Waldröschen III. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 1 - Karl May 6 стр.


Alfonzo horchte auf. Ein Garotteur war ein sehr brauchbarer Mann für ihn, und da dieser Garotteur des Deutschen mächtig war, so hielt er es für einen glücklichen Zufall, mit ihm bekannt zu werden. Von der Anzeige auf der Polizei sah er ab, denn die Wertsachen konnte er verschmerzen, und es wäre ihm sehr peinlich gewesen, seine Notizen in den Händen der Behörde zu sehen. Dort hätten sie ihm leicht gefährlich werden können.

»Sind Sie bereit, mit mir zu gehen?« fragte er. »Ja. Ich brauche nur einen Mantel überzuwerfen.« »So bitte ich Sie, eine Droschke holen zu lassen.«

Mignon tat es, und bald rollten sie der Rue de la Barillerie zu, wo die Droschke vor dem Hotel dAigle halten mußte. Dort stieg Alfonzo aus und begab sich nach seinem Zimmer. Hier öffnete er seinen Koffer, um ihm neuen Geldvorrat zu entnehmen, und steckte zugleich auch einen Revolver für den Fall ein, daß er abermals in Gefahr geraten sollte.

Hierauf setzte er mit Mignon seine Fahrt nach der Rue de Carmes fort.

»Wo werden wir Ihren Freund finden?« erkundigte er sich. »In einer Schenke.« »Da wird man aber gar nicht ungestört mit ihm sprechen können.« »Keine Sorge, Monsieur. Es ist dafür gesorgt, daß Sie nicht beobachtet werden.«

Mignon ließ den Wagen an der Rue des Noyers halten und führte Alfonzo dann zu Fuß nach der Branntweinschenke. Sie war hier bekannt, denn ihr Geliebter hatte sie oft mit dorthin genommen. Darum klopfte sie an den Schrank und trat, als derselbe sich bewegte, ohne Scheu in die verborgene Stube.

»Donnerwetter, die Mignon!« rief der Wirt, als er sie erblickte. »Weiß Gott, die Mignon!« stimmte auch Gerard bei.

Doch im nächsten Augenblick erbleichte er, denn er erkannte Alfonzo, den von ihm Garottierten, und sein erster Gedanke war natürlich, daß dieser auf irgendwelche Weise erfahren habe, wer der Täter sei und wo man denselben finden werde.

»Alle Teufel, woher noch so spät?« fragte der Wirt. »Direkt von Haus.« »Und mit mit einem Fremden?«

In dem Ton und Blick des Wirts lag ein Vorwurf. Mignon aber sagte rasch:

»Keine Sorge, Etienne Lecouvert! Dieser Monsieur sucht meinen Gerard lAllemand.« »Was will er von mir?« fragte Gerard, indem sein Auge halb besorgt, halb drohend glänzte. »Das sollst du sofort erfahren. Setze dich zu uns. Dieser Monsieur, der ein Marchese dAcrozza ist, wird dafür sorgen, daß wir nicht dürsten.« »Ja«, meinte Alfonzo mit einem verbindlichen Lächeln. »Sie erlauben, daß ich dies tue.«

Gerard nickte stumm. Er konnte noch nicht klug werden. Dieser Marchese tat allerdings nicht so, als ob er wisse, wer ihn beraubt habe.

»Haben Sie Wein?« fragte Alfonzo den Wirt. »Nein«, sagte dieser. »Bei mir trinkt man Absinth oder ein Glas Bier aus dem Elsaß. Aber wenn dem Herrn Marchese der Wein lieber ist, so werde ich welchen besorgen!«

Der Wirt hatte allerdings Wein im Keller, verleugnete es aber, um ihn teurer anzubringen.

»Wird dies nicht zu schwierig sein?« fragte Alfonzo. »Nein. Wir haben eine Weinstube in der Nähe, die wohl noch offen ist Welche Sorte wünschen Sie, mein Herr?« »Was gibt es?« »Am liebsten trinkt man dort einen roten Rousillon.« »Nun gut so lassen Sie ein Dutzend holen. Was wir nicht trinken, wird trotzdem nicht verderben. Hier sind fünfzig Franken.«

Alfonzo zog die Börse und entnahm ihr die angegebene Summe.

