«Nun, ein minimales Risiko besteht» kommentierte Azakis ruhig.
«Ein âminimales Risikoâ? Und das sagst du uns so, mit einem so ruhigen und friedlichen Gesichtsausdruck? Du musst verrückt sein und wir noch mehr als du.»
«Beruhige dich Schatz» griff Jack ein, packte sie bei den Schultern und schaute ihr gerade in die Augen. «Sie sind sehr viel fähiger und vorbereiteter als wir und wenn sie sich entschieden haben, diesen Weg zu gehen, können wir nur beistimmen und ihnen all unsere Hilfe anbieten.»
Elisa atmete tief und lange ein und sagte dann «Ich muss mich setzen. Das ist zu viel heute. Wenn es so weitergeht, sterbe ich noch.»
Jack nahm sie unter den Arm und brachte sie zum nächsten Sessel. Elisa lieà sich mit einem leichten Seufzer darauf fallen.
«Vielleicht haben wir den Sauerstoffgehalt zu sehr verringert» flüsterte Azakis seinem Gefährten zu.
«Ich habe versucht, ihn für uns alle so gut wie möglich anzupassen, damit wir diese unbequemen Atemgeräte nicht tragen müssen.»
«Ich weià mein Freund, aber ich fürchte, dass sie sehr darunter leiden.»
«Ok, ich versuche, das Gemisch zu verändern. Wir können uns leichter anpassen.»
Dem Colonel schien dies jedoch nichts auszumachen und er war fit wie nie. Entscheidungen treffen und Risiken eingehen waren sein tägliches Brot und in solchen Situationen fühlte er sich absolut wohl. «Gut» rief er, während er sich genau unter das dreidimensionale Bild von Newark positionierte, das noch immer majestätisch in der Mitte des Raumes schwebte. «Das Ding kann uns also alle retten oder an den Rand der absoluten Zerstörung bringen.»
«Analyse abgekürzt, aber effizient» kommentierte Azakis.
«An diesem Punkt» sagte der Colonel ernst und mit tiefer Stimme «glaube ich, dass der Moment gekommen ist, den Rest des Planeten über die bevorstehende Katastrophe zu informieren.»
«Und wie willst du das machen?» fragte Elisa von ihrem Sessel aus. «Nehmen wir das Telefon, rufen den Präsidenten der Vereinigten Staaten an und sagen dann: âGuten Tag Präsident. Wir sind hier mit zwei AuÃerirdischen zusammen, die uns gesagt haben, dass in wenigen Tagen ein Planet kommt, der uns alle von der Bildfläche fegt?â»
«Das mindeste, was uns passieren kann, ist, dass er das Gespräch ortet, uns holen lässt und in die Klapsmühle steckt» antwortete Jack lachend.
«Habt ihr denn kein globales Kommunikationssystem wie unser Netz?» fragte Petri den Colonel neugierig.
«Netz? Was meinst du damit?»
«Es handelt sich um ein globales Kommunikationssystem, welches das Wissen auf planetarer Ebene speichern und verbreiten kann. Wir haben alle auf verschiedenen Ebenen mit einem neuralen System N^COM Zugang, das und bei der Geburt direkt ins Gehirn eingepflanzt wird.»
«Wow» sagte Elisa verwundert und sagte dann «In Wirklichkeit haben auch wir ein System dieser Art. Wir nennen es Internet, aber wir haben sicher nicht euren Stand erreicht.»
«Wäre es nicht möglich, euer âInternetâ zu benutzen, um eine Mitteilung an den ganzen Planeten zu schicken?» fragte Petri neugierig.
«Nun, das ist nicht so einfach» sagte Elisa. «Wir können Informationen in das System eingeben, Mitteilungen an Personengruppen schicken, vielleicht auch einen Film drehen und diesen dann so weit wie möglich verbreiten, aber uns würde niemand glauben und sicher würde er nicht alle erreichen.» Sie überlegte einige Sekunden und fügte dann hinzu «Ich glaube, das einzige geeignete System ist noch immer unser altes und geliebtes Fernsehen.»
«Fernsehen?» fragte Azakis. Dann sagte er zu Petri «Ist das vielleicht das System, das wir benutzt haben, um die Bilder und Filme zu empfangen, die wir bei der Herfahrt gesehen haben?»
