Verzehrt - Блейк Пирс 6 стр.


KAPITEL ACHT

Riley starrte auf das Bild auf der Leinwand. Was konnte die Gerichtsmedizinerin nur mit dem Bild von Saddam Hussein sagen wollen? Der ehemalige Präsident des Irak war 2006 für Verbrechen an der Menschheit hingerichtet worden. Was für eine Verbindung konnte er zu einem möglichen Serienmörder in Seattle haben?

Nachdem sie den Effekt des Fotos kurz hatte sinken lassen, sprach Dr. Shankar wieder.

"Ich bin mir sicher, dass Sie alle den Mann auf der linken Seite kennen. Der Mann rechts ist Majidi Jehad, ein Schia Kritiker gegen Saddams Regime. Im Mai 1980 hat er die Erlaubnis erhalten, nach London zu reisen. Als er an einem Polizeirevier in Baghdad anhielt, um seinen Reisepass abzuholen, wurde ihm ein Glas Orangensaft angeboten. Er verließ den Irak, scheinbar gesund und munter. Er starb, kurz nachdem er in London ankam."

Dr. Shankar zeigte weitere Fotos, von mehr Männern aus dem Mittleren Osten.

"Alle diese Männer hat das gleiche Schicksal ereilt. Saddam hat hunderte von Regimekritikern auf die gleiche Weise beseitigt. Als einige von ihnen aus dem Gefängnis entlassen wurde, bekamen sie zur Feier einen Drink, um auf ihre Freiheit anzustoßen. Keiner von ihnen lebte sehr lang."

Chief McCade nickte verstehend.

"Thallium Vergiftung", sagte er.

"Ganz genau", sagte Dr. Shankar. "Thallium ist ein chemisches Element, das in ein farbloses, geruchsloses und geschmackloses, lösliches Pulver verwandelt werden kann. Es war Saddam Husseins bevorzugtes Gift. Aber er hat es nicht erfunden. Es wird manchmal "Gift der Giftmischer" genannt, weil es langsam wirkt und Symptome zeigt, die als Todesursache missverstanden werden können.

Sie drückte auf die Fernbedienung und weitere Gesichter erschienen, darunter auch der kubanische Diktator Fidel Castro.

Sie sagte, "1960 nutzte der französische Geheimdienst Thallium, um den Rebellenanführer Félix-Roland Moumié in Kamerun zu töten. Und es wird weithin angenommen, dass der CIA in mehreren erfolglosen Versuchen Fidel Castro zu töten, Thallium verwendet hat. Der Plan war, Thallium Pulver in Castros Schuhe zu streuen. Wären sie damit erfolgreich gewesen, wäre Castros Tod nicht nur erniedrigend, sondern auch langsam und schmerzhaft gewesen. Sein ikonischer Bart wäre ihm vor seinem Tod ausgefallen.

Sie drückte auf die Fernbedienung und die Gesichter von Margaret Jewell und Cody Woods erschienen wieder.

"Ich erzählen Ihnen das, damit Sie verstehen, dass wir es mit einem sehr cleveren Mörder zu tun haben", sagte Dr. Shankar. "Ich habe Spuren von Thallium in den Körpern von Margaret Jewell und Cody Woods gefunden. Es besteht kein Zweifel daran, dass beide vom gleichen Mörder vergiftet wurden."

Dr. Shankar sah sich im Raum um.

"Irgendwelche Kommentare bis hierher?", fragte sie.

"Ja", sagte Chief McCade. "Ich glaube immer noch nicht, dass die Morde in Verbindung stehen."

Riley sah ihn überrascht an. Aber Dr. Shankar schien diesen Kommentar erwartet zu haben.

"Warum nicht, Chief McCade?", fragte sie.

"Cody Woods war ein Klempner", sagte McCade. "Wäre es nicht möglich, dass er während seines Jobs dem Thallium ausgesetzt war?"

"Das ist möglich", nickte Dr. Shankar. "Klempner müssen sehr vorsichtig sein, um alle Arten von giftigen Substanzen zu vermeiden, so wie Asbest und Schwermetalle, darunter Arsen und Thallium. Aber ich denke nicht, dass das bei Cody Woods der Fall war."

Riley merkte interessiert auf.

"Warum nicht?", fragte sie.

Dr. Shankar drückte auf die Fernbedienung und ein toxikologischer Bericht erschien.

