»Ich kann es nicht erwarten bis du den Mann findest, mit welchem du hoffst den Rest deines Lebens zu verbringen«, sagte Estella vernichtend. »Und lache, wenn dein Vater alles tut, um dich von ihm zu trennen. Dann erinnere ich dich gerne an ebendiese Aussage.«
»Ich glaube nicht an Liebe«, sagte sie. »Alles, was ich brauche, ist jemand der mich in der Manier verhält, an welche ich mich gewöhnt habe. Ich setze ein Kind oder zwei für ihn in die Welt und suche dann einen Liebhaber zum Vergnügen.«
Wer war diese Frau? Wie waren sie im gleichen Haushalt aufgewachsen und so erheblich verschieden geraten? Sie hatten dasselbe Alter und sie haben die letzten fünf Jahre gemeinsam gelebt. Estellas Mutter war drei Jahre, nachdem sie den Herzog geheiratet hatte, verschieden. Annalise hatte damals netter gewirkt.
»Es ist nicht wichtig«, sagte Estella. »Dein Vater hat mir bereits gesagt, dass ich nach heute Nacht nicht weiter in Wolfton Manor bleiben werde. Morgen werde ich verbannt bis die feine Gesellschaft vergisst, dass ich existiere. Es ist dem so oder so vorzuziehen, was er geplant hatte.«
Sie würde nicht einen alten Lustmolch heiraten, weil der Herzog es befohlen hat. Er hatte erklärt, dass Estella den Earl of Dredfield heiraten würde oder in das winzige Dorf Sheerness verbannt wird. Ihre Großmutter hatte dort ein Häuschen besessen und es Estella nach ihrem Tod vermacht. Sie würde für weitere dreieinhalb Jahre nicht an ihr Erbe kommen. Sie konnte bis dahin dort leben, und wenn sie genug Glück hatte, würde Donovan bis dahin nicht geheiratet haben. Wenn sie nicht länger unter der Kontrolle des Herzogs war, konnte sie ihn anflehen sie zurückzunehmen. Bis dahin musste sie still bleiben. Der Herzog hatte zu viel Macht und konnte sie beide ruinieren.
»Kann schon sein«, sagte Annalise. »Aber erwarte nicht, dass dies das Ende sein wird. Vater mag es nicht zu verlieren.«
Nein, das tat er nicht. Estella betete, dass er es ruhen lassen würde. Zumindest lange genug, so dass sie Kontrolle über ihr Leben erlangen konnte. Dann wäre sie in einer besseren Position sich gegen ihn zu wehren. Eine Träne drohte aus ihrem Auge zu fallen. Sie wischte sie weg, bevor diese sie verraten konnte.
»Das mag sein«, sagte sie. »Aber er hat mich bereits auf die schlimmstmögliche Weise besiegt. Das sollte ihn bis auf weiteres glücklich machen.«
Der Himmel wusste sie wäre weit davon entfernt Donovan hasste sie jetzt. Welche Chance hatte sie wirklich ihn zurückzugewinnen? Sie hatte seine Liebe gehabt und alles, was sie zu tun gehabt hatte, war sie zu akzeptieren. Er würde nie verstehen, dass sie ihn fortgestoßen hatte, um ihn zu schützen. An seiner Stelle wäre sie wahrscheinlich ebenfalls nicht versöhnlich. Sie würde einfach ihr Leben leben müssen und hoffen, dass die Zeit seine Wunden heilen ließe. Ihre würden schwären und im Laufe der Zeit genug verhärten, so dass sie das tun konnte, was für sie beide notwendig war.
Es war alles, was sie tun konnteund sie würde es tun. Sie war stark und fähig. Kein Mann, besonders ihr niederträchtiger Stiefvater, würde sie lange unter Kontrolle haben. Ihre Geduld, Unverwüstlichkeit und Intelligenz würden ihr beistehen, bis zu dem Tag, an welchem sie ihn wie den bösen Mann stürzte, der er war.
KAPITEL EINS
Juni 1816
Donovan ächzte und umklammerte die Oberseite seines Kopfs. Was, verfluchte Hölle, prallte andauernd gegen seinen Schädel, versuchte geradewegs einen Weg hindurch zu schlagen? Vielleicht sollte er sich herumrollen und das winzige Biest sich durchsetzen lassen. Was hatte er überhaupt, um dafür zu leben? Sein Leben war nicht viel wert und er hatte es so gut wie aufgegeben jemals wieder Glück zu finden. An den meisten Tagen trank er sich selbst zur Besinnungslosigkeit. Er hatte alle Hoffnung an dem Tag verloren, an welchem Estella ihm das Herz gebrochen hatte. Er war vollständig empfindungslos allem gegenüber und sah keinen Sinn darin sich zu kümmern.