«Ich glaube ja, Zak» und er begann eine Reihe von Befehlen an der Zentralkonsole einzugeben. Nach wenigen Sekunden erschienen auf dem gigantischen Bildschirm einige Sequenzen, die sie vorher gespeichert hatten. «Redet ihr hiervon?»
Viele Filme aller Art erschienen in schneller Reihenfolge: Werbespots, Nachrichten, FuÃballspiele und sogar ein alter schwarz-weià Film mit Humphrey Bogart.
«Das ist ja Casablanca» sagte Elisa überrascht. «Wo habt ihr das alles denn her?»
«Eure Ãbertragungen werden auch im All ausgestrahlt» antwortete Petri ruhig. «Wir mussten etwas an unserem Empfangssystem arbeiten und am Ende haben wir das empfangen.»
«Und dank dessen» fügte Azakis hinzu «konnten wir auch eure Sprache lernen.»
«Und auch einige andere, die wirklich viel komplizierter sind» kommentierte Petri traurig. «Ich bin fast verrückt geworden mit alle den Zeichnungen.»
«Auf jeden Fall» griff der Colonel ein «ist es genau das, von dem wir gesprochen haben, aber ich glaube, dass das auch nicht die beste Lösung ist.»
«Entschuldige Jack» griff Elisa ein. «Glaubt du nicht, dass wir vor allem zuerst deine Vorgesetzten vom ELSAD informieren sollten? Wenn ich es richtig verstanden habe, steht an der Spitze dieser Organisation der Präsident der Vereinigten Staaten oder nicht?»
«Und woher weiÃt du diese Dinge?» wendete der Colonel verblüfft ein.
«Nun, ich habe auch meine Quellen» sagte Elisa und schob verführerisch eine Haarsträhne zur Seite, die an ihrer rechten Wange herunterhing.
«Machen das die Frauen bei euch auch so?» fragte Jack die beiden AuÃerirdischen, die die Szene verblüfft beobachtet hatten.
«Die Frauen sind im ganzen Universum gleich, mein Lieber» antwortete Azakis lächelnd.
«Tja» fuhr der Colonel nach dem riskanten Scherz fort «ich glaube, du hast wirklich Recht. Wir brauchen eine seriöse und glaubhafte Einrichtung, um eine solch schwerwiegende und überwältigende Nachricht zu veröffentlichen. Ich mache mir etwas Sorgen wegen externer Eindringlinge, die auch General Campbell und die beiden Typen, die uns angegriffen haben, engagiert haben. Ehrlich gesagt ist der General mein direkter Vorgesetzter, aber es scheint so, als wäre er korrupt und ein Verräter.»
«Also sieht es so aus, als ob wir das Telefongespräch, von dem wir vorher geredet haben, wirklich machen müssen?» sagte Elisa.
«So absurd es scheint, aber vielleicht ist das wirklich die einzige Lösung.»
New York â Insel von Manhattan
In einem luxuriösen Büro im neununddreiÃigsten Stock des beeindruckenden Wolkenkratzers zwischen der 5th Avenue und der 59th Street in Manhattan in New York, stand ein eleganter, gepflegter und nicht sehr groÃer Mann vor einem der fünf groÃen Fenster, die ihn von der AuÃenwelt trennten. Er trug einen dunkelgrauen, sicher italienischen Anzug, eine auffällige rote Krawatte und hatte glatte, graumelierte Haare, die nach hinten gekämmt waren. Seine schwarzen und tiefgründigen Augen schauten durch das Fenster in Richtung des wundervollen Central Park, der praktisch zu seinen FüÃen begann und sich über vier Kilometer Länge und achthundert Meter Breite erstreckte. Er war eine wertvolle grüne Insel, Sauerstoffquelle und Freizeitort für die fast zwei Millionen Einwohner der Insel.
«Herr Senator, sie erlauben?» sagte ein glatzköpfiger Mann mit ausdrucklosem Gesicht, während er schüchtern an die elegante Eingangstür aus dunkel lackiertem Holz klopfte. Daneben trug ein vergoldetes Schild in schwarzer Schrägschrift die Aufschrift âSenator Jonathan Prestonâ.
«Was ist?» antwortete der Mann, ohne sich umzudrehen.