"Diese Morde scheinen Thallium Vergiftungen zu sein, mit einem Unterschied", sagte sie. "Keines der Opfer zeigt bestimmte klassische Symptome – Haarausfall, Fieber, Erbrechen, Unterleibsschmerzen. Wie ich schon sagte, es gab Gelenkschmerzen, aber wenig anderes. Der Tod kam schnell und wirkte wie ein gewöhnlicher Herzanfall. Es war kein schleichender Tod. Wenn meine Mitarbeiter nicht so auf Zack wären, hätten sie vermutlich nicht einmal gemerkt, dass es sich um Thallium Vergiftungen handelt."

Bill schien ähnlich fasziniert zu sein wie Riley.

"Wir haben es also mit was zu tun – Designer Thallium?", fragte er.

"So etwas in der Art", sagte Dr. Shankar. "Meine Mitarbeiter arbeiten noch daran, den chemischen Mix des Cocktails zu ermitteln. Aber eine der Zutaten war definitiv Potassium Ferrocyanide – eine Chemikalie, die Sie vielleicht als den Farbstoff Preußischblau kennen. Das ist seltsam, denn Preußischblau ist das einzig bekannte Gegenmittel bei einer Thallium Vergiftung."

Chief McCades großer Schnurrbart zuckte.

"Das ergibt doch keinen Sinn", knurrte er. "Warum sollte jemand das Gegenmittel zusammen mit dem Gift verabreichen?"

Riley wagte eine Vermutung.

"Vielleicht, um die Symptome der Thallium Vergiftung zu überdecken?"

Dr. Shankar nickte zustimmend.

"Das ist auch meine Theorie. Die anderen Chemikalien, die wir gefunden haben, interagieren mit dem Thallium auf eine komplexe Weise, die wir noch nicht verstehen. Aber sie helfen vermutlich dabei, die Symptome zu kontrollieren. Wer auch immer dieses Gift gemischt hat, weiß, was er tut. Er muss sehr gute Kenntnisse von Chemie und Pharmakologie haben."

Chief McCade trommelte mit den Fingern auf den Tisch.

"Das nehme ich Ihnen nicht ab", sagte er. "Ihre Ergebnisse des zweiten Opfers werden wahrscheinlich von den Ergebnissen des ersten Opfers beeinflusst. Sie haben gefunden, wonach Sie gesucht haben."

Zum ersten Mal zeigte das Gesicht von Dr. Shankar eine Spur von Überraschung. Riley war ebenfalls von der Dreistigkeit des Polizeichefs überrascht, Dr. Shankars Expertenmeinung anzuzweifeln.

"Warum denken Sie das?", fragte Dr. Shankar ruhig.

"Weil wir einen Verdächtigen im Fall Margret Jewell haben", sagte er. "Sie war mit einer Frau verheiratet, Barbara Bradley – nennt sich selbst Barb. Die Freunde und Nachbar des Paars haben gesagt, sie hätten Probleme gehabt, laute Streits, die die Nachbarn geweckt haben. Bradley hat eine Vorstrafe für Körperverletzung. Die Leute sagen, sie hätte ein wildes Temperament. Sie hat es getan. Wir sind uns sicher."

"Warum haben Sie sie nicht festgenommen?", verlangte Agent Sanderson.

Chief McCades wich den Blicken aus.

"Wir haben sie befragt, bei ihr zu Hause", sagte er. "Aber sie ist schlüpfrig und wir haben noch nicht genug Beweise, um sie festzunehmen. Wir sind dabei, den Fall aufzubauen. Es dauert eben."

Agent Sanderson grinste spöttisch.

Er sagte, "Nun, während Sie den Fall gegen sie aufbauen, scheint es, als wäre ihre Verdächtige losgezogen und hätte jemand anderen getötet. Sie sollten besser das Tempo anziehen. Sie könnte gerade den nächsten Mord vorbereiten."

Chief McCades Gesicht wurde rot vor Wut.

"Da liegen Sie falsch", sagte er angestrengt ruhig. "Ich sage Ihnen, Margaret Jewells Mord war ein Einzelfall. Barb Bradley hatte kein Motiv für den Mord an Cody Woods oder sonst jemandem, soweit wir wissen."

"Soweit Sie wissen", wiederholte Sanderson sarkastisch.

Riley konnte spüren, wie die unterschwellige Anspannung an die Oberfläche kam. Sie hoffte, dass das Meeting nicht mit einem Faustkampf enden würde.

Währenddessen ratterte es ihn ihrem Kopf, in dem Versuch alle Details zusammenzufügen, die sie erfahren hatte.

Sie fragte Chief McCade, "Wie wohlhabend waren Jewell und Bradley?"

"Überhaupt nicht", sagte er. "Untere Mittelklasse. Tatsächlich denke ich, dass die finanziellen Probleme ein Teil des Motivs gewesen sein könnten."

"Was macht Barb Bradley beruflich?"

