Wo sich die Wasserbecken verengten, wurden Bogenbrücken geworfen, aber sie waren alles andere als sicher. Sogar der Heiligenschein um den Mond nahm hier eine bedrohliche rote Farbe an.
Nachdem er das Mädchen über die Brücke gezogen hatte, zog der Bucklige einen Kupferstock unter seinem Umhang hervor, schlug ihn auf einen flachen Felsen und sofort bildete sich ein Riss in der glatten Oberfläche. Sie kroch hoch, dann zur Seite und zeichnete ein dreieckiges Muster. Diese Zeichnung stellte sich als Tür heraus. Jemand öffnete es von innen. Riesige hässliche Hände packten Rose wie ein Spielzeug und warfen sie in die Dunkelheit. Die Tür im Felsen schloss sich mit einem Kreischen und ließ keinen Schlitz für Licht.
Die Prinzessin wusste nicht, wie lange sie mit dem Gesicht nach unten auf dem kalten Boden liegen musste. Aber plötzlich blitzte eine Fackel in der Dunkelheit. Die Flammen löschten schmutzige Eisenstangen und Vorhängeschlösser. Einige Gestalten bewegten sich wie Schatten neben ihnen, sanft und leise. Im Gegensatz zu menschlichen Händen umarmten Hände Eisenstangen. Das Rascheln langer Roben war zu hören.
Mehrere weitere Fackeln schlossen sich der ersten an. Sie schienen sich alleine durch die Luft zu bewegen. Einer von ihnen flog zu Roses Gesicht. Es kam keine Hitze von ihm und der Holzgriff war frei von jeglicher Unterstützung.
Rose wich zurück, und die Fackel flog an ihr vorbei und beleuchtete die rutschige Bodenplatte. Zwei Hände packten Rose an den Ellbogen, zwangen sie auf die Füße und zogen sie schnell mit sich. Rose erkannte Figuren in langen Gewändern, deren Köpfe von Masken mit Vogelschnäbeln verdeckt waren.
Eine Fackel flog voraus und beleuchtete die düsteren Korridore. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen und zeichnete Feuerzeichen direkt in die Luft. Rose verstand ihre Bedeutung nicht, aber die Figuren in Masken lasen flüsternd die feurigen Buchstaben, und sie löschten sich sofort aus und hinterließen schwarze Rauchstreifen.
Dieser höllische Korridor wird niemals enden, dachte die Prinzessin. «Ich werde hier unter der Erde bleiben und nie wieder die Sonne sehen. Ich bin eine Geisel, ich bin ein Opfer von Verrat. Gedanken schwärmten in ihrem Kopf. Annahmen, eine schrecklicher als die andere, trafen das Gehirn. Der Weg in die Dunkelheit hatte kein Ende. Sie wollte vergessen und einschlafen, aber zwei düstere Wachen zogen die Gefangene nach vorne und ließen sie keinen Moment verweilen.
Rose war müde und schwach, ihre Augenlider waren schwer und klebrig, aber es war unmöglich zu schlafen. Vor sich sah sie massive gusseiserne Türen, die mit komplizierten Verzierungen bedeckt waren und von einem Bogen glühender Fäulnis begrenzt waren.
«Was für ein Ort ist das? Was wartet vor der Tür auf mich?» dachte Rose beim Gehen. Bevor sie Zeit hatte, das rettende Wort des Gebets zu schreien oder zu flüstern, stießen sie Stahlhände in einen geräumigen Raum, der sich in einem Ring schloss. Es war ein Gerichtssaal.
Holzständer erhoben sich in Reihen übereinander. Oben, unter der Kuppel der Decke, befinden sich mehrere Gitterfenster. Dies bedeutet, dass Rose nicht mehr unter der Erde oder im Felsen war, sondern im Herzen der Insel der Zauberer.
In der Mitte des Gerichtssaals stand ein niedriger eiserner Hocker. Die Gestalten, die sie mit Gewalt zerrten, zwangen die Prinzessin zu ihm, und sie selbst standen hinter ihr.
Überall waren Menschen in langen Gewändern und gespannten Hüten, regungslos und sprachlos. Es schien, als wäre jeder von ihnen zu seinem Platz hinter der hölzernen Tribüne gewachsen. Heftige Augen schauten aus blassen, hageren Gesichtern. Spinnenfinger spielten mit vergilbten Pergamentrollen oder klopften einfach auf die Tischplatte.
Öllampen füllten den Raum mit schwachem, orangefarbenem Licht. Der Schreibtisch des Richters blieb frei, und die Angeklagte saß bereits an ihrer Stelle. Rose sah sich entsetzt um.
