Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander 20 стр.


Die dunkelhautigen Frauen mit ihrem bereitwilligen Lacheln und ihren herausfordernden Blicken konnten das Herz jedes Seemanns entflammen; angesichts der strahlenden Sonne und des leicht erhaltlichen Rums war es nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem ernsthaften Zwischenfall kommen mu?te.

Doch jetzt, da noch mehr Schiffe in der Bucht ankerten, drohte an Stelle der Gastfreundschaft Ablehnung, wenn nicht Schlimmeres zu treten.

Als Bolitho mit dem Kommodore uber seine Befurchtungen sprach, hatte er keine befriedigende Antwort erhalten. PelhamMartin logierte nicht mehr an Bord der

sondern hatte de Blocks Angebot, sein Quartier zeitweise in der Residenz des Gouverneurs aufzuschlagen, bereitwillig akzeptiert.

Er hatte nur gesagt:»Wenn Sie Ihren Leuten nicht trauen konnen, Bolitho, dann mussen Sie verhindern, da? sie an Land gehen.»

Bei anderer Gelegenheit hatte er angedeutet, da? er auf Nachrichten aus Caracas warte, die ihm einen neuen Hinweis geben wurden, wohin Lequiller sich zuruckgezogen haben konnte.

Denn dies war das Merkwurdigste von allem: Lequillers Geschwader war verschwunden, als ob es nie existiert hatte.

Als die Fregatte

von Caracas zuruckkam, war es Bolitho gelungen, mit ihrem Kommandanten zusammenzutreffen, bevor er auf eine neue Patrouille ausgeschickt wurde. Kapitan Farquhar war sowohl verargert als auch ungeduldig gewesen.

«Der spanische Generalgouverneur ist hoflich, aber nicht mehr gewesen. Er gewahrte mir ganze zehn Minuten Audienz. Die Gru?botschaft unseres Kommodore schien ihn kaum zu interessieren. «Farquhars Lippen hatten sich zu einem verachtlichen Lacheln gekrauselt.»Er gab mir zu verstehen, da? die Englander die Kontrolle uber die karibische See schon so lange fur sich in Anspruch nahmen, da? es jetzt nur unsere Pflicht ware, zu beweisen, da? wir sie auch haben.»

Bolitho konnte Farquhars Gereiztheit gut verstehen. Er hatte nie in dem Ruf gestanden, geduldig zu sein, und mit der Demutigung, in dieser Weise abgefertigt zu werden, konnte er sich nicht so leicht abfinden. Doch obwohl er wutend gewesen war, hatte er nicht versaumt, aus seinem Besuch Nutzen zu schlagen. In Caracas war nur ein einziges Kriegsschiff vorhanden gewesen, und offensichtlich wurde es als Begleitschutz zuruckgehalten, wahrscheinlich fur ein spanisches Schatzschiff. Eines stand jedoch fest: Niemand wu?te etwas von Lequillers Geschwader oder sagte nur ein Wort daruber. Und dennoch — Bolitho hatte es zahllose Male erwogen — , irgendwo mu?te es liegen, Schaden reparieren, auf den nachsten Zug lauern und sich darauf vorbereiten. Aber wo?

Dann, nach einer weiteren Woche des Wartens und der Sorge, glitt ein kleiner, bewaffneter Schoner in die Bucht und ging dicht unter Land vor Anker. Es war die

Hyperion

Bolitho traf ihn in dem niedrigen Raum an, der aufs Wasser hinausging, wo er hinter einem vergoldeten Tisch sa?, der vollig von Seekarten und anderen Papieren bedeckt war.

Er blickte auf, als Bolitho eintrat, und deutete auf einen Sessel. Dann sagte er beilaufig:»Endlich Neuigkeiten, Bolitho. «Es schien ihm wirklich Muhe zu machen, seine Aufregung zu beherrschen.

«De Block hat mich uber Lequillers Aufenthalt unterrichtet. Wir konnen also endlich handeln.»

Winstanley und Fitzmaurice kamen zusammen an, gefolgt von Kapitan Mulder von der

«Wir sind eine Schutzmacht von Bedeutung, meine Herren, und der Aufmarsch und Einsatz der zu unserer Verfugung stehenden Krafte ist viel wichtiger als irgendein kurzes, verwegenes Gefecht.»

In diesem Augenblick trat de Block mit einer Seekarte unterm Arm durch eine kleine Seitentur ein. Er nickte dem Kommodore zu und rollte seine Karte dann uber den anderen auf.

Pelham-Martins Gesicht verfinsterte sich, und er betupfte sich die Stirn mit einem seidenen Taschentuch.»Ich habe gerade bekanntgegeben, da? Lequiller gefunden worden ist. Nicht wahr?»

De Block stopfte sich mit seiner einen Hand eine lange Tonpfeife.