"Sie macht Lieferungen für einen Wäscheservice", sagte McCade.

Riley spürte, wie sich eine Ahnung in ihrem Kopf formte. Sie dachte, dass ein Mörder, der Gift nutzte, wahrscheinlich eine Frau war. Und als eine Lieferfahrerin, könnte diese Zugang zu verschiedenen Gesundheitseinrichtungen haben. Das war definitiv jemand, mit dem sie reden wollte.

"Ich hätte gerne die Adresse von Barb Bradley", sagte sie. "Agent Jeffreys und ich sollten sie befragen gehen."

Chief McCade sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren.

"Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir das bereits getan haben", sagte er.

Offensichtlich nicht gut genug, dachte Riley.

Aber sie unterdrückte den Drang, das laut zu sagen.

Bill warf ein, "Ich stimme Agentin Paige zu. Wir sollten uns Barb Bradley selbst einmal ansehen."

Chief McCade fasste dies wohl als Beleidung auf.

"Das erlaube ich nicht", sagte er.

Riley wusste, dass der FBI Teamleiter, Agent Sanderson, McCade überstimmen konnte, wenn er wollte. Aber als sie Sanderson hilfesuchend ansah, starrte er sie wütend an.

Ihr Mut sank. Auch wenn Sanderson und McCade sich gegenseitig hassten, so waren sie doch in ihrer Ablehnung gegenüber Bill und Riley vereint. Soweit es sie betraf, hatten Agenten aus Quantico in ihrem Territorium nichts zu suchen. Ob es ihnen klar war oder nicht, ihre Egos waren wichtiger als der Fall selbst.

Wie sollen Bill und ich hier nur etwas erledigen können? fragte sie sich.

Im Gegensatz zu ihnen, schien Dr. Shankar so ruhig und gefasst wie immer zu sein.

Sie sagte, "Ich wüsste gerne, warum es eine so schlechte Idee ist, dass Jeffreys und Paige Barb Bradley befragen."

Riley war von Dr. Shankars bestimmtem Auftreten überrascht. Schließlich übertrat sie als Gerichtsmedizinerin gerade ihre Grenze.

"Weil ich meine eigenen Ermittlungen führe!", schrie McCade nun fast. "Die richten doch nur Chaos an!"

Dr. Shankar lächelte ihr unerschütterliches Lächeln.

"Chief McCade, stellen Sie wirklich die Kompetenz zweier Agenten aus Quantico in Frage?"

Dann, an den FBI Teamleiter gewandt, fügte sie hinzu, "Agent Sanderson, was haben Sie dazu zu sagen?"

McCade und Sanderson starrten Dr. Shankar mit offenen Mündern an.

Riley bemerkte, dass Dr. Shankar sie anlächelte. Riley konnte nicht verhindern, dass ihr ebenfalls ein bewunderndes Lächeln über das Gesicht huschte. Hier, in ihrem eigenen Gebäude, wusste Shankar, wie sie eine autoritäre Präsens zeigen konnte. Es war egal, wer sonst dachte, er hätte das Sagen. Sie war ein harter Brocken.

Chief McCade schüttelte resigniert den Kopf.

"Okay", sagte er. "Wenn Sie die Adresse wollen, dann bekommen Sie sie."

Agent Sanderson fügte schnell hinzu, "Aber ich will, dass jemand von meinen Leuten dabei ist."

"Das klingt fair", sagte Riley.

McCade kritzelte die Adresse auf ein Stück Papier und reichte sie Bill.

Sanderson beendete das Meeting.

"Meine Güte, hast du jemals zwei so arrogante Trottel gesehen?", fragte Bill Riley auf dem Weg zu ihrem Wagen. "Wie zum Teufel sollen wir dabei irgendetwas auf die Reihe bekommen?"

Riley antwortete nicht. Wenn sie ehrlich war, dann wusste sie es auch nicht. Sie spürte, dass der Fall auch ohne diese Machtkämpfe schwierig genug werden würde. Sie und Bill mussten den Fall schnell lösen, bevor noch jemand starb.

KAPITEL NEUN

Heute war ihr Name Judy Brubaker.

Sie genoss es, Judy Brubaker zu sein.

Die Menschen mochten Judy Brubaker.

Sie ging schnellen Schrittes um das leere Bett, strich die Laken glatt und schüttelte die Kissen auf. Während sie das tat, lächelte sie der Frau zu, die in dem bequemen Sessel saß.

Judy hatte noch nicht entschieden, ob sie sie töten würde.

Die Zeit läuft dir davon, dachte Judy. Du musst dich entscheiden.

Der Name der Frau war Amanda Somers. Judy hielt sie für eine seltsame, scheue und mausgraue kleine Kreatur. Sie war erst seit gestern in Judys Pflege.