Dutzende abscheuliche, verbitterte Augenpaare starrten sie an. Die Größe der Halle war überwältigend und bedrückend. Hier wirkte die zerbrechliche Gestalt der Prinzessin in einem goldenen Kleid winzig. Zerzaustes Haar bedeckte ihre verletzten Schultern. Plötzlich fiel ein heller Lichtstrahl auf ihr Gesicht. Rose wurde munter. Hinter ihr schlurften Schritte. Sie sah einen gekrönten Buckligen als Richter auf der Plattform übernehmen. Sein schwerer, knorriger Schatten bedeckte Rose. Ein wütender Blick ruhte auf ihrem Gesicht.
«Lasst uns beginnen!» sagte der Bucklige. Seine Stimme klang wie ein Donnerschlag in der tödlichen Stille.
In diesem Moment schwang das kegelförmige Fenster unter der Decke auf und ein Adler flog hinein und schlug mit den Flügeln. Der Fensterflügel schlug zu. Der Vogel setzte sich auf einen leeren Stuhl und schrie. Stolz hinter dem Rücken gefaltet, versteckten die Flügel nicht mehr die scharlachrote Naht auf der Brust des Adlers. Rose erkannte die Spur an ihrer eigenen Kugel und war verblüfft. Was geschah, war wie ein Albtraum. Die Flügel des Vogels begannen zu wachsen und sich zu dehnen. Der Schnabel wurde kleiner. Die Federn verdichteten sich und verwandelten sich in schwarze Kleidung. Und jetzt war es kein Adler mehr, aber eine andere stille Jury trug Rose mit seinen wütenden Augen.
«Erkennen Sie alle den Verurteilten?» Der Richter fragte laut und viele Köpfe in schwarzen Hüten nickten zustimmend.
«Was können Sie zu Ihrer Verteidigung sagen?» Die bedrohliche, anklagende Stimme des Buckligen ertönte erneut.
Rose schauderte unwillkürlich. Von allen, die sie richteten, ging eine Stimmung des Hasses und der Verachtung aus. Sie wollten jemand anderen anstelle des Angeklagten sehen, aber nach Lust und Laune des lächerlichen Schicksals befand sie sich hier.
Das Mädchen versuchte, all ihren Mut zu mobilisieren.
«Sie haben sich geirrt!» Sie sagte. Ihre eigene Stimme schien ihr schwach und seltsam. «Ich bin nicht wer du willst.»
«Wer bist du?» Der Bucklige lachte tief und widerlich. «Wie heißen deine Eltern?»
«Mein Vater ist König Christian, und meine Mutter ist Königin Odile», sagte Rose. Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber ihre Zunge gehorchte ihr nicht.
Als der Bucklige ihre Worte hörte, sprang er von seiner Bank auf, beugte sich über das Podium und krächzte:
«Du lügst!»
Er warf den Hammer des Richters hinunter, kramte in den Papieren auf dem Tisch und zog ein zerknittertes Stück Papier mit zerrissenen Kanten heraus.
«Du wusstest, welches Schicksal dich erwartete», sagte er und wandte sich an Rose. «Deine Lügen werden den Satz nicht mildern.»
«Bring sie näher!» befahl der Richter.
Die Wachen packten Rose sofort an den Ellbogen und zogen sie zum Podium. Der Bucklige holte eine Feder aus einem Tintenfass und schrieb noch ein paar Zeilen auf die Unterseite des zerrissenen Blattes. Dann legte er es hin und legte eine lange, schwere Hand auf Roses Schulter.
Die Prinzessin wusste, dass er sich jetzt darauf vorbereitete, eine Art alten Hexenritus durchzuführen. Sie wollte sich befreien, aber die Wachen hielten sie fest und erlaubten ihr nicht einmal, sich zu bewegen.
«Ich habe lange Zeit die Bestrafung für Sie aus der Liste der Zulässigen ausgewählt, aber keine von ihnen wird die Sünden, die Sie begangen haben, zurückzahlen», sagte der Richter erneut in einer funkelnden Krone. «Nach Zustimmung unseres Rates habe ich das Recht, auf die bisher verbotene Bestrafung zurückzugreifen. Die Ausführung wird abgebrochen. Stattdessen habe ich den Schwanenfluch auf dich gelegt.»
Rose starrte ihn ungläubig an. Sie verstand nichts. Ein triumphierendes Lachen hallte durch die Halle. Rose drehte sich um, sah aber keinen einzigen Geschworenen. Alle Plätze waren leer, nur eine schreiende Herde von Gyrfalcons, Falken und anderen Vögeln flog durch die geöffneten Türen und verschwand in der Dunkelheit.