Vielleicht war dies das Problem. Er hatte ziemlich heftig getrunken in der Vergangenheitna ja, immer. Er konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, als er nüchtern gewesen war. Ehrlich gesagt konnte er sich nicht an das letzte Mal erinnern, wann er sich die Mühe gemacht hatte zu baden. Er musste ziemlich übel riechen. Oh na ja, es ist nicht so, also ob er in nächster Zeit mit einer reizenden Frau ins Bett krabbeln würde. Hatte er nicht das Leben aufgegeben? Er wäre so oder so bald tot.
»Was solln wir mit ihm tun?«
Der männliche Akzent ließ wenig Zweifel an seiner Herkunft. Er war überhaupt keiner der vornehmen Sorte. Wahrscheinlich ein Hafenarbeiter Wohin war er überhaupt gestolpert? Er sollte seine Augen aufmachen und es herausfinden, aber er konnte sich nicht dazu bringen sich zu bemühen. Sein Kopf schmerzte so bereits schon genug.
»Der Käptn wird wissn, was zu tun is«, sagte ein anderer Mann.
Was war das? Ein Klub für ungehobelte Hafenarbeiter? Donovan wünschte sich wirklich, dass er sich daran erinnern konnte, was er getan hatte. Er vermutete, dass sie etwas anderes als Hafenarbeiter sein könnten. Soweit er wusste, war er in die Elendsviertel Londons gestolpert. Wie dem auch sei, er hatte Glück, dass er am Leben war. Wenn er darüber nachdachte Warum hatten sie ihn nicht geradeheraus umgebracht? Das hätte mehr Sinn gemacht.
»Wir solltn ihn auslöschn«, sagte der erste Sprecher. »Käptn Estes würde uns dafür dankn.«
»Biste verrückt?«, fragte der andere Mann. »Estes hasst es, wenn wir Entscheidungen allein treffn. Das wird uns nich gedankt; nur unser eignes Leben für unsre Dummheit verwirkt.«
Nun, das beantwortete ein paar Fragen. Sie hätten ihn wahrscheinlich auf eigene Faust getötet. Wer war dieser Estes? Donovan war nicht ganz sicher, ob er den erhabenen Gentleman treffen wolltewenn er so genannt werden konnte. Er führte mit Sicherheit ein strenges Schiff. Er hätte darüber gelacht, aber leider schmerzte sein Kopf so bereits genug.
»Hast Recht«, stimmte der Mann zu. »Schau nach ihm und ich geh den Käptn suchn.«
Er war also auf einem Schiff. Mist und verdammt Er hatte gehofft, dass er falsch lag. Es ließ sich nicht sagen, wohin sie steuerten. Warum zum Teufel hatte er sich auf einem verfluchten Schiff versteckt? Was hatte er gedacht würde er erreichen. Er hatte wahrscheinlich nicht beabsichtigt auf diesem verdammten Ding zu sein. Sein Vollrausch hatte ihm in den letzten vergangenen Jahren viel eingebrockt. Dies war nur ein weiteres Abenteuer auf seinem Weg zum Ruin. Vielleicht hätte er wieder auf Besuch ins Manchester Castle gehen sollen. Sein Freund hätte ihm vielleicht geholfen wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Nein, der Graf war selig glücklich. Es war scheußlich und wundervoll zu sehen. Er freute sich für Garrick, wahrlich. Aber konnte nichts gegen den Samen der Eifersucht tun, der aufgekeimt war, als er ihn gesehen hatte, wie er die Liebe seines Lebens gefunden hat und in der Lage war sie zu behalten. Er war kein guter Mann oder Freund. Es war das Beste, wenn er fern blieb.
»Biste wach?«, fragte der Mann und trat ihn dann.
Donovan ächzte: »Ach, leck mich am Arsch.«
Er hatte sich nicht auf die Bastarde einlassen wollen, aber dieser eine würde ihn nicht in Ruhe sterben lassen. Oh na ja, wie spaßig wäre es leise zu gehen? Er war nicht dafür bekannt großartige Entscheidungen zu treffen. Nein, die feine Gesellschaft sprach von ihm als dem goldenen Schelm, oder zumindest haben sie das zu tun gepflegt. Er war diesem Ruf in letzter Zeit nicht gerecht geworden. An den meisten Tagen blieb er Zuhause und trank bis er bewusstlos wurde. Er sah den Grund nicht in der Stadt umher zu gehen, wenn er reichlich Alkohol in seiner eigenen Schatzkammer fand, um die Stunden dahinsiechen zu lassen.
