âDu solltest dich vielleicht umdrehenâ, sagte eine Stimme plötzlich aus der Stille um ihn.
Jasons Blick hob sich blitzschnell und er erkannte einen Mann mit langem, dunklen Haar, der nur wenige Meter vor ihm stand. Er blinzelte, als ihm endlich klar wurde, was der Mann gesagt hatte.
Die Haare in seinem Nacken stellten sich auf und Jason schoss ein paar Schritte vorwärts, ehe er sich um hundertachtzig Grad drehte, um zu sehen, was hinter ihm war. Vier Krabbler starrten ihn aus einer Entfernung von nur zwei Metern an, ihre lippenlosen Münder geöffnet, sodass ihre scharfen Zähne sichtbar wurden.
âOh kommt schon!â, rief Jason, als er fühlte, wie die Wut in ihm wieder aufkochte. Er hatte es satt, diese Dinger zu bekämpfen. âHabt ihr Vollidioten es immer noch nicht verstanden? Wenn ihr in einem Friedhof lebt, dann solltet ihr tot sein.â
Angelica grinste, nachdem sie zu Syn aufgeschlossen und Jasons Gejammer gehört hatte. âHe, Jason, willst du etwas Cooles sehen?â, fragte sie, nachdem sie neben ihn getreten war, während sie ihre Hände vor sich ausstreckte. Sie öffnete ihren Mund und flüsterte einen Zauber, der die Gegner implodieren lassen sollte. Zu ihrem Entsetzen rannten die Krabbler plötzlich davon und verschwanden in der Dunkelheit.
âTollâ, sagte Jason, der dachte, dass es der Zauber gewesen war.
âVerdammt, wenn du endlich damit aufhören würdest, sie zu Tode zu erschrecken, dann hätte ich heute Nacht vielleicht auch noch ein paar umbringen könnenâ, fauchte Angelica, als sie sich umdrehte, und erkannte, dass Syn direkt hinter ihr stand. âDu bist wie ein Mückenspray gegen Dämonen.â
Jason grinste, als ihm klar wurde, worüber sie sich beschwerte. âDämonenscheucheâ, murmelte er, aber machte dann schnell den Mund zu, als Angelicas böser Blick sich auf ihn richtete. âIch meine⦠richtig. Du hast absolut recht.â Im Zweifelsfall immer den Frauen zustimmen.
Syn lachte leise. âIch habe nichts Anderes getan, als zu dir zu kommen, meine Liebe. Ich kann nichts dafür, wenn die Spinnan Angst vor mir haben. Vielleicht sind sie einfach Feiglinge. Sollen wir gehen und mutigere Monster suchen?â Er wurde damit belohnt, dass Angelica ihre Augen verdrehte und lächelte. Sie kamen einander recht schnell näher.
Jasons Schultern sackten ab, als ihm klar wurde, dass dies der Mann war, vor dem er gewarnt worden war, als er begonnen hatte, Fragen über die schöne Angelica zu stellen. Nachdem er beschlossen hatte, dass dieser Weg hoffnungslos war, seufzte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Ring.
âDieses doofe Ding ist nutzlos⦠das verdammte GPS-System ist kaputt, oder so wasâ, knurrte er und versuchte, den Ring von seinem Finger zu ziehen. Nach einem Augenblick gab er es wieder auf, als er fühlte, wie sein Fingergelenk fast ausgerenkt wurde. Er starrte das Schmuckstück einen Moment lang an und legte seinen Kopf zur Seite. Vielleicht war es nur gut, dass er es nicht abnehmen konnte, denn wenn er es könnte⦠würde er es wahrscheinlich einfach nach den verdammten Krabblern werfen.
âWie soll ich Tiara beschützen, wenn ich nicht weiÃ, wo, zur Hölle, sie steckt?â, schimpfte er mit dem Ring. âEs ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt, um ein Nickerchen zu machen, verdammt.â
âKann ich ihn sehen?â, bat Angelica und streckte ihre Hand so aus, dass Jason seine in ihre legen konnte. Sie erkannte den Ring aus den Erinnerungen, die Zachary mit ihr geteilt hatte, und wollte gerne wissen, welche Macht er besaÃ.
Jason konnte nicht verhindern, dass er Angelica mit groÃen Dackelaugen ansah. Sie hielt seine Hand sanft fest und betrachtete den Ring mit kritischem Blick. Die Weichheit ihrer Haut fühlte sich angenehm an seiner an⦠aber er zuckte zusammen, als Syn beschloss, dass dies ein guter Zeitpunkt war, um zu lachen.
Er schielte hoch und sah Syn aus dem Augenwinkel. Dieses Lachen war einfach ein klein wenig zu gespenstisch gewesen. Seine Begegnung mit Kane in der letzten Nacht hatte ihn verängstigt, aber dieser Typ⦠er war wahrscheinlich derjenige, den Satan selbst unter seinem Bett oder im Schrank suchte, ehe er es wagte, sich schlafen zu legen.
Syn beobachtete geduldig, wie Angelica ihre andere Handfläche ein paar Zentimeter über den Ring hielt. Als er sah, wie sie vor Konzentration auf ihre Unterlippe biss, konnte er sich nicht länger zurückhalten. Er streckte seine Hand aus und legte sie auf ihre, wonach er langsam seine Finger mit ihren verschränkte. Dann senkte er seinen Kopf neben den ihren, sodass seine Wange über ihr weiches Haar strich, während er seinen anderen Arm um sie legte, sodass er sie sanft an sich drücken konnte.
Angelica blinzelte, als sie plötzlich fühlte, wonach sie gesucht hatte. âDas ist geschummeltâ, flüsterte sie, aber durchsuchte schnell die Aura des Rings, wo sie nun schon so tief in sie vorgedrungen war. Sie fühlte zwei Pfade, die dorthin führten⦠einen hellen und einen dunklen. Aus morbider Neugier folgte sie dem dunklen, um zu sehen, wohin er führte.
âDas genügtâ, sagte Syn leise und zog ihre Hand weg von der Macht des Rings. âEr ist nicht nur verbunden mit dem Mädchen, sondern auch mit dem Geist des Dämons. Wir müssen vorsichtig sein, damit wir ihn nicht unabsichtlich rufen.â
Angelica schluckte und nickte, denn sie wusste, dass er recht hatte. Sie hatte sie gefühlt, die Macht des Dämons in dem Ring. Sie lieà ihr Haar nach vorne fallen, sodass es ihre Augen verbarg, als sie auf ihrer beiden Hände starrte, die noch verschränkt waren. Es war gleichzeitig intim und sexuell, so eine kleine Geste, wodurch sich in ihrem Kopf alles drehte.
âEr lebt noch?â Jason biss die Zähne aufeinander und streckte seine Hand von sich weg, als er sich vorstellte, wie ein Dämon direkt aus dem Ring schoss. Wenn das, was Nil über Deth gesagt hatte, wahr war, dann war dieser ein Dämon, von dem er wirklich nicht wollte, dass er einfach aus dem Ring hervorstieg wie ein Flaschengeist. âAls ob ich gerade noch einen Grund gebraucht hätte, um diesen Ring loswerden zu wollen.â
âDas Mädchen ist bewusstlosâ, erklärte Syn ihm, aber seine Augen wurden schmal, denn die Aura des Rings gefiel ihm nicht. Er hatte gefühlt, wie der Dämon sich umgedreht hatte, um ihn anzusehen, ehe er die Verbindung unterbrochen hatte, bevor das Bild stabil geworden war. Wenn diese Kreatur zur Erde zurückkehrte, dann wollte er sich nicht ausmalen, welche Finsternis er noch mit sich mitbringen würde.
âBewusstlos? Das ist ja nur noch ein Grund mehr, sie zu suchenâ, sagte Jason und vergaà dabei seine Angst vor dem Ring wieder. âWir haben keine Ahnung, in welchen Problemen sie vielleicht steckt. Jetzt, wo sie weg ist, und Zachary auÃer Gefechtâ¦â
âAuÃer Gefecht? Was sagst du da?â, fragte Angelica scharf, als ihr Temperament mit ihr durchging, sodass sie ihre Hand aus der von Syn riss.
âIch dachte, du weiÃt es.â Jason runzelte die Stirn. âIch dachte, mittlerweile wissen es schon alle im TEP.â
âWas wissen?â, fragte Angelica frustriert.
âZachary hat durchgedreht, als dieser Dämon mit Tiara abgehauen ist, und hat das Nest, aus dem all diese Dinger kamen, in die Luft fliegen lassen. Der Dämon, der sie alle erschaffen hat, wurde auch zerstört, aber Zachary ist direkt nach der Explosion in dem Feuer zusammengebrochen.â
âWas wissen?â, fragte Angelica frustriert.
âZachary hat durchgedreht, als dieser Dämon mit Tiara abgehauen ist, und hat das Nest, aus dem all diese Dinger kamen, in die Luft fliegen lassen. Der Dämon, der sie alle erschaffen hat, wurde auch zerstört, aber Zachary ist direkt nach der Explosion in dem Feuer zusammengebrochen.â
Als er den Schrecken auf ihrem Gesicht sah, fuhr Jason schnell fort: âEs ist alles in Ordnung, Ren hat ihn dort herausgeholt und weggebracht⦠wir haben ihn seither nicht mehr gesehen. Storm weià wahrscheinlich, wo er ist, denn er war auch da, als es geschah.â
âUnd Tiara wurde von einem Dämon entführt?â Angelica fühlte, wie ihr Herz zu rasen begann. Kein Wunder, dass Zachary durchgedreht hatte.
âNaja, nicht ganzâ, gab Jason zu. âEs ist ein wenig schwierig zu erklären. Aber der Punkt ist, sie ist bewusstlos, seit sie mit dem anderen Dämon weg ist, und bis dieses Ding wieder funktioniert, weià ich nicht einmal, ob sie sonst in Ordnung ist, und schon gar nicht, wo ich suchen soll.â Er schlug mit seiner anderen Hand frustriert auf den Ring, als er versuchte, ihn mit Gewalt wieder zum Funktionieren zu bringen.
Ohne ein weiteres Wort rannte Angelica Richtung Eingang des Friedhofs, während sie sich innerlich einen ordentlichen Tritt in den Hintern für ihre Selbstsüchtigkeit verpasste. Sie war so beschäftigt mit Syn und den Monstern gewesen, dass sie nicht da gewesen war, um Zachary zu helfen⦠das eine Mal, wo er sie gebraucht hätte.
Tränen verschleierten ihren Blick und sie wischte sie wütend weg, nur um dann geradewegs in eine Ziegelmauer mit dem Namen Syn zu laufen. Seine Arme schlossen sich um sie, um sie festzuhalten, bevor sie fiel, aber sie begann sich gegen ihn zu wehren, ehe sie es sich anders überlegen konnte. Sie hämmerte mit ihren kleinen Fäusten auf seine Brust, wissend, dass es nichts helfen würde, aber ihr Instinkt sagte ihr, dass sie alles aus dem Weg räumen musste, was sie davon abhalten könnte, zu ihrem besten Freund zu gelangen.
âLass mich losâ, zischte Angelica, die viel wütender auf sich selbst war, als auf ihn. Dies war genau der Grund, weshalb sie niemanden zu tief in ihr Leben treten lassen wollte. Sie hatte Zacharys Freundschaft gewählt, weil er stark war, und ihr wohl keinen Grund zu weinen geben würde. Wenn er in seinem eigenen Feuer bewusstlos geworden war⦠dann stimmte etwas ganz und gar nicht mit ihm.
Syn hielt mit eisernem Griff ihre Handgelenke fest und zog sie fest an sich, während er knurrte: âIch werde dir noch etwas Anderes zeigen, was wir gemeinsam machen können.â Er drückte seine Lippen fest auf ihre, in dem Versuch, das eifersüchtige Verlangen zu beruhigen, das in ihm hochkroch.
Angelica hielt inne und ihre Augen wurden groÃ, als sich seine Lippen auf ihre senkten. Sie fühlte, wie ihre Knie schwach wurden, als Syn langsam ihre Unterlippe zwischen seine saugte. Die Bewegung war so langsam und sexuell, dass sie beinahe ihre Oberschenkel in Brand setzte. Der Drang, den Kuss zu erwidern traf sie schwer.
Noch ehe sie dem Bedürfnis nachgeben konnte, beendete er den Kuss und wieder einmal starrte sie hoch in seine dunklen, violetten Augen. In ihrem halb berauschten Zustand brauchte sie einen Moment, ehe ihr klar wurde, dass da jetzt eine Wand hinter ihm war, und sie keinen Wind mehr auf ihrer Haut fühlen konnte.
Syn wartete darauf, dass seine Partnerin wieder von der Ekstase, in die er sie versetzt hatte, herunterkam, ehe er ihr Handgelenk loslieÃ. Er hätte sie nicht küssen müssen, um sie zu teleportieren, aber wenn sie glaubte, dass er es musste⦠würde er diesen Irrglauben nicht aufklären.
Angelica wirbelte überrascht herum, als sie sich in Storms Büro wiederfand. Ihr Blick wanderte schnell durch das Zimmer, ehe er sich auf Zachary richtete. Er war von einer durchsichtigen Wand umgeben⦠lag auf einem Bett aus seinen eigenen Flammen, genauso wie Jason es beschrieben hatte. Ein leises Schluchzen entkam ihr, als sie ihn in so einem Zustand sehen musste.
Ihre Schritte waren langsam, als sie sich der Barriere um ihn näherte. Sie hatte noch nie so dunkle Flammen von ihm kommen gesehen und sie wusste, dass es kein gutes Zeichen sein konnte.
âWas ist los?â, flüsterte sie, während sie sich fragte, ob Zachary sie hören konnte.
Als sie beide Handflächen auf die Wand legte, konnte sie sehen, wie ein Strom aus etwas, das wie glitzerndes Wasser aussah, zwischen ihren Fingern nach unten floss und wieder verschwand, ehe es am Boden auftraf. Der Schild verfärbte sich elektrisch blau um ihre Hände und sie drückte dagegen⦠um zu sehen, wie stark er war.
âZachary, öffne deine Augen. Bitte⦠nur damit ich weiÃ, dass du in Ordnung bist.â Angelica fühlte, wie ihre Hoffnung mit jeder Sekunde, in der er nicht antwortete, schnell in den Keller sank.
Sein blondes Haar flatterte um sein Gesicht und die Flammen wiegten sanft seinen Körper, sodass sie wusste, dass sie es waren, die ihn über dem Boden schweben lieÃen. Was sie am meisten ängstigte, war die völlig Reglosigkeit⦠sie konnte nicht einmal erkennen, ob er atmete.
âIst es ein Zauber, Zachary? Hat dir jemand das angetan? Ich komme⦠halte einfach durch.â Sie schloss ihre Augen und begann in ihren Gedanken an dem Verschluss des Schutzschildes zu schrauben. Sie konnte dies schaffen⦠sie würde es schaffen⦠für Zachary.
Syn war schweigend hinter ihr gestanden, hatte ihr die Zweisamkeit mit ihrem Freund gegönnt, die sie brauchte, aber er konnte ihren Herzschmerz keine Sekunde länger ertragen. Er trat hinter sie und legte seine Handflächen über ihren auf den Schild⦠verstärkte die Wand, anstatt ihr zu helfen, sie zu zerstören.
âWieso? Wieso hältst du mich auf?â, fragte Angelica, die es nicht verstand.
âWeil ich meine, dass dein Freund Zachary nicht sehr glücklich sein wird, wenn er aufwacht und herausfindet, dass er dich mit seinem Phönixfeuer verletzt hat. Er stirbt nicht⦠er ist dabei, sich selbst wiederzubeleben. Und so wie es aussieht, wird er diesmal all seine Macht mitbringen, wenn er wieder aufwacht.â
Angelica drehte dem Schild den Rücken zu, denn sie konnte das gespenstische Bild des brennenden Zachary nicht länger ertragen. Nachdem sie das Bedürfnis nach Sicherheit verspürte, schlang sie ihre Arme um Syns Taille und versteckte ihr Gesicht an seiner warmen Brust.
Syn legte seine Arme um sie, schenkte ihr den Trost, den sie suchte. Er schielte über ihren Kopf zu Zachary und fragte sich insgeheim, was in diesem Leben aus ihr geworden wäre, wenn er sie nicht gefunden hätte. Wäre ihre Freundschaft mit Zachary zu etwas Intimeren geworden?
Er drückte sie fester an sich, vergrub sein Gesicht in ihrem dunklen Haar und beschloss, sich keine Gedanken mehr darüber zu machen. Sie mochte den Phönix sehr und dafür war er dankbar⦠aber es war Zeit, dass seine Partnerin sich daran erinnerte, was wahre Liebe wirklich war.
Kapitel 3
Damon verschränkte seine Arme vor der Brust und lehnte sich mit dem Rücken an den Werkzeugschuppen, der Friedhofsgärtner. In dieser Gegend gab es keine Jäger, weil sie ganz in der hinteren Ecke des riesigen Friedhofs und halbwegs abgeschieden waren. Es schien auch ein Rückzugsort für viele der Spinnan, die bisher überlebt hatten, zu sein, beinahe so, als wollten sie sich wieder sammeln und verstecken.