«Ich habe lange Zeit die Bestrafung für Sie aus der Liste der Zulässigen ausgewählt, aber keine von ihnen wird die Sünden, die Sie begangen haben, zurückzahlen», sagte der Richter erneut in einer funkelnden Krone. «Nach Zustimmung unseres Rates habe ich das Recht, auf die bisher verbotene Bestrafung zurückzugreifen. Die Ausführung wird abgebrochen. Stattdessen habe ich den Schwanenfluch auf dich gelegt.»
Rose starrte ihn ungläubig an. Sie verstand nichts. Ein triumphierendes Lachen hallte durch die Halle. Rose drehte sich um, sah aber keinen einzigen Geschworenen. Alle Plätze waren leer, nur eine schreiende Herde von Gyrfalcons, Falken und anderen Vögeln flog durch die geöffneten Türen und verschwand in der Dunkelheit.
«Lass sie wegfliegen!» Der Bucklige grunzte gebieterisch. «Das Ritual muss ohne unnötige Zeugen durchgeführt werden.»
Er starrte seinen Gefangenen an und begann leise einige unverständliche, bedeutungslose Worte für einen einfachen Mann zu flüstern. Die Hypnose ging von ihm mit einem dunklen, starken Faden aus und drehte sich um Rose. Rose sah in die brennenden Augen des Zauberwirkers und es schien ihr, als stünde sie am Rande eines wütenden, feurigen Abgrunds. Die Prinzessin hatte Fieber. Ohnmacht näherte sich ihr wie ein Fremder in einem dunklen Umhang.
Der Bucklige zog einen scharfen, angewiesenen Dolch aus seinem Gürtel und schnitt eine Haarsträhne aus Roses Kopf. Ein Strang schwarzer Schlange rollte sich um die geschärfte Klinge, bevor der Zauberer den Dolch in eine Schüssel senkte, die mit zischender, silberner Flüssigkeit gefüllt war. Beim Kontakt mit dem Strang und dem Metall nahm es sofort eine tiefe, schwarze Farbe an.
Rose beobachtete fasziniert die Aktionen des Zauberers. Seine Worte und Gesten waren für sie unverständlich. Hier bedeckt er die Schüssel mit einem Stück lila Satin, auf das Vogelköpfe gestickt sind. Dann holt er eine Schachtel mit schimmerndem Silberpollen heraus.
Das Mädchen machte einen weiteren verzweifelten Fluchtversuch, aber es war zu spät. Der Zauberer goss den Inhalt der ominösen Schachtel direkt auf Roses Kopf. Zuckerstaub bedeckte ihr Gesicht. Dornige Körner fielen auf das Kleid und verhedderten sich in ihren Haaren. Übelkeit stieg in ihrem Hals auf. Die Augen wurden dunkel. Ein scharfer Schmerz schoss durch ihren linken Arm, als hätte jemand ein Messer über das Handgelenk geschlagen.
In diesem Moment ließen die Wachen ihren Gefangenen frei. Lautes Lachen hallte durch die düstere Leere. Rose streckte die Hand aus. Es war keine Hand mehr. Die Finger streckten sich zu langen Schwanenfedern, das Handgelenk hatte die Größe eines Vogelflügels. Schwindel nahe der Ohnmacht ließ nicht zu, dass Horror während der Transformation den Geist eroberte. Das Mädchen verschwand, anstelle von ihm kreiste ein schöner schwarzer Schwan unter der Decke und versuchte, sich aus dem stickigen Verlies zu befreien. Die Fenster und Türen waren geschlossen. Der Vogel eilte vergeblich von Ecke zu Ecke auf der Suche nach einem Ausweg.
«Und du wirst bis zum Ende des Jahrhunderts ein Schwan sein.» Das Ende des Zaubers klang freudig und feierlich.
Der Bucklige entfernte alle rituellen Accessoires. Er las den Vertrag zum letzten Mal und versteckte ihn in einer Schublade. Der Schwan, der verzweifelt gegen das Glas des hohen Fensters schlug, brachte ein selbstgefälliges Lächeln auf sein Gesicht.
Währenddessen fielen funkelnde Federn von den schwarzen Flügeln. Der Schwan stieg langsam herab. Das Gefieder verschwand, aber das Auge konnte nicht die gesamte Abfolge der Transformationen sehen.
Der Zauberer starrte zweifelnd auf die seltsame Szene vor ihm. Hatte er den Zauber falsch verstanden? Die verurteilte Frau sollte für immer ein Vogel werden, aber ein paar Minuten vergingen und sie verlor ihr Schwanenaussehen. Auf dem Boden lag kaum atmend kein Vogel mehr, sondern die alte Schönheit in Gold.