»Lieber nich, mi Lord«, gab der Mann zurück. »Der Käptn wird bald hier sein und Ihr riecht ziemlich streng. Ich würde Euch baldigst über Bord werfn, aber is nich an mir die Entscheidung zu treffn.«
Wie stehts damit? Er hatte richtig mit seiner Vermutung gelegen. Vielleicht sollte es ihn kümmern, aber es war eine Weile her gewesen. Warum jetzt anfangen? Sicherlich sollte er das. Er hatte ein Anwesen, einen Titel, keine Erben, um das weiterzugeben. Also würde irgendein entfernter Cousin oder irgendwer im Begriff sein seinen Wunsch zu bekommen. Er konnte sowieso nichts damit anfangen ein Vicomte zu sein. Was hatte es ihm jemals wirklich gegeben? Geld? Er schnaubte gedanklich. Das hatte ihm keine Spur von Glück gegeben. Sicherheit? In einem gewissen Maße hatte es das. Geld versorgte ihn mit den Notwendigkeiten des Lebens; jedoch gab es ihm ebenfalls die Mittel um es zu ruinieren. Wenn er nicht das Geld gehabt hätte, hätte er möglicherweise arbeiten müssen, um zu überleben. Dann hätte er es vielleicht wertgeschätzt, anstatt sich im Alkohol zu ersäufen. Zu was für einer Art Mann machte es ihn, dass er so verdammt einfach aufgegeben hatte?
»Nicht mein Problem«, murmelte Donovan.
»Gütiger Gott«, sagte eine Frau. »Was ist dieser Geruch?«
»Der Herr«, erklärte einer der Männer. »Wir habn ihn hier unten gefundn.«
»Was wollt Ihr, dass wir mit ihm tun?«, fragte ein anderer Mann.
Die Frau blieb still. Sah er so schlimm aus? War dies der berühmte Estes? Er hatte keine Frau erwartet und diese Überraschung war ziemlich nett. Meistens mochte Donovan einen guten Schock. Es ließ ihn sich lebendig fühlen. Dies war eine dieser Gelegenheiten. Er wünschte, dass er die Energie hätte seine Augen zu öffnen, um einen guten Blick auf diesen weiblichen Kapitän zu bekommen. Sie musste groß und stämmig sein, um die Treue dieser Männer zu beherrschen.
Scheiß drauf. Er würde einen kurzen Blick auf sie bekommen. Vielleicht würde es ihm die Energie geben weiterzuleben. Dann konnte er Manchester Castle besuchen und Garrick von dem weiblichen Kapitän erzählen. Sie beide würden sich gut darüber amüsieren. Es würde genug sein, um für eine Weile nüchtern zu bleiben. Er hatte Momente, in welchen er nicht trunken war, aber sie waren dünn gesät. Dies könnte der Katalysator für einen sein.
Langsam öffnete er seine Augen. Er blinzelte einige Male. Vielleicht war er gestorben. Die Frau vor ihm war nicht groß oder stämmig. Sie war schlank gebaut, schmale Hüften eingeschlossen in ledernen Hosen, ein wogendes weißes Oberteil bedeckt von einer ledernen Weste. Ihr rotblondes Haar war an ihrem Rücken herunter geflochten. Diese saphirblauen Augen jedocher würde sie in einer Million Lebzeiten nicht vergessen. »Estella?«
Hölle und Verdammnis. Was machte Donovan auf ihrem Schiff? Sie hatte immer beabsichtigt ihn ausfindig zu machen, nachdem ihr Exil geendet war. Sie konnte noch nicht nach London zurückkehren. Ihr Stiefvater behielt den Überblick über sie. Zumindest glaubte er das. Er schickte willkürlich Spione, um sie zu besuchen. Was der Herzog nicht begriff, sie hatte ihre eigenen Spione. Sie wusste, dass sie kamen, bevor sie angekommen sind. Wenn sie es erfuhr, dachte sie immer daran Zuhause zu sein. Die meiste Zeit war sie das sowieso; dann und wann musste sie jedoch auf dem Schiff sein, um sicherzugehen, dass alles wie geplant lief.