Gerard Mason erstaunte. Woher hatte dieser Mann das Geld? Hatte er zwei Börsen einstecken gehabt? Der Wirt gab das Geld seinem Türsteher, der dabei einen heimlichen Wink bekam, was er zu tun habe. Der Mensch begab sich nun in den eigenen Keller und setzte in einen Korb zwölf Flaschen eines Rotweins, den Etienne Lecouvert gewöhnlich für achtzig Centimes verkaufte.

Unterdessen hatten sich die Gäste an einen der Tische gesetzt, und auch der Wirt nahm bei ihnen Platz.

»Also du suchtest mich?« fragte Gerard die Geliebte, den es drängte, so bald wie möglich Klarheit zu erhalten. »Ja«, erwiderte sie. »Dieser Grundbesitzer möchte mit dir über ein Geschäft sprechen. Willst du dir hundert Franken verdienen, Schatz?«

Gerard zeigte lachend seine weißen Zähne.

»Oh, tausend, wenn es sein kann«, sagte er. »Einstweilen nur hundert. Dieser Herr wird sie dir zahlen. Übrigens gibt er mir bereits fünfzig Franken dafür, daß ich ihn zu dir gebracht habe.«

Mignon blickte Alfonzo dabei schalkhaft, aber erwartungsvoll an, so daß dieser schnell in die Tasche griff.

»Ah, Mademoiselle, ich hatte das fast vergessen«, sagte er. »Hier, nehmen Sie.«

Er legte ihr die Summe auf den Tisch.

»Ich danke Ihnen«, entgegnete sie. »Ein prompter Zahler wird auch gut bedient. Sie werden sich auf Gerard lAllemand verlassen können.« »Das sage ich selbst auch«, meinte der Schmied. »Aber darf ich erfahren, um was es sich handelt? Es naht bald die Stunde, in der die Stammgäste kommen, und dann sind wir nicht mehr ungestört.« »Die Sache ist nämlich die, daß dieser Herr garottiert worden ist«, sagte Mignon. »Vor vielleicht einer Stunde geschah es in der Rue de la Poterie.« »Das ist ja dort, wo du wohnst, Mignon!« »Allerdings. Es ist sogar gerade vor unserer Tür geschehen.« »Nicht möglich!«

Gerard spielte den Erstaunten sehr gut. Der Wirt zog die Brauen zusammen und warf ihm einen unbemerkten Blick zu, der gar nicht sprechender sein konnte.

»Nicht möglich, sondern sogar wirklich«, fuhr Mignon fort. »Er lag ohne Leben vor der Tür, und wir haben ihn nach meinem Zimmer geschafft.« »Welche Barmherzigkeit!« meinte der Wirt ironisch. »Und man hat ihn unbarmherzig bestohlen.« »Das muß man anzeigen!«

Da wandte sich Gerard an Alfonzo:

»Aber, mein Herr, wie kam es, daß man Sie überfiel?« »Es war kein Mensch auf der Straße«, antwortete der Gefragte, »und ich bin hier fremd. Ich hatte keine Ahnung, daß mir Gefahr drohen könne.« »Des Nachts muß jeder vorsichtig sein, das müssen Sie sich merken. Sie wurden plötzlich überfallen?« »Nein. Es kam ein Passant hinter mir her, ich hörte ihn kommen, also eigentlich plötzlich ist es nicht geschehen.« »So waren Sie sehr unvorsichtig. Des Nachts blickt man sich um, wenn man von jemandem verfolgt wird. Was geschah weiter?« »Ich ging zur Seite, um ihn vorüber zu lassen, aber er faßte mich bei der Gurgel und drückte sie so zusammen, daß ich den Atem und die Besinnung verlor.« »Alle Teufel!« sagte der Wirt. »Das ist ein kräftiger, resoluter Kerl gewesen.« »Ja, Kraft hatte er«, nickte Alfonzo und schloß dann seinen Bericht. »Als ich erwachte, befand ich mich in dem Zimmer dieser Demoiselle und bemerkte, daß ich beraubt worden sei.« »Was hat man Ihnen genommen?« fragte der Wirt lauernd. »Meine fünf Ringe, dann die Uhr mit Kette, die Börse, die über zweihundert Franken enthielt, und endlich das Portefeuille, das achtzehnhundert Franken in Staatsscheinen barg.«

Der Wirt sperrte vor Erstaunen den Mund auf.

