?.»Signal an

«Und jetzt Signal an

Den Rest des Tages nahm die Herstellung einer Schleppverbindung zu dem steuerlosen Schiff in Anspruch, und Inchs Matrosen mu?ten hart zupacken. Als die Schiffe wieder einigerma?en in Formation segelten, war

Die Nacht senkte sich herab. Als Bolitho in seine Kajute ging, sah er, da? der Tisch liebevoll gedeckt war, Decksbalken und Mahagonipaneele schimmerten im Schein der schaukelnden Laternen und neuen Kerzen.

Die Arbeit mit

Ozzard betrachtete ihn zufrieden. Schon, da? Bolitho wieder besserer Stimmung war. Er wollte mit dem Kommandant und dem neuen Flaggleutnant speisen. Was letzteren betraf, hielt Ozzard sein Urteil noch zuruck. An Leutnant Stayt war etwas Falsches, entschied er, wie an dem Anwalt, fur den er fruher gearbeitet hatte.

«Ihr Bootsfuhrer wartet, Sir Richard«, sagte Ozzard.

Bolitho lachelte.»Gut.»

Allday stand achtern an den gro?en, schragen Heckfenstern. Jetzt drehte er sich zu Bolitho um und legte gru?end die Hand an die Stirn. Selbst diese Geste fuhrte er mit Wurde aus, dachte Bolitho, weder unterwurfig noch gleichgultig.

«Wie geht's voran?«Bolitho lie? sich in den neuen Sessel fallen und streckte die Beine aus.»Wann bekomme ich deinen Sohn zu sehen?»

«Morgen vormittag, wenn's recht ist, Sir Richard«, erwiderte Allday. Selbst der Titel kam ihm leicht uber die Lippen. Allday schien stolzer auf ihn zu sein als sein Trager.»Er ist ein guter Junge, Sir. «Das klang etwas besorgt.»Ich habe mich nur gefragt…»

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