Der Herzog hat ihr nicht viel Geld zum Leben gegeben. Er hatte tatsächlich nichts geschickt, seit sie am Anfang hier angekommen war. Sie musste einen Weg finden zu überleben und sie hatte das erste bisschen Geld genommen und es verdoppelt, dann das verdoppelt, bis sie genug hatte um durch das Jahr zu kommen. Als sie darauf hinab gestarrt hatte, erkannte sie, dass sie nicht weiter spielen konnte. Sie konnte auf diesem Weg nicht genug verdienen und die Chancen zu gewinnen waren jedes Mal niedrig. Sie hatte nichts dagegen ein Risiko einzugehen, aber es musste es wert sein. Dann hatte sie zufällig mitgehört, wie jemand über eine Verschiffungs-Unternehmung prahlte. Zu dieser Zeit hatte sie nicht begriffen, was die Unternehmung genau war, aber sie hatte so oder so aus dieser ihren Nutzen gezogen. Sie hatte das bedeutendste Kartenspiel ihres Lebens gespielt und das Schiff des Mannes gewonnen, und seinen Respekt. Er war jetzt ihr Erster Offizier und hielt einmal in der Woche um ihre Hand an.
Sie antwortete Donovan nicht. Er war eindeutig ziemlich betrunken. Vielleicht würde er vergessen, dass er sie gesehen hatte. Sie drehte sich zu ihren Männern und befahl: »Badet ihn. Wenn das erledigt ist, bindet ihn an das Bett in meiner Kammer.« Seine normalerweise schönen goldenen Locken strotzten vor Dreck und Fett. Seine Hautfarbe war weiß und grenzwertig durchscheinend, mit Ausnahme seiner Wangen. Sie hatten vom Alkohol eine rötliche Färbung. Wenn diese Farbe nicht wäre, hätte er tot ausgesehen. Seine Augen jedochsie waren das Schlimmste für sie. Die blauen Tiefen waren glasig und schauten beinahe durch sie hindurch. Da erkannte sie, wie schlecht es ihm ging, und dass sie ihm helfen musste.
»Ihr denkt dran ihn zu benutzn?«, fragte einer der Männer, Schock klang in seiner Stimme nach.
Estella würde Donovan nie benutzen. Sie wollte nur nicht, dass er nach Belieben über das Schiff verfügen konnte. Ihn zu fesseln war ein Erbarmen, das sie niemand anderem gewährt hätte. Donovan jedoch, sie war es ihm schuldig. Sie konnte das den Männern jedoch nicht sagen. Sie verstanden Gewalt und sie musste sie glauben machen, dass sie zu allem fähig war. Sie betastete den Griff ihres Rapiersdankbar für ihren Fechtunterricht, bevor ihre Mutter gestorben war. Sie gaben ihr die Fähigkeiten, die sie benötigte, um die blutrünstige Schmugglerin zu sein, die diese Männer erwarteten. Das Rapier war jedoch gefährlicher als das Florett, das sie normalerweise benutzte. »Stellst du mich in Frage?«
»Nein, Käptn«, sagte er und schluckte dann schwer. »Wir lassn Euch wissn, wenn es erledigt is.«
»Gut«, sagte sie und drehte sich, um zu gehen.
»Estella«, rief Donovan aus. Sie hielt an, aber blickte nicht zurück. Sie konnte nicht. Er ähnelte nicht einmal entfernt dem Mann, in den sie sich verliebt hatte. Was war mit ihm über die Jahre passiert? Sie hätte nach ihm sehen sollen und danach schauen, dass es ihm gut geht. Dies war ihre Schuld. Sie hatte ihn an den Rand des Ruins gebracht. Es war an ihr sicherzustellen, dass er einen Weg zurück fand.
»Geh nicht«, flehte er. »Warum musstest du gehen ?« Pein erstreckte sich über diese Frage und stach auf sie ein, wo es am meisten wehtat. Ihr Herz brach von neuem. Das war zu viel. Ihr Stiefvater würde dafür bezahlen, was er getan hatte. Sie hatte das vor langer Zeit gelobt und sie beabsichtigte es einzuhalten. Zuerst schuldete sie Donovan eine Erklärung. Wenn er mehr er selbst war, würde sie ihm alles erzählen. Wenn er entschied sie zu hassen, würde sie ihn nicht aufhalten. Wenn sie nach England zurückkehrten, würde sie sicherstellen, dass er es in einem Stück zurück nach London schaffte.
»Käptn?«
Sie blickte über ihre Schulter auf das Mannschaftsmitglied. »Ja?«
»Kennt Ihr ihn?«
»Sei nicht albern«, sagte sie. »Er ist nur ein Mannein feiner Pinkel, nicht mehr. Ich bin mit niemandem aus dem gehobenen Kreis bekannt.«
Niemand besuchte sie und das machte es einfacher diese Vortäuschung aufrechtzuerhalten. Sie war für sie nicht Lady Estella Sims und würde es nie sein. Wenn sie ihre Erbschaft erhielt, würde sie England verlassen und niemals zurückblicken. Die einzige Sache, die sie zu bleiben versuchte, war Donovan. Für ihn würde sie alles überdenken und alles tun.