Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander 6 стр.


Inch nickte. Sein Gesicht war so voll Dankbarkeit, da? Bolitho sich fur ihn schamte. Und auch fur sich selbst. Er hatte fest beabsichtigt, den scharfsten Tadel zu erteilen, den er aufbringen konnte, und wu?te im Innersten, da? er Inch wahrscheinlich keinen Gefallen erwies, wenn er es unterlie?. Doch angesichts der Haltung, die der Kommodore gegenuber seinem Vorgesetzten eingenommen hatte, und der Gefahren, die sich daraus fur sie alle ergeben mochten, konnte er sich nicht dazu uberwinden, Inch um den letzten Rest seines Selbstvertrauens zu bringen.

Noch wahrend das Boot uber die Backbordgangway gehievt wurde, rief Gascoigne aus:»Flaggschiff an

Beziehen Sie Position am Ende der Formation.»

«Bestatigen. «Bolitho legte die Hande auf dem Rucken zusammen. Am Ende der Formation, dachte er erbittert. Die

Doch trotz der Ungeschicklichkeit und des erwarteten Durcheinanders bei manchen Leuten wurden die Manover ohne weitere

Zwischenfalle beendet. Die

wendete und zeigte ihr kupfernes Unterwasserschiff, als sie hoch an den Wind ging, um ihre Position hinter dem anderen Vierundsiebzig-Kanonen-Schiff, der

Schlie?lich uberquerte Inch das Achterdeck und legte die Hand an seinen Hut.»Bitte um Erlaubnis, die Wache unter Deck zu entlassen, Sir.»

Bolitho nickte. Dann sagte er:»In Zukunft, Mr. Inch, seien Sie fest, wenn Sie Befehle erteilen. Ob Leuten gegenuber, die es besser wissen, oder solchen, die nur meinen, da? sie es besser wissen. Dann werden die Leute Vertrauen zu Ihnen haben. «Die Worte stockten ihm im Hals, als er hinzufugte:»Genau wie ich Vertrauen zu Ihnen habe. «Er machte auf dem Absatz kehrt und ging nach Luv hinuber, unfahig, die ruhrende Entschlossenheit auf Inchs Gesicht mitanzusehen.

Inch packte die Achterdecksreling und starrte blind auf das Gewuhl der Matrosen um den Fu? des Fockmastes, die vom Dienst entlassen worden waren. Er hatte sich vor Bolithos Ruckkehr gefurchtet, nicht, weil ihm sein Versagen vorgehalten werden sollte, sondern weil er sich dessen besser als jeder andere bewu?t war. Da? er Bolithos Mi?fallen erregt und ihn enttauscht hatte, konnte er nicht ertragen. Fur Inchs simples Gemut war Bolitho eher ein Gott als ein Kommandant. Wenn Heldenverehrung eine treibende Kraft war, dann besa? Inch davon mehr als Lebenswillen.

Plotzlich streckte er die Hand aus und rief:»He, der Mann da! Los, Sie konnen mehr, als Sie da bieten!»

Der angerufene Matrose blickte schuldbewu?t auf und wendete sich dann wieder seiner Arbeit zu. Er wu?te nicht, was er falsch gemacht hatte, und verrichtete in jedem Fall seine Arbeit so gut, wie er es gelernt hatte. Er konnte auch unmoglich erraten, da? er fur den Ersten Offizier nicht mehr als ein nebelhafter Schatten war, ein Fleck unter vielen, als Inch uber das stampfende Schiff starrte und seine Zukunft noch einmal zum Leben erwachen sah.

Gossett, der neben dem Ruderganger stand und auf seine Tafel schrieb, blickte zu Inch hinuber, dann zum Kommandanten, der, den Kopf in Gedanken gesenkt, die Hande auf dem Rucken, auf und ab ging, und nickte langsam, verstandnisvoll. Der arme Inch, dachte er. Mancher Kommandant, den er kannte, hatte auf einen Offizier wie ihn niemals Rucksicht genommen. Aber Bolitho schien sich um jeden Gedanken zu machen. Wenn einer ihn enttauschte, schien er darin ein personliches Versagen zu sehen; aber wenn einer Erfolg hatte, schien er immer den Lohn mit ihm zu teilen. Der alte Steuermann lachelte insgeheim. Gerecht, das war das treffende Wort. Es pa?te sehr gut auf Bolitho:

Gossett griff an seinen abgenutzten alten Hut, konnte sein Grinsen aber nicht unterdrucken.»Aye, Aye, Sir. Ich werde sofort damit beginnen. «Bolitho blickte ihm finster nach. Es behagte ihm nicht, wenn Gossett anfing, am hellen Tag zu traumen. Er nahm seinen Spaziergang wieder auf und kehrte zu seinen Gedanken zuruck. Ohne Zweifel wurden sie alle genugend Zeit haben, unter PelhamMartins Stander bei hellem Tag zu traumen.

III Tauschungsmanover

Als aus Tagen Wochen wurden, schien es Bolitho, als kenne die erbarmungslose Grausamkeit von Wind und Meer keine Grenzen und die ganze Welt sei zu der bedruckenden Enge des Schiffsrumpfs und dem von Wellen uberspulten Oberdeck geschrumpft. Auch in den Befehlen des Kommodore schien es keine Abweichungen zu geben. Tag fur Tag kreuzten die Schiffe bei jedem nur vorstellbaren Wetter, das die Biskaya zu bieten hatte. Boiger Wind frischte innerhalb von Minuten zu voller Sturmstarke auf, und fur die Matrosen, die sich wieder und wieder in die Takelage hinaufqualen mu?ten, um gegen die eisige, froststarre Leinwand anzukampfen, wurde das Ausharren auf Station zu einem einzigen Alptraum. Mit gerefften Segeln mu?ten die drei Schiffe tagelange Sturme uberstehen; sobald wieder bessere Sicht herrschte, wurden sie von der

gab es zwar keine Seekrankheit mehr, aber wenn die Seeleute fur eine kurze Ruhepause unter Deck entlassen wurden, sanken sie wie Tote in ihre engen Hangematten, dankbar fur die Warme der anderen Korper, die um sie herum schwankten, wenn das Schiff bei heulendem Wind weiter durch die starke Kustenstromung stampfte.

Doch kaum eine Stunde schien zu vergehen, bis die Pfeifen wieder schrillten und von Luke zu Luke der Ruf erschallte:»Alle Mann! Alle Mann an Deck! Aufentern zum Marssegelreffen!»

Damit die Besatzung nicht vollig verzweifelte, nutzte Bolitho jede Gelegenheit, um sie zu beschaftigen. So oft es moglich war, setzte er Geschutzexerzieren an und lie? die Steuerbordbatterie mit der auf Backbord konkurrieren. Die Bedienungen der unteren Geschutze mu?ten sich mit denen auf dem Hauptdeck abwechseln, da das schlechte Wetter es nicht erlaubte, die unteren Stuckpforten zu offnen. Bei seinen wochentlichen Inspektionen bedruckten Bolitho die elenden Bedingungen auf dem unteren Batteriedeck, wo die Leute neben und zwischen den drei?ig Vierundzwanzigpfundern leben mu?ten, die sie im Gefecht bedienten. Bei festverschlossenen Pforten und starkem Seegang bot sich ein Anblick wie aus Dantes Inferno. Etwa dreihundert Leute lebten, a?en und schliefen dort, und selbst wenn eine Wache an Deck war, stank die Luft ekelerregend. Der faulige Bilgendunst, vermischt mit menschlicher Ausdunstung und dem Mief der Kleidungsstucke, die nie richtig trok-ken wurden, war auch fur den abgeharteten Seemann mehr als genug.

Drei Wochen nach ihrer Unterstellung unter Pelham-Martins Kommando ging ein Mann uber Bord, ein junger Matrose, der in Devon zum Dienst gepre?t worden war. Er hatte auf dem Vorschiff mit der Gruppe des Bootsmanns gearbeitet, als eine gro?e Welle den Kluverbaum uberflutete und den Mann wie einen Fetzen Leinwand uber die Reling wusch. Einen Augenblick noch hatte er sich angeklammert, mit den Fu?en nach dem Netz geangelt, ehe ein weiterer Brecher ihn packte und an der Bordwand entlang nach achtern ri?.