«Eine verschlüsselte Videoübertragung wartet auf sie.»
«Ok, ich nehme sie hier an. SchlieÃen sie die Tür, wenn sie gehen.»
Der Mann ging langsam zu seinem eleganten dunklen Schreibtisch und setzte sich auf einen weichen, schwarzen Ledersessel. Mit einer automatisch rückte er den Knoten seiner Krawatte zurecht, steckte den Ohrhörer in sein rechtes Ohr und drückte eine graue Taste unter der Arbeitsfläche. Ein groÃer, halbdurchsichtiger Monitor sank mit einem leichten Flüstern von der Decke herab, bis er sanft auf der Arbeitsfläche des Schreibtischs abgestellt war. Der Mann berührte den Bildschirm und vor ihm erschien das Gesicht von General Campbell.
«General, ich sehe mit Freude, dass sie sich nicht mehr im heimatlichen Gefängnis befinden.»
«Senator, wie geht es ihnen? Ich wollte ihnen vor allem für die schnelle und effiziente Befreiungsaktion danken.»
«Ich denke, dass dies den beiden Personen in ihrem Rücken zu verdanken ist.»
Der General drehte sich instinktiv um und sah den Dicken mit seinem Kumpel, die versuchten, sich von der Webcam aufnehmen zu lassen, wie es üblicherweise das Publikum machte, das normalerweise hinter einem Journalisten stand, der eine Live-Ãbertragung abgab. Er schüttelte leicht die Schultern und sagte dann «Sie sind sicher keine Füchse, aber für bestimmte Arbeiten sind sie wirklich zu gebrauchen.»
«Gut. Jetzt sagen sie mir alles. Ihr Bericht hätte vor mehr als zwölf Stunden hier sein müssen.»
«Sagen wir, dass ich in letzter Zeit etwas âbeschäftigtâ war» antwortete der General ironisch. «Ich kann ihnen jedoch bestätigen, dass ihre Vermutung über die Arbeit von Doktor Hunter richtig war und dass ich dank ihrer Entdeckung persönlich bei einem Vorfall dabei sein konnte, der untertrieben unglaublich war.»
Der General machte eine kleine Pause, um die Neugier seines Gesprächspartners noch zu schüren und fügte dann hinzu «Senator, ich weià nicht, wie das geschehen konnte, aber der Fund des berühmten âGefäÃes mit wertvollem Inhaltâ unserer Frau Doktor, muss auf irgendeine Weise ein System aktiviert haben, das auf unseren Planeten nichts weniger als...» Er verstummte mit dem Wissen, dass der Satz, den er jetzt sagen würde, etwas Schwierig zu verdauen war, atmete tief ein und sagte dann ohne weiteres Zögern «ein auÃerirdisches Sternenschiff zu uns geholt hat.»
Der Offizier versuchte seinen Blick geradeaus auf den Bildschirm zu richten, um ein Zeichen der Verblüffung auf dem Gesicht des Senators zu finden, der aber mit keiner Wimper zuckte. Er stützte nur seinen Ellenbogen auf seinen Schreibtisch und rieb sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und begann dann, es leicht zu zwicken. Dies für einige Sekunden und dann sagte er einfach nur «Sie sind also zurückgekommen.»
Der General konnte es nicht verhindern, seine Augen überrascht zu weiten.
Preston wusste schon alles über die AuÃerirdischen... Wie war das möglich?
Der Senator erhob sich langsam von seinem bequemen Sessel, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und begann im Kreis um den Schreibtisch zu laufen. Der General und die Mitarbeiter in seinem Rücken trauten sich nicht, noch etwas zu sagen. Sie schauten sich nur mit zweifelnden Blicken an und warteten geduldig.
Plötzlich kehrte Preston zu seinem Schreibtisch zurück, stützte beide Hände auf und schaute geradeaus in die Augen des Generals «Ihr hattet eine Drohne bei euch. Sagt mir, dass ihr einen Film des Sternenschiffes aufnehmen konntet.»
Der General drehte sich auf der verzweifelten Suche nach einer positiven Antwort zu den beiden um, die hinter ihm standen. Der Magere zeigte ein Lächeln, nahm das Wort an sich und sagte mit vor Stolz geblähter Brust «Natürlich Senator, auch mehr als einen. Ich schicke sie ihnen sofort.»