«So ist es. «Er klopfte mit dem Pfeifenstiel auf die Karte.»Mein Schonerkapitan sprach vor vier Tagen mit einem Westindienfahrer, der einen an Fieber erkrankten Offizier an Land setzen wollte, und zwar hier. «Der Pfeifenstiel deutete auf eine Stelle, und die um den Tisch sitzenden Offiziere reckten die Halse.»Das ist der Hafen Las Mercedes auf dem zu Spanien gehorenden Festland. Aber dem Schiff wurde das Einlaufen verweigert.»

Pelham-Martin sagte:»Nur zweihundert Meilen westlich von Caracas, und dennoch hat der Generalgouverneur nichts davon gewu?t?»

De Block warf ihm einen schiefen Blick zu.»Die Entfernung mag vielleicht zweihundert Meilen betragen, aber in dieser Gegend ist das ungefahr zehnmal so weit wie anderswo. «Er seufzte.»Aber wie dem auch sei, der Kapitan des Westindienfahrers berichtete auch, da? er dort mehrere Kriegsschiffe habe liegen sehen.»

Kapitan Mulder sagte:»Dieser Lequiller hat sich eine gunstige Stelle ausgesucht. Dieser Hafen ist. «Er suchte nach dem richtigen Wort.»Er ist sehr abgelegen.»

Bolitho war aufgestanden und beugte sich uber die Karte.»Ich habe davon gehort. Fruher war es ein Schlupfwinkel fur Piraten. Ein guter Ankergrund und gegen die See wie zum Land hin leicht zu verteidigen. «Er folgte mit dem Finger der zerklufteten Kustenlinie.»Die Buc ht dort gleicht der hiesigen, aber der Karte zufolge gibt es au?erdem einen breiten Flu?, der sie vor einem Angriff von Land her schutzt.»

De Block lachelte.»Keinen Flu?. Fruher war es vielleicht mal einer, aber jetzt ist es kaum mehr als ein Sumpf. Niemand wei? genau, wie weit er ins Land reicht, denn kaum jemand hat ihn noch erforschen wollen. Er steckt voller Fieber und Tod. Kein Wunder, da? die Piraten sich dort sicher glaubten.»

Pelham-Martin sah verargert hoch.»Wenn Sie jetzt fertig sind, meine Herren?«Er schob seinen massigen Korper an die Kante des Sessels vor.»Mich interessiert nicht, was Piraten getan oder nicht getan haben, und auch den Sumpf finde ich nicht wichtig. Tatsache ist, da? Lequiller in Las Mercedes Zuflucht und Unterstutzung gefunden hat, und ob es spanisches Gebiet ist oder nicht, ich habe die Absicht, ihn dort zu stellen.»

Kapitan Fitzmaurice ruckte unbehaglich auf seinem Sessel hin und her.»Aber bestimmt wurde ein Angriff auf spanisches Gebiet von Spanien als feindlicher Akt angesehen werden, Sir.»

Winstanley nickte.»Wir konnten damit genau das tun, was Le-quiller sich wunscht. Es wurde schneller als alles andere Spanien ins franzosische Lager treiben.»

Pelham-Martin tupfte sich mit schnellen, heftigen Bewegungen die Stirn ab.»Darauf komme ich noch.»

«Vielleicht darf ich etwas dazu sagen?«De Block trat vor, seine Pfeife war immer noch nicht angezundet.»Der Kapitan meines Schoners hat auch berichtet, da? sich im Gefangnis von Las Mercedes den Geruchten nach englische Seeleute befinden sollen. «Er hob die Schultern.»Vielleicht sind es Meuterer oder Deserteure von einem vorbeifahrenden Schiff. Das ist ohne Belang. «Seine Augen funkelten.»Aber ihre Anwesenheit in Las Mercedes konnte Ihnen als Begrundung fur eine genauere Uberprufung dienen, oder?»

Der Kommodore sah ihn steinern an.»Ich war eben im Begriff, das zu sagen, de Block. «Er schnaufte.»Sie haben es jedoch so treffend formuliert, da? ich nur zustimmen kann.»

Bolitho rieb sich das Kinn. Vor seinem geistigen Auge sah er den Naturhafen, dreihundert Meilen von St. Kruis entfernt. Er war ein ideales Versteck, und ein Mann wie Lequiller, der dieses Gebiet genau kannte, hatte ihn zweifellos sorgfaltig ausgewahlt. Wenn es Lequiller gelungen ware, auch St. Kruis zu nehmen, ware die Situation noch schlimmer gewesen.

Nachdenklich sagte er:»Sie konnten eine Schaluppe nach Caracas schicken, um den Generalgouverneur zu informieren, Sir. Vielleicht mochte er seine Schatzschiffe zuruckhalten, bis wir das franzosische Geschwader gefunden und vernichtet haben. «Er blickte auf und erkannte plotzlich Feindseligkeit in Pelham-Martins Augen.

«Ihn informieren? Nach seiner verdammten Unverschamtheit?«Pelham-Martin schwitzte stark.»Wahrscheinlich arbeitet er Hand in Hand mit dem Gouverneur von Las Mercedes. Den soll ich informieren?«Muhsam beherrschte er seinen Arger.»Das werde ich gern tun, aber erst, wenn ich ihm diesen verraterischen Spanier dabei ausliefern kann.»