Zu dieser Zeit herrschte starker Sturm, und es war unmoglich zu wenden, ohne das Schiff zu entmasten. Es hatte auch keinen Sinn gehabt. Bis ein Boot vom Schiff freigekommen ware, hatte keine Moglichkeit mehr bestanden, den Mann im wilden Seegang wiederzufinden. Aber der Vorfall beeindruckte das ganze Schiff tief, und selbst die Harte, mit der die alteren, erfahrenen Seeleute ihn hinnahmen, konnte die Wirkung nicht mildern.

Es war der erste Todesfall, seit das Schiff Plymouth verlassen hatte, und er schien wie eine finstere Drohung uber den uberfullten Decks zu hangen, je langer das Schiff unter dem anhaltenden Druck des Wetters auf sich selbst gestellt war. Eine ganz ahnliche Stimmung hatte nach dem ersten Auspeitschen geherrscht. Irgendwie war es einem Matrosen gelungen, Zugang zu den Schnapsvorraten zu finden, und ohne einem Kameraden etwas zu sagen, hatte er sich einen stillen Winkel gesucht und sich sinnlos betrunken.

Wahrend der ersten Wache war er splitternackt aufgetaucht und hatte sich auf dem verdunkelten Deck wie ein Wahnsinniger aufgefuhrt, hatte jedem, der ihn zu packen versuchte, wilde Verwunschungen und Fluche entgegengebrullt. Es war ihm sogar gelungen, einen Unteroffizier niederzuschlagen, ehe er uberwaltigt werden konnte.

Am nachsten Tag, als das Schiff schwer in einer Regenbo kampfte, hatte Bolitho die Besatzung antreten lassen, damit sie an der Bestrafung teilnahm. Nachdem er die Kriegsartikel verlesen hatte, befahl er den Bootsmannmaaten, die Strafe von drei?ig Peitschenhieben zu vollstrecken. Das war in Anbetracht der sehr strengen Disziplinarvorschriften bei der Marine eine milde Strafe. In das Getrankelager einzubrechen, war schlimm, aber einen Unteroffizier niederzuschlagen, darauf standen eigentlich Kriegsgericht und der Galgen, wie jeder nur zu gut wu?te.

Bolitho hatte keinen Trost darin gefunden, da? er nur die Mindeststrafe verhangte. Selbst die Tatsache, da? der Unteroffizier damit einverstanden war, auszusagen, er sei gar nicht geschlagen worden, war fur das Auspeitschen kein Ausgleich. Zu jeder anderen Zeit war eine Bestrafung notwendig, doch als er mit den Offizieren an der Reling des Achterdecks stand und der Trommeljunge zwischen jedem Schlag der neunschwanzigen Katze einen langsamen Wirbel schlug, hatte es ihm geschienen, da? das ganze Schiff auch ohne dieses zusatzliche Leiden genug zu ertragen hatte. Irgendwie war es durch den Regen noch schlimmer gewesen. Der Kalte wegen hatte die Mannschaft sich eng zusammengedrangt, wie die scharlachrote Reihe der Marinesoldaten mit dem ungleichma?igen Rollen des Schiffs geschwankt, wie die zuckende, mit gespreizten Gliedern auf den Rost gefesselte Gestalt, keuchend und schluchzend, wahrend die Peitsche im Takt mit den Trommelschlagen sich hob und fiel.

Gelegentlich erschien eine Schaluppe bei dem kleinen Geschwader, mit Depeschen von der Flotte oder Vorraten aus Vigo. Und wenn das Wetter es zulie?, befahl der Kommodore seine Kapitane an Bord des Flaggschiffs, um ihnen seine formellen Berichte vorzulesen, ehe er sie in ihrer Gegenwart unterzeichnete, und dann, zu Bolithos Erstaunen, jeden einzelnen der drei Kommandanten der Reihe nach aufforderte, ebenfalls zu unterschreiben.

Er hatte von diesem Brauch noch nie gehort, konnte aber den holzernen Gesichtern seiner beiden Kameraden entnehmen, da? sie an diese seltsame Laune von Pelham-Martin gewohnt waren. Es wurde in zunehmendem Ma? offensichtlich, da? der Kommodore nicht beabsichtigte, auch nur im geringsten von seinem Plan abzuweichen, der Kritik oder der moglichen Unzufriedenheit des Vizeadmirals dadurch zuvorzukommen, da? er bei allem, was er tat, seine drei Kommandanten mitverantwortlich machte. Bisher hatte er selbstverstandlich nichts anderes getan, au?er seine Befehle buchstabengetreu zu befolgen: Patrouille und Blockade, sonst nichts.