»Dieser Halunke!« rief er. »Zweitausend Franken in Geld! Und wer weiß, wie er den armen Kerl, an den er die Pretiosen verkauft, drückt und schindet. Der Teufel soll ihn holen!«

Er warf einen ärgerlichen Blick auf den Schmied, den aber zum Glück weder Alfonzo noch das Mädchen bemerkten.

»Aber, was hat dies mit mir zu tun?« fragte Gerard gespannt. »Ich wollte erst Anzeige machen «, meinte Alfonzo. »Ganz recht. Wird nur nicht viel nützen.« »Das dachte ich auch. Übrigens kann ich das Geld verschmerzen, aber um das Portefeuille ist es mir zu tun. Es enthält sehr wertvolle Notizen. Darum werde ich in einigen Blättern den Garotteur auffordern, mir wenigstens das Portefeuille zuzustellen. Er kann dies ja ganz ohne Gefahr für sich tun, und das übrige mag er behalten.« »Hm!« brummte der Wirt. »Ohne Gefahr es tun zu können, daran glaube ich nicht Wie sollte dies möglich sein?« »Er braucht es ja nur zur Post zu geben!« »Ja. Und die Postbeamten haben Ihre Annonce auch gelesen und werden, sobald sie die Adresse sehen, den Überbringer festhalten. Denn in Briefform könnte die Tasche doch nicht in den Kasten geworfen werden.« »Das ist richtig«, meinte Alfonzo nachdenklich. »Aber er könnte sie mir doch direkt senden.« »Durch einen Boten, den Sie vielleicht festhalten.« »Das werde ich nicht tun.« »Das wird er nicht glauben. Solche Leute pflegen sehr mißtrauisch und vorsichtig zu sein.« »Er kann ja einen Boten wählen, der ihn gar nicht kennt!« »Der ihn aber möglicherweise wiedererkennen wird! Nein, ich glaube nicht daß er so unvorsichtig sein wird.« »Ich glaube es auch nicht«, stimmte der Schmied bei. »Er wird sich den Teufel daraus machen, ob Sie das Portefeuille brauchen oder nicht.« »Nun, so bleibt mir noch ein letzter Weg. Mademoiselle hat mir gesagt daß Sie vielleicht imstande seien, gewisse Erkundigungen einzuziehen « »Ah!« machte der Schmied mit einem finsteren Blick auf das Mädchen. »Ja, daß Sie vielleicht besser als ein Polizist imstande seien, den Täter zu erfahren.« »Und Ihnen anzuzeigen?« fragte Gerard rasch. »Nein, das verlange ich nicht Vielleicht aber könnten Sie mir mein Portefeuille verschaffen.« »Hm! Wieviel ist es Ihnen wert?« »Hundert Franken.« »Das ist zu wenig. Wenn ich den Mann ja finden sollte, so wird er erfahren, daß das Buch Wert für den Besitzer hat. Er wird mehr als hundert Franken von mir fordern. Was bleibt mir dann für meine Mühe?« »Gut, so wollen wir zweihundert sagen!« »Das mag eher sein, obgleich ich meine gewissen Gründe habe, anzunehmen, daß ich den Mann nicht entdecken werde.« »Darf man diese Gründe erfahren?« »Ja. Der Hauptgrund ist, daß ich nicht nachforschen kann.« »Warum nicht?« »Ich muß arbeiten, um zu leben; zum Nachforschen aber gehört Zeit und Geld, und ich habe keins von beiden.« »So werde ich Ihnen hundert Franken auf Abschlag zahlen.« »Das läßt sich hören«, lachte Gerard. »Hier sind sie!«

Der Schmied steckte das Geld gleichmütig ein und sagte:

»So werde ich bereits morgen früh sehen, was sich tun läßt. Wohin habe ich meine Nachrichten zu bringen?« »Nach dem Hotel dAigle, Rue de la Barillerie.« »Schön. Versprechen kann ich Ihnen nichts, aber Mühe werde ich mir geben.«

Damit war die Angelegenheit genügend besprochen, und man begann nun, dem Wein sein Recht zu geben. Es war auch Zeit gewesen, da sie nicht länger allein blieben.

Es begann jetzt nämlich die Zeit, in der die Industrieritter verschiedenster Art zu Etienne Lecouvert kamen, um ihre nächtliche Beute zu verwerten. Alfonzo sah sie kommen, einen nach dem anderen, und wußte nun, in welch ein Lokal er geraten sei. Es wollte ihm in dieser Gesellschaft etwas ängstlich werden, und darum brach er bald auf, mußte aber dem Wirt versprechen, das Geheimnis seines Lokals nicht zu verraten.