Während sie weiter das Bett machte, fing Judy an zu singen.

Weit weg von zu Haus'

So weit weg von zu Haus'––

Dieses kleine Baby ist weit weg von zu Haus'.

Amanda stimmte mit ihrer leisen, näselnden Stimme ein.

Du sehnst dich danach

Jeden Tag

Zu traurig zu lachen, zu traurig zu spielen.

Judy war ein wenig überrascht. Amanda Somers hatte bisher kein wirkliches Interesse an dem Lied gezeigt.

"Mögen Sie das Lied?", fragte Judy Brubaker.

"Ich denke schon", sagte Amanda. "Es ist traurig, ich nehme an, das passt zu meiner Stimmung."

"Warum sind Sie traurig? Ihre Behandlung ist abgeschlossen und Sie können wieder nach Hause. Die meisten Patienten freuen sich darüber."

Amanda seufzte, sagte aber nichts. Sie faltete ihre Hände. Mit ihren Fingern zusammen, bewegte sie ihre Handflächen voneinander weg. Sie wiederholte die Bewegung einige Male. Es war eine Übung, die Judy ihr beigebracht hatte, um den Heilungsprozess nach ihrer Karpaltunneloperation zu unterstützen.

"Mache ich das richtig?", fragte Amanda.

"Fast", erwiderte Judy, hockte sich neben sie und berührte ihre Hände, um die Bewegung zu korrigieren. "Sie müssen die Finger gestreckt lassen, sodass sie sich nach außen biegen. Denken Sie daran, Ihre Hände sollten aussehen wie eine Spinne, die Liegestütze auf einem Spiegel macht."

Amanda machte es nun korrekt. Sie lächelte und sah recht stolz auf sich selbst aus.

"Ich kann fühlen, wie es hilft", sagte sie. "Danke."

Judy sah Amanda zu, wie sie die Übung wiederholte. Judy hasste die kurze, hässliche Narbe, die sich über den unteren Teil von Amandas rechter Hand zog.

Unnötige Operation, dachte Judy.

Die Ärzte hatten Amandas Vertrauen und Naivität ausgenutzt. Sie war sich sicher, dass eine weniger dramatische Behandlung genauso gut, wenn nicht besser funktioniert hätte. Eine Armschiene vielleicht oder Kortikosteroid Injektionen. Judy hatte schon zu viele Ärzte gesehen, die auf eine Operation bestanden, ob sie notwendig war oder nicht. Es machte sie immer sehr wütend.

Aber heute war Judy nicht nur wütend auf die Ärzte. Sie spürte auch Ungeduld mit ihrer Patientin. Sie war sich nicht sicher, warum.

Es ist nicht leicht, etwas aus ihr herauszubekommen, dachte Judy, als sie sich auf die Bettkante setzte.

Während ihrer Zeit zusammen, hatte Amanda Judy reden lassen.

Natürlich hatte Judy Brubaker auch viele interessante Dinge zu erzählen. Judy ähnelte der jetzt verschwundenen Hallie Stillians nicht sehr, die die Persönlichkeit einer gütigen Tante gehabt hatte.

Judy Brubaker war gleichzeitig schlichter und auffallender und sie trug normalerweise einen Jogginganzug anstatt konventioneller Kleidung. Sie liebte es, Geschichten von ihren Abenteuern zu erzählen – Fallschirmspringen, Drachenfliegen, Tauchen, Bergsteigen und anderes. Sie war per Anhalter durch Europa und weite Teile Asiens gereist.

Natürlich war nichts davon wirklich passiert. Aber es waren wundervolle Geschichten.

Die meisten Leute mochten Judy Brubaker. Leute die Hallie womöglich zu übertrieben freundlich gefunden hätten, mochten Judys direkte Art sehr viel mehr.

Vielleicht passt Amanda nicht zu Judy, dachte sie.

Aus welchem Grund auch immer, Amanda behielt ihre Gedanken für sich. Sie war Mitte Vierzig, aber erzählte nie von ihrer Vergangenheit. Judy wusste immer noch nicht, was Amanda beruflich tat, oder ob sie überhaupt arbeitete. Sie wusste nicht, ob Amanda jemals verheiratet gewesen war – auch wenn die Abwesenheit eines Eheringes darauf hindeutete, dass sie derzeit nicht verheiratet war.

Judy gefiel es nicht, wie die Dinge liefen. Und die Zeit lief ihr davon. Amanda konnte jederzeit aufstehen und gehen. Und Judy versucht immer noch zu entscheiden, ob sie sie vergiften sollte oder nicht.

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