Ohne Rücksicht zu nehmen, schob er den General zur Seite und spielte, nachdem er die Tastatur vor sich betätigt hatte, in einem Fenster auf dem Bildschirm des Senators die Aufnahmen ab, die sie im Camp von Dr. Hunter gemacht hatten.
Preston stützte beide Ellenbogen auf dem Schreibtisch ab, legte das Kinn in seine Hände, die zur Faust geballt waren und näherte sich so weit wie möglich dem Monitor, um keines der Bilder zu verpassen, die vor ihm abgespielt wurden. Zuerst die Nachtaufnahmen des Steinbehälters, der im Boden vergraben war und dann die der mysteriösen schwarzen Sphäre im Inneren und den Transport derselben in das Laborzelt. Dann änderte sich das Szenario. Es war heller Tag. Augenscheinlich auf vier rötlichen Lichtstrahlen abgesetzt, die von den vier Ecken eines imaginären Quadrats auf dem Boden ausgingen, zeichnete sich deutlich eine silbrige ringförmige Struktur ab. Alles schien eine Art Pyramidenstumpf zu sein, der verblüffend dem Ziqqurat von Ur ähnelte, den man majestätisch im Hintergrund sehen konnte.
Der Senator konnte seine Augen nicht vom Bildschirm abwenden. Als er die beiden AuÃerirdischen sah, die ein menschliches Aussehen hatten, aber sehr viel gröÃer und kräftiger gebaut waren als der Durchschnitt, die durch die Ãffnung der silberfarbenen Struktur heraustraten und mit breiten Beinen auf die Plattform stiegen, die wohl für den Ausstieg gedacht war, konnte er nur ein Raunen von sich geben und merkte, wie ihm das Herz bis zum Hals stieg.
Der Traum, den er seit seinem Leben verfolgte, hatte sich bewahrheitet. All seine Studien, seine Forschungen und vor allem sein Kapital, das er in dieses Projekt gesteckt hatte, hatten endlich die erhofften Ergebnisse erreicht. Die Beiden auf dem Bildschirm waren wirklich AuÃerirdische, die an Bord ihres supermodernen Sternenschiffes durch den interplanetaren Raum geflogen waren, um wieder auf die Erde zurückzukehren. Jetzt konnte er diejenigen, die ihn immer kritisiert hatten, ins Gesicht sagen, dass seine Berechnungen absolut korrekt waren. Der mysteriöse zwölfte Planet des Sonnensystems existierte wirklich. Sein Orbit kreuzte nach 3.600 Jahre wieder den der Erde und er hatte zwei der Bewohner vor sich, die den âVorbeiflugâ des Planeten nutzten, um uns wieder zu besuchen und erneut unsere Kultur und unsere Leben zu beeinflussen. Es war schon wer weià wie oft in den tausenden von Jahren passiert und jetzt wiederholte sich die Geschichte. Diesmal war aber auch er da und er hätte sich diese phantastische Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen.
«Sehr gute Arbeit» sagte der Senator zu den Dreien, die ihn erwartungsvoll durch den Bildschirm anschauten. Dann, nachdem er eine komplette Drehung mit dem Sessel gemacht hatte, auf dem er saÃ, fügte er hinzu «Die Tatsache, dass Sie entdeckt wurden, General, wird die Dinge etwas komplizierter gestalten. Wir werden nicht mehr die Möglichkeit haben, ein autoritäres âOhrâ bei der ELSAD zu haben, aber das interessiert uns jetzt auch nicht mehr.»
«Was meinen Sie damit, Senator?»
«Jetzt ist es nicht mehr unser Ziel zu erfahren, ob die Annahmen von Dr. Hunter richtig sind oder nicht. Ebenfalls ist auch der Besitz des âwertvollen Inhaltsâ nicht mehr wichtig.»
«Das auch, weil er alles auÃer wertvoll ist» flüsterte der Dicke.
«Wir können jetzt direkt die Phase zwei angehen» sagte der Senator und tat so, als hätte er die Anmerkung nicht gehört. «Vor uns haben wir eine unglaublich moderne Technologie und sie wurde uns auch noch auf einem Silbertablett serviert. Alles was wir tun müssen, ist sie zu nehmen, bevor jemand anderes uns zuvorkommt.»