Bolitho sah auf die Karte. Er konnte es Pelham-Martin kaum verubeln, da? er als Erwiderung auf die Beleidigung das gesamte Verdienst fur sich in Anspruch nehmen wollte.

Er sagte:»Nach meinen Erfahrungen, Sir, ist es nicht wahrscheinlich, da? der Generalgouverneur etwas davon wei?. Die spanischen Provinzgouverneure handeln im allgemeinen sehr selbstandig und sind nur dem Hof verantwortlich. Oft vergehen Monate, bis eine Entscheidung Zustimmung findet, folglich agieren viele auf eigene Faust, ohne andere zu Rate zu ziehen, auch nicht fur den Fall, da? es spater zu Mi?helligkeiten kommen sollte.»

Winstanley rausperte sich.»Das ist richtig, Sir.»

«Um so mehr Grund, keinem zu trauen, oder?«Pelham-Martins gute Laune kehrte zuruck.»Diesmal warte ich nicht darauf, da? Lequiller die Initiative ergreift. Wir laufen sofort aus.»

Bolitho trat vom Tisch zuruck.»Ich halte die Barkasse fur Sie bereit, Sir.»

Pelham-Martin wandte sich ab.»Vielen Dank, aber das ist nicht notig. Ich setze meinen Stander auf der

Spater, als Bolitho an der Achterdecksreling der

stand, fragte er sich, was Pelham-Martin dazu bestimmt haben konnte, das Flaggschiff zu wechseln. Als sich der Doppelstander im Masttopp der

Auch Bolitho verstand es nicht; dennoch, als er spater seine Offiziere in der Messe versammelte, um ihnen kurz die Absicht des Kommodore zu erklaren, gab er sich alle Muhe, weder Arger noch Enttauschung zu zeigen. Zu jeder anderen Zeit ware er froh gewesen, von Pelham-Martins Anwesenheit befreit zu werden; doch jetzt, da die letzte und entscheidende Aktion bevorstand, ware es ihm anders lieber gewesen. Denn wahrend Pelham-Martin fruher seine Kapitane selbst bei den trivialsten Depeschen zu Rate gezogen hatte, hatte er diesmal seinem knappen Befehl nichts hinzugefugt.

Inch rief:»Anker kurzstag, Sir.»

Bolitho ri? sich aus seinen brutenden Gedanken und beschattete die Augen, um zur

Hermes

Trotz seines Unbehagens, weil Pelham-Martin es versaumt hatte, einen Schlachtplan zu entwickeln, fand Bolitho in dem Anblick einen gewissen Trost. Im hellen Sonnenschein, auf dem blauen schimmernden Wasser der Bucht und in dem steten leichten Nordostwind, der Straucher und Busche der Landzunge streichelte, boten die vier Schiffe einen prachtigen Anblick. Auch was er auf seinem eigenen Schiff sah, befriedigte ihn; seine Leute hatten gute Arbeit geleistet. Getreu seinem Wort, hatte de Block das Schiff mit allem versorgt, was ihm zur Verfugung stand. Dazu gehorte sogar neue Leinwand, um die in der Schlacht verlorenen Segel zu ersetzen. Und wie Perks, der Segelmacher, bemerkt hatte:»Das ist nicht der im Krieg ubliche Schund, Sir, das ist echtes Material.»

Gascoigne rief:»Signal an alle! Anker lichten!»

Bolitho nickte.»Bringen Sie das Schiff in Fahrt, Mr. Inch. «Er sah Gossett an.»Wir nehmen die Position hinter der

Hyperion

konnte als schnellstes Schiff des Geschwaders an den anderen vorbei vorsto?en, falls die

«Marssegel setzen!»

Gascoigne rannte uber das Deck, als das Schiff sich gewichtig uberlegte und mit knatternden Segeln an den Wind ging, wahrend sich das Ankerspill, von einem atemlosen Shanty begleitet, noch drehte.

«Flaggschiff an

Sir. «Seine Augen tranten, weil Sonnenlicht in sein Teleskop fiel.»Mehr Beeilung!»

Bolitho lachelte.»Bestatigen Sie. «Pelham-Martin wollte keine Nachlassigkeit dulden, so lange sie von einem hollandischen Schiff begleitet wurden. Die

Doch auf Lequillers Schiffe wurde das wenig Eindruck machen, dachte er. Die Telamon war uber funfzig Jahre alt, und ihre Kanonen waren der Artillerie der Franzosen nicht gewachsen. Den gro?ten Teil ihres Daseins hatte sie hier drau?en verbracht. Ihre Planken waren wahrscheinlich verrottet, trotz der vergoldeten Schnitzerei und der stolzen Flaggen.

Er wandte den Blick zur Hermes, die uber Stag ging, um ihre Position hinter dem Hollander einzunehmen. Sie dagegen sah Zoll fur Zoll wie ein kampferprobter Krieger aus: fleckig und zernarbt, mit mehr als nur einem Flicken in ihren ausgebleichten Segeln.

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