Der Grund, weshalb die Gefallenen Engel sich nun nicht mehr mit den Frauen der Erde paarten war⦠weil das Produkt einer solchen Vereinigung die Geburt von Dämonen war. Es waren die Gefallenen Engel gewesen, die die Dämonen erschaffen hatten.
Als die ersten Gefallenen Engel aufgetaucht waren, waren es viele gewesen, aber als die Dämonen geboren worden waren, und das zerstörten, was die Engel liebten, wandten sie sich gegen ihre eigenen Kinder und kämpften. Die Zahlen auf beiden Seiten schrumpften und das Tor zwischen den beiden Dimensionen hatte begonnen, sich zu schlieÃen.
Einige der ursprünglichen Gefallenen Engel waren verschwunden, es wurde angenommen, dass sie ihre Leben im Kampf gegen die Dämonen, die sie erschaffen hatten, verloren hatten. Die meisten Ãberlebenden hatten sich entschieden, zurück nach Hause zu gehen, damit sie der Verführung der Menschenfrauen nicht mehr verfallen konnten. Sie waren es gewesen, die die jungen Krieger zurück in diese Welt geschickt hatten, um auf sie aufzupassen⦠die Menschen vor den Monstern zu schützen.
Es gab nur eine Regel⦠sie durften sich nicht mit den Frauen dieser Welt paaren, auÃer, wenn sie sie danach töteten. Ein Kind der reinen Züchtung war auf jedem Energiepunkt der Erde positioniert worden und nur wenige hatten so lange überlebt. Die Legenden schrieben, dass sie unsterblich waren⦠die Legenden irrten.
Die Gefallenen Engel waren nicht unsterblich, sie lebten nur sehr lange⦠Jahrtausende auf der Erde entsprachen ihrer Lebenserwartung. Sie konnten auÃerdem auch von Menschen und Dämonen getötet werden⦠obwohl es für einen Menschen sehr schwer zu bewerkstelligen war.
Syn hatte die wahren Legenden gekannt, und sie an seine 'Kinder' weitererzählt. Als er sich an diese Lehren erinnerte, verstand Kane, wie sehr Kriss Tabatha liebte⦠genug, um sich nicht mit ihr zu paaren⦠und so sehr, dass er nicht zulieÃ, dass jemand, von dem er dachte, dass er wenig mehr als ein Dämon war, sie haben konnte. Scheinbar war er nicht der einzige mit dunklen Geheimnissen. Kanes Mundwinkel deuteten ein verständnisvolles Lächeln an, als er sich umdrehte und wegging.
*****
Envy und Devon warteten an der Bar, als die ersten Leute für die Versammlung auftauchten. Sie und Kat unterhielten sich, versuchten einander noch alles zu erzählen, was geschehen war, während Devon und Quinn sich im Hintergrund hielten und sie mit erhobenen Augenbrauen anstarrten.
âWelche Sprache sprechen sie noch einmal?â, fragte Devon.
âSie hat keinen Namenâ, erklärte Quinn. âEs ist ein Ritual, das Weibchen recht häufig durchführen. Es beginnt noch unschuldig und bevor wirs uns versehen sind sie unterwegs zum Shoppen und wir stehen vor den Umkleidekabinen und müssen ihre Handtaschen halten.â
âDu musst auch die Tasche halten, während sie in die Mädchen-Läden geht und Dessous kauft, die du bis zu eurem Hochzeitstag nicht sehen darfstâ, mischte Nick sich grinsend ein.
Warren klopfte mit der Hand auf Nicks Schulter. âGlaub mir, kleiner Bruder, du wirst mit dem gröÃten Vergnügen diese Taschen halten, wenn es soweit ist.â
Ein Paar Arme schlang sich von hinten um Warrens Hals und Michaels Gesicht tauchte zwischen den beiden auf. âHeiÃt das, wir gehen Einkaufen?â
âNatürlichâ, sagte Warren grinsend. âWir gehen zu dem Sex-Shop, der dir so gefällt.â
Michaels Gesichtsausdruck wurde verträumt. âOh ja, Peitschen, Ketten, sexy Unterwäsche⦠Leder.â
âWas zurâ¦â Nick stand plötzlich auf und entfernte sich von den beiden, sodass Devon ein Grunzen entkam.
âHomophobâ, murmelte Devon.
âHalt's Maul!â, knurrte Nick. âSie sind entweder sehr gute Lügner, oder es ist beängstigend wahr.â
Die Tür ging auf und Steven kam mit Alicia und Jewel herein. Alicia hatte ihren Schrank durchsucht und ein hübsches, violettes Sommerkleid für Jewel gefunden, das sie nun trug, bis sie mehr Kleider kaufen konnte. Zum Glück hatten sie etwa die gleiche GröÃe, also fiel es kaum auf. Alicia hatte Steven auch gesagt, dass, bis er Jewel mehr Kleider kaufen konnte, diese gerne jederzeit ihren Schrank plündern konnte.
Steven trat sofort an den Tisch, wo Quinn und Devon mit Nick saÃen, direkt gegenüber von der Bar, wo Kat arbeitete.
âIch sehe, wir sind nicht zu spätâ, sagte Steven und lächelte innerlich, als er sah, wie Jewel Alicia anlächelte. Er erkannte, dass er sie bisher noch nie lächeln gesehen hatte, und er fühlte sofort einen schmerzlichen Verlust, als das Lächeln wieder verblasste.
Warren sah sich um. âGenau genommen, glaube ich, es sind alle hier.â
âNicht ganzâ, sagte Envy. âWir warten noch auf Chad.â
In genau diesem Moment ging die Tür auf und Chat trat ein, Trevor und Zachary im Schlepptau.
âWas, zur Hölle, macht der hier?â, wollte Devon wissen und stand auf.
âChad ist ein Polizistâ, erinnerte Envy. âEr weià schon einen Teil von dem, was vor sich geht, und er hat das Ende von dem mitbekommen, was am Friedhof geschah. Er ist involviert, ob er es will oder nicht. AuÃerdemâ, fuhr sie fort, âwird er dir die Bullen einige Zeit vom Hals halten können.â
âIch meinte nicht deinen Bruder.â Devons Stimme klang gefährlich scharf.
Kat nickte, als sie sah, dass Envy sich bereit machte, unkluger Weise auch für Trevor einzustehen. Da sie nicht einen kompletten königlichen Kampf miterleben wollte, trat sie von der Bar weg und stellte sich selbst in die Schusslinie.
âTrevor kann auch hierbleibenâ, sagte sie streng und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust. âSchlieÃlich⦠spielt er auch gut mitâ, meinte Kat mit einem Augenzwinkern in Richtung des blonden Mannes, der spöttisch salutierte.
Quinn stand von seinem Stuhl auf und ging hinüber zu Kat, schlang einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. âIch werde dich im Auge behalten müssen⦠nicht wahr?â, murmelte er neckisch, aber der Ausdruck in seinen Augen erzählte eine andere Geschichte.
âKönnen wir einfach beginnen?â, fragte Kane aus den Schatten.
Alle auÃer Michael zuckten erschrocken zusammen, als sie die Stimme hörten. Er war so leise gewesen, dass niemand gewusst hatte, dass er hier war.
âDu hast rechtâ, erklärte Warren. âIch denke, es wissen alle, wieso wir hier sind.â Er sah zu Chad hinüber, der kurz nickte, um anzugeben, dass er alles verstand, bevor er seinen Blick auf Trevor und Zachary wandte. âBevor wir darüber reden wollen, was am Friedhof vorgefallen ist, habe ich eine Frage an Trevor.â
Trevor zog seine Augenbrauen zusammen. âUnd zwar?â
âWas, zum Teufel, bist du?â, fragte Devon, ehe Warren wieder zu Wort kommen konnte.
âIch bin ein Formwandler wie die meisten hierâ, antwortete Trevor.
Kane grunzte in den Schatten, sodass alle in seine Richtung blickten.
âWeiÃt du etwas von ihm?â, fragte Envy. Es war ja nicht so, als würde sie Trevor auch nur ein Wort glauben⦠er hatte schon bewiesen, wie gut er im Lügen war.
âVielleicht, aber ihr müsstet richtig lieb zu mir sein, wenn ihr es erfahren wolltâ, sagte Kane belustigt. Er würde seine Laune an sich darauf schieben, dass er mit dem falschen Fuà aufgestanden war, aber⦠er war ja gar nicht erst zu Bett gegangen.
Devon war auf den Beinen und hielt Kane am Kragen seines Mantels gepackt in die Luft. âIch glaube, wir haben es satt, lieb zu seinâ, knurrte der Jaguar.
Kane grinste auf den Formwandler hinunter. âOh, das ist aber schade. Ich habe meinem Hündchen schon gesagt, was für ein Schatz du bist, und er hat sich so darauf gefreut, einen neuen Spielgefährten zu bekommen.â Sie beide wussten, wer der Sieger sein würde, wenn sie sich entschieden sich miteinander anzulegen⦠und es war nicht die Mieze Katze.
âDein Hündchen?â, fragte Jewel und ihre Augen leuchteten auf, bei dem Gedanken an etwas SüÃes, Knuddeliges. Ihre Lippe zuckte als sie sich vorstellte, wie ein Hund sich zu all den Katzen im Raum gesellte.
âEs ist eine übergroÃe Wollmausâ, murmelte Michael.
Warren drückte Daumen und Zeigefinger auf seinen Nasenrücken und Quinn kämpfte dagegen an, über seinen Jaguar-Schwager zu lachen.
âDevon, lass Kane runter und begib deinen Hintern in einen Stuhlâ, brummte Warren. âWir werden die Diskussion über Trevor später beenden.â
Nick, Devon und Kat sahen Warren alle mit groÃen Augen an. Einer normalen Person, die Warren nicht kannte, wäre es nicht aufgefallen. Warren war aufgeregt über die Aussicht, dass es einen neuen Formwandler in der Gegend gab, und er wollte mehr über die unbekannte Rasse wissen.
Devon stellte Kane wieder auf seine FüÃe und stampfte zurück zu seinem Stuhl neben Warren. Die Tür ging auf und Kriss kam herein, Arm in Arm mit Tabatha. Devon lieà ein Lächeln um seine Lippen spielen als er zu dem blonden Vampir hinüber starrte. Er konnte Kane vielleicht nicht auf seinen Platz verweisen, aber der Mann, der eben hereinspaziert kam, konnte es und er wusste, dass Kriss den reformierten Vampir nicht gerade liebte.
âKommen wir zu spät?â, fragte Tabatha, die froh war, dass sie die Diskussion mit Kriss gewonnen hatte, und dass sie nun doch gekommen waren. Manchmal konnte Kriss ein bisschen überfürsorglich sein⦠ein schweres Bisschen.
âNein, ihr kommt genau richtigâ, sagte Envy. âWir haben noch nicht wirklich angefangen.â
Tabatha gesellte sich zu den Frauen an der Bar und setzte sich auf einen Hocker, während Kriss neben Chad stehenblieb.
Kanes Herz sprang bis in seinen Hals hoch, als Tabatha hereinkam und er musste gegen den Drang ankämpfen, sie in seine Arme zu schlieÃen, und sie von hier wegzubringen. Er trat weiter zurück in die Schatten, sodass nur noch seine Silhouette schwach zu sehen war. Sein Blick wanderte hinüber zu dem Gefallenen Engel und er zog innerlich den Kopf über den tödlichen Blick ein, den der Mann ihm zuwarf.
âWir müssen mehr über die Dämonin erfahren, die im Friedhof gefangen warâ, fuhr Warren fort. âWir müssen wissen, wie sie aussieht, und nachdem Dean verschwunden ist, ist Kane der einzige hier, der sie gesehen hat.â
Kane hatte eine Zigarette genommen und öffnete sein Feuerzeug. Das Licht der Flamme erhellte einen Augenblick lang sein Gesicht, sodass sie sehen konnten, wie besorgt seine Augen waren.
Tabatha vergaà zu atmen, als ihr Blick auf die kleine Flamme schoss und sie Kane sah. Seine perfekten Lippen waren leicht gewölbt, als er seine Zigarette anzündete und seine Augen wurden von dunklen Wimpern beschattet. Beschattet oder nicht, sie konnte seinen Blick so fühlen, als würde seine Hand ihre Haut streicheln. Als sie abgelenkt wurde, durch etwas, das ihren Arm berührte, sah sie hoch und erkannte Kriss, der nun direkt neben ihr stand.
âIhr Name ist Miseryâ, sagte Kane nach ein paar Sekunden. âDas Problem ist⦠ich weià nicht so genau, wie sie aussieht.â
âWie kannst du nicht wissen, wie sie aussieht?â, fragte Kriss scharf, tiefe Runzeln auf seiner Stirn. âDu warst, wer weià wie lange, dort unten mit Dean.â
âKannst du mich ausreden lassen, Federtier?â, fragte Kane mit sarkastischer Stimme.
Kriss' Augen wurden bei der Beleidigung schmal.
âGutâ, gab Kane zurück. âDer Grund, weshalb ich nicht wirklich weiÃ, wie sie aussieht, ist, weil sie ihr Aussehen immer wieder verändert hat. Einen Augenblick lang war sie ein hübsches, kleines Mädchen mit einer höllisch beängstigenden Persönlichkeit, dann war sie eine verrottende Leiche, eine schwarze Rauchwolke und als letztes eine schöne Frau. Das scheinen ihre liebsten Gestalten zu sein. Sie ist ausgesprochen mächtig, wenn sie es geschafft hat, zwei Gefallene Engel gleichzeitig festzuhalten.â
Kriss atmete tief ein und nickte. âEinige Dämonen haben wohl diese Macht.â
âWir haben eine Dämonenspezialistin, die gerade am Weg hierher istâ, sagte Zachary schlieÃlich. âIhr Flug sollte innerhalb der nächsten zwei Stunden oder so ankommen. Wenn sie hier ist, ist es wohl das Beste, wenn ihr Misery einfach ihr überlasst.â
Kane hob eine Augenbraue. âIhr?â
âJaâ, sagte Trevor. âIhr Name ist Angelica. Sie hat Informationen von so ziemlich jeder Legende, jedem Mythos und jedem Märchen der Welt. Wenn es auch nur irgendeine Geschichte über Misery gibt, dann hat sie sie auf ihrem Computer.â
Alicia seufzte frustriert. âSchön, sie kann die Dämonin haben. Ich möchte wissen, was wir tun werden, um Micah zu finden.â
âMicah kann auf sich selbst aufpassenâ, erklärte Quinn.
Die Wahrheit war, dass er im letzten Streit zwischen ihm und Micah, Micah befohlen hatte, sich ruhig zu verhalten und sein Bruder hatte nicht gefolgt, was nur eines bedeuten konnte⦠sie hatten nun zwei Alphamänner im Puma-Klan, und das war völlig unerhört. In der Vergangenheit hatte es immer zu einem Kampf auf Leben und Tod geführt.
Quinn liebte Micah und war stolz auf ihn, dass er so stark für seine Interessen eintrat. Das Allerletzte, was er wollte, war, dass einer ihrer Streits auÃer Kontrolle geriet.
âAber er weià nicht, was geschehen istâ, rief Alicia, die sich an jeden Grund klammerte, wie sie die anderen dazu bringen konnte, nach ihm zu suchen. âWas, wenn er Misery über den Weg läuft und verletzt wird⦠oder getötet? Weg oder nicht, er ist Teil unseres Klans.â
âDa hat sie wohl einen Punkt, alter Jungeâ, warf Kane ein, der Quinns Gedanken gelesen hatte und ihm auf die Sprünge helfen wollte.
Alicia schielte hinüber zu den Schatten und errötete, ehe sie wieder wegsah. Es fühlte sich gut an, dass endlich einmal jemand auf ihrer Seite war, und es aussprach. Was Alicia nicht wusste, war, dass ihre ganze Familie Micah immer in ihren Gedanken hatte, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatten; direkt nachdem er sich mit Anthony angelegt hatte.
Kane erwiderte ihr Lächeln, obwohl sie es nicht sehen konnte. Scheinbar war sie die einzige in der Gruppe, die Mumm hatte.
âDas letzte Mal, wo wir Micah gesehen haben, hat er mit Anthony Valachi gestritten und ihn aus dem Club geworfenâ, sagte Steven leise. âDas war kurz bevor er verschwand.â
âDer Werwolf?â, fragte Trevor und legte seinen Kopf schief.
âJa, und nebenbei hat Steven sich auch noch mit Anthonys Verlobter gepaartâ, erzählte Quinn ihm und allen, die es noch nicht gehört hatten.
Jewel runzelte die Stirn, als ihr klar wurde, dass Steven ihr die Wahrheit darüber gesagt hatte, dass Anthony vielleicht eine Spur zu seinem fehlenden Bruder sein könnte. Sie biss sich auf ihre Lippe und fragte sich im Stillen, ob das der einzige Grund war, weshalb Steven ihr geholfen hatte. Nein, das war dumm. Als Steven sie aus der Kirche mitgenommen hatte, hatte er noch nicht einmal gewusst, dass Anthony ihr Verlobter war.