Rose stützte sich auf die Ellbogen. Ihr ganzer Körper schmerzte nach der Verwandlung. Das Herz schlug einen rasenden Rhythmus. Die Arme, die vor einem Moment Flügel gewesen waren, schmerzten und bluteten. Das Mädchen überwand den Schmerz und stand auf. Der Zauberer bückte sich unter dem Gewicht seines Buckels und eilte auf sie zu. Etwas blitzte in seiner Hand wie ein lila Stern. Er sagte kein Wort, aber sein Blick donnerte vor Wut.
Im Handumdrehen packte er das Handgelenk des Opfers, hinderte sie daran, ihre Hand zu bewegen, und legte einen Ring mit einem riesigen Amethyst auf seinen dünnen Finger. Kaltes Metall packte den Finger und brannte fast in die Haut. Rose versuchte den Ring zu entfernen, aber er schien an ihrer Hand zu haften.
In der Zwischenzeit öffneten sich die Türen der Halle, ließen den Kopf der düsteren Gemeinde und seine Diener los und knallten erneut zu. Wandernde Lichter tanzten an den Wänden. Rose wurde allein zwischen den leeren Bänken und Ständen gelassen. Hier wohnte das dunkle Böse. Ein leises, kaum hörbares Flüstern kam aus der Stille.
«Lass den Drachen für dich kommen!» flüsterte jemand ganz nah. Rose schaute auf ihre Hand und bemerkte entsetzt, dass die Stimme von dem leuchtenden Stein auf dem Ring kam. Alle seine Facetten schimmerten, und in der trüben violetten Tiefe blitzte ein blasses, winziges Gesicht auf und verschwand.
Die Stille hallte mit einem höllischen Gebrüll wider. Rose schien, dass das gesamte Sonnenlicht hinter einem riesigen hohen Fenster konzentriert war und die Nachtsterne verdunkelte. Aber die Sonne konnte nicht so hell scheinen. Es war keine feurige Scheibe, die den Himmel erhellte, sondern eine majestätische, riesige Silhouette eines geflügelten Drachen, wie Magie, die in der Ferne erschien. Der Drache näherte sich. Feuer brach aus seinem Mund.
Rose konnte nicht glauben, dass sie ihn sah. Hier ist er, der himmlische Herrscher, der Entführer junger Jungfrauen. Von seinem Gebrüll brach die Erde und die himmlischen Höhen rissen auseinander. Das Grollen ließ Rose aus ihren Ohren bluten. Der feurige Atem des Drachen versengte die Luft. Die Wände waren heiß von der Hitze. Rose kam es vor, als wäre sie in der Hölle.
Metallflügel flatterten ununterbrochen, und das Mädchen dachte, es sei ein Hammer, der auf einen Amboss klopfte. Ein unerträgliches goldenes Leuchten blendete die Augen. Eine Krallentatze kratzte am Glas am Fenster. Aber der Drache ist zu groß für eine so enge Öffnung. Er kann hier nicht rein. Rose wurde ohnmächtig. Der Ring drückte ihren Finger noch fester.
Für einen Moment herrschte eine rettende Stille, dann folgte ein starker Schlag. Das Fenster und ein Teil der Wand wurden von seiner Kraft gesprengt. Ein Wasserfall aus Holzspänen und Steinen sprudelte herab. Ein starker Windstoß riss an den Haaren des Mädchens. Sie hob den Kopf, um dem strengen, flackernden Blick des Drachen zu begegnen, der auf sie zuflog.
Goldene Flügel pfiffen durch die Luft und fingen den Wind ein. Diese Geräusche klangen wie ein Lied.
Starke Pfoten mit langen Krallen packten Rose und rissen sie leicht wie eine Feder vom Boden. Einen Moment später schwebte der Drache mit seiner Beute bereits hoch am Himmel.
Die Insel wurde weit zurückgelassen, der Silver River aus der Höhe der Wolken schien wie ein schmaler, zitternder Faden, und die Dörfer waren in Würfeln auf dem Boden verstreut. Nichts konnte den rasenden Flug am Himmel bremsen. Der Drache stieg noch höher und ließ seine Beute nicht von seinen Krallen los.
Eisböen peitschten Rose ins Gesicht. Die Erde war schon außer Sicht. Das kalte Licht der Sterne spiegelte sich in den Drachenschuppen.
Ein Pfeil, der von einer Sehne gelöst wird, fliegt nicht so schnell wie dieses glitzernde Monster. Der Drache raste vorwärts und schlug ununterbrochen mit goldenen Flügeln. Der pfeifende Wind hüllte sie ein. Dann wurde er langsamer und begann langsam und sanft abzusteigen. Rose sah das Land wie einen luftigen Schneeball.