Als er fort war, wandte sich der Schmied an sein Mädchen:

»Dummkopf, was fällt dir ein, diesen Kerl hierher zu bringen!« »Er dauerte mich«, sagte sie. »Der?« »Ja. Er sieht so vornehm und anständig aus.« »Vornehm und anständig? Hahaha! Ich sage dir, daß er ein Spitzbube ist, zehnmal gefährlicher als ich und hundert andere.« »Das ist nicht zu glauben!« »Oh, doch! Ich habe ihn bei Papa Terbillon gesehen.« »Unmöglich! Bei Papa Terbillon verkehren ja nur «

Sie stockte.

»Nur Spitzbuben willst du sagen?« lachte er. »Du hast recht, und dieser sogenannte Marchese dAcrozza ist auch einer, weil er falsche Haare, falschen Bart und falschen Teint trägt. Sogar seine Züge sind verändert worden. Er ist ursprünglich nicht schwarz, sondern dunkelblond.« »Das hat ihm Papa Terbillon gemacht?« »Ja, und diesen Menschen führst du zu mir!« »Oh, ich ahnte doch nicht« »Sei still. Du hast ihm sogar gesagt, daß ich ein Garotteur bin.« »Gerard « »Gestehe es! Du hast ihm gesagt, daß ich den Täter entdecken werde, weil ich als ein Garotteur sämtliche Kameraden kenne.« »Vergib mir! Ich wollte mir gern die fünfzig Franken verdienen und wollte auch haben, daß du die hundert bekommst. Ah, da fällt mir ein, daß er mir die dreißig Franken für Madame nicht gegeben hat!« »Madame forderte dreißig?« »Ja. Was tue ich, um sie zu erhalten?« »Ich werde sie dir geben und sie morgen von ihm zurückverlangen.« »Ich danke dir! Wird es dir Schaden machen, daß ich ihn zu dir geführt habe?« »Hm, das muß erst noch abgewartet werden!«

In diesem Augenblick winkte der Wirt ihn zu sich hin an den Schenktisch.

»Weiß Mignon alles?« fragte er ihn. »Nein.« »Also du selbst bist es gewesen, Halunke! Was dachtest du, als er eintrat?« »Hm, ich glaube fast, daß ich für den ersten Augenblick erschrocken war, dann aber stand es fest: Ich hätte ihn kaltgemacht, wenn er gewußt hätte, daß ich es war, der ihn erleichterte.« »Ich traue es dir zu. Ich traue dir überhaupt seit heute abend alles, jede Schlechtigkeit, ja, jeden Verrat gegen Freunde zu!« »Habe ich dich verraten?« »Nein, aber betrogen im höchsten Grad!« »Du willst doch nicht sagen, daß du mir für die Sachen zu viel bezahlt hast?« »Ja, gerade das will ich sagen!« »So gib sie mir wieder heraus, du erhältst dein Geld sofort zurück!« »Das will ich dir nicht antun«, sagte der Wirt verlegen. »Oh, bitte, tue es getrost«, antwortete der Schmied. »Es wird mein Schade ganz und gar nicht sein.« »Du solltest mit tausend Franken zufrieden sein.« »Fällt mir gar nicht ein!« »Du hast ihm ja über zweitausend Franken bar abgenommen!« »Das hat mich Arbeit gekostet!« »So gib wenigstens die hundert Franken, die er dir vorhin auszahlte.« »Welches Recht hast du daran?« »Als dein Mitwisser, ein Wort von mir hätte dich verraten.« »Und dich mit, Alter! Nein, nein, von mir bekommst du keinen Centime heraus. Ich liebe die glatten Geschäfte. Übrigens hast du an deinem Wein vierzig Franken verdient, abgerechnet auch, daß wir nur drei Flaschen getrunken haben, und du also, den heutigen Preis gerechnet, für fast vierzig Franken übrigbehältst. Gute Nacht! Ich muß Mignon nach Hause bringen.« »Wann kommst du wieder?« »Vielleicht morgen.« »Dann gute Nacht, Geizhals!«

5. Kapitel

Der Schmied verließ mit seiner Geliebten das Lokal. Unterwegs fragte er sie:

»Mignon, wieviel bist du deiner Madame schuldig?« »Gegen vierhundert Franken.« »Wenn du die bezahlst, so bist du frei?«

Das Mädchen blieb vor Erstaunen stehen und blickte ihn an:

»Wie kannst du so fragen!« sagte es. »Du weißt ja, daß ich dich sehr liebhabe!« »Und daß du dich sehnst, ein braves Mädchen werden zu können?« »Ja. Ich gäbe viel, sehr viel darum, wenn ich von Madame fort könnte. Ich kann nähen, häkeln und sticken, ich kann waschen und bügeln, ich würde nicht Hunger zu leiden brauchen. Ich würde Tag und Nacht arbeiten, damit auch du die gefährliche Garotte nicht mehr brauchtest. Aber woher diese vierhundert Franken nehmen!« »Und du würdest mich wirklich liebbehalten und mir nicht nachtragen, daß ich ein Garotteur gewesen bin?« »Ich würde nicht daran denken, denn du sollst ja auch vergessen, was ich war.« »Nun wohl, Mignon, ich habe die vierhundert Franken.« »Ists wahr, ists möglich?« fragte sie ungläubig. »Aber von wem?« »Von diesem Marchese Acrozza.« »Du scherzt! Er hat dir ja nur hundert gegeben.« »Nein, er hat mir viertausend gegeben.«

Mignon blieb abermals stehen, sie war beinahe starr vor Erstaunen.

»Das begreife ich nicht«, sagte sie. »Habe ich dir nicht erzählt, daß ich ihn bei Papa Terbillon gesehen habe?« »Allerdings.« »Nun, dort sah ich auch seine Kette, seine Ringe und die Banknoten, die er bei sich trug.« »Weiter, weiter«, bat sie dringend. »Papa Terbillon hatte mich als Garotteur engagiert für täglich zehn Franken; er gebot mir, diesen Marquis oder Marchese nicht aus den Augen zu lassen « »Oh, nun ahne ich alles. Du selbst hast ihn vor unserem Haus niedergeschlagen. Hätte ich das gewußt!« »Ich habe ihm sein Geld abgenommen und seine Pretiosen bei Etienne Lecouvert verkauft; ich bin im Besitz von viertausend Franken.« »Mein Gott, welch ein Glück!«

Das Mädchen dachte nicht daran, daß dieses Glück eine sehr verbrecherische Grundlage habe.

»Ich werde morgen kommen und dich loskaufen.«

Mignon fiel ihm entzückt um den Hals.

»Gerard ich schwöre dir, daß du es nie bereuen sollst«, sagte sie. »Auch ich werde nichts Böses mehr tun«, gelobte er. »O mein Gott, wie gut das ist!« »Ja. Auf diesen Gedanken hat meine Schwester Annette mich gebracht Ich habe dir bereits erzählt daß sie in den Fluß sprang. Jetzt ist sie wieder gesund. Heute war ich bei ihr. Sie wohnt bereits bei Professor Letourbier, und ich habe eingesehen, daß es viel besser und vorteilhafter ist dem Laster Adieu zu sagen.« »Das habe ich längst gedacht. Aber Papa Terbillon gehören doch eigentlich die viertausend.« »Hm, er mag sie sich holen.« »Er wird sich rächen.« »Vielleicht erfährt er gar nicht daß mir der Überfall gelungen ist.« »Oh, er ist schlau, er erfährt alles.« »Nun, ich fürchte ihn dennoch nicht Er wird mich allerdings verfolgen, aber ich werde Paris verlassen, so daß er mich nicht findet Du gehst mit mir.« »O Gerard, welche Seligkeit! Wohin wirst du gehen?« »In die Provinz. Du wirst dort meine kleine Frau sein. Du wirst für die Leute nähen und sticken, und ich werde als Schmied in die Fabrik gehen. Annette soll nicht sagen, daß sie einen Bruder habe, dessen sie sich schämen muß.« »Und dein Vater?« »Der geht mit uns.« »Gerard, werden wir dies wagen dürfen?« »Ja. Mein Vater war ursprünglich gut. Der Gram um den Tod der Mutter hat ihn haltlos gemacht und der Schnaps trug das übrige dazu bei. Ich werde streng mit ihm sein, und so wird er tun müssen, was ich will.« Ich füge mich in alles, mein Gerard, nur bitte ich dich, mich wirklich aus diesem Haus zu holen, ich halte es da nicht länger aus.« »Habe keine Sorge; ich komme noch am Vormittag.«

Назад Дальше