âSo schnell wie möglichâ, antwortete Trevor. âEs ist schon bald neun⦠die Sperren müssen in zehn, fünfzehn Minuten stehen. Schaulustige sind schon aufgetaucht, aber zum Glück haben wir Leute vor Ort, die sie aufgehalten haben. Das Problem ist, dass sie keine Polizisten sind, also gibt es riesige Tumulte. Wir können einfach nicht zulassen, dass jemand den Tatort verändert⦠wenn Sie wissen, was ich meine⦠Vandalen und Brandstifter⦠ungefähr drei Tage⦠Nein, wenn irgendetwas versuchen sollte, hier abzuhauen, denke ich nicht, dass es über die StraÃen fliehen wird.â
Trevor rieb sich mit der Hand die Stirn. âHören Sie, wenn Sie etwas sehen, was Sie noch nie zuvor gesehen haben⦠erschieÃen Sie es einfach.â Er steckte das Telefon weg und seufzte schwer. âIch hasse es, wenn ich alles ausbuchstabieren muss.â
âDu kannst buchstabieren?â, fragte Chad mit groÃen Augen.
Devon grunzte vor Lachen und Envy grinste.
âNeinâ, antwortete Envy schnell, denn sie fühlte sich ein wenig überdreht. âAber er kann so tun als ob, indem er langsam spricht.â
âLass mich ratenâ, unterbrach Chad. âEr buchstabiert âStraÃeâ so wie es klingt?â
Envy nickte. âJa, Sch⦠t⦠r⦠a⦠s⦠e.â
Chad stolperte fast vor Lachen, während Trevor neben ihm schmollte.
âWollt ihr vielleicht mal Punkt machen?â, knurrte Trevor.
âAch ja, und Beistriche kennt er auch nicht, nur Punkteâ, erklärte Envy wichtigtuerisch, sodass die beiden Geschwister wie verrückt zu kichern begannen.
Envy lächelte ihren Bruder an, während sie sich an all die Male erinnerte, als sie als Kinder Probleme bekommen hatten, weil sie Lachanfälle gehabt hatten, und einfach nicht mehr aufhören konnten. Wenn sie es sich recht überlegte, war das meistens passiert, als sie schlafen gehen hätten sollen. Sie betrachtete Chad genauer. Ja, seine Augen waren sehr glasig.
Devon achtete kaum auf ihre Spötteleien. Er hatte Warren in der Ferne erblickt, als dieser einen Dämon zerlegte, und kämpfte gegen den Drang, sich zu verwandeln, damit er zu ihm rennen konnte.
Envy fiel Devons Blick auf und sie erkannte seine Gedanken an der Art, wie seine Augen ihre Farbe verändert hatten. Als sie den anderen Jaguar betrachtete, dämmerte es ihr, dass es wohl ein natürlicher Instinkt für ihn war, sich zu verwandeln. Er hatte wohl nur wegen ihr seine menschliche Gestalt behalten, und das war irgendwie unfair ihm gegenüber.
âWieso gehst du nicht, um ihm zu helfen?â, fragte sie, während sie ihre Hand auf seinen Oberarm legte. âIch komme schon klar.â
Devon richtete seinen Blick wieder auf sie. âWie wirst du nach Hause kommen?â
âIch nehme sie mit zu mirâ, schlug Chad vor, dem die Idee gut gefiel. Die Wohnung war so leer, seit sie ausgezogen war. âIch habe sowieso genug für heute. Du kannst später vorbeikommen und sie abholen, wenn du hier fertig bist.â Dann fügte er schnell hinzu: âAber lass dir Zeit, denn wir haben ein Menge Schlaf nachzuholen.â
Devon wollte gerade widersprechen, aber dann betrachtete er die beiden Geschwister genauer und erkannte zum ersten Mal, dass sie so müde waren, dass sie fast schon wie auf Drogen erschienen. Er fühlte sich schuldig dafür, dass er es nicht schon früher bemerkt hatte. Menschen brauchten doppelt so viel Schlaf wie Formwandler⦠wenn nicht mehr.
âOkayâ, gab Devon nach und gab Envy einen langen Kuss. âIch werde dich später abholen⦠schlaf dich aus.â
Envy nickte und sah zu, wie Devon seine Kleider auszog und sich in einen Jaguar verwandelte. Er lief über den Friedhof hinter Warren her und sie bewunderte, wie elegant er in all seinen Gestalten aussah.
âKönnen wir jetzt los?â, fragte Trevor mit finsterer Stimme, denn es gefiel ihm gar nicht, wie Envy Devon nachsah.
Envy und Chad nickten.
âGute Ideeâ, sagte Chad. âIch würde nur ungern ein leichtes Ziel für einen doofen Krabbler sein, nur weil ich mich im Friedhof hingelegt habe, um ein Nickerchen zu machen. Ich habe die letzten beiden Tage überhaupt nicht geschlafen.â
Die drei machten sich auf den Weg zum Eingang des Friedhofs, wobei sie unterwegs noch ein paar Krabbler zur Strecke brachten. Als sie endlich bei Trevors Auto ankamen, blieb Chad einen Augenblick lang mit offenem Mund stehen, dann erschien ein sadistisches Grinsen auf seinem Gesicht.
âWo ist dein altes Auto?â, fragte Envy, als Trevor sich der neuen, schwarzen Schönheit näherte. âNicht, dass dieses nicht fantastisch aussieht.â
Trevor erstarrte plötzlich, als er sich an die Zusatzausstattung, die er Ren zu verdanken hatte, erinnerte. Oh ScheiÃe! Er fühlte plötzlich den Drang, so schnell er konnte wegzulaufen.
âTrevorâ, sagte Evy aufgeregt in Envys gestohlener Stimme. âIch bin so froh, dass es dir gut geht. Ich habe alle aufgeschrieben, die durch den Eingang gekommen und gegangen sind, und habe den GroÃteil deines Berichts für das TEP-System schon geschrieben.â
Jegliche Farbe wich aus Trevors Gesicht, als er zu Envy hinüber schielte und den ungläubigen Ausdruck auf ihrem Gesicht sah.
âTrevor.â Envy ahmte die Sorge nach, die sie in der Stimme des Autos gehört hatte⦠ihrer Stimme. âGibt es da etwas, was du den anderen Kindern erzählen willst?â
âOh, wer ist das?â, fragte Evy. âIch habe sie noch nie gesehen und sie ist nicht in der TEP-Datenbank. Soll ich sie hinzufügen?â
Wenn Trevor es nicht besser gewusst hätte, hätte er schwören können, dass Evys Stimme gerade ein wenig zu süà war, um ehrlich zu sein.
âEvy, das ist meine Schwester, Envyâ, stellte Chad sie vor. âSie ist ein Mensch und kein Teil des TEP. Kannst du uns nach Hause fahren?â
Die Autotüren öffneten sich und sie stiegen ein, wobei Trevor und Chad vorne Platz nahmen und Envy auf der Hinterbank.
âWann hast du sprechen gelernt?â, fragte Envy, während sie Trevor über den Rückspiegel einen bitterbösen Blick zuwarf. Wenn Blicke töten könnten, würde ein toter Mann nun fahren.
âErst vor Kurzemâ, sagte Evy kurz angebunden⦠dann plötzlich fügte sie hinzu: âWage es bloà nicht, mir Trevor wegzunehmen.â
Chads Augenbrauen hoben sich bis zu seinem Haaransatz und er begann so wild zu lachen, dass sein Bauch zu schmerzen begann.
âOh, mach dir deswegen keine Sorgenâ, sagte Envy mit dem gemeinsten Grinsen auf Trevors Spiegelbild gerichtet. âIch habe nicht vor, ihn dir wegzunehmen. Ich denke, ihr beide seid das perfekte Paar.â
Evy jubelte aufgeregt und die Autotüren schlossen sich selbstständig. âWo wohnen du und Chad?â Dieses Mal war die Stimme fröhlich.
âIch fahreâ, sagte Trevor, der sich nur wünschte, dass die Erde sich öffnete, damit er es einfach schnell hinter sich bringen konnte. âDu kannst dich inzwischen mit Envy bekannt machen.â
âJaâ, sagte Envy, während Trevor den Motor startete. âBitte erzähl mir alles von dir und den tollen Dingen, die du mit Trevor gemacht hast.â
Chad lag vor Lachen schon fast am Boden und hörte nicht mehr auf, bis sie vor dem Wohnhaus standen. Sobald Evys Motor abgeschaltet war, kletterte Chad aus dem Auto und lief in die Wohnung, wissend, dass Envy noch ein paar Minuten brauchen würde. Verdammt, seine Wangen schmerzten. Was es nur noch lustiger machte, war die kleine Tatsache, dass es diesmal gar nicht Trevors Schuld war.
Chad lag vor Lachen schon fast am Boden und hörte nicht mehr auf, bis sie vor dem Wohnhaus standen. Sobald Evys Motor abgeschaltet war, kletterte Chad aus dem Auto und lief in die Wohnung, wissend, dass Envy noch ein paar Minuten brauchen würde. Verdammt, seine Wangen schmerzten. Was es nur noch lustiger machte, war die kleine Tatsache, dass es diesmal gar nicht Trevors Schuld war.
âEvyâ, fragte Envy mit süÃer Stimme. âWürde es dich stören, wenn Trevor mich zur Tür bringt? Ich habe heute Nacht viel zu viele Monster gesehen, als dass ich noch einmal alleine nach drauÃen will⦠und wie es scheint, hat mein groÃer Bruder mich sitzen lassen.â
Trevor zog den Kopf ein, denn er wusste, was ihm bevorstand und Evy half auch nicht wirklich. Dies war eindeutig nicht seine Nacht.
âDas ist eine gute Idee, Trevor, pass gut auf, dass meiner neuen Freundin nichts zustöÃt. Ich werde inzwischen den TEP-Bericht für dich fertig machen.â Das Armaturenbrett begann zu leuchten und verwandelte sich in einen Computer-Bildschirm, als Evy sich an die Arbeit machte, während sie leise vor sich hin summte. Sie hatte beschlossen, dass, nachdem Envy Chads Schwester war, und offensichtlich Dämonen zerstörte, sie ihre eigene Akte in der Datenbank des TEP verdiente. Im Geheimen machte sie mit ihrer versteckten Kamera schnell ein Foto von der Frau.
Trevor seufzte und gönnte sich einen Augenblick des Selbstmitleids, ehe er langsam aus dem Auto stieg. Nun, er hatte ein paar Minuten alleine mit Envy gewollt und nun sah es sehr danach aus, dass er sie bekommen würde. Er war immer dafür, die positive Seite an allem zu sehen, nur die positive Seite sah langsam nicht mehr so einladend aus.
SchlieÃlich kamen sie an der Tür an und Trevor schielte zurück zu Evy, wobei er erkannte, dass ein riesiger Baum nun zwischen ihnen stand. Envy wählte diesen Moment, um sich ihm zuzuwenden, und ihn wütend anzufunkeln. Sie hatte sich die ganze Fahrt über überlegt, was sie sagen wollte. So fest bohrte sie ihren Finger in Trevors Brust, dass dieser sicher war, dass dort ein Loch sein würde, wenn sie hier fertig waren.
âHätte das ein Scherz sein sollen? Es war nämlich nicht sehr witzigâ, zischte Envy leise, da sie nicht wusste, wie gut das Mikrofon des verdammten Autos war.
âOh ja, es ist ein Scherzâ, knurrte Trevor zurück. âAber er sollte mich quälen⦠nicht dich. Ich hatte es ernsthaft vergessen, bis wir wieder zurück beim Auto warenâ, erklärte Trevor, während er mit der Hand durch sein Haar fuhr. âEs tut mir leid, dass du das sehen musstest.â
Die Ehrlichkeit, die sie in seinen Augen sehen konnte, nahm den Wind direkt aus den Segeln von Envys Standpauke. Er sagte die Wahrheit⦠hoffte sie. âWieso sollte jemand dir so etwas antun?â
Trevors blau-silberne Augen verdunkelten sich ein klein wenig, als er auf seine Seelenfreundin hinunter starrte. âWeil jeder auf der Welt weiÃ, dass ich dich liebe und du mich hasst. Sie meinen es ist lustig. Was meinst du, wieso Chad sich vor Lachen nicht mehr einkriegen konnte?â
âTrevor.â Envy fühlte, wie ihre Brust sich bei seinen Worten schmerzhaft verkrampfte. âDas ist nicht wahrâ, berichtigte sie ihn leise. âIch könnte dich nie hassen.â
âIch weiÃ.â Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln, aber es verschwand gleich wieder und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. âEs ist mir sehr bewusst, dass du uns beide liebst. Devon weià es auch.â
Envys Augen wurden groà und sie machte schnell einen Schritt rückwärts. Ihr Kopfschütteln war kaum sichtbar, als sie flüsterte: âWieso glaubst du das?â
âWir sind Formwandler, Envy⦠wir können es riechenâ, sagte Trevor nachdrücklich, während er einen Schritt vorwärts machte, um den Abstand zwischen ihnen wieder zu verringern. âSag mir nicht, dass du mich nicht willst, wenn ich weiÃ, dass du es tust. Du liebst mich ebenso sehr wie ihn, weil du zwei Seelenfreunde hast.â Er schluckte schwer, nachdem er es endlich laut ausgesprochen hatte.
Envy schwieg und starrte ihn reglos an, wie ein Reh, das von Autoscheinwerfern erfasst worden war. Sie wusste nicht, wie sie ihm antworten sollte, denn die Wahrheit war⦠Trevor hatte immer noch diese Wirkung auf sie. Sie hatte sich dazu gezwungen, die Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, zu ignorieren, weil sie Devon gewählt hatte.
âSag mir, dass du mich nicht liebstâ, flüsterte Trevor, während er sich so weit nach vorne beugte, dass ihre Lippen einander beinahe berührten.
Envy musste diesmal schlucken. Sie wollte es verleugnen, aber sie hasste es, angelogen zu werden⦠daher konnte sie selbst kaum lügen. Sie liebte ihn immer noch⦠aber es war falsch zwei Menschen gleichzeitig zu lieben.
âIch liebe Devonâ, hauchte sie an seinen Lippen, während sie sich selbst dafür verdammte, dass sie ihn wieder verletzte.
âSehr klug⦠auszuweichenâ, sagte Trevor nach einem Moment und richtete sich ein klein wenig auf, sodass er tief in ihre Augen sehen konnte. âDenn wenn du mich anlügst⦠kann ich es riechen.â
Envy machte einen Schritt zurück, während Trevors Gesicht über ihr hing und sie nichts Anderes sehen lieÃ, obwohl er sich entfernt hatte. Sie griff hinter sich und versuchte, mit ihrer Hand den Türknauf zu finden. Sie wollte nicht über dies alles nachdenken⦠es brach nur ihr Herz.
SchlieÃlich ertasteten ihre Finger den metallenen Knauf und sie öffnete die Tür. Schnell trat sie durch den Spalt und wollte die Tür gerade wieder schlieÃen, als Trevors Hand sie aufhielt.
âDu weiÃt, dass ich recht habeâ, flüsterte Trevor. âDu kannst es auch fühlen.â
Envy fühlte Schmetterlinge, die wie wahnsinnig in ihrem Bauch umher flatterten, und warf die Tür schnell vor Trevors Gesicht zu. Nachdem sie den Riegel vorgeschoben hatte, drehte sie sich um und lehnte ihren Rücken gegen das Holz, während sie wartete, um zu hören, wie Trevor das Auto startete und wegfuhr. Aus irgendeinem Grund fühlte es sich so an, als würde er direkt hinter ihr stehen und darauf warten, durch die Tür zu greifen und sie in seine Arme zu schlieÃen.
Trevor legte seine Handflächen auf den Türrahmen, denn er fühlte sie noch immer in der Nähe⦠lehnte sich von der anderen Seite an das Holz, das sie trennte. Er konnte durch die dicke Tür hören, wie ihr Herz raste, und atmete tief ein, um seine Nerven zu beruhigen. Seine Instinkte drängten ihn dazu, durch die Tür zu brechen und sich zurückzunehmen, was ihm gehörte⦠aber er würde lieber in der Hölle schmoren, als ihr einen Grund zu geben, ihn nicht mehr zu lieben.
Er runzelte schlieÃlich die Stirn, nachdem er nicht hörte, wie sie sich von der Tür entfernte. Indem er den Kopf nach vorne beugte, lehnte er seine Stirn an das kalte Holz und seufzte.
âEnvyâ, flüsterte er. âIch liebe dich.â
Dann hörte er sie doch flüchten.
*****
Jason setzte sich auf eine Steinbank, die vor einer der gröÃeren Gruften stand, um wieder zu Atem zu kommen. Er hatte in den letzten drei Minuten keine Begegnung mit einem Monster gehabt, und das war für heute Nacht bisher ein Rekord.
In der Hoffnung, dass dieser sich irgendwie wieder anschalten würde, berührte er den Ring. Sein Magen war voller Knoten, weil er nicht wusste, wo Tiara war, und ob es ihr gut ging. Er senkte seinen Kopf und schalt sich innerlich wieder einmal dafür, dass er es nicht geschafft hatte, sie aus dem Mausoleum zu bringen. Was für ein Beschützer war er? Sie hatte sogar einen Dämon um Hilfe bitten müssen.