Jedesmal, wenn Bolitho an Bord der

Zum letztenmal besuchte Bolitho das Flaggschiff am Weihnachtstag. Seltsamerweise hatte sich das Wetter beruhigt; es wehte ein ma?iger Nordwest, und an die Stelle der anlaufenden, brechenden Wellen war eine lange flache Dunung getreten. Das Oberdeck der

war dicht von Gestalten bedeckt, die auf das graue, wogende Wasser und die anderen Schiffe starrten, als sahen sie sie zum erstenmal. Das konnte durchaus so sein, denn wahrend der vergangenen acht Wochen, seit sie zu Pelham-Martins Geschwader gesto?en waren, hatte das Wetter sich nie langer als fur eine Stunde beruhigt.

Bolitho argerte sich daruber, da? er das Flaggschiff besuchen mu?te. Unter den herrschenden Verhaltnissen wurde Weihnachten fur seine Besatzung karglich genug ausfallen, auch ohne da? er von Bord ging, scheinbar um die Freuden der reich gedeckten Tafel des Kommodore zu genie?en. Die Vorrate an frischen Lebensmitteln waren auf der

schon lange aufgebraucht, und das Weihnachtsessen fur die Mannschaft war ein befremdliches Gemisch aus warmem, mit Rum kraftig gewurzten Rinderhaschee und einem Brei von zweifelhaftem Geschmack, von dem Gilpin, der einarmige, bosartig aussehende Koch Bolitho versicherte, da? es» ihre Herzen in Flammen setzen «wurde.

Bolitho wu?te jedoch, da? es bei seinem Besuch auf dem Flaggschiff nicht nur um ein Festmahl ging. Beim ersten Tageslicht war eine Korvette aufgetaucht und hatte die leichte Brise genutzt, um uber die langsamen Zweidecker wie ein Terrier uber drei gemachliche Ochsen herzufallen. Es war keine von Pelham-Martins Schaluppen, sondern sie kam von dem Hauptgeschwader vor Lorient, und als Bolitho seinen Paraderock ubergeworfen und sein Boot befohlen hatte, sah er die Gig der Korvette schon langsseit am Flaggschiff liegen.

Bei der Ankunft an Bord der

Hermes

Doch als sie dicht an die Kuste kamen, hatten die Ausgucks die uberraschende Beobachtung gemeldet, da?, statt des gewohnten Anblicks, die franzosischen Linienschiffe die Rahen vierkant gebra?t hatten und allem Anschein nach weniger geworden waren.

Einige mu?ten also die Blockadekette durchbrochen haben und entkommen sein.

Der Kommandant der Korvette war nicht bereit gewesen, zu diesen Nachrichten viel hinzuzufugen, bis Pelham-Martin darauf bestand, er solle sich mit etwas Brandy starken. Die Zunge des jungen Offiziers wurde dadurch gelockert, und er berichtete dem Kommodore, da? daruber hinaus die beiden Fregatten gerade noch dem Schicksal entgangen waren, von vier franzosischen Schiffen uberwaltigt zu werden, die anscheinend im Schutz von Belle Ile gelauert hatten und die beiden Aufklarer beinahe vor einer Leekuste gestellt hatten.

In Pelham-Martins Augen glanzten Tranen. Lachend sagte er:»Sehen Sie, Bolitho! Ich habe Ihnen doch gesagt, da? das passieren wurde. Die Uberraschungsvorsto?e haben keinen Wert bei einer Blockade. Geduld und die Demonstration unserer Starke ist alles, was wir brauchen.»

Bolitho fragte ruhig:»Hat die Korvette neue Befehle gebracht, Sir?»

Pelham-Martin lachte immer noch vor sich hin. Es schien, als hatte es ihm keine gro?ere Freude machen konnen, wenn die Flotte einen gro?en Sieg errungen hatte. Statt dessen hatte sein alter Feind jedoch zugelassen, da? franzosische Schiffe unbemerkt die offene See erreichten.

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