All die reiche Gabe, die sie hier genommen,
Es wär davon kein Flitter in ihre Hand gekommen,
Wars nicht dem Wirt zu Liebe, der es so gütlich bot.
Sie wurden ihm so feind hernach, dass sie ihn schlagen mussten tot. (1753)Da hatte mit der Fiedel Volker der schnelle Held
Sich hin vor Gotelinde züchtiglich gestellt.
Er geigte süße Töne und sang dazu sein Lied:
So nahm er seinen Urlaub, als er von Bechlaren schied. (1754)Sich ließ die Markgräfin eine Lade näher tragen.
Von freundlicher Gabe mögt ihr nun hören sagen:
Sie nahm daraus zwölf Spangen und schob sie ihm an die Hand:
"Die sollt ihr hinnen führen König Etzeln in das Land, (1755)Und sollt sie mir zu Leibe dort am Hofe tragen:
Wenn ihr wiederkehret, dass man mir möge sagen,
Wie ihr mir habt gedienet bei dem Hofgelagt."
Wohl nach der Frauen Wunsche tat der Degen hernach. (1756)Der Wirt sprach zu den Gästen: "Nun mögt ihr sicher fahren;
Ich selbst will euch geleiten und vor Raub bewahren,
Dass ihr auf der Straße nicht werdet angerannt."
Seine Saumrosse, die belud man gleich zur Hand. (1757)Der Wirt war reisefertig nebst fünfhundert Mann
Mit Rossen und mit Kleidern. Da führt' er seinen Bann
Zu dem Hofgelage von dannen wohlgemut:
Nach Bechlaren kehrte nicht einer von den Rittern gut. (1758)Mit minniglichen Küssen der Wirt von dannen schied,
Also tat auch Geiselher, wie ihm die Treue riet.
Sie herzten schöne Frauen mit liebendem Umfahn:
Das mussten bald beweinen viel Jungfrauen wohlgetan. (1759)Da wurden allenthalben die Fenster aufgetan:
Zu den Rossen eilte der Wirt mit seinem Bann.
Sie fühlten wohl im Herzen voraus ihr herbes Leid.
Da weinten viel der Frauen und manche waidliche Maid. (1760)Nach ihren lieben Freunden weinten manche sehr,
Die sie zu Bechlaren ersahen nimmermehr:
Doch ritten sie mit Freuden von hinnen auf den Sand,
An der Donau nieder bis an das heunische Land. (1761)Da sprach zu den Burgonden der Ritter kühn und hehr,
Rüdiger der edle: "Nun darf nicht länger mehr
Verhohlen sein die Kunde, dass wir nach Heunland kommen:
Es hat der König Etzel nie so Liebes vernommen." (1762)Da ritt der schnelle Bote durchs Östreicherland:
Da ward es allenthalben den Leuten wohlbekannt,
Dass die Helden kämen von Wormes über Rhein.
Des Königs Ingesinde, dem konnt es lieber nicht sein. (1763)Die Boten vordrangen mit den Mähren,
Dass die Nibelungen bei den Heunen wären.
"Du sollst sie wohl empfangen, Kriemhilde, Fraue mein:
Nach großen Ehren kommen dir die lieben Brüder dein." (1764)Kriemhild die Fraue ging an ein Fenster stehn
Und schaute nach den Brüdern, wie nach Freunden Freunde sehn.
Aus ihres Vaters Lande sah sie manchen Mann.
Als das der König hörte, der hob vor Lust zu lachen an. (1765)"Nun wohl mir dieser Freude," sprach da Kriemhild,
"Hier bringen meine Freunde gar manchen neuen Schild
Und Panzer glänzend helle: Wer nehmen will mein Gold,
Und meines Leids gedenken, dem will ich immer bleiben hold." (1